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BERICHT
Immer mehr Anwendungsbereiche
GLP-1-RA auch bei Herzinsuffizienz?
Weil Adipositas ein starker Risikofaktor für Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion (HFpEF) ist, müssten sich die Symptome mit einer Gewichtsabnahme verbessern. Diese Hypothese wurde mit den neuen Medikamenten zur Gewichtsabnahme bei Patienten mit HFpEF getestet. Die Resultate sind vielversprechend, wie Dr. Matthias Nägele, Kardiologie, Universitätsspital Zürich, berichtete.
Veränderungen in der kardialen Struktur und Funktion sind bei Herzinsuffizienz häufig und starke Prädiktoren für den Beginn und das Fortschreiten von Herzinsuffizienz. Zunehmende Belege deuten darauf hin, dass Adipositas ein zentraler Treiber sowohl für eine ungünstige kardiale Strukturveränderung als auch für Herzinsuffizienz ist, insbesondere für die Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion (HFpEF). Ob sich durch einen substanziellen Gewichtsverlust mittels Therapie mit einem GLP-1- Rezeptoragonisten (GLP-1-RA) auch die Herzinsuffizienz verbessert, wurde beispielsweise im STEP-HFpEF-Studienprogramm bei Patienten mit und ohne Typ-2-Diabetes (STEP-HFpEF-DM bzw. STEPHFpEF) geprüft.
Beide Studien zeigten nach einem Jahr, dass sich unter Semaglutid 2,4 mg s.c./Woche im Vergleich zu Plazebo die Symptomatik und Funktionseinschränkungen verringerten und die Lebensqualität signifikant verbesserte. Daraus stellt sich die Frage, ob die entstandenen Verbesserungen durch gewichtsbezogene oder vielleicht auch durch gewichtsunabhängige Effekte entstanden sind (1,2). In einer darauffolgenden Echokardiografie-Substudie im Rahmen des STEP-HFpEF-Studienprogramms schien Semaglutid im Vergleich zu Plazebo eine Verbesserung der ungünstigen kardialen Strukturveränderung zu bewirken, was weiter darauf hindeutet, dass die Behandlung mit Semaglutid bei Patienten mit adipositasbedingter HFpEF möglicherweise krankheitsmodifizierend wirken könnte (3). Semaglutid scheint auch die harten Endpunkte herzinsuffizienzbedingte Hospitalisierung und Tod zu vermindern, wie eine weitere Subanalyse andeutet (4). Für ein abschliessendes Urteil seien aber die Anzahl Ereignisse zu gering und die Beobachtungsdauer zu kurz, schränkte Dr. Nägele ein.
Auch der duale GIP-/GLP-1-RA Tirzepatid 15 mg s.c./Woche reduziert das Risiko für herzinsuffizienzbedingte Hospitalisierungen und Tod signifikant und verbessert die Lebensqualität, wie die SUMMIT-Studie mit 731 adipösen HFpEFPatienten zeigte (5).
Gilt das auch für HFrEF? Einige Jahre früher wurde diese Fragestellung mit Liraglutid geprüft. In der FIGHT-Studie erhielten wegen Herzinsuffizienz mit reduzierter Auswurffraktion (HFrEF) hospitalisierte Patienten Liraglutid 1,8 mg s.c./Tag während 180 Tagen.
Die Verwendung von Liraglutid führte zu keiner grösseren poststationären klinischen Stabilität der HFrEF (6). In einer Post-hoc-Analyse zeigte sich zudem ein Trend zu vermehrten Arrhythmien unter Liraglutid (7). Auch ein weiterer GLP-1-RA, Exenatid, empfahl sich nicht für HFrEF-Patienten. Im Gegenteil: Mit sinkender Auswurffraktion erhöhte das Verum die herzinsuffizienzbedingte Hospitalisierungsrate sogar noch (8).
Auch für Semaglutid gibt es Daten aus einer Subanalyse der SELECT-Studie, die jedoch eine günstige Wirkung auf alle Herzinsuffizienztypen suggerieren (9). Dr. Nägele mahnte aber zu einer vorsichtigen Interpretation wegen ungewöhnlicher Einschlusskriterien. Aufgrund all dieser Studiendaten empfiehlt sich die Therapie mit GLP-1-RA nur bei adipösen herzinsuffizienten Patienten mit erhaltener Auswurffraktion. Allerdings sollte zusätzlich ein Krafttraining verordnet werden, um den Muskelmasseverlust als Folge der Gewichtsabnahme zu minimieren, so Dr. Nägele abschliessend.
Valérie Herzog
Quelle: «GLP-1 receptor agonists: ready for use in heart failure?» und «The diagnostic challenge of HF in women». Wintermeeting Heart Failure, 9.–11.1.2025, Les Diablerets
Referenzen: 1. Kosiborod MN et al.: Semaglutide in Patients with Heart Failure with
Preserved Ejection Fraction and Obesity. N Engl J Med. 2023;389(12):1069-1084. doi:10.1056/NEJMoa2306963 2. Kosiborod MN et al.: Semaglutide in Patients with Obesity-Related Heart Failure and Type 2 Diabetes. N Engl J Med. 2024;390(15):1394-1407. doi:10.1056/NEJMoa2313917 3. Solomon SD et al.: Effect of Semaglutide on Cardiac Structure and Function in Patients With Obesity-Related Heart Failure [published correction appears in J Am Coll Cardiol. 2025 Mar 11;85(9):967-968. doi: 10.1016/j.jacc.2025.01.010.]. J Am Coll Cardiol. 2024;84(17):1587- 1602. doi:10.1016/j.jacc.2024.08.021 4. Butler J et al.: Semaglutide versus placebo in people with obesity-related heart failure with preserved ejection fraction: a pooled analysis of the STEP-HFpEF and STEP-HFpEF DM randomised trials. Lancet. 2024;403(10437):1635-1648. doi:10.1016/S0140-6736(24)00469-0 5. Packer M et al.: Tirzepatide for Heart Failure with Preserved Ejection Fraction and Obesity. N Engl J Med. 2025;392(5):427-437. doi:10.1056/ NEJMoa2410027 6. Margulies KB et al.: Effects of Liraglutide on Clinical Stability Among Patients With Advanced Heart Failure and Reduced Ejection Fraction: A Randomized Clinical Trial. JAMA. 2016;316(5):500-508. doi:10.1001/ jama.2016.10260 7. Neves JS et al.:Risk of adverse events with liraglutide in heart failure with reduced ejection fraction: A post hoc analysis of the FIGHT trial. Diabetes Obes Metab. 2023;25(1):189-197. doi:10.1111/dom.14862 8. Neves JS et al. Cardiovascular outcomes with exenatide in type 2 diabetes according to ejection fraction: The EXSCEL trial. Eur J Heart Fail. Published online October 9, 2024. doi:10.1002/ejhf.3478 9. Deanfield J et al.: Semaglutide and cardiovascular outcomes in patients with obesity and prevalent heart failure: a prespecified analysis of the SELECT trial. Lancet. 2024;404(10454):773-786. doi:10.1016/ S0140-6736(24)01498-3
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