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244 ars medici 7 | 2025
Ernährung und Gesundheit
Proteinreiche Fertigprodukte –
kein Freipass für die Diät
Fitnesspizza, Eiweisspudding oder Müsliriegel für den
Muskelaufbau – Produkte mit dem Label «High Protein»
liegen im Trend. Sie versprechen Sättigung und suggerie-
ren eine gesündere Alternative. Eine aktuelle Studie der
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) zeigt jedoch,
dass auch proteinangereicherte Fertigprodukte zu über-
mässigem Essen verleiten können.
Das Team um Prof. Anja Bosy-Westphal vom Institut für
Humanernährung und Lebensmittelkunde untersuchte 21
junge Erwachsene in Stoffwechselräumen. Diese erhielten
nacheinander zwei Diäten auf Basis hochverarbeiteter Le-
bensmittel: eine normale und eine proteinreiche. Sie durf-
ten so viel essen, wie sie wollten. Mit der proteinreichen
Kost war die tägliche Kalorienaufnahme zwar im Schnitt
200 Kilokalorien geringer, und der Energieverbrauch um
130 Kilokalorien höher – trotzdem blieb ein deutlicher
Energieüberschuss. Die Teilnehmer konsumierten knapp
ein Fünftel mehr Energie, als sie verbrauchten; bei der nor-
malen Variante war es sogar knapp ein Drittel.
Hochverarbeitete Lebensmittel – egal ob mit oder ohne
Extra-Protein – kombinieren Eigenschaften, die übermäs-
siges Essen begünstigen: Sie sind energiedicht, besonders
schmackhaft und lassen sich schnell und einfach verzeh-
ren. Diese Kombination mache es schwer, rechtzeitig auf-
zuhören, so Prof. Bosy-Westphal. Zwar verbessert der Ei-
weisszusatz die Bilanz leicht, indem er das Hungerhormon
Ghrelin senkt und Sättigungshormone wie Peptid YY stei-
gen lässt. Proteinreiche Produkte werden zudem oft lang-
samer gegessen, sodass mehr Zeit für die Sättigungssigna-
le bleibt, aber: Auch ein angereicherter Pudding bleibt ein
leicht essbarer, energiereicher Snack.
Für ältere Personen mit chronischen Erkrankungen,
Menschen mit Appetitverlust, Untergewicht oder Schluck-
störungen könnten leicht konsumierbare Proteinprodukte
zeitweise eine sinnvolle Unterstützung sein. Für die Mehr-
heit der Bevölkerung hingegen ist eine zusätzliche Eiweiss-
zufuhr unnötig. Hülsenfrüchte, Quark, Fisch oder Joghurt
sind ebenfalls gute Eiweisslieferanten und das nötige Kau-
en liefert erst noch ein schnelleres Sättigungsgefühl. Der
Hinweis «High Protein» auf einer Fertigpizza ändere nichts
daran, dass sie letztlich eine Kalorienbombe bleibe, so die
Ernährungswissenschaftlerin.
Mü
Medienmitteilung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel vom 28.04.2025
Zur Originalpublikation: Hägele FA et al. Short-term effects of highprotein, lower-carbohydrate ultra-processed foods on human energy balance. Nature Metabolism. 2025. doi:10.1038/s42255-025-01247-4.