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«Impfen wie ein Gärtner»
Neuer Ansatz gegen antibiotikaresistente Darmkeime
Ein internationales Forschungsteam hat eine innovative Impfstrategie entwickelt, mit der pathogene Darmbakterien nicht nur reduziert, sondern durch gezielte Konkurrenz aus dem Mikrobiom verdrängt werden können. Die Methode könnte helfen, den Antibiotikaverbrauch zu senken, und so einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen resistente Erreger leisten.
Im Mittelpunkt des Konzepts steht eine Schluckimpfung, die nicht allein verabreicht wird: Zusätzlich werden gutartige Bakterienstämme gegeben, die mit pathogenen Mikroben um Lebensraum und Nährstoffe konkurrieren. Mit einer solchen Kombination gelang es den Forschern, bei Mäusen sowohl eine Neubesiedlung mit Salmonellen zu verhindern als auch bereits vorhandene resistente Escherichia(E.)coli-Bakterien systematisch «auszuhungern». Die Studie wurde kürzlich in «Science» publiziert.
Der Darm stellt besondere Anforderungen an Impfstoffe, da sein Immunsystem anders funktioniert als der Rest des Körpers. Das neue Verfahren beruht auf einem doppelten Wirkprinzip: Die Impfung aktiviert die Immunabwehr, während ausgewählte Mikroben krank machende Keime verdrängen. Voraussetzung ist, dass sie im selben Darmabschnitt überleben, vergleichbare Umweltbedingungen tolerieren und ähnliche Nährstoffe nutzen wie die Pathogene. Die Forscher konnten zeigen, dass dies sowohl mit gentechnisch erzeugten Konkurrenzstämmen als auch mit einer gezielten Auswahl natürlich vorkommender E.-coliStämme möglich ist. «Es ist wie beim Gärtnern. Wenn man an einer Stelle im Garten Unkraut vermeiden will, muss man dort nach dem Jäten andere Pflanzen setzen. Lässt man den Boden hingegen leer, wächst das Unkraut einfach wieder nach», erklärte Prof. Dr. Emma Slack, ETH Zürich / Universität Oxford, die zusammen mit Prof. Dr. Médéric Diard, Biozentrum der Universität Basel, auf diesem Gebiet forscht, in einer Medienmitteilung.
Mit diesem Ansatz können krankheitserregende Bakterien ohne Antibiotika verdrängt werden – selbst gegen Antibiotika resistente Erreger. Er könnte künftig vor Operationen oder Transplantationen zum Einsatz kommen, aber auch präventiv vor Reisen in Regionen mit ungewohnter Bakterienflora. Langfristig könnte eine Kapsel, die Impfung und Konkurrenzstämme kombiniert, die Anwendung vereinfachen. Für den Transfer vom Mausmodell auf klinisch relevante Erreger und den Menschen ist weitere Forschung nötig. Mü
Medienmitteilung der ETH Zürich vom 3.4.2025
Zur Originalpublikation: Lentsch V et al.: Vaccine-enhanced competition permits rational bacterial strain replacement in the gut. Science. 2025;388(6742):74–81. DOI: 10.1126/science.adp5011
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