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ERS
Bronchiektasen, Polypen, COPD
Highlights vom Jahreskongress der European Respiratory Society
Auf dem diesjährigen Jahreskongress der European Respiratory Society (ERS) wurden zahlreiche neue Daten zur Diagnostik und Therapie chronisch entzündlicher Atemwegserkrankungen vorgestellt. Prof. Dr. Jörg Leuppi, Kantonsspital Baselland, hob im Gespräch insbesondere Neuerungen bei den Bronchiektasen, aktuelle Studien zu Biologika bei schwerem Asthma sowie einen Blick auf die Eosinophilie bei COPD hervor. Etliche der Ergebnisse sind geeignet, therapeutische Gewohnheiten in Klinik und Praxis zu hinterfragen.
Bronchiektasen: Therapie abhängig vom Entzündungsprofil Eine neue Übersichtsarbeit zu Non-Cystic-Fibrosis-Bronchiektasen betont, dass die Behandlung konsequent am jeweils vorliegenden Entzündungsmuster ausgerichtet werden sollte. Bei Patienten mit überwiegend eosinophiler Entzündung kann der Einsatz von inhalativen Kortikosteroiden oder gegebenenfalls von Biologika sinnvoll sein. Liegt dagegen im Sputum oder in der Lavage eine neutrophile Entzündung vor, kommt möglicherweise eine Behandlung mit Makroliden in Betracht. Bei chronischer Pseudomonas-Infektion rücken inhalative Antibiotika oder Makrolide in den Vordergrund. Diese differenzierte Herangehensweise macht deutlich, dass Bronchiektasen kein einheitliches Krankheitsbild darstellen und eine pauschale Therapieempfehlung der Vielgestaltigkeit der Erkrankung nicht gerecht wird, so der Experte.
Praktische Relevanz hat eine auf dem Kongress vorgestellte randomisierte Studie, in der die Inhalation von hypertoner Kochsalzlösung sowie der Einsatz des Mukolytikums Carbocistein bei Patienten mit Bronchiektasen untersucht wurden (1). Beide Massnahmen hatten weder Auswirkungen auf die Lebensqualität noch auf die Lungenfunktion oder den Antibiotikabedarf. Da die Inhalation hypertoner Kochsalzlösung in vielen Praxen bislang als Standardempfehlung galt, hat dieses Ergebnis eine unmittelbare Auswirkung auf das klinische Vorgehen: Patienten kann dadurch eine zeitintensive Therapie erspart werden, so der Experte.
Evidenz für die Wirksamkeit moderner Biologika Zur Behandlung des schweren Asthmas wurden neue klinische Daten präsentiert. Eine Studie mit Schweizer Beteiligung, die ASCENT-Studie, bestätigte für Tezepelumab in Real-World- und Studiensettings eine deutliche Reduktion von Exazerbationen sowie eine Verbesserung der Lebensqualität bei Patienten, die trotz inhalativer Standardtherapie unzureichend eingestellt waren (2).
Zudem wurde ein Head-to-Head-Vergleich der Biologika Dupilumab und Omalizumab bei Asthmapatienten mit chronischer Rhinosinusitis und Nasenpolypen vorgestellt. In der EVEREST-Studie zeigte Dupilumab eine stärkere Wirkung hinsichtlich Symptomkontrolle, Polypenreduktion und Verbesserung des Geruchssinns (3). Auch unter Tezepelumab konnte in einer weiteren Studie für Patienten mit schwerer chronischer Rhinosinusitis und Nasenpolypen gezeigt werden, dass die Betroffenen signifikant profitierten – die Grösse der Nasenpolypen, die Schwere der Beschwerden, die Gabe von systemischen Glukokortikoiden sowie chirurgische Massnahmen konnten im Vergleich zu Plazebo deutlich reduziert werden (4).
Ein weiterer Beitrag widmete sich dem Einfluss von Schleimpfropfen («mucus plugs») auf Ventilationsstörungen. Bildgebende Verfahren zeigten, dass Benralizumab zu einer Reduktion von Schleimobstruktionen und damit zu einer verbesserten Belüftung führen kann – ein interessanter Aspekt für Asthmaformen mit ausgeprägter Sekretanfälligkeit (5).
COPD und Eosinophilie: Diagnoseüberlappung ernst nehmen In einem weiteren Vortrag wurde die Bedeutung der Eosinophilenzahl bei COPD thematisiert. Häufig liege demnach bei COPD-Patienten mit erhöhter Eosinophilie eine asthmatische Komponente vor, wie der Experte berichtete. Für die Praxis bedeutet dies: Die Bestimmung der Eosinophilen im Blut sollte bei COPD routinemässig erfolgen, da sich hieraus ein möglicher Einsatz von Biologika ableiten kann. Die Diskussion unterstreiche den Trend hin zu präzisionsorientierten Therapieentscheidungen auch ausserhalb des klassischen Asthmakontextes.
Christine Mücke
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ERS
Referenzen: 1. Bradley JM et al.: Hypertonic Saline or Carbocisteine in Bronchiectasis.
N Engl J Med. 2025;393(16):1565-1577. doi:10.1056/NEJMoa2510095 2. Milger-Kneidinger K: Early and continued improvements in asthma
control in patients with severe, uncontrolled asthma after tezepelumab initiation: real-world ASCENT study. Poster 315, präsentiert im Rahmen des ERS-Kongresses, 27. September bis 1. Oktober 2025, Amsterdam. 3. De Corso E et al.: Dupilumab versus omalizumab in patients with chronic rhinosinusitis with nasal polyps and coexisting asthma (EVEREST): a multicentre, randomised, double-blind, head-to-head phase 4 trial. Lancet Respir Med. Published online September 28, 2025. doi:10.1016/S2213-2600(25)00287-5 4. Lipworth BJ et al.: Tezepelumab in Adults with Severe Chronic Rhinosinusitis with Nasal Polyps. N Engl J Med. 2025;392(12):1178-1188. doi:10.1056/NEJMoa2414482 5. Carstens D: Changes in airway structure/function with benralizumab treatment of severe eosinophilic asthma (SEA) observed with Functional Respiratory Imaging (FRI). Poster 4727, präsentiert im Rahmen des ERS-Kongresses, 27. September bis 1. Oktober 2025, Amsterdam.
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