Transkript
STUDIE
RSV-bedingte Hospitalisationen
Hochrisikopatienten vorrangig impfen
Das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) ist eine Hauptursache für akute Atemwegsinfektionen, die in der Bevölkerung über 60 Jahre zu Komplikationen führen können. Zu wissen, wie oft diese Infektion eine Hospitalisierung erfordert und welche Risikofaktoren am meisten ins Gewicht fallen, ist für die Planung präventiver Massnahmen und Empfehlungen für die neuen RSV-Impfstoffe entscheidend. Eine spanische Spitalstudie zeigt Zusammenhänge.
Eurosurveillance
RSV ist eine der Hauptursachen für akute Atemwegsinfektionen. Eine RSV-Infektion kann insbesondere bei Säuglingen, Erwachsenen über 60 Jahre oder Personen mit schweren chronischen Begleiterkrankungen zu Komplikationen führen. Die häufigsten schweren Verläufe sind Bronchiolitis bei Säuglingen und Pneumonie bei älteren Erwachsenen, die oft Hospitalisierungen nach sich ziehen und tödlich verlaufen können. Das Auftreten von RSV in epidemischen Wellen führt im Winter zu einer erheblichen Belastung des Gesundheitssystems.
Vor Kurzem wurden drei Impfstoffe zur Prävention bei älteren Erwachsenen zugelassen (Abrysvo®, Arexvy®, mResvia®). Angesichts des beträchtlichen Preises dieser Produkte sind die Bewertung der Inzidenz schwerer RSV-Erkrankungen bei älteren Erwachsenen und die Charakterisierung der Bevölkerungsgruppen mit höherem Risiko für schwerwiegende Folgen einer RSV-Infektion von entscheidender Bedeutung für die Planung.
Kohortenstudie In einer Studie in Spanien wurde daher in einer genau definierten Population mit Erwachsenen > 60 Jahre die durchschnittliche RSV-bedingte Hospitalisierungsrate über vier RSV-Saisons errechnet. Zudem wurden Risikofaktoren erhoben und die Bevölkerungsgruppen mit der höchsten Priorität für die RSV-Prävention definiert.
Die bevölkerungsbasierte Kohortenstudie analysierte Daten von etwa 165 000 Personen ≥ 60 Jahre aus der Region Navarra mit 660 000 Einwohnern nach PCR-bestätigten RSVbedingten Hospitalisationen während vier Saisons 2016/17 bis 2019/20. Des Weiteren wurden mögliche Risikofaktoren erhoben wie z.B. Alter und Geschlecht sowie Komorbiditäten.
und 6-Fache bei Personen > 70, 75, 80 bzw. 85 Jahre. 76% der Hospitalisierungen erfolgten bei Patienten > 75 Jahre. Eine Erklärung dafür könnte die Immunoseneszenz bei älteren Altersgruppen sein. Bestimmte Komorbiditäten erhöhten dieses Risiko ebenfalls: hämatologische Krebserkrankungen um das 4-Fache, chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) um das 3-Fache, Asthma, kardiovaskuläre Erkrankungen und schwere Adipositas um das 2-Fache. Auch Menschen in Pflegeheimen wurden doppelt so häufig hospitalisiert. Weitere Risikofaktoren sind Diabetes, chronische Nierenerkrankung, rheumatische Erkrankungen und Demenz.
Wer zuerst geimpft werden sollte
Den Ergebnissen zufolge definieren die Autoren die Personen-
gruppe mit sehr hoher RSV-bedingter Hospitalisierungsrate
(> 0,3%) nach folgenden Kriterien: Personen > 60 Jahre mit
hämatologischer Krebserkrankung oder Pflegeheimaufent-
halt, Personen > 74 Jahre mit COPD oder funktioneller Ab-
hängigkeit sowie Personen > 84 Jahre mit Asthma oder kar-
diovaskulären Erkrankungen. Diese Personengruppen sollten
ihres Erachtens vorrangig geimpft werden. Mit dieser Strate-
gie würden zwar nur 13% der über 60-Jährigen geimpft, aber
die Hälfte der RSV-bedingten Spitaleinweisungen in dieser
Altersgruppe vermieden.
vh
Quelle: Vera-Punzano N et al.: Hospitalisation due to respiratory syncytial virus in a population-based cohort of older adults in Spain, 2016/17 to 2019/20. Euro Surveill. 2025;30(10):2400364. doi:10.2807/1560-7917. ES.2025.30.10.2400364
Interessenlage: Die Autoren deklarieren keine Interessenkonflikte.
Je älter, desto gefährdeter Die Analyse ergab eine jährliche Inzidenzrate von RSV-Hospitalisierungen von 84,7 pro 100 000 Einwohner, über beide Geschlechter in etwa gleich verteilt. Die Hospitalisierungsrate nahm allerdings mit steigendem Alter zu: Verglichen mit Personen zwischen 60 und 64 Jahren stieg sie um das 2-, 3-, 4-
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