Transkript
Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie, Kontrazeption und Menopause (SGEM)
FIRST-TO-DISCUSS-NEWSLETTER
Der Einfluss menopausaler Beschwerden auf die zukünftige Gesundheit
Hintergrund: Menopausale Beschwerden werden häufig als vorübergehende Unannehmlichkeit abgetan und oft wenig ernst genommen. Doch zunehmend verdichten sich Hinweise darauf, dass diese Symptome langfristige gesundheitliche Folgen für die Frauen haben können. Ein aktuelles systematisches Review ging dieser Frage nach und untersuchte die potenziellen Auswirkungen.
Prof. Dr. med. Petra Stute Gynäkologische Endokrinologie und
Reproduktionsmedizin Universitätsfrauenklinik Bern
Zusammenfassung der Studie von Andrews und Kollegen
Das Review umfasst 53 Studien mit insgesamt über 450 000 peri- und postmenopausalen Frauen. Die Teilnehmerinnen hatten bei Studienstart im Durchschnittsalter von 55 Jahren menopausale Beschwerden und galten ansonsten als gesund. Rund 70% der Studien wurden in den USA durchgeführt, wobei oft auf Daten der SWAN-Studie zurückgegriffen wurde.
Die wichtigsten Resultate: • Kardiovaskuläres Erkrankungsrisiko (CVD):
Neun Studien belegten einen klaren Zusammenhang zwischen vasomotorischen Symptomen (VMS) und einem erhöhten CVD-Risiko. Zudem zeigte eine weitere Studie, dass depressive Symptome das CVDRisiko in ähnlichem Masse erhöhen wie ein hoher BMI oder hoher systolischer Blutdruck. • Kognitive Funktionen: Sieben Studien zeigten, dass insbesondere die menopausale Transition mit einer erhöhten Prävalenz kognitiver Symptome verbunden ist. Die Evidenzlage zur Persistenz dieser Symptome nach der Menopause ist jedoch uneinheitlich. Frauen mit niedrigem sozioökonomischem Status (geringes Einkommen, niedriger Bildungsstand, gehäufte psychische Erkrankungen und Substanzmissbrauch) haben ein erhöhtes Risiko für bleibende kognitive Symptome. Während Gewichtszunahme, Schlaflosigkeit, Depression und Angststörungen die zukünftige kognitive Funktion beeinträchtigen, konnte dies für VMS nicht eindeutig nach-
gewiesen werden. Ein Zusammenhang zwischen menopausalen kognitiven Symptomen und einem erhöhten Demenzrisiko bleibt unklar. • Brustkrebs: Eine Gewichtszunahme vor der Menopause erhöht das Brustkrebsrisiko, während eine Gewichtsabnahme zwischen dem 30. Lebensjahr und der Menopause dieses senken kann. Laut der WHI-Studie kann ein Auftreten von VMS über mindestens 10 Jahre das Brustkrebsrisiko steigern. • Psychische Gesundheit: Menopausale Beschwerden, insbesondere VMS, sind mit einem erhöhten Risiko für psychische Erkrankungen verbunden. Frauen mit einer früheren Depression haben ein erhöhtes Risiko, auch in der Peri- und Postmenopause depressive Episoden zu erleben. Bei Frauen ohne Depression in der Vorgeschichte, die jedoch während der Perimenopause depressive Symptome zeigen, nimmt die Symptomatik in der Postmenopause meist wieder ab. • Sonstige gesundheitliche Risiken: Einige Studien deuten auf einen Zusammenhang zwischen VMS und einem erhöhten Risiko für Diabetes mellitus sowie Osteoporose hin.
Kommentar Auch wenn die in den Studien berichteten Symptome möglicherweise teilweise auf den Alterungsprozess und/oder bestehende Begleiterkrankungen zurückzuführen sind, weisen die Ergebnisse eindeutig darauf hin, dass menopausale Beschwerden mehr als blosse Befindlichkeitsstörungen darstellen.
Besprochene Studie: Andrews R, Lacey A, Bache K, Kidd EJ.: The role of menopausal symptoms on future health and longevity: A systematic scoping review of longitudinal evidence. Maturitas. 2024 Dec;190:108130. doi: 10.1016/j.maturitas.2024.108130. Epub 2024 Sep 30. PMID: 39366170.
Vielmehr sind sie potenziell als Risikofaktor für chronische nicht-übertragbare Erkrankungen zu betrachten. Dies gilt besonders für kognitive Erkrankungen, da hier Prävention und Früherkennung bisher die einzigen wirksamen Massnahmen sind. Zukünftige Studien sollten untersuchen, ob die Linderung menopausaler Beschwerden das Risiko für gesundheitliche Beeinträchtigungen im späteren Leben senken kann. Psychische und kognitive Symptome während der Wechseljahre klingen meist nach deren Abschluss ab, ausser bei Frauen in sozioökonomisch benachteiligten Lebenssituationen oder solchen, die unter starkem Stress und traumatischen Erlebnissen leiden. Die gezielte Identifikation solcher Risikogruppen könnte einen wesentlichen Beitrag zur langfristigen Verbesserung der Gesundheit von Frauen leisten.
Prof. Dr. med. Petra Stute E-Mail: petra.stute@insel.ch Internet: www.meno-pause.ch
Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel: keine.
32 gynäkologie 2 | 2025