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KONGRESSBERICHT
Ovarialkarzinom
Wichtige Studienergebnisse für alle Erkrankungsphasen
Mit neuen Wirkmechanismen und der Kombination verschiedener -ansätze wird die Therapie des Ovarialkarzinoms verbessert. Bei Patientinnen mit resektablen fortgeschrittenen Tumoren hat die Operation an einem qualitätszertifizierten Zentrum einen wichtigen Stellenwert.
Relacorilant verlängert OS bei platinresistenter Erkrankung Die Prognose von Patientinnen mit platinresistentem Ovarialkarzinom ist schlecht und neue Therapiestrategien werden dringend benötigt. Ein möglicher neuer Standard ist die Blockade des Glukokortikoidrezeptor (GR)-Signalwegs mit dem selektiven GR-Antagonisten (SGRA) Relacorilant (1). Die Expression von GR ist beim Ovarialkarzinom mit einer schlechteren Prognose assoziiert, da der aktivierte GR-Signalweg die Sensitivität der Chemotherapie reduziert.
In der Phase-III-Studie ROSELLA erhielten 381 Patientinnen, die <6 Monate nach der letzten Platintherapie einen Progress erlitten, Relacorilant plus nab-Paclitaxel oder nur nab-Paclitaxel bis zum Tumorprogress oder nicht tolerierbarer Toxizität. Die dualen primären Studienendpunkte waren das progressionsfreie Überleben (PFS) und das Gesamtüberleben (OS). Die Patientinnen waren median 61–62 Jahre alt und hatten mehrheitlich bereits 2 (49% bzw. 46%) oder 3 (43% bzw. 45%) Therapielinien erhalten. Mehr als ein Drittel der Erkrankten
Auf einen Blick
• Relacorilant, die erste Wirksubstanz der Wirkstoffklasse SGRA, reduzierte bei platinresistenten Patientinnen das Progressionsrisiko in Kombination mit nab-Paclitaxel um 30% im Vergleich mit der nab-Paclitaxel-Monotherapie. Das OS wurde um median 4,5 Monate verlängert. Die Kombination könnte ein neue Standard für diese Klientel sein.
• Die Hinzunahme von Dostarlimab zu einer StandardErstlinientherapie mit platinbasierter Chemotherapie und Niraparib-Erhaltungstherapie führte zu einer moderaten, wenn auch statistisch signifikanten Verlängerung des PFS. Das OS war in beiden Studienarmen vergleichbar.
• Die TRUST-Studie konnte eine statistisch signifikante OS-Verlängerung für die primäre gegenüber der IntervallZytoreduktion beim fortgeschrittenen Ovarialkarzinom nicht nachweisen. Es wurden aber insgesamt hohe Komplettremissionsraten bei geringer Morbidität und Mortalität sowie eine signifikante Verlängerung des PFS durch die primäre Operation erreicht.
(36% bzw. 43%) war bereits mit mindestens einer Therapielinie im platinresistenten Setting behandelt worden. 7% der Patientinnen waren primär platinrefraktär. Bei den vorangegangenen Therapien wurden Bevacizumab (100%), Taxane (99,5%), pegyliertes liposomales Doxorubicin (64-65%) respektive PARP-Inhibitoren (61-62%) verabreicht.
Das PFS wurde durch die zusätzliche Relacorilant-Gabe median von 5,52 auf 6,54 Monate verlängert. Mit einer Hazard Ratio von 0,70 (95%-KI; 0,54-0,91) und einem p-Wert von 0,0076 war der Unterschied signifikant.
Die PFS-Rate betrug • nach 6 Monaten 52% versus 42% und • nach 12 Monaten 25% versus 13%.
Auch für das OS wurde ein signifikantes Ergebnis erzielt. Im Median lebten Patientinnen 15,97 Monate mit Relacorilant plus nab-Paclitaxel versus 11,50 Monate mit nab-Paclitaxel (HR: 0,69; 95%-KI 0,52-0,92; p=0,0121). Die 12-Monats-OSRate lag bei 60% vs. 49%. Der Vorteil für die Relacorilant-haltige Therapie wurde in Subgruppenanalysen für alle untersuchten Gruppen bestätigt. • Die objektive Ansprechrate (ORR) lag bei 36,9% vs. 30,1%, • die klinische Kontrollrate bei 51,1% vs. 38,9%.
Aszites wurde weniger häufig bei Patientinnen im Relacorilant-Arm beobachtet (alle Grade: 5% vs. 11%; Grad ≥3: 3% vs. 5%). Insgesamt traten therapieassoziierte Nebenwirkungen Grad ≥3 (74,5% vs. 59,5%) und klinisch relevante Nebenwirkungen (35,1% vs. 23,7%) häufiger im Kombinationsarm auf. Zum Therapieabbruch aufgrund therapieassoziierter Nebenwirkungen kam es bei 9,0% gegenüber 7,9% der Patientinnen.
Die Autoren sehen in Relacorilant plus nab-Paclitaxel einen neuen effizienten Standard für die Behandlung des platinresistenten Ovarialkarzinoms, und auch unabhängig von einem Biomarker.
Immuntherapie-Kombination als Erstlinienoption Auch die FIRST/ENGOT-OV44-Studie wurde konzipiert, um mit einem zusätzlichen Wirkmechanismus den bestehenden Standard zu optimieren (2). Die 2:1-randomisierte, plazebokontrollierte Phase-III-Studie wurde bei neu diagnostizierten
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KONGRESSBERICHT
Patientinnen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom durchgeführt. Geprüft wurde die zusätzliche Gabe des PD-1-gerichteten Checkpoint-Inhibitors Dostarlimab zu Carboplatin/Paclitaxel und anschliessender Niraparib-Erhaltungstherapie plus Dostarlimab oder Plazebo kombiniert. Bevacizumab wurde nach Ermessen des Behandlers gegeben.
Mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 53,1 Monaten lag das mediane PFS (primärer Studienendpunkt) bei 20,6 (Dostarlimab-Arm) versus 19,2 Monaten (Plazebo-Arm). Die PFS-Rate betrug • nach 1 Jahr 75% (vs. 70%), • nach 2 Jahren 44% (vs. 40%) und • nach 3 Jahren 32% (vs. 27%).
Mit einer Hazard Ratio von 0,85 (95%-KI; 0,73-0,99) und einem p-Wert von 0,0351 wurde die statistische Signifikanzgrenze mit einem moderaten Vorteil durch die DostarlimabGabe erreicht. Bezüglich des OS wurde zwischen den KaplanMeier-Kurven kein Unterschied beobachtet (HR: 1,01; 95%-KI; 0,86-1,19; p=0,906). Das mediane OS lag bei 44,4 vs. 45,5 Monaten. Die Nebenwirkungen entsprachen den zu erwartenden Profilen der Einzelsubstanzen. In beiden Studienarmen kam es nicht zu klinisch relevanten Verschlechterungen der Lebensqualität.
Optimaler Zeitpunkt für Resektion fortgeschrittener Stadien Die makroskopisch vollständige Resektion des fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms ist mit einer besseren Prognose assoziiert. Ob die primäre Resektion mit adjuvanter Chemotherapie oder eine perioperative Chemotherapie zu einer besseren Überlebensverlängerung führt, war das Thema der TRUST-Studie der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO) (3). Eingeschlossen wurden Patientinnen • mit resektablen Tumoren, • die fit genug für eine radikale Resektion waren und • in gynäkologischen Zentren mit definierter Qualität der
Operation behandelt wurden.
688 Patientinnen im FIGO-Stadium IIIB/C oder IVA/B erhielten randomisiert eine primäre zytoreduktive Operation oder eine neoadjuvante Chemotherapie mit Intervall-Zytoreduktion. Als systemische Therapie wurde Carboplatin plus Paclitaxel sowie, falls indiziert, Bevacizumab oder ein PARPInhibitor empfohlen. Primärer Studienendpunkt war das OS.
Bei den eingeschlossenen Patientinnen wurde mehrheitlich ein FIGO-Stadium IIIC (61%) und ein high grade seröser histologischer Subtyp (92%) festgestellt. Das mediane Alter lag bei 63,5 Jahren, der BMI betrug median 24,8 und 77% der Patientinnen hatte einen ECOG-PS 0.
Die Ergebnisse zur Durchführung der Operation zeigen eine etwas höhere mediane Operationsdauer von 331 versus 284 Minuten mit der primären bzw. der Intervall-Zytoreduktion, auch kam es häufiger zu Darmresektionen (68% vs. 38%) und Splenektomien (27% vs. 13%). Eine komplette makroskopische Resektion erfolgte bei 68% vs. 79% der Patientinnen mit
primärer bzw. Intervall-Zytoreduktion, bei 70% bzw. 85% wurde eine komplette Resektion der tatsächlich operierten Patientinnen (96,8% vs. 93,3%) dokumentiert.
Eine Erstlinien-Chemotherapie erhielten 93% respektive 97% der Patientinnen, davon • 93% (vs. 97%) eine Platintherapie und • 90% (vs. 96%) ein Taxan.
Ausserdem wurden zu irgendeinem Zeitpunkt • 65% (vs. 59%) der Patientinnen mit Bevacizumab und • 25% (vs. 30%) mit einem PARP-Inhibitor behandelt.
Das PFS wurde mit der primären Resektion signifikant verlängert gegenüber der Intervall-Zytoreduktion (median 22,1 vs. 19,7 Monate; HR: 0,80; 95%-KI; 0,66-0,96; p=0,018). Der primäre Endpunkt wurde nicht erreicht, die HR für das OS betrug 0,89 (95%-KI; 0,74-1,08) mit einem p-Wert von 0,24. Mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 74,6 Monaten lag das mediane OS bei 54,3 (vs. 48,3) Monaten. Subgruppenanalysen gaben Hinweise auf einen höheren Nutzen der primären Resektion für Patientinnen mit FIGO-Stadium III sowie bei kompletter makroskopischer Resektion.
Komplikationen bei der Operation wurden für 18% (vs. 12%) der Patientinnen unter primärer bzw. Intervall-Zytoreduktion berichtet, die 30-Tage-post-OP-Mortalität lag für beide Studienarme <1%. Bezüglich der Lebensqualität wurde zu keinem Zeitpunkt eine signifikante Differenz festgestellt.
Die Autoren fassten zusammen, dass zum ersten Mal ein signifikant verlängertes PFS mit primärer Operation ohne Beeinträchtigung der Lebensqualität gezeigt werden konnte und dass die beobachtete Wirksamkeit mit hohen Komplettremissionsraten assoziiert war. Damit zeigt die Studie erneut den hohen Stellenwert der qualitätsorientierten Zertifizierungsprogramme.
Ine Schmale
Quelle: 2025 American Society of Clinical Oncology (ASCO) Annual Meeting, 30. Mai - 3. Juni 2025, Chicago & online.
Referenzen: 1. Olawaiye A et al: ROSELLA: A phase 3 study of relacorilant in combina-
tion with nab-paclitaxel versus nab-paclitaxel monotherapy in patients with platinum-resistant ovarian cancer (GOG-3073, ENGOT-ov72, APGOT-Ov10, LACoG-0223, and ANZGOG-2221/2023). ASCO 2025, Abstr. #LBA5507. 2. Hardy-Bessard AC et al: The phase III FIRST/ENGOT-OV44 trial: dostarlimab and niraparib in first-line advanced ovarian cancer. ASCO 2025, Abstr. #LBA5506. 3. Mahner S et al: TRUST: Trial of Radical Upfront Surgical Therapy in Advanced Ovarian Cancer (ENGOT ov33/AGO-OVAR OP.7). ASCO 2025, Abstr. #LBA5500.
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