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Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie, Kontrazeption und Menopause (SGEM)
FIRST-TO-DISCUSS-NEWSLETTER
EMAS-Positionspapier: Schilddrüse und Menopause
Hintergrund: Schilddrüsenerkrankungen treten häufig bei Frauen auf, und einige Symptome ähneln denen der Wechseljahre wie z.B. Zyklusstörungen, Affektstörungen, vermehrtes Schwitzen, Schlafstörungen, Haarprobleme und verminderte Lebensqualität. Aus diesem Grund hat die Europäische Gesellschaft für Menopause und Andropause (EMAS) kürzlich ein Positionspapier publiziert. Im Folgenden werden die für die Praxis wichtigsten Aspekte zusammengefasst.
Prof. Dr. med. Petra Stute Gynäkologische Endokrinologie und
Reproduktionsmedizin Universitätsfrauenklinik Bern
Zusammenfassung Prävention • Eine chirurgische Menopause, frühe Men-
arche und späte natürliche Menopause sind mit einem erhöhten Risiko für Schilddrüsenkarzinome verbunden. Frauen mit entsprechender Anamnese wird eine Schilddrüsenuntersuchung auf Knoten empfohlen.
Labordiagnostik • Eine Biotineinnahme kann zu falschen
TSH-, fT3-, fT4- und Gesamt-T4-Werten in Immunoassays führen. Biotinhaltige Präparate sollten daher 2–3 Tage vor der Blutentnahme abgesetzt werden. • Schilddrüsenfunktionsstörungen beeinflussen den Lipidstatus. Bei menopausalen Frauen mit Schilddrüsenfunktionsstörung sollte der Lipidstatus überprüft und der Schilddrüsenstatus bei der Dyslipidämiebehandlung berücksichtigt werden. • Orale Östrogene beeinflussen bei Frauen mit Hypothyreose die Schilddrüsenfunktion durch Erhöhung des thyroxinbindenden Globulins (TBG). Dies kann eine Anpassung der Levothyroxin-(LT4)-Dosis erfordern. Transdermales Östrogen hat keinen Einfluss auf die Schilddrüsenfunktion.
Therapieindikation für Thyroxin bei Hypothyreose • Eine subklinische Hypothyreose kann die
negativen Effekte niedriger Östrogenkon-
zentrationen verstärken und das kardiovaskuläre Risiko erhöhen. • Trotz positiver Effekte von LT4 auf Stoffwechselparameter und die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) ist die Behandlung nicht mit einem geringeren kardiovaskulären Mortalitätsrisiko verbunden. Im Gegenteil: Eine Überbehandlung kann die Knochendichte und das kardiovaskuläre Risiko beeinträchtigen. • Basierend auf den NICE-Leitlinien sollte eine LT4-Behandlung bei subklinischer Hypothyreose mit wiederholtem TSH ≥ 10 mU/l erwogen werden. Ältere Patientinnen benötigen einen individuellen Ansatz. Eine Anfangsdosis von 25–50 µg LT4/Tag wird für Frauen > 65 Jahre mit kardiovaskulärer Vorgeschichte empfohlen. • Einige Ärzte und Ärztinnen empfehlen eine LT4/Liothyronin (LT3)-Kombinationstherapie für Patienten, die unzureichend auf LT4 ansprechen. Es fehlen jedoch ausreichende Daten zur Anwendung bei Frauen in den Wechseljahren.
Hormonersatztherapie (HRT) in den Wechseljahren • Eine Metaanalyse von 9 Kohortenstudien
zeigte keine Assoziation zwischen HRT und dem Schilddrüsenkarzinomrisiko bei postmenopausalen Frauen. • Eine HRT beeinflusst nicht die Grösse der Schilddrüse und der von Schilddrüsenknoten.
Referenz: Mintziori G et al.: EMAS position statement: Thyroid disease and menopause. Maturitas. 2024 Jul;185:107991
• Es sind keine Wechselwirkungen zwischen einer HRT und Medikamenten zur Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen bekannt.
Eine HRT ist eine sichere Behandlungsoption für Frauen in den Wechseljahren mit Schilddrüsenerkrankungen.
Kommentar Unbehandelte Schilddrüsenerkrankungen und Überbehandlungen können in den Wechseljahren negative Folgen wie kardiovaskuläre Risiken und verminderte Knochendichte haben. Das EMAS-Positionspapier bietet wertvolle Hinweise für die Beratung von Frauen in den Wechseljahren mit Schilddrüsenerkrankungen. Eine enge Zusammenarbeit mit der Internistischen Endokrinologie ist wünschenswert.
Prof. Dr. med. Petra Stute E-Mail: petra.stute@insel.ch Internet: www.meno-pause.ch
Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel: keine.
gynäkologie 2 | 2025 33