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KONGRESSBERICHT
Frühes Mammakarzinom
CDK4/6-Hemmer und Chemo-Deeskalation im Fokus
Für Patientinnen mit HER2-negativem Brustkrebs stand die Optimierung der CDK4/6-Inhibitor-Therapie im Fokus diverser Studien beim ASCO 2025. Auch die Deeskalation der neoadjuvanten Therapie beim HER2-positiven frühen Brustkrebs war eines der relevanten Themen zum Mammakarzinom.
Neue Analysen der NATALEE-Studie mit Ribociclib Ungefähr 70% der Mammakarzinome sind hormonrezeptorpositiv (HR+) und HER2-negativ (HER2-). Trotz guter Ergebnisse unter der adjuvanten endokrinen Behandlung bleibt ein Rückfallrisiko, welches vom Menopausenstatus und dem Alter beeinflusst wird. Die Studie NATALEE zeigte einen Nutzen der zusätzlichen Ribociclib-Gabe zu den nichtsteroidalen Aromatasehemmern (NSAI) (Letrozol oder Anastrozol). Beim ASCO wurde nun die Auswertung der 4-Jahres-Daten mit Bezug auf den Menopausenstatus und das Alter der Patientinnen präsentiert (1).
Mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 44,2 Monaten zeigte sich ein signifikanter Nutzen der Ribociclib-Gabe sowohl für prämenopausale (HR: 0,67; 95%-KI; 0,52-0,87) als auch postmenopausale Patientinnen (HR: 0,75; 95%-KI 0,61-0,92). Die Subgruppenanalysen gaben keinen Hinweis auf einen Einfluss auf die Effektivität der Therapie bezüglich des Alters bei prämenopausalen (<40 vs. ≥40 Jahre) oder postmenopausalen (<60 Jahre vs. ≥60 Jahre) Patientinnen.
Das Sicherheitsprofil war über alle Subgruppen handhabbar. Jüngere prämenopausale Patientinnen setzten Ribociclib weniger häufig aufgrund von Nebenwirkungen ab. Die Lebensqualität wurde unter Ribociclib plus NSAI erhalten, mit ähnlichen Ergebnissen für den gesamten Gesundheitsstatus wie
Auf einen Blick
• Ribociclib plus NSAI kann bei einer breiten Patientinnenklientel mit HR+, HER2- Brustkrebs eingesetzt werden. Eine verbesserte Wirksamkeit im Vergleich zur alleinigen endokrinen Therapie wurde unabhängig vom Menopausenstatus und dem Alter der Patientinnen beobachtet.
• Eine Therapie mit Taxan, Trastuzumab und Pertuzumab ist dem Standard mit zusätzlichem Carboplatin bezüglich der Anzahl an pathologischen Komplettremissionen laut einer asiatischen Studie nicht unterlegen. Die Verträglichkeit der Therapie wurde mit der Deeskalation verbessert.
• Eine gepoolte Analyse von drei WSG-Studien zur chemotherapiefreien neoadjuvanten Therapie beim HER2+ Brustkrebs bestätigt gute Ergebnisse mit Paclitaxel plus HER2-gerichteter Therapie. Eine chemofreie Deeskalation kann bei selektierten Patientinnen erwogen werden.
auch die körperlichen Funktionsskalen über alle Therapiearme und Subgruppen hinweg.
Deeskalation von Carboplatin bei dualer HER2-Blockade Die neoadjuvante Therapie für Patientinnen mit HER2-positivem (HER2+) Brustkrebs im Stadium II bis III wird standardmässig mit einem Taxan, Carboplatin, Trastuzumab und Pertuzumab (TCbHP) durchgeführt. In der BCIRG 007-Studie zeigte Carboplatin zusätzlich zu Docetaxel und Trastuzumab allerdings keinen Vorteil. In der CALGB-9840-Studie wurde bei der HER2+ Population mit dreiwöchentlicher Gabe von Paclitaxel plus Trastuzumab eine vergleichbare Effektivität wie mit wöchentlich appliziertem Paclitaxel erreicht.
Weniger Nebenwirkungen bei erhaltender Wirksamkeit Da bislang keine Daten für den Vergleich einer dualen HER2Blockade mit oder ohne Carboplatin in der neoadjuvanten Situation vorliegen, wurde in der asiatischen Studie neoCARHP die Wirksamkeit und Sicherheit der deeskalierten neoadjuvanten Taxan-Trastuzumab-Pertuzumab-Therapie (THP) mit oder ohne Carboplatin beim HER2+ frühen Brustkrebs untersucht (2).
Insgesamt wurden 774 Patientinnen mit einem medianen Alter von 51–52 Jahren in die multizentrische, offene Studie eingeschlossen. 72% bzw. 77% der Patientinnen waren im Stadium II, etwa 80% im Tumorstadium I bis II (T1–2), 64% nodalpositiv und 63% hormonrezeptor (HR)-positiv. Die gegebenen Taxane waren bei 45% der Patientinnen nab-Paclitaxel, bei 36% Docetaxel und bei 19% Paclitaxel.
Im Ergebnis erreichten 64,1% (THP) versus 65,9% (TCbHP) der Patientinnen eine pathologische Komplettremission (pCR) (p=0,0089). Die Nichtunterlegenheit wurde mit 78,2% vs. 77,8% (HR-) und 55,8% vs. 58,8% (HR+) unabhängig vom Hormonrezeptorstatus bestätigt. Ein objektives Ansprechen (ORR) zeigten 91,9% versus 94,8% der Patientinnen. Ein Unterschied wurde bei der Sicherheit der Therapieregime beobachtet. An hämatologischen Nebenwirkungen Grad ≥3 traten Neutropenie (6,8 vs. 16,4%), febrile Neutropenie (1,3 vs. 2,6%), Leukopenie (5,5 vs. 14,8%), Thrombozytopenie (0,3 vs. 4,2%) und Anämie (2,1 vs. 6,6%) im THP-Arm weniger häufig auf.
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KONGRESSBERICHT
Häufige nicht hämatologische Nebenwirkungen (alle Grade) wurden mit der Deeskalation ebenfalls reduziert: Neuropathie (43,8 vs. 48,9%), Übelkeit (26,7 vs. 43,5%), Erbrechen (17,3 vs. 30,0%), Fatigue (41,9 vs. 44,3%) und erhöhte KreatininWerte (2,6 vs. 17,7%) traten im TCbHP-Arm häufiger auf.
Optionen für eine chemotherapiefreie neoadjuvante Therapie Die Deeskalation der neoadjuvanten Therapie beim HER2+ Brustkrebs war bereits im Fokus diverser Studien, auch von der West German Study Group (WSG). Eine gepoolte Analyse von drei WSG-Studien zur chemotherapiefreien Behandlung wurde beim ASCO präsentiert (3). Ausgewertet wurden die Daten von insgesamt 716 Patientinnen, die an den drei Studien ADAPT-HR-/HER2+, ADAPT-HR+/HER2+ und der Studie TP-II teilgenommen haben. Untersucht wurden • Trastuzumab plus Pertuzumab (T+P) mit oder ohne Pacli-
taxel bei HR-negativer Erkrankung sowie • T-DM1 versus TDM1 plus endokrine Therapie (ET) versus
Trastuzumab plus ET und T+P plus ET oder Paclitaxel bei HR-positiver Erkrankung. In allen drei Studien war die pCR der primäre Studienendpunkt. Erreichten Patientinnen eine pCR, so konnte die adjuvante Chemotherapie ausgesetzt werden. Für Patientinnen ohne pCR war die Standard-Chemotherapie obligatorisch. Die Überlebensanalyse der gepoolten Daten konnte mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 60,7 Monaten keinen signifikanten Unterschied zeigen. Die 5-Jahres-Schätzungen • zum invasiv-krankheitsfreien Überleben (iDFS) lagen bei 96,4% für chemotherapiehaltige versus 88,2% für chemotherapiefreie Behandlungen (HR: 0,56; 95%-KI; 0,29-1,08; p=0,083) und • zum Gesamtüberleben (OS) bei 97,8% versus 96,8% (HR: 0,88; 95%-KI; 0,36-2,11; p=0,775). 66% versus 31% der Patientinnen mit bzw. ohne Chemotherapie erreichten mit der neoadjuvanten Behandlung eine pCR. Mit pCR waren iDFS und OS verlängert. Im Vergleich der Kaplan-Meier-Kurven für das iDFS mit versus ohne pCR lag die Hazard Ratio bei 0,43 (95%-KI; 0,25-0,71; p=0,001). Die iDFS-5-Jahres-Rate betrug 95,2% mit versus 86,4% ohne pCR. Für das OS war die 5-Jahres-Rate bei 98,8% versus 95,8% (HR: 0,49; 95%-KI; 0,24-1,00; p=0,052).
Ein Einfluss auf das iDFS durch die adjuvante Chemotherapie nach pCR unter neoadjuvanter Therapie wurde nicht gesehen.
Die Autoren schlussfolgerten, dass Deeskalationsstudien im neoadjuvanten Setting beim frühen HER2+ Brustkrebs machbar und sicher für die Patientinnen sind. Die Behandlung mit 12x wöchentlichem Paclitaxel plus HER2-Blockade sei wirksam mit einem hervorragenden 5-Jahres-Überleben. Eine neoadjuvante chemotherapiefreie Behandlung könnte für Patientinnen mit Brustkrebs im Stadium I bis II erwogen werden. Risiko-Scores können bei der Therapieentscheidung hilfreich sein. Patientinnen mit pCR nach chemotherapiefreier Behandlung zeigten keinen Nutzen von einer adjuvanten Standard-Chemotherapie.
Ine Schmale
Quelle: 2025 American Society of Clinical Oncology (ASCO) Annual Meeting, 30. Mai - 3. Juni 2025, Chicago & online.
Referenzen: 1. Kalinsky K et al.: Efficacy and safety of ribociclib + nonsteroidal
aromatase inhibitor in NATALEE: Analysis across menopausal status and age. ASCO 2025, Abstr. #516. 2. Gao HF et al.: De-escalated neoadjuvant taxane plus trastuzumab and pertuzumab with or without carboplatin in HER2-positive early breast cancer (neoCARHP): A multicentre, open-label, randomised, phase 3 trial. ASCO 2025, Abstr. #LBA500. 3. Graeser M et al.: Prediction of survival after de-escalated neoadjuvant therapy in HER2+ early breast cancer: A pooled analysis of three WSG trials. ASCO 2025, Abstr. #502.
Sicherheit bei chemotherapiefreier Strategie Im Vergleich der Therapien mit oder ohne Chemotherapie wurde bezüglich des iDFS eine 5-Jahres-Rate von 97,8% versus 93,7% (HR: 0,76; 95%-KI 0,27-2,12; p=0,609), bezüglich des OS von 98,9% versus 98,7% (HR 1,10; 95%-KI; 0,28-4,32; p=0,895) für Patientinnen mit pCR ausgewertet. Ohne pCR betrug das 5-Jahres-iDFS 93,3% versus 85,5% (HR: 0,77; 95%-KI; 0,31-1,94; p=0,587) und das 5-JahresOS 95,5% versus 95,8% (HR: 1,49; 95%-KI; 0,44-5,03; p=0,523). In multivariaten Analysen wurde kein Unterschied durch die Chemotherapie für ausgewählte Subgruppen beobachtet. Für die chemotherapiefreie Therapie ergab sich ein Nachteil bei Lymphknotenbefall oder höherem Tumorstadium.
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