Transkript
STUDIE
SGLT2-Hemmer
Auch für fraile Patienten von Nutzen
SGLT2-Hemmer verbessern renale und kardiovaskuläre Verläufe bei Patienten mit Typ-2-Diabetes. Ob das für Patienten mit Frailty-Syndrom gleichermassen und mit wenigen Nebenwirkungen zutrifft, untersuchte die Post-hoc-Analyse aus gepoolten Daten der CANVAS- und CREDENCE-Studien.
Frailty, definiert als ein Zustand der Vulnerabilität, die mit einem erhöhten Risiko für schlechte Verläufe bei älteren Menschen einhergeht, ist weit verbreitet. Vor dem Hintergrund, dass die Bevölkerungen immer länger leben, gewinnt das Thema Frailty für die klinische Praxis zunehmend an Relevanz. Individuen altern in unterschiedlichem Tempo und auf verschiedene Weise, sodass das chronologische Alter nicht immer genau das biologische widerspiegelt.
Die Erfassung der Heterogenität des Alterns anhand der Gebrechlichkeit bzw. Frailty ermöglicht eine bessere Abstimmung klinischer Entscheidungen auf die Risikoprofile der Patienten und stellt die traditionelle Abhängigkeit vom chronologischen Alter infrage. In der medizinischen Praxis wurde die Entscheidungsfindung oft stark auf das chronologische Alter gestützt, was zu suboptimaler Patientenversorgung führen und älteren Erwachsenen den Zugang zu potenziellen Vorteilen neuartiger Therapien zur Verbesserung von Lebenserwartung und Lebensqualität verwehren kann. Mehrere Studien haben gezeigt, dass die Therapie-Response bei gebrechlichen Personen verändert ist.
Die Identifikation von Frailty als Teil routinemässiger klinischer Bewertungen und umfassender Bevölkerungsuntersuchungen bei älteren Menschen wurde empfohlen, um jene Patienten mit höherem Risiko für Nebenwirkungen zu ermitteln, bei denen eine Anpassung der Behandlung in Betracht gezogen werden sollte.
Bei der Verschreibung von SGLT2-Hemmern bei frailen Patienten besteht eine gewisse Zurückhaltung, weil das NutzenRisiko-Profil für diese Patientengruppe nicht klar ist. Allerdings haben in der jüngeren Vergangenheit Studien mit Dapagliflozin bei Patienten mit Herzinsuffizienz mit erhaltener wie auch reduzierter Auswurffraktion einen Nutzen bei frailen Patienten nahegelegt. Canagliflozin reduzierte kardiovaskuläre Ereignisse bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und erhöhtem kardiovaskulären Risiko in der CANVAS-Studie und senkte in der CREDENCE-Studie das Risiko für renale und kardiovaskuläre Ereignisse bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und chronischer Nierenerkrankung.
Subgruppe mit Frailty unter der Lupe Ziel der hier referierten Studie war es nun, die Auswirkungen von Frailty auf die Wirksamkeit und Sicherheit der Canagliflozin-Therapie zu untersuchen. Im Speziellen ging es dabei um: 1. die Entwicklung eines massgeschneiderten Frailty-Index für Teilnehmer mit Typ-2-Diabetes im CANVAS-Programm und in der CREDENCE-Studie; 2. die Untersuchung des Zu-
sammenhangs zwischen diesem Frailty-I ndex und nachfolgenden unerwünschten Ereignissen bei den Teilnehmern; 3. die Analyse der Auswirkungen von Gebrechlichkeit auf die Wirksamkeit und Sicherheit von Canagliflozin bei den Teilnehmern.
Dazu wurden die gepoolten Daten der CANVAS- und der CREDENCE-Studie analysiert. Diese umfassten gesamthaft 14 543 Teilnehmer mit Durchschnittsalter 63,2 Jahre und 35,3% Frauenanteil. Mehr als die Hälfte der Teilnehmer (56%) entsprach der Frailty-Definition. Diese wurde anhand des Frailty-Index (FI), bestehend aus 27 Kriterien, bestimmt. Ab einem Frailty-Index von > 0,25, d.h. bei > 7 positiven Kriterien von 27, war die Definition einer Frailty erfüllt.
Als primäre Endpunkte in dieser Studie galten: 1. MACE, bestehend aus kardiovaskulärem Tod, nicht tödlichem Myokardinfarkt, nicht tödlichem Hirnschlag, 2. kardiovaskuläre Mortalität und 3. Gesamtmortalität bei Personen mit (FI > 0,25) und ohne Frailty. Die Nebenwirkungen wurden ebenfalls erhoben.
Nutzen für beide Patientengruppen
Die Analyse zeigte einen Nutzen von Canagliflozin bei frailen wie
auch bei nicht frailen Personen. Der Nutzen von Canagliflozin zeig-
te sich in allen drei Endpunkten unabhängig vom Frailty-Status:
MACE: Hazard-Ratio (HR): 0,80; 95%-Konfidenzintervall (KI):
0,70–0,90 bei den Frailen vs. HR: 0,91; KI: 0,75–1,09 bei den
nicht Frailen; p für Interaktion = 0,27. Kardiovaskuläre Mortalität:
HR: 0,79; KI: 0,67–0,95 bei Frailen vs. HR: 0,94; KI: 0,70–1,27 bei
nicht Frailen; p für Interaktion = 0,38. Gesamtmortalität: HR:
0,81; KI: 0,70–0,94 bei Frailen vs. HR: 0,93; KI: 0,74–1,16 bei
nicht Frailen; p für Interaktion = 0,39. Die Nebenwirkungen waren
in beiden Gruppen ähnlich, ausser für osmotische Diurese, die bei
Frailen weniger häufig auftrat als bei nicht Frailen (HR: 1,67; 95%-
KI: 1,22–2,28 vs. HR: 3,05; 95%-KI: 2,13–4,35; p für Interaktion
= 0,01).
Diese Resultate unterstützen die Therapie mit SGLT2-Hem-
mern auch bei Personen, die als frail gelten, so das Fazit der
Autoren.
vh
Quelle: Nguyen TN et al.: The Efficacy and Safety of Canagliflozin by Frailty Status in Participants of the CANVAS and CREDENCE Trials. J Am Geriatr Soc. 2025 Mar 19. doi:10.1111/jgs.19444
Interessenlage: Die meisten Autoren deklarieren Honoraria von diversen pharmazeutischen Unternehmen.
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