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PSYCHIATRIE
Erfahrungen mit der beschränkten medizinischen Anwendung von Psychedelika in der Schweiz
Seit 2014 erteilt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf Antrag Ausnahmebewilligungen an Ärztinnen und Ärzte für die beschränkte medizinische Anwendung von LSD, MDMA und Psilocybin bei einzelnen Patientinnen und Patienten. Damit verfügt die Schweiz über eines der weltweit wenigen regulierten Programme ausserhalb klinischer Studien. Der Beitrag gibt einen Überblick über die Erfahrungen aus mehr als zehn Jahren Psychedelikaa ssistierter Therapie (PAT), beschreibt regulatorische und therapeutische Rahmenbedingungen, Indikationen und Herausforderungen im Praxisalltag und diskutiert Perspektiven für Qualitätssicherung, Weiterbildung und künftige Entwicklungen. von Helena D. Aicher1,2, Felix Müller1,2
Einleitung
Psychedelische Substanzen wie Lysergsäurediethylamid
(LSD), Psilocybin oder das empathogene 3,4-Methylendi-
oxy-N-methylamphetamin (MDMA) erleben seit rund zwei
Jahrzehnten eine wissenschaftliche und gesell-
schaftliche Renaissance. Psychedelika wer-
den für die Behandlung von psychischen
Erkrankungen im Sinne der PAT ver-
wendet, also einer umfassenderen
Psychotherapie, die um die Verab-
reichung eines Psychedelikums
ergänzt wird. Nachdem Forschung
und klinische Anwendung in den
1970er-Jahren weitgehend einge-
stellt worden waren, liegen heute
Helena D. Aicher
verschiedene kontrollierte Studien
(Foto: zVg)
zur Wirksamkeit und Sicherheit der
PAT bei verschiedenen psychischen
Störungen vor (1–3). Parallel dazu
entstehen neue regulatorische Rah-
menbedingungen: Kanada ermög-
licht seit einiger Zeit die einge-
schränkte therapeutische Anwen-
dung von Psilocybin und MDMA (4).
In Australien können seit Juli 2023
spezialisierte Ärzte Psilocybin bei
therapieresistenter Depression und
MDMA bei posttraumatischer Be-
Felix Müller
lastungsstörung (PTBS) verschrei-
(Foto: zVg)
ben (5). In der Tschechischen Re-
publik wurde vor Kurzem ein Ge-
setz verabschiedet, das die Verwendung von Psilocybin bei
psychischen Erkrankungen erlaubt. Kurz darauf wurde in
Deutschland die Anwendung von Psilocybin bei therapie-
resistenter Depression in ausgewählten Zentren gestattet (Behandlungen fanden bis dato keine statt) (6).
Vor diesem Hintergrund nimmt die Schweiz eine Sonderrolle ein: Bereits 1988 bis 1993 verwendeten ausgewählte Psychiater MDMA und LSD für die Behandlung von Patientinnen und Patienten (7). Seit 2014 können Ärzte beim BAG erneut Einzelfallbewilligungen für die beschränkte medizinische Anwendung verbotener Substanzen beantragen (8,9). Damit verfügt die Schweiz über eine der weltweit wenigen Möglichkeiten, psychedelische Substanzen ausserhalb klinischer Studien in einem regulierten Rahmen einzusetzen. Der folgende Beitrag fasst Erfahrungen aus über zehn Jahren Anwendung im Rahmen dieser Ausnahmebewilligungen zusammen und diskutiert offene Fragen für die zukünftige Entwicklung.
Regulatorischer Rahmen in der Schweiz Die gesetzliche Grundlage für die beschränkte medizinische Anwendung von Substanzen der höchsten Verbotsstufe bildet Artikel 8, Absatz 5 des Betäubungsmittelgesetzes (BetmG). Auf dieser Basis kann das BAG im Einzelfall Bewilligungen erteilen, wenn schwere Erkrankungen vorliegen, konventionelle Therapien ausgeschöpft sind und eine potenzielle Linderung zu erwarten ist. Die Bewilligungen gelten jeweils für Patientinnen und Patienten und eine definierte Substanz; sie sind ein Jahr gültig und können, falls indiziert, verlängert werden, ebenso ist ein Wechsel auf eine andere Substanz möglich. Da es sich um Ausnahmen handelt, gibt es kein Anrecht auf eine Bewilligung.
Von 2014 bis Ende 2024 wurden rund 1800 Ausnahmebewilligungen erteilt (Abbildung 1; direkte Information des
1Schweizerische Ärztegesellschaft für Psycholytische Therapie (SÄPT) 2Universität Basel, Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel
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(Grafik: Helena Aicher)
BAG); etwa 100 Ärztinnen und Ärzte haben damit schätzungsweise etwa 4500 Behandlungen mit MDMA, LSD oder Psilocybin durchgeführt. Über die Zeit hat die Anzahl an Bewilligungen deutlich zugenommen.
Im Unterschied zu den oben genannten Programmen in anderen Ländern ist der schweizerische Ansatz nicht auf ein spezifisches Krankheitsbild mit spezifischer Substanz oder auf bestimmte Behandlungszentren beschränkt. Vielmehr wird die Indikationsstellung durch die behandelnden Ärzte verantwortet unter Berücksichtigung der vorhandenen Evidenz.
Behandlungspraxis Indikationen, Kontraindikationen und transdiagnostische Perspektive Ein wichtiges Merkmal psychedelischer Substanzen ist ihr potenziell transdiagnostischer Wirkmechanismus (11): Sie wirken nicht primär auf spezifische Symptome, sondern adressieren zugrunde liegende psychologische Mechanismen wie etwa Entfremdung (vor sich selbst und anderen), kognitive Verengung oder Bindungserfahrungen. Dies entspricht einem dimensionalen Verständnis psychischer Störungen und fordert traditionelle, diagnosebasierte Versorgungssysteme heraus.
Eine sorgfältige Indikationsprüfung ist wichtig um die Wirksamkeit und Sicherheit der Behandlung zu gewährleisten. Die häufigsten primären Indikationen sind therapieresistente Depression, Posttraumatische Belastungsstörung, Angsterkrankungen und Abhängigkeitserkrankungen; also diejenigen Indikationen, für die die meisten empirische Evidenz besteht (12–16). Daneben wurden auch Einzelfälle bei anderen psychiatrischen Erkrankungen (Zwangsstörungen, bipolaren Störungen, Essstörungen, Persönlichkeitsstörungen), in der Palliativmedizin oder bei Cluster-Kopfschmerz, Migräne, psychosomatischen Störungen und anderen Diagnosen genehmigt (9). Komorbiditäten (psychiatrisch und/ oder somatisch) sind häufig.
Somatische und psychiatrische Kontraindikationen sollten ausgeschlossen werden (z.B. bestimmte kardiovaskuläre Risiken, Risikofaktoren für psychotische Erkrankungen). In der Praxis ergeben sich mitunter klinische Entscheidungssituationen, in denen bei relativen Kontraindikationen der erwartete Nutzen gegenüber den potenziellen Risiken abgewogen werden muss.
Die Indikationsprüfung bezieht sich üblicherweise nicht nur auf die Diagnose, sondern berücksichtigt auch die aktuelle Lebenssituation der Patientin oder des Patienten, die Stabilität der therapeutischen Beziehung und die Passung des jeweiligen therapeutischen Rahmens für die Situation der Patientin oder des Patienten.
Behandlungsrahmen – Setting Die praktische Umsetzung der PAT ist vielfältig und orientiert sich am jeweiligen klinischen Kontext. Angesichts der Ausnahmesituation und der teilweise begrenzten Datenlage ist die therapeutische Haltung insgesamt vorsichtig. Sicherheit spielt eine zentrale Rolle, sowohl medizinisch (z.B. Mo-
Abbildung 1: Anzahl Ausnahmebewilligungen (Erst- und Fortsetzungsbewilligungen) des BAG für die beschränkte medizinische Anwendung von MDMA, LSD und Psilocybin seit 26. September 2014 bis und mit Ende 2024. Für die Jahre 2014 und 2015 liegen keine genauen Daten vor.
nitoring, Notfallplan, verfügbare ärztliche Ansprechperson) als auch psychologisch (z.B. Auswahl der Patientinnen und Patienten nach Sicherheitskriterien, kontinuierliche Betreuung während des Behandlungstags) (17). Auf die Gestaltung des Settings wird Wert gelegt (Raum, Atmosphäre, musikalische Begleitung), da dieser Faktor einen grossen Einfluss auf die Wirkung des Psychedelikums haben kann (18,19).
Ambulant vs. stationär Die meisten Behandlungen finden ambulant in psychiatrischpsychotherapeutischen Praxen statt, mit individuell abgestimmter Frequenz und Dosierung. In institutionellen Kontexten (z.B. Kliniken) wird PAT zunehmend ebenfalls angeboten, sowohl im ambulanten als auch im stationären Setting. Insgesamt gab es im Jahr 2024 in der Schweiz ungefähr ca. 80 Privatpraxen und 15 Institutionen, darunter vier Universitätskliniken, die PAT anboten.
Einzel- vs. Gruppensetting Während anfänglich überwiegend im Einzelsetting gearbeitet wurde, gewinnen Gruppensettings zunehmend an Bedeutung. Sie ermöglichen die Nutzung gruppentherapeutischer Faktoren und auch eine ökonomische Nutzung von Ressourcen, erfordern aber sorgfältige Indikationsstellung (20–22), da sich höchstwahrscheinlich nicht alle Patientinnen und Patienten für diese Behandlungsform eignen.
Phasen der Behandlung und psychotherapeutische Einbettung Typischerweise umfasst eine PAT eine Vorbereitungsphase (Anamnese, Indikation, Klärung von Fragen, Erwartungen und Intentionen), die Substanzsitzung selbst (6–10 Stunden, begleitet durch mindestens eine Fachperson) sowie eine Integrationsphase (Reflexion, Einbettung in Alltag und the-
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Lesetipps:
• Behandlungsempfehlungen der IG PAT: Zum Download auf der Startseite https://saept.ch/
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rapeutischen Prozess). Meistens wird dieser Zyklus wiederholt, sodass über den Verlauf eines Jahres mehrere Substanzsitzungen stattfinden.
In der Schweiz wird PAT fast ausschliesslich im Kontext einer längerfristigen Psychotherapie durchgeführt. Dabei kommen verschiedene therapeutische Schulen und Methoden zum Einsatz, wobei allgemeine Wirkfaktoren wie therapeutische Beziehung und Vertrauen im Vordergrund stehen (23,24).
Darüber hinaus kann je nach Situation die Einbindung von Angehörigen oder des sozialen Umfelds hilfreich sein. Angehörige können insbesondere in der Integrationsphase wertvolle Unterstützung bieten, etwa bei der Umsetzung von Veränderungen im Alltag oder zur Stabilisierung der therapeutischen Fortschritte. Eine solche Einbettung fördert das Verständnis im Umfeld der Patientinnen und Patienten und kann die Nachhaltigkeit der Behandlung stärken.
Wie in der Medizin und Psychotherapie allgemein ist auch in der PAT die individualisierte Behandlung zentral. Dosierung, Frequenz, Setting, therapeutische Begleitung und Integrationsprozesse werden entlang klinischer, biografischer und situativer Dimensionen auf die jeweilige Person abgestimmt. Zugleich können strukturierte Protokolle und manualisierte Verfahren je nach Setting und institutionellem Rahmen einen wichtigen Beitrag zu Qualitätssicherung leisten. Dennoch bleibt entscheidend, dass bei aller Orientierung an bewährten Leitlinien das individuelle Erleben und die spezifische Dynamik des therapeutischen Prozesses im Mittelpunkt stehen. Diese Balance zwischen strukturierten Vorgehensweisen und responsiver, personzentrierter Flexibilität erfordert hohe klinische Kompetenz, kontinuierliche Reflexion und Sensibilität für Kontextbedingungen.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit Die Durchführung der PAT erfordert meist ein interdisziplinäres Vorgehen. Die Bewilligungsinhaber sind in der Regel Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, sie können jedoch, abhängig von der Patientenpopulation und der Indikation, auch anderen Fachgebieten wie Neurologie oder Palliativmedizin angehören. Teile der Behandlung können von der Person mit der Bewilligung an andere Fachpersonen delegiert werden. In der praktischen Umsetzung arbeiten sie häufig eng mit psychologisch-psychotherapeutischen oder psychiatrischen Pflegefachpersonen zusammen, die an Vorbereitung, Begleitung und Integration beteiligt sind. Wenn Patientinnen und Patienten zur PAT aus einer laufen-
den ambulanten Behandlung zugewiesen werden, erhöht dies die Komplexität der interprofessionellen Zusammenarbeit zusätzlich, da es einen Austausch zwischen den beteiligten Fachpersonen braucht.
Ethische und praktische Herausforderungen Fortbildung, Kompetenzanforderungen und Qualitätssicherung Fachpersonen, die PAT anbieten, verfügen in der Regel über eine abgeschlossene psychotherapeutische oder psychiatrische Ausbildung sowie über spezifische Weiter- und Fortbildung in PAT. Diese umfasst Kenntnisse in Pharmakologie, Wirkfaktoren, Vorbereitung, Begleitung und Integration von psychedelischen Erfahrungen, sowie die Reflektion und Entwicklung der eigenen therapeutischen Identität und Haltung (25).
Supervision, Intervision und kontinuierliche Fortbildung gelten als zentrale Standards zur Sicherung der Behandlungsqualität. In der Schweiz findet PAT meist unter regelmässiger Supervision statt. Supervision dient der Reflexion der therapeutischen Haltung, der ethischen Orientierung und der Sicherung professioneller Standards. Fachgesellschaften wie die Schweizerische Ärztegesellschaft für Psycholytische Therapie (SÄPT), die Société Suisse de Médecine Psychédélique (SSMP) und die Association professionnelle Suisse – Psychédéliques en Thérapie (ASPT) bieten hierfür strukturierte Rahmenbedingungen und tragen zur Professionalisierung und Qualitätssicherung bei. Teilweise bieten diese Organisationen auch entsprechende Fort- und Weiterbildungen an (26). Zudem sind sie mit weiteren Institutionen in der Interessensgemeinschaft PAT (IG PAT) zusammengeschlossen, welche gemeinsame Anliegen koordiniert und vertritt.
Standardisierung und Flexibilität Während klinische Studien hochgradig standardisiert sind, zeichnet sich die Schweizer Praxis durch grosse therapeutische Flexibilität aus. Dies bedeutet jedoch keine Beliebigkeit; die Behandlungen erfolgen nach klinischen Entscheidungen, abgestimmt auf die jeweilige Situation. Diese ermöglicht eine individuelle Anpassung an Patientinnen und Patienten und Kontexte, erschwert jedoch die systematische Erfassung von Wirksamkeit und die Vergleichbarkeit der Ergebnisse. Aktuell existieren zwei Behandlungsempfehlungen zur PAT in der Schweiz, die in ihren zentralen Aussagen weitgehend übereinstimmen, jedoch in bestimmten Themenbereichen unterschiedliche Akzentsetzungen und Detailausführungen aufweisen (27,28).
Dokumentation, Qualitätssicherung und Forschung Eine systematische Begleitforschung besteht bislang nur punktuell. Erste standardisierte, fragebogenbasierte Dokumentationen wurden eingeführt, werden jedoch bisher nicht flächendeckend angwandt (29). Eine verbindliche Datenerhebung könnte zukünftig zur Qualitätssicherung und zur wissenschaftlichen Evaluation beitragen.
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Finanzierung und Zugänglichkeit Die Abrechnung im bestehenden Tarifsystem ist bislang nicht geregelt. Die Kosten tragen die Patientinnen und Patienten meist selbst; Therapeuten erbringen ihre Leistungen teilweise unentgeltlich oder stark vergünstigt. Das wirft Fragen hinsichtlich Fairness, sozialer Selektion und langfristiger Zugänglichkeit auf. Gesundheitsökonomische Bewertungen, wie sie in anderen Kontexten für PAT bereits durchgeführt wurden (30), wären wichtig, um künftige Finanzierungsmodelle evidenzbasiert gestalten zu können.
Fazit für die Praxis Die Schweiz verfügt seit 2014 über ein weltweit einzigartiges Modell für die beschränkte medizinische Anwendung von Psychedelika. Es kombiniert strenge regulatorische Auflagen mit hoher klinischer Flexibilität, z.B. im Hinblick auf die Indikationen und der antragsberichtigten Personen. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass PAT in unterschiedlichen Settings sicher durchgeführt werden kann und Patientinnen und Patienten mit schwer behandelbaren Störungen profitieren (9).
Für die Zukunft ist der Ausbau und die Zertifizierung der Weiterbildung für Fachpersonen wünschenswert, um die Qualität und Sicherheit weiterhin zu gewährleisten. Auch eine systematische Dokumentation ist für die Qualitätssicherung entscheidend. Finanzierungsmodelle und gerechte Zugangsstrukturen müssen entwickelt werden, um die Zugangsgerechtigkeit zu verbessern. Der Austausch mit internationalen Initiativen (z.B. Deutschland, Australien, Kanada) ermöglicht den Erfahrungsaustausch und die Weiterentwicklung von Best-Practice-Modellen.
Ausblick Da erste zugelassene Medikamente für die PAT voraussichtlich frühestens ab 2028 verfügbar sein werden, sind Programme mit beschränktem medizinischem Zugang eine gute Übergangslösung. Sie ermöglichen ausserhalb klinischer Studien schon jetzt Behandlungen von Patientinnen und Patienten mit Erkrankungen, bei denen andere Ansätze nicht wirkungsvoll waren. Gleichzeitig kann dadurch klinische Erfahrung gesammelt werden, was auch der Vorbereitung auf eine spätere potenzielle Implementierung in das reguläre Gesundheitssystem nach der Arzneimittelzulassung dienen kann. Auch naturalistische klinische Studien könnten als Form des Sonderzugangs dienen. Sie würden eine standardisierte Datenerhebung unter realen Bedingungen erlauben, wären jedoch voraussichtlich auf wenige Indikationen beschränkt und mit höherem administrativem Aufwand verbunden. Zugelassene Produkte werden zunächst wohl nur in wenigen Ländern (insbesondere in den USA) verfügbar und teurer sein als Substanzen, die in solchen Programmen eingesetzt werden. Entsprechend ist anzunehmen, dass beschränkte Zugangsprogramme auch nach den ersten Marktzulassungen bestehen bleiben (31).
Auch wenn sich die neueren Programme (z.B. in Deutschland) rechtlich und praktisch von der Schweizer Regelung unterscheiden, bietet die Schweizer Erfahrung mit über zehn
Jahren praktischer Anwendung ein wertvolles Referenzmodell für Fachpersonen, Aufsichtsbehörden und Entscheidungsträger aus dem Ausland. Sie kann als Orientierung für Länder dienen, die eigene Modelle zur Implementierung von PAT entwickeln. Gleichzeitig bleibt auch in der Schweiz vieles in Bewegung: Die Balance zwischen therapeutischer Flexibilität, regulatorischer Sicherheit, wissenschaftlicher Evidenz und Weiterbildungsstandards wird die Entwicklung der kommenden Jahre weiter prägen.
Korrespondenzadresse: Helena D. Aicher Universitäre Psychiatrische Kliniken Wilhelm Klein-Strasse 27 4002 Basel E-Mail: helena.aicher@uzh.ch
Diese Publikation wurde nicht speziell finanziert. Interessenkonflikte: HDA und FM sind in mehreren Organisationen (wie SÄPT) im Bereich der psychedelischen Therapie tätig und berichten über laufende und frühere Beratungs-oder Gutachtertätigkeiten für Mind Medicine Inc. und (HDA) andere Institutionen und Organisationen im Bereich der psychedelischen Forschung und Therapie.
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Merkpunkte
• Ein wichtiges Merkmal psychedelischer Substanzen ist ihr potenziell transdiagnostischer Wirkmechanismus.
• Die häufigsten primären Indikationen sind therapieresistente Depression, Posttraumatische Belastungsstörung, Angsterkrankungen und Abhängigkeitserkrankungen.
• Typischerweise umfasst eine PAT eine Vorbereitungsphase, die Substanzsitzung selbst sowie eine Integrationsphase.
• Supervision, Intervision und kontinuierliche Fortbildung gelten als zentrale Standards zur Sicherung der Behandlungsqualität.
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