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BERICHT
Psoriasis vulgaris
Früher Therapiestart verbessert die Langzeitprognose
Bei der systemischen Psoriasistherapie haben moderne Biologika längst den konventionellen Substanzen wie Methotrexat den Rang abgelaufen: Nicht nur das Hautbild wird deutlich stärker verbessert, die Biologika schützen auch vor Psoriasisarthritis und kardiovaskulären Komorbiditäten. Jetzt scheint sich noch ein weiterer Vorteil abzuzeichnen: Mit einem frühen Einsatz der modernen Immuntherapeutika können die erscheinungsfreien Intervalle deutlich verlängert werden.
Das Bessere ist der Feind des Guten – das gilt auch für die Behandlung von Patienten mit mittelschwerer oder schwerer Psoriasis. In den Leitlinien werden immer noch die konventionellen Substanzen wie Methotrexat oder Fumarsäureester als Erstlinientherapie genannt (1). Und diese wirken auch. Grundlage für diese Empfehlung waren allerdings Studien, die eine mindestens 75%ige Verbesserung im PASI (Psoriasis Area and Severity Index) als Erfolg festlegten; diesen Erfolg erreichten in plazebokontrollierten Studien zwischen 38 und 45% der Patienten (2).
Neues Behandlungsziel: PASI90 statt PASI75 Heutzutage würde man sich allerdings nicht mehr mit einem PASI75 zufriedengeben, sagte Prof. Dr. Sascha Gerdes aus Kiel (D) auf der 29. Fortbildungswoche für Dermatologie in München. Als Behandlungsziel werde nun ein PASI90 angestrebt. Und das schaffen die Biologika wie die Inhibitoren von TNF-alpha sowie die Hemmstoffe für die Interleukine IL-17 und IL-23, die für die Erstlinientherapie bei moderater oder schwerer Psoriasis zur Systemtherapie in den Leitlinien genannt werden (3).
Bessere Wirkung, bessere Compliance Die Effektivität der Therapeutika wirkt sich auch auf die Behandlungsdauer aus: Wenn etwas nicht ausreichend wirkt, wird es abgesetzt. Untersuchungen zum sogenannten Drug Survival zeigen, dass nach einem Jahr kaum die Hälfte der mit den konventionellen Substanzen behandelten Patienten ihre Therapie fortsetzt. Beim TNF-alpha-Hemmer Adalimumab seien es nach einem Jahr hingegen knapp 80% (4).
Gut gegen Komorbiditäten Und die Biologika hätten noch weitere Vorteile, so Prof. Gerdes: Da die Psoriasis mittlerweile als Systemerkrankung und nicht mehr isoliert als Dermatose betrachtet wird, wurde untersucht, ob sich diese neuen Therapeutika auch auf die Komorbiditäten auswirken. Und tatsächlich konnte beispielsweise mittels CT-Angiografie an den Koronararterien nachgewiesen werden, dass unter Biologika die atherosklerotischen
Plaques abnehmen, hingegen unter den konventionellen Substanzen wachsen (5).
Dies schlägt sich auch im Hinblick auf Mortalität nieder: Die Sterblichkeitsrate bei Psoriasispatienten ist unter Biologikatherapie geringer als bei Behandlung mit Methotrexat & Co (6).
Und auch das Risiko für die Entwicklung der Psoriasisarthritis (PsA) werde unter den modernen Therapeutika reduziert, so Prof. Gerdes. Jedenfalls sinkt die PsA-Inzidenz, wenn die Patienten Biologika erhalten (7).
Daher plädierte Prof. Gerdes dafür, schon in der Erstlinientherapie mit Biologika anzufangen – nicht zuletzt, um die Entwicklung von Komorbiditäten zu verlangsamen. Die Regel der deutschen Leitlinie, mit Biologika nur dann anzufangen, wenn die Therapie mit konventionellen Substanzen keinen Erfolg verspricht, sollte daher grosszügig ausgelegt werden, so Prof. Gerdes.
Anhaltende Wirkung mit Biologika Für einen frühzeitigen Einsatz der Biologika bei Patienten mit Schuppenflechte plädierte auch Prof. Dr. Khusru Asadullah, niedergelassener Dermatologe aus Potsdam (D). Allerdings sei die Wahl unter den mittlerweile zwölf Biologika nicht leicht. Ein Kriterium könnte sein, wie lange sich die Verbesserung im PASI nach Absetzen der jeweiligen Substanz hält. Für den Anti-IL-17-Hemmer Bimekizumab (Bimzelx®) konnte ein anhaltender Effekt im Mittel über 28 Wochen nach Absetzen belegt werden. Für die IL-23-Inhibition mit Guselkumab (Tremfya®) ergab eine weitere Studie, dass 11,5% der Patienten ihre fast erscheinungsfreie Haut (PASI90) über ein Jahr nach der letzten Guselkumab-Dosis beibehalten konnten, berichtete Prof. Asadullah.
TRM-Zellen im Fokus Doch woran könnte es liegen, dass manche Patienten so positiv auf die Systemimmunologika reagieren? Möglicherweise sind daran die TRM-Zellen (Tissue Resident Memory T-Cells) beteiligt. Diese gewebeständigen Gedächtniszellen waren unter anderem durch die Beobachtung in den Fokus gerückt, dass bei Patienten mit langer Psoriasisvorgeschichte die
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Plaques immer an den gleichen Stellen auftauchen, auch wenn sie zwischenzeitlich verschwunden waren. Und diese TRM-Zellen werden durch IL-23 reguliert, das von Guselkumab gehemmt wird.
Entsprechend ist der Einfluss von Guselkumab auf die TRM-Zellen in den Fokus der Forscher gerückt. Prof. Asadullah berichtete von aktuellen Ergebnissen vom Kongress der American Academy of Dermatology (AAD) 2024: Patienten mit generalisierter Psoriasis pustulosa (GPP) erhielten entweder Secukinumab (Cosentyx®) (anti-IL-17), Adalimumab (AntiTNF-alpha) oder den IL-23-Hemmer Guselkumab. Am stärksten besserte sich das Hautbild unter Guselkumab. Bei allen Gruppen wurde in der Haut auch nach der TRM-Zell-Gruppe CD8+-TRM gefahndet. In der Guselkumab-Gruppe war deren Zahl signifikant reduziert.
IL-23-Hemmung wirkt TRM-Zellen entgegen Die positive Wirkung der IL-23-Hemmung konnte auch mit dem IL-23-Hemmer Risankizumab (Skyrizi®) belegt werden: Die Patienten erhielten nur drei Dosen des Biologikums in einer Dosierung von 300 mg oder 600 mg und wurden über zwei Wochen nachbeobachtet. Ebenso wurde mittels Hautbiopsie die TRM-Zell-Zahl ermittelt. Ergebnis: Die Patienten mit der höheren Dosis zeigten eine schnelle und anhaltende Verbesserung im PASI und eine niedrigere Zahl an TRMZellen.
Da TRM-Zellen Zeit brauchen, bis sie sich im Gewebe ansiedeln, könnte es von Vorteil sein, Patienten mit Psoriasis möglichst frühzeitig mit Biologika zu behandeln, bevor die Erkrankung chronifiziert. Das Ziel ist es, ein schnelleres Therapieansprechen zu bewirken. Wenn der Erfolg in Therapiepausen anhält, würde das auch mittelfristig den Medikamentenbedarf senken.
Superresponder bei kurzer Krankheitsdauer Darauf, dass dies gelingen könnte, weist die GUIDE-Studie hin, über die Prof. Asadullah berichtete (8). In dieser Parallelgruppenstudie mit Erwachsenen mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis wurden die Patienten in Gruppen mit kurzer (SDD = unter 2 Jahren) oder langer Krankheitsdauer (LDD = mehr als 2 Jahre) eingeteilt. Alle Patienten erhielten Guselkumab 100 mg in Woche (W) 0, 4, 12 und 20. Diejenigen, die bei W20 und W28 vollständig erscheinungsfrei waren,
wurden als Superresponder definiert. Ergebnis: Mehr Patienten in der SDD-Gruppe erreichten PASI-Null (erscheinungsfrei). Ebenso waren in der SDD-Gruppe mehr Superresponder vertreten. Von allen geprüften Variablen hatte also die Krankheitsdauer den grössten Einfluss auf den Therapieerfolg. Prof. Asadullah berichtete auch von einer Post-hoc-Analyse dieser Studie: Nach Absetzen der Therapie blieben die Superresponder der SDD-Gruppe im Mittel 302 Tage therapiefrei. Betrug die Krankheitsdauer weniger als 15 Monate, waren es bei den Superrespondern sogar 440 Tage (9).
Prof. Asadullahs Fazit: mit einer frühzeitigen Therapie kann die Haut schnell und längerfristig erscheinungsfrei werden – daher: «Hit early, hit smart.»
Angelika Ramm-Fischer
Quelle: Session «Update Psoriasis». 29. Fortbildungswoche für Dermatologie und Venerologie (FOBI), 10. Juli 2024, München (D)
Referenzen: 1. Nast A et al.: Deutsche S3-Leitlinie zur Therapie der Psoriasis vulgaris,
adaptiert von EuroGuiDerm – Teil 1: Therapieziele und Therapieempfehlungen. AWMF-Register-Nr.: 013 - 001, 2021. Online unter https:// register.awmf.org/assets/guidelines/013-001l_S3_Therapie-Psoriasis-vulgaris_2024-04.pdf 2. Mrowietz U et al.: Efficacy and safety of LAS41008 (dimethyl fumarate) in adults with moderate-to-severe chronic plaque psoriasis: a randomized, double-blind, Fumaderm® - and placebo-controlled trial (BRIDGE). Br J Dermatol. 2017;176(3):615-623. doi: 10.1111/bjd.14947 3. Sbidian E et al.: Systemic pharmacological treatments for chronic plaque psoriasis: a network meta-analysis. Cochrane Database Syst Rev. 2022 May 23;5(5):CD011535. doi: 10.1002/14651858.CD011535.pub5. Update in: Cochrane Database Syst Rev. 2023;7:CD011535. doi: 10.1002/14651858.CD011535.pub6 4. Alabas OA et al.: BADBIR Study Group. Effectiveness and persistence of acitretin, ciclosporin, fumaric acid esters and methotrexate for patients with moderate-to-severe psoriasis: a cohort study from BADBIR. Br J Dermatol. 2023;188(5):618-627. doi: 10.1093/bjd/ljad004 5. Choi H et al.: Treatment of Psoriasis With Biologic Therapy Is Associated With Improvement of Coronary Artery Plaque Lipid-Rich Necrotic Core: Results From a Prospective, Observational Study. Circ Cardiovasc Imaging. 2020;13(9):e011199. doi: 10.1161/CIRCIMAGING.120.011199 6. Langley RG et al.: Reduced risk of mortality associated with systemic psoriasis treatment in the Psoriasis Longitudinal Assessment and Registry (PSOLAR): A nested case-control analysis. J Am Acad Dermatol. 2021;84(1):60-69. doi: 10.1016/j.jaad.2020.08.032 7. Acosta Felquer ML et al.: Treating the skin with biologics in patients with psoriasis decreases the incidence of psoriatic arthritis. Ann Rheum Dis. 2022;81(1):74-79. doi: 10.1136/annrheumdis2021-220865 8. Schäkel K et al.: Early disease intervention with guselkumab in psoriasis leads to a higher rate of stable complete skin clearance (‹clinical super response›): Week 28 results from the ongoing phase IIIb randomized, double-blind, parallel-group, GUIDE study. J Eur Acad Dermatol Venereol. 2023;37(10):2016-2027. doi: 10.1111/jdv.19236 9. Schäkel K et al, AAD 2024, Poster 50236.
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