Transkript
ERS
COPD im Biologika-Zeitalter
Erste Zulassungen und viele offene Fragen
Seit Februar 2025 ist Dupilumab in der Schweiz als erstes Biologikum für die Behandlung der unkontrollierten COPD mit erhöhten Eosinophilen (≥ 300 Zellen/μl) zugelassen. Für den Anti-IL5-Antikörper Mepolizumab liegen positive Phase-III-Daten vor. Gleichzeitig werden mit anderen Biologika in der Indikation COPD Misserfolge in Studien gemeldet. Ein relevantes Problem dürfte die Identifikation von Patienten mit T2-Inflammation darstellen.
Mit zunehmender Einsicht in die pathophysiologischen Mechanismen der COPD gewinnt die Biologikatherapie zumindest für einen Teil der COPD-Patientenpopulation an Bedeutung. Prof. Dr. Mona Bafadhel vom King’s College London (UK) weist auf die heterogene Klinik und Pathophysiologie der COPD hin. Nicht nur zeige die Krankheit in der klinischen Präsentation ein relativ breites Spektrum, es können auch hinter ähnlichen klinischen Phänotypen unterschiedliche pathophysiologische Mechanismen stehen. Werde dies besser verstanden, so könnten sich daraus bessere therapeutische Optionen ergeben. Im Gegensatz dazu habe die Unkenntnis der unterschiedlichen Endotypen dazu beigetragen, dass frühe Versuche, COPD mit Biologika zu behandeln, durchgehend erfolglos blieben. Auch als eosinophile Granulozyten als potenziell relevant für die COPD-Pathophysiologie erkannt wurden, führte das nicht unmittelbar zu klinischen Erfolgen. Mehrere Studien mit Anti-IL5-Biologika scheiterten und liessen bestenfalls in hypothesengenerierenden Post-hoc-Analysen auf einen gewissen Behandlungseffekt schliessen. Etwa ab dem Jahr 2020 sei man in der «Endotyping Era» angekommen, was sich auch in Erfolgen in klinischen Studien niederschlug. Von den zahlreichen an T2-Inflammation beteiligten Zytokinen wurde Interleukin(IL)-5 als hochrelevant und medikamentös gut beeinflussbar ausgewählt.
potenzieller Hintergrund werden Unterschiede in der Patientenselektion vermutet. So wiesen alle Patienten in den Dupilumab-Studien eine chronische Bronchitis auf, während diese in den Mepolizumab-Studien keine Voraussetzung für den Einschluss war. Die MATINEE-Population umfasste Patienten mit GOLD Grad 2–4, während in BOREAS nur GOLD 2 und 3 Patienten eingeschlossen waren. Die mit Benralizumab durchgeführte Phase-III-Studie RESOLUTE verfehlte laut Presseaussendung des Herstellers den primären Endpunkt, obwohl auch hier eine ähnliche Patientenpopulation wie in BOREAS eingeschlossen wurde (3). Daten zu weiteren Biologika werden erwartet. Für das Anti-IL-33 Biologikum Itepekimab werden widersprüchliche Ergebnisse berichtet. Während es in einer Phase-III-Studie zu einer Reduktion der Exazerbationsrate führte, konnte dies in einer weiteren Phase-III-Studie nicht gezeigt werden (4). Aus wissenschaftlicher Sicht dürfe dabei auch die Bedeutung der fehlgeschlagenen Versuche nicht unterschätzt werden, zumal sie wertvolle Einsichten in die Pathophysiologie der COPD liefern, erläuterte Prof. Bafadhel und wies auch auf Studien hin, die für verschiedene Biologika gute Ergebnisse im Management akuter Exazerbationen nahelegen. Beispielsweise zeigte sich der gegen den IL-5-Rezeptor gerichtete Antikörper Benralizumab in dieser Indikation im Vergleich zu einer Prednisolon-Monotherapie überlegen (5).
Erste positive Phase-III-Resultate mit Dupilumab und Mepolizumab Eine Reduktion der Exazerbationsrate in einer Population von Patienten mit häufigen Exazerbationen und einer Eosinophilenzahl im Blut von mindestens 300 Zellen/μl unter maximaler inhalativer Therapie wurde bislang in den PhaseIII-Studien BOREAS mit Dupilumab (1) und MATINEE mit Mepolizumab (2) demonstriert. Entsprechende Zulassungen folgten. Hinsichtlich dieses primären Endpunkts zeigen beide Studien recht ähnliche Ergebnisse. Allerdings ergaben sich bei den sekundären Endpunkten relevante Unterschiede: Während sich in BOREAS die Lungenfunktion und die Lebensqualität der Patienten signifikant verbesserten, war dies in MATINEE nach einem Jahr nicht der Fall. Als
Prävalenz von T2-Inflammation bei COPD fraglich Wie hoch der Anteil von Patienten mit T2-Inflammation an der COPD-Population ist, steht allerdings in Diskussion. «In der Literatur findet man Angaben von bis zu 40% COPDPatienten mit T2-Entzündung» so Prof. Dr. Carlos Cabrera López von der Universität Las Palmas de Gran Canaria (E). Dies decke sich allerdings nicht mit den klinischen Erfahrungen. Letztlich rücke auch ein Blick auf die Datenlage das Bild zurecht. Teilweise wurden Patienten während Exazerbationen in die Studien eingeschlossen, teilweise wurde ein zu niedriger Cut-Off-Wert für die Eosinophilenzahl gewählt, führte Prof. Cabrera López aus. Die «Copenhagen General Population»-Study zeigte in der COPD-Population eine ähnlich hohe bzw. niedrige Prävalenz von Eosinophilie wie in der
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gesunden Allgemeinbevölkerung. Jeweils 15 bis 18% der Probanden zeigten eine Eosinophilenzahl von 300 Zellen/μl oder mehr im peripheren Blut (6). Ähnliche Ergebnisse wurden auch in zahlreichen klinischen Studien gefunden, erläuterte Prof. Cabrera López. Bemerkenswerterweise unterschieden sich in einer spanischen Studie COPD-Patienten mit erhöhten Eosinophilen hinsichtlich ihrer klinischen Charakteristika nicht von Patienten mit normaler Eosinophilenzahl (7). Unbestritten ist jedoch, dass sowohl inhalative Kortikosteroide als auch der Anti-IL4/IL13-Antikörper Dupilumab und der Anti-IL5-Antikörper Mepolizumab, die sich beide gegen T2-Inflammation richten, bei Patienten mit einer Eosinophilenzahl jenseits der 300 Zellen pro /μl und häufigen Exazerbationen das Exazerbationsrisiko reduzieren. Dies wurde für die Dreifachtherapie mit inhalativen Kortikosteroiden (ICS), langwirksamen Muskarinrezeptorantagonisten (LAMA) und langwirksamen Beta-2-Agonisten (LABA) in einer Vielzahl von Studien, wie zum Beispiel der TRINITYStudie gezeigt (8). Mit den Phase-III-Daten für Dupilumab (1) und Mepolizumab (2) folgten die ersten positiven Studien für Biologika.
Unterschiedliche Typen von Eosinophilen in Blut und Gewebe Generell lassen die Daten zum Einsatz von Biologika bei COPD einige Fragen offen. Prof. Cabrera López betonte, dass bei COPD bereits die kleinste ICS-Dosis den maximal erreichbaren Effekt bringt, während bei Asthma bronchiale Dosis erhöhungen die Wirkung verbessern. Auch zeige ein Vergleich mit den Asthma-Studien, dass die Reduktion von Exazerbationen in der COPD-Population weniger ausgeprägt sei als in der Asthma-Population, so Prof. Cabrera López. Und dies, obwohl die Patienten in MATINEE und BOREAS höhere Eosinophilenzahlen aufwiesen als die Patienten in den Asthmastudien mit den gleichen Biologika.
Eine mögliche Erklärung könne an unterschiedlichen involvierten Subtypen von Eosinophilen liegen. Man müsse, so Prof. Cabrera Lopez, zwischen ruhenden (resident) Eosinophilen und aktivierten Eosinophilen unterscheiden. Nur letztere reagieren auf IL-5 und verursachen eine Entzündung. Während bei Asthmapatienten rund 25% der Eosinophilen aktiviert sind, hat man es bei COPD nur mit rund 1% an aktivierten Eosinophilen zu tun. Der Anteil an aktivierten Eosinophilen korreliert nicht mit der Eosinophilenzahl im Blut (9). Auch konnte keine Korrelation zwischen Eosinophilen im Blut und Eosinophilen in den Bronchi nachgewiesen werden (10). Man könne also nicht davon ausgehen, dass man tatsächlich die T2-Inflammation erfasst, wenn man nur die Eosinophilen im peripheren Blut bestimmt, erläutere Prof. Cabrera López.
Liegt eventuell (auch) ein Asthma vor? Nicht zuletzt dürfe man jedoch bei COPD-Patienten mit Hinweisen auf T2-Inflammation eine genaue Differenzialdiagnose zum Asthma bronchiale nicht vergessen, betont Univ.-Prof. Dr. Christian Virchow, Direktor der Abteilung Pneumologie und
Interdisziplinäre Internistische Intensivmedizin der Universitätsmedizin Rostock. Die Unterscheidung zwischen intrinsischem Asthma und COPD könne schwierig sein, insbesondere bei (ehemaligen) Rauchern. Persistierende Atemwegsobstruktion mit erhöhtem FeNO und erhöhten Eosinophilen rechtfertige jedenfalls eine Behandlung mit Biologika – unabhängig von einer COPD-Diagnose.
Reno Barth
Quelle: «Chronic obstructive pulmonary disease and type 2 inflammation: is it really a treatable trait?», Session am 29. September im Rahmen des ERS-Kongress 2025 in Amsterdam.
Referenzen: 1. Bhatt SP et al.: Dupilumab for COPD with Type 2 Inflammation
Indicated by Eosinophil Counts. N Engl J Med. 2023;389(3):205-214. 2. Sciurba FC et al.: Mepolizumab to Prevent Exacerbations of COPD with
an Eosinophilic Phenotype. N Engl J Med. 2025;392(17):1710-1720. 3. Update on the RESOLUTE Phase III trial for Fasenra in chronic
obstructive pulmonary disease. https://www.astrazeneca.com/ media-centre/press-releases/2025/update-on-resolute-phase-iii-trial. html#:~:text=The%20RESOLUTE%20Phase%20III%20trial%20of%20 AstraZeneca%E2%80%99s%20Fasenra,in%20patients%20with%20 chronic%20obstructive%20pulmonary%20disease%20%28COPD%29 4. Itepekimab Met Primary Endpoint in One of Two Chronic Obstructive Pulmonary Disease (COPD) Phase 3 Trials. https://newsroom.regeneron. com/news-releases/news-release-details/itepekimab-met-primaryendpoint-one-two-chronic-obstructive. 5. Ramakrishnan S et al.: Treating eosinophilic exacerbations of asthma and COPD with benralizumab (ABRA): a double-blind, double-dummy, active placebo-controlled randomised trial. Lancet Respir Med. 2025;13(1):59-68. 6. Vedel-Krogh S et al.: Blood Eosinophils and Exacerbations in Chronic Obstructive Pulmonary Disease. The Copenhagen General Population Study. Am J Respir Crit Care Med. 2016;193(9):965-74. 7. Casanoca C et al.: Prevalence of persistent blood eosinophilia: relation to outcomes in patients with COPD. Eur Respir J. 2017;50(5):1701162. 8. Vestbo J et al.: Single inhaler extrafine triple therapy versus long-acting muscarinic antagonist therapy for chronic obstructive pulmonary disease (TRINITY): a double-blind, parallel group, randomised controlled trial. Lancet. 2017;389(10082):1919-1929. 9. Cabrera López C et al.: Eosinophil Subtypes in Adults with Asthma and Adults with Chronic Obstructive Pulmonary Disease. Am J Respir Crit Care Med. 2023;208(2):155-162. 10. Turato G et al.: Blood Eosinophilia Neither Reflects Tissue Eosinophils nor Worsens Clinical Outcomes in Chronic Obstructive Pulmonary Disease. Am J Respir Crit Care Med. 2018;197(9):1216-1219.
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