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BERICHT
Ein langer, kurvenreicher Weg
Endlich effiziente Therapien bei HFpEF
Nach 15 Jahren mit negativen Studien ist mit einer unerwarteten «Nebenwirkung» Bewegung in die Therapie der Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion (HFpEF) gekommen. Heute sind zwei SGLT2-Hemmer zur HFpEF-Therapie zugelassen, weitere Therapien haben ebenfalls positive Ergebnisse gezeigt und werden folgen.
In den 1980er-Jahren machte sich die Erkenntnis breit, dass nicht nur eine Herzinsuffizienz mit eingeschränkter linksventrikulärer Auswurffraktion existiert, sondern auch eine Herzinsuffizienzform ohne eingeschränkte linksventrikuläre Kontraktilität. Man bezeichnete dieses Phänomen erst als diastolische Dysfunktion bzw. diastolische Herzinsuffizienz, später als Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion (HFpEF), wie Prof. Dr. Scott D. Solomon, Brigham and Women’s Hospital, Boston (USA), am Wintermeeting Herzinsuffizienz in Les Diablerets erläuterte. Im Lauf der vielen seither unternommenen klinischen Studien, bei denen der Referent selbst mitgewirkt hat, pendelte sich der Cut-off für eine HFpEF bei einer Auswurffraktion (EF) von > 40% ein. In den frühen 2000er-Jahren wurde für Patienten mit HFpEF erstmals eine eigene Studie (CHARM-preserved) durchgeführt. Dies, nachdem Candesartan in der CHARM-Studie gezeigt hatte, dass es bei herzinsuffizienten Patienten einen Nutzen bringt. Bei HFpEF war das dann aber nicht der Fall, wie bei vielen nachfolgenden Studien mit verschiedenen Medikamenten (Spironolacton, Irbesartan, Sacubitril/Valsartan) lange Zeit auch nicht. Bis 2015 in der EMPA-REG-OUTCOME-Studie auffiel, dass das als Antidiabetikum zugelassene Empagliflozin bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und hohem kardiovaskulären Risiko nebst den kardiovaskulären Ereignissen auch die herzinsuffizienzbedingte Hospitalisationsrate dramatisch senkte. Es folgten Studien mit SGLT2-Hemmern bei Herzinsuffizienzpatienten mit reduzierter EF (HFrEF), später dann auch mit HFpEF-Patienten. Dabei reduzierte Empagliflozin 2021 in der EMPEROR-Preserved-Studie die herzinsuffizienzbedingte Hospitalisationsrate um 21% signifikant, unabhängig davon, ob ein Typ-2-Diabetes vorlag oder nicht (1). 2022 kamen die Resultate der DELIVER-Studie, wonach Dapagliflozin die herzinsuffizienzbedingte Hospitalisationsrate bei Patienten mit EF > 40% ebenfalls um 18% signifikant senkte (2). In der Folge änderte die European Society of Cardiology (ESC) 2023 ihre Guidelines hinsichtlich der Therapie der Herzinsuffizienz und nahm die beiden SGLT2-Hemmer Empagliflozin und Dapagliflozin, für die nun Evidenz zur Therapie der HFpEF vorlag, in ihre Therapieempfehlungen auf (3). Nun sei es also möglich geworden, den Verlauf der HFpEF zu beeinflussen, aber heilen könne man sie auch mit diesen Mitteln nicht, ein Restrisiko bleibe, so Prof. Solomon.
Mit dem nicht steroidalen Mineralokortikoid-Rezeptorantagonisten Finerenon wurde in der FINEARTS-Studie ein wei-
teres Konzept getestet, wonach diese Substanz zusätzlich zu einer Standardtherapie das Risiko für kardiovaskulären Tod und Verschlechterung der Herzinsuffizienz bei Patienten mit mässiggradig eingeschränkter EF (HFmrEF) und HFpEF (EF ≥ 40%) reduzieren sollte. Das Ergebnis zeigte nach 32 Monaten eine Reduktion des primären Endpunkts, bestehend aus kardiovaskulärem Tod und Ereignissen infolge Verschlechterung der Herzinsuffizienz, um 16% gegenüber Plazebo (4), wie Studienleiter Prof. Solomon ausführte. Umgerechnet bedeute dies für einen 55 Jahre alten Patienten einen geschätzten Gewinn an ereignisfreier Lebenszeit von drei Jahren (5). Das könnten sich die Patienten besser vorstellen als eine Risikoreduktion in Prozenten, so Prof. Solomon. Der Nutzen von Finerenon blieb auch bei Patienten bestehen, die bereits unter einem SGLT2-Hemmer standen (5).
Eine weitere Substanzklasse, die als Antidiabetikum entwickelt wurde, hat ausser der Blutzucker- und der Gewichtssenkung ebenfalls kardiovaskulären Nutzen gezeigt: GLP-1Rezeptoragonisten (GLP-1-RA). Mittlerweile wurde die Wirkung von Semaglutid auch bei Patienten mit adipositasassoziierter HFpEF untersucht. Eine gepoolte Analyse der STEP-HFpEF- und STEP-HFpEF-DM-Studien zeigte eine signifikante Verbesserung der herzinsuffizienzbedingten Symptome und körperlichen Einschränkungen unter Semaglutid bei Patienten mit und ohne Typ-2-Diabetes (6).
Auch Tirzepatid, ein dualer GIP-/GLP-1-RA zur Gewichtssenkung bei Typ-2-Diabetes-Patienten, reduzierte die adipositasassoziierten HFpEF-Symptome im Vergleich zu Plazebo deutlich. Zudem verringerte sich auch das Risiko für kardiovaskulären Tod und Verschlechterung der Herzinsuffizienz signifikant um 38% (7), doch seien gesamthaft 90 Ereignisse für eine belastbare Aussage in dieser Hinsicht sehr wenig, wie Prof. Solomon die präsentierten Ergebnisse kommentierte.
Mit all diesen Entwicklungen gebe es nun aber seit Langem wieder positive Nachrichten in der Therapie von Patienten mit einer EF ≥ 40%.
Valérie Herzog
Quelle: «Heart Failure with Mildly Reduced or Preserved Ejection Fraction: The Long and Winding Road». Wintermeeting Heart Failure, 9.–11. Januar 2025, Les Diablerets
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Referenzen: 1. Anker SD et al.: Empagliflozin in Heart Failure with a Preserved Ejection
Fraction. N Engl J Med. 2021;385(16):1451-1461. doi:10.1056/ NEJMoa2107038 2. Solomon SD et al.: Dapagliflozin in Heart Failure with Mildly Reduced or Preserved Ejection Fraction. N Engl J Med. 2022;387(12):1089-1098. doi:10.1056/NEJMoa2206286 3. McDonagh TA et al.: 2023 Focused Update of the 2021 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure [published correction appears in Eur Heart J. 2024 Jan 1;45(1):53. doi:10.1093/eurheartj/ehad613.]. Eur Heart J. 2023;44(37):3627-3639. doi:10.1093/eurheartj/ehad195 4. Solomon SD et al.: Finerenone in Heart Failure with Mildly Reduced or Preserved Ejection Fraction. N Engl J Med. 2024;391(16):1475-1485. doi:10.1056/NEJMoa2407107 5. Vaduganathan M et al.: Effects of the Nonsteroidal MRA Finerenone With and Without Concomitant SGLT2 Inhibitor Use in Heart Failure. Circulation. 2025;151(2):149-158. doi:10.1161/ IRCULATIONAHA.124.072055 6. Butler J et al.: Semaglutide versus placebo in people with obesity-related heart failure with preserved ejection fraction: a pooled analysis of the STEP-HFpEF and STEP-HFpEF DM randomised trials. Lancet. 2024;403(10437):1635-1648. doi:10.1016/S0140-6736(24)00469-0 7. Packer M et al.: Tirzepatide for Heart Failure with Preserved Ejection Fraction and Obesity. N Engl J Med. 2025;392(5):427-437. doi:10.1056/ NEJMoa2410027
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