Transkript
MEDIEN | MODEN | MEDIZIN
Rosenbergstrasse
Nachbar S. begeistert zu seiner Frau: «Ist das nicht schön?» – Seine Frau, lakonisch: «Ja. Das ist nicht schön.»
Politische Einsichten einer alten Frau: «Konservativ ist nicht völkisch», sagt die Alte, «wenn Sie stolz sein wollen auf Ihr Volk, dann werden Sie Imker!»
«Was machst du da?» – «Intervallfasten!» – «Bitte?» – «Von acht bis zwölf trinke ich Kaffee und rauche. Dann esse ich, was ich will, und ab 18 Uhr betrinke ich mich.» (Dialog aus der Serie «Yellowstone», Netflix)
Warum nur ist «Yellowstone» so ein riesiger Erfolg? Vielleicht weil alle Menschen Cowboys lieben, Männer sowieso, aber auch die meisten Frauen. Nur, warum finden die meisten Menschen Cowboys so sympathisch? Die Männer vermutlich, weil Cowboys Machos sein dürfen. Mit Pferd, Pistole, Whiskey und Steak. Poker und Rodeo. Weil sie die Kleider nicht wechseln und stinken dürfen. Und wegen Kevin Costner. Und die Frauen? Vermutlich aus den gleichen Gründen. Und dann auch noch wegen Beth Dutton, der Tochter des Ranchers, von der obiges Zitat stammt sowie der fromme Wunsch für ihren Widersacher: «Ich hoffe, du stirbst an Arschkrebs.» Sie verstehen? (Serienmuffel mögen den Exkurs entschuldigen!)
Was ist Kunst? Die ewige Frage. Ein «Kunstkritiker» der Nazis sagte 1933, nachdem er Bilder von Adolf Dietrich gesehen hatte (zurzeit z.B. im Museum Allerheiligen ausgestellt): «Man darf wohl fragen, was exotische Schmetterlinge auf einem deutschen Kürbis zu suchen haben.» Vermutlich meinte er damit, Kunst müsse «deutschnational» sein, oder auch, sie müsse die «Wirklichkeit» abbilden, was bedeutet: Auf deutsche Kürbisse gehören allenfalls Buchfinken. Schade, hat er seinen Satz nicht als eine mögliche Antwort auf die Kunstfrage begriffen. Malerei – überhaupt Kunst – bildet nicht bloss ab, sondern schafft Neues: neue Zusammenhänge, neue Sichtweisen, neue Perspektiven, aber auch ungewohnte und irritierende Assoziationen, Abstrahierungen, Auslassungen, Zufügungen, Verfremdungen, Übertreibungen. Mit alten wie mit neuen Techniken. Ein «Ochsenauge» (ein brasilianischer Schmetterling) auf einer (deutschen) Pfingstnelke sitzend – das schafft die Natur nicht, das macht eben nur Kunst möglich.
Donald Trump ist eine fleisch- und leider Präsident gewordene, durch die Weltgeschichte irrlichternde Diagnose: In der ICD-10 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems, 10th Revision) figuriert er unter dem Begriff NPS (Narzisstische Persönlichkeitsstörung) als Subtyp der «Anderen spezifischen Persönlichkeitsstörungen» mit der ICD-10-Codierung F60.8. Im DSM-5 (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 5th Edition) hingegen erscheint er als eigenständige Diagnose unter dem Code 301.81 (Narcissistic Personality Disorder, NPD). Es ist irgendwie beruhigend, einen Namen zu haben für das Phänomen, das punkto Heilbarkeit etwa mit einer ALS vergleichbar ist, punkto Gefährlichkeit hingegen durchaus mit einer APS – gemäss DSM-5-Code: 301.7 (F60.2), einer «Antisozialen Persönlichkeitsstörung». Nur, leider ist die medizinisch und sozial zweifellos indizierte Dauerhospitalisation zurzeit unter den gegebenen politischen Umständen nicht möglich.
Die Schreckensnachrichten nehmen kein Ende. Die jüngste Horrormeldung: «Bialetti wird chinesisch. Ein Grossinvestor aus Hongkong übernimmt den Hersteller der legendären Espressokanne.» Wir weinen mit Italien. So wie wir geweint haben mit Toblerone, Hero, SIG oder Saurer. (Sie wissen schon, was Bialetti ist, oder? «Sie» macht den besten Kaffee.)
Die dänische Post tickt anders: Ein normaler Brief (bei uns B-Post) kostet vier Euro. Zugestellt wird er innerhalb von fünf Tagen – ohne Garantie. A-Post gibt es nicht. Und ab 2026 wird alles nochmals anders: Dann wird es auch keine B-Post mehr geben. Mit anderen Worten: Briefe werden schlicht nicht mehr zugestellt. Beziehungsweise nur noch von einem privaten Zustellungsdienstleister. Grund: Wer schreibt noch Briefe, wo es doch E-Mails und Ähnliches gibt? Skandinavien tickt eben grundsätzlich anders, Die Schweden etwa haben’s schon während Corona deutlich gemacht: Die Wirtschaft ging vor, kein Lock und kein shut down, das Leben ging weiter. Ausser für die Alten. Die starben. Je nu, so isch es halt, ‘s Läbe. («Det är bara så livet är.») (S) Fazit: Wer eh bald stirbt, braucht keine Briefe mehr. («Hvis du snart skal dø, behøver du ikke flere breve.») (DK)
Und das meint Walti: Wer die ganze Nacht schläft, darf sich nicht wundern, wenn er am Tag arbeitet.
Richard Altorfer
246 ars medici 7 | 2025