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Metainformationen


Titel
Gendervarianz, Geschlechtsinkongruenz und Genderdysphorie bei Kindern und Jugendlichen
Untertitel
-
Lead
Das Leiden von Minderjährigen, die sich in der ihnen zugewiesenen Geschlechtsrolle und ihrem Körper nicht wohlfühlen, wird immer mehr erkannt und benannt. Die in den meisten Behandlungszentren rasant steigende Rate immer jüngerer Betroffener weckt aber auch Zweifel an der Nachhaltigkeit der Diagnosestellung in dieser Altersgruppe. In der aktuellen Diskussion um diese Themen muss sich ein «Best Practice»-Ansatz deshalb sowohl auf die provisorische Studienlage als auch auf die klinische Erfahrung der Behandlungszentren stützen und letztlich im Einzelfall zu einer individuellen Beurteilung führen.
Datum
9. Februar 2018
Journal
Schweizer Zeitschrift für Psychiatrie & Neurologie 01/2018
Autoren
Dagmar Pauli
Rubrik
FORTBILDUNG: TRANS*
Schlagworte
Genderdysphorie, Gendervarianz, Geschlechtsinkongruenz
Artikel-ID
34680
Kurzlink
https://www.rosenfluh.ch/34680
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Transkript


FORTBILDUNG
Gendervarianz, Geschlechtsinkongruenz und Genderdysphorie bei Kindern und Jugendlichen

Dagmar Pauli

Das Leiden von Minderjährigen, die sich in der ihnen zugewiesenen Geschlechtsrolle und ihrem Körper nicht wohlfühlen, wird immer mehr erkannt und benannt. Die in den meisten Behandlungszentren rasant steigende Rate immer jüngerer Betroffener weckt aber auch Zweifel an der Nachhaltigkeit der Diagnosestellung in dieser Altersgruppe. In der aktuellen Diskussion um diese Themen muss sich ein «Best Practice»-Ansatz deshalb sowohl auf die provisorische Studienlage als auch auf die klinische Erfahrung der Behandlungszentren stützen und letztlich im Einzelfall zu einer individuellen Beurteilung führen.

von Dagmar Pauli
Einleitung
D as Thema trans*Kinder und trans*Jugendliche wird zurzeit kontrovers in der Fachwelt diskutiert. Studien zeigen eine hohe Rate von Depression, Angst, Selbstverletzung und Suizidalität bei den betroffenen Kindern und Jugendlichen. Drei Viertel der jungen Menschen mit trans*Identität sind ernsthalft suizidal oder verletzen sich selbst (1). Die in den meisten Behandlungszentren rasant steigende Rate immer jüngerer Betroffener weckt aber auch Zweifel an der Nachhaltigkeit der Diagnosestellung in dieser Altersgruppe. Führt ein «zu früh» von Behandlungen im Sinne einer vorschnellen Bestätigung einer trans*Identität im späteren Verlauf zu einer erhöhten Rate von Menschen, welche die medizinische Geschlechtsangleichung bereuen? Ein «zu spät» der Akzeptanz von Geschlechtsidentität und dem Angebot medizinischer Interventionen kann allerdings die Rate von Suizidalität erhöhen und das spätere Outcome für die Betroffenen verschlechtern.
Gendervarianz und Geschlechtsdysphorie: von Kindern und trans*Kindern Kinder mit gendervariantem Verhalten sind häufig und dürfen nicht verwechselt werden mit trans*Kindern. Ein Teil der Kontroverse über die Dauerhaftigkeit von trans*Identitäten im Kindes- und Jugendalter gründet in der Variabilität von geschlechtsatypischem Verhalten und Genderdysphorie bei jungen Menschen. Gemäss der noch aktuellen Definition im ICD-10 (Kasten 1) wird die Störung der Geschlechtsidentität des Kindesalters beschrieben als ein Unbehagen mit dem eigenen Geschlecht und als Wunsch oder Überzeugung, zum anderen Geschlecht zu gehören. Geschlechtsatypisches Verhalten allein reicht zur Diagnosestellung nicht aus. Mit dieser Definition wird ein breites Spektrum von Kindern erfasst, die zum Beispiel seit einem halben Jahr

den Wunsch äussern, zum anderen Geschlecht zu gehören, oder aber bereits seit dem Kindergartenalter viele Jahre lang der festen Überzeugung sind, dem anderen Geschlecht anzugehören und sich vollkommen in diese Kategorie einordnen. Verlaufsstudien zeigen bei zugewiesenen Knaben zu zirka 20 Prozent und bei zugewiesenen Mädchen zu zirka 50 Prozent eine Persistenz der trans*Identität bis ins Erwachsenenalter. Ein nicht geringer Anteil – bei den Jungen 50 Prozent, bei den Mädchen 25 Prozent – entwickelt später eine Homosexualität ohne trans*Identität (2). Je stärker ausgeprägt die Genderdysphorie bei den Kindern, desto höher lag in der untersuchten Stichprobe die Wahrscheinlichkeit für eine Persistenz (3). In der Praxis sind also Kinder mit einfachem geschlechtsatypischem Verhalten von Fällen mit lang anhaltender und starker Genderdysphorie und hohem diesbezüglichem Leidensdruck zu unterscheiden. In den Behandlungszentren und Beratungsstellen werden im Kindesalter mehr Fälle von Kindern mit zugewiesenem männlichem Geschlecht registriert. Dies dürfte vor allem mit der mangelnden Akzeptanz von weiblich anmutendem Verhalten bei Jungen zusammenhängen, wodurch ein Leidensdruck beim Kind und auch Sorgen bei den Eltern entstehen. Die niedrigere Schwelle hinsichtlich der Anmeldung von zugewiesenen Jungen mit mädchenhaftem Verhalten könnte die geringere Rate späterer trans*Identität erklären.
Beratung, Begleitung und Behandlung von Kindern mit Genderdysphorie Gendervarianz ohne Körperdysphorie und eindeutigen Leidensdruck wird im DSM-5 nicht mehr als Störung definiert. Auch die Genderdysphorie mit Leidensdruck ist aus dem Kapitel der psychischen Störungen verbannt worden und gilt nun als Störung, die mit der geschlechtlichen und sexuellen Gesundheit im Zusammenhang steht – eine Einwicklung, die aller Wahrscheinlichkeit nach auch das ICD-11 nachvollziehen wird. Daher ist gendervariantes Verhalten und der

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PSYCHIATRIE + NEUROLOGIE

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FORTBILDUNG

Kasten 1:
ICD-10 F 64.2: Störung der Geschlechtsidentität des Kindesalters
G Anhaltendes und andauerndes Unbehagen über das zugefallene Geschlecht.
G Wunsch oder ständige Beteuerung, zum anderen Geschlecht zu gehören.
G Andauernde Beschäftigung mit Kleidung/Aktivitäten des anderen Geschlechtes sowie Ablehnung der Kleidung/Aktivitäten des eigenen Geschlechts oder anhaltende Ablehnung der geschlechtsbezogenen anatomischen Gegebenheiten.
G Tiefgreifende Störung der Geschlechtsidentität (blosse Knabenhaftigkeit bei Mädchen oder Mädchenhaftigkeit bei Knaben reicht nicht aus).
G Mindestens sechs Monate Dauer. G Pubertät noch nicht erreicht.
Wunsch, einer anderen Geschlechtskategorie zugeordnet zu werden, bei Kindern per se nicht als pathologisch einzuordnen. Die Beratung der Familien soll vor allem die soziale Akzeptanz fördern und den Druck abbauen, sich geschlechtstypisch zu verhalten und zuzuordnen. Bei vielen Kindern genügt es, wenn die Eltern hinsichtlich Toleranz und Umgang mit den praktischen Problemen der Gendervarianz beraten werden. Teilweise empfiehlt es sich, auch die Lehrpersonen in die Beratung einzubeziehen. Gerade bei zugewiesenen Jungen mit stark mädchenhaftem Verhalten wird oft ein hoher Druck vom Umfeld aufgebaut, sie ihre Vorlieben nicht ausleben zu lassen. Als Jungen angesehene Kinder, die Mädchenkleider anziehen, erzeugen auch heute noch Ängste bei erwachsenen Bezugspersonen. Neue Studien zeigen, dass die Rate der Psychopathologie von trans*Kindern und trans*Jugendlichen, welche in ihrer Geschlechtsidentität akzeptiert werden und in der von ihnen gewünschten Identität leben dürfen, kaum von jener der Normalbevölkerung abweicht (4). Das Ausmass des Leidensdrucks vor der Pubertät wird im Wesentlichen durch die Reaktionen des Umfeldes auf die Gendervarianz bestimmt. Bis vor einigen Jahren wurde von einer sozialen Transition im Kindesalter mit Namenswechsel grundsätzlich abgeraten, mit dem Argument der Schwierigkeit einer Retransition bei Nichtpersistenz der
Merkpunkte:
G Entscheidend für das Wohlbefinden von trans*Kindern und trans*Jugendlichen ist die soziale Akzeptanz.
G Nur ein Teil der gendervarianten Kinder entwickelt im Erwachsenenalter eine trans*Identität.
G Eine hormonelle Pubertätsblockade kann bei trans*Jugendlichen das psychosoziale Outcome und die Lebenszufriedenheit entscheidend verbessern.
G Die Eltern werden eng in den Prozess der Diagnostik und Beratung einbezogen. G Psychotherapie ist nicht zwingend, sondern richtet sich nach dem Bedarf. Sie
ist unterstützend, ausgangsoffen und fragend.

Genderdysphorie. Angesichts des hohen Leidensdrucks der stark genderdysphorischen Kinder und der Studienlage hinsichtlich der psychischen Gesundheit sozial transitionierter trans*Kinder und trans*Jugendlicher wurde diese Empfehlung in den meisten Behandlungszentren revidiert. Ob eine soziale Transition mit vollständigem Wechsel der Geschlechtsrolle und ein Namenswechsel bereits vor der Pubertät durchgeführt wird, bestimmen die Familien und die betroffenen Kinder anhand der individuellen Situation, wobei den Fachpersonen lediglich eine beratende Rolle zukommt. Für viele stark von Genderdysphorie betroffene Kinder sind nach der sozialen Transition eine deutlich verbesserte psychische Befindlichkeit und eine Reduktion von Verhaltensauffälligkeiten zu beobachten.
Hormonelle Pubertätsblockade Ab dem Pubertätsstadium nach Tanner 2 bis 3 kann eine Pubertätsblockade mittels monatlicher Gabe von Gondadotropin-Analoga durchgeführt werden. Es wird gemäss der gängigen Empfehlung der erste Hormoneinschuss abgewartet, da bis zu dieser Zeit eine Veränderung der Geschlechtsidentität wahrscheinlicher ist als nach der Pubertät (5). Die Pubertätsblockade soll bei zugewiesenen Knaben mit starker Genderdysphorie vor dem Stimmbruch durchgeführt werden, da dessen Verhinderung sich für trans*Frauen als entscheidend für die Zufriedenheit der Betroffenen mit dem Transitionsergebnis erweist. Die Pubertätsblockade ist reversibel und kann während mehrerer Monate bis Jahre genutzt werden, um Zeit für die weitere Identitätsfindung und bis zur definitiven Entscheidung über geschlechtsangleichende Massnahmen zu gewinnen. Als Nachteil wird von einigen Autoren eine vorzeitige Festschreibung der trans*Identität vermutet (6). Die Vorteile liegen in einer deutlich höheren Lebenszufriedenheit, einer verbesserten psychosozialen Integration sowie einer geringeren Psychopathologie der Betroffenen (7).
Jugendalter: Identitätssuche versus stabile Geschlechtsidentität/trans*Identität Die Adoleszenz ist geprägt durch anstehende Entwicklungsaufgaben, die sich auch auf die Entwicklung einer sexuellen und geschlechtlichen Identität beziehen. Es ist wichtig festzuhalten, dass die Entwicklung der sexuellen Orientierung unabhängig von der Geschlechtsidentität verläuft. trans*Menschen weisen sehr unterschiedliche sexuelle Orientierungen auf, Homo- und Bisexualität treten ebenso häufig auf wie bei Cis-Menschen. Die Bezeichnung richtet sich nach der Geschlechtsidentität; ein schwuler trans*Mann ist sexuell auf Männer ausgerichtet, eine lesbische trans*Frau auf Frauen. Geschlechtsidentität entwickelt und festigt sich häufig bereits im Kindergartenalter, im Gegensatz zur sexuellen Orientierung, die durchschnittlich im Alter von 13 bis 16 Jahren deutlicher wird. Studien zum Verlauf der Geschlechtsidentität bei trans*Identität zeigen nur wenige Fälle mit Veränderungen bei Jugendlichen nach der Pubertät (7). In der klinischen Erfahrung zeigen sich Einzelfälle, bei welchen sich nach der Pubertät eine erlebte trans*Identität im späteren Verlauf als eine zuvor ich-dystone Homosexualität entwickelt. Die grosse Mehrheit der trans*Jugendlichen nach der Pubertät ist jedoch in ihrer Geschlechtsidentität bereits stabil. Es

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PSYCHIATRIE + NEUROLOGIE

FORTBILDUNG

gibt viele Jugendliche, die trotz emotionaler Schwankungen und allgemeiner Unsicherheiten in der Identität keinerlei Schwankungen in ihrem Geschlechtsidentitäts-Erleben zeigen. Sehr häufig erleben Jugendliche mit Genderdysphorie mit dem Eintritt in die Pubertät eine starke Zunahme der körperbezogenen Ablehnung der sich entwickelnden sekundären Geschlechtsmerkmale, die diagnostisch wegweisend ist. Eine zunehmende Minderheit der jungen Menschen in den Behandlungszentren zeigt eine nicht binäre Identität oder unklare innere Geschlechtszuschreibungen. Eine explorative, supportive und abwartende Herangehensweise ist in diesen Fällen angezeigt.
Rolle der Psychotherapie im Jugendalter Nicht alle trans*Jugendlichen benötigen psychotherapeutische Unterstützung. Häufig ist die Belastung durch die Genderdysphorie und die entstehenden Probleme im Alltag jedoch stark ausgeprägt. Die Psychotherapie richtet sich nach den Bedürfnissen der jungen Betroffenen und umfasst die Unterstützung bei der Identitätsfindung sowie bei der praktischen Umsetzung der Transition. Eine sogenannte «reparative» Behandlung mit dem Ziel einer «Aussöhnung mit dem Geburtsgeschlecht» ist obsolet und kann bei den Jugendlichen das Gefühl verstärken, nicht akzeptiert zu sein. Die Behandlung ist ausgangsoffen, die Haltung der behandelnden Fachperson fragend. Um der Dimensionalität verschiedener Aspekte der Geschlechtsidentität gerecht zu werden, kann als einfaches diagnostisches Instrument Meine Gender-Identität (siehe Kasten 2) verwendet werden. Komorbiditäten müssen diagnostiziert und behandelt werden. Meist sind dies Depressionen, Suizidalität und Selbstverletzungen sowie Angststörungen, die zum grossen Teil im Zusammenhang stehen mit mangelnder Akzeptanz durch das Umfeld (1). Autismus tritt ebenfalls mit erhöhter Häufigkeit in Kombination mit trans*Identität sowohl bei männlichen als auch weiblichen Jugendlichen auf (8). Bei diesen Betroffenen ist die Exploration erschwert, und es bedarf einer an die sozialen, emotionalen und kognitiven Besonderheiten angepassten Diagnostik.
Geschlechtsangleichende Behandlungen im Jugendalter Die geschlechtsangleichende Hormonbehandlung mit Östrogen beziehungsweise Testosteron und allenfalls eine geschlechtsangleichende Mastektomie kann im Jugendalter bei stabiler trans*Identität in Abhängigkeit von Leidensdruck und Wunsch der Betroffenen und in Absprache mit den sorgeberechtigten Bezugspersonen durchgeführt werden. Obwohl in der Schweiz eine medizinische Behandlung bei Urteilsfähigkeit der Betroffenen auch ohne Einverständnis der Eltern erfolgen kann, empfiehlt sich meist im Sinne des Wohles der Jugendlichen ein gemeinsamer Prozess. Als untere Altersgrenze für den Beginn dieser Behandlungen wird in den gängigen Leitlinien meist 16 Jahre angegeben, wobei bei entsprechender Indikation auf einen flexiblen und individuell abgestimmten Beginn auch in jüngerem Alter verwiesen wird (9).

Kasten 2:
Psychodiagnostisches Instrument: Meine Gender-Identität

Inneres Gefühl Verhalten Aussehen und Gender-Ausdruck Wie die anderen mich sehen

Meine Gender-Identität
| ~ | ~ | ~ | ~

Kasten 3:
Fallbeispiel
Nick wird mit 15 Jahren in unserer Sprechstunde mit starker Genderdysphorie angemeldet. Zu diesem Zeitpunkt zeigt er eine Vorliebe für japanische Mangas, wobei er sich jeweils mit den männlichen Figuren identifiziert und sich als solche verkleidet. Die Eltern sehen dies als Phase und erhoffen sich von uns eine entsprechende Behandlung. Sie benutzen den weiblichen Namen und das Pronomen «sie», wodurch Nick sich beleidigt und unverstanden fühlt. Im Rahmen der familiären Konflikte verschlechtert sich Nicks Befindlichkeit, und er wird suizidal. Eine intensive psychotherapeutische Behandlung sowie eine Beratung der Eltern ergeben eine Stabilisierung, sodass von einer Klinikeinweisung abgesehen werden kann. Die Diagnostik ergibt eine stabile Genderdysphorie seit früher Kindheit, die mit starker Körperdysphorie verbunden ist. Nach und nach erkennen die Eltern den hohen Leidensdruck im Zusammenhang mit der Geschlechtszuweisung für Nick und lernen, ihn als jungen Mann zu akzeptieren. Eine Testosteronbehandlung wird im Alter von 16 Jahren eingeleitet. Nach erfolgter sozialer Transition können die Eltern äussern, dass sie stolz auf ihren Sohn sind. Nick lebt inzwischen bereits seit einigen Jahren als Mann und hat sich geschlechtsangleichenden Operationen unterzogen.

Zusammenarbeit mit der Familie

Eltern sind in die Beratung und Behandlung zwingend

einzubeziehen. Der Sorge und Trauer der Eltern im Falle

einer trans*Identität ihres Kindes muss Platz eingeräumt

werden. Die meisten Bezugspersonen sind zunächst

skeptisch und wünschen ein vorsichtiges und langsa-

mes Vorgehen. Dies steht der verständlichen Ungeduld

der jungen Menschen gegenüber, die sich möglichst

rasche Hilfe erhoffen. Hier gilt es, das Verständnis der El-

tern für die Not ihres Kindes zu wecken und sie mög-

lichst eng in den Prozess einzubeziehen. Meist gelingt

es ihnen in der Folge, wenn die Identität der Jugendli-

chen sich als stabil erweist, die nötigen Schritte der

Transition zu unterstützen und das Kind in seiner Ge-

schlechtsidentität zu akzeptieren.

G

Korrespondenzadresse:

KD Dr. med. Dagmar Pauli

Chefärztin, Stv. Klinikdirektorin

Psychiatrische Universitätsklinik Zürich

Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie

und Psychotherapie

Neumünsterallee 3

8032 Zürich

E-Mail: dagmar.pauli@puk.zh.ch

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PSYCHIATRIE + NEUROLOGIE

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Literatur:
1. Veale JF et al.: Mental health disparities among Canadian transgender youth. Journal of Adolescent Health, 2016; 60: 44–49.
2. Wallien MSC, Cohen-Kettenis P: Psychosexual outcome of genderdysphoric children. Journal of the American Academy of Child and Adolescent Psychiatry, 2008; 42(12): 1413–1423.
3. Steensma TD et al.: Factors associated with desistence and persistence of childhood gender dysphoria: a quantitative follow-up study. Journal of the American Academy of Child and Adolescent Psychiatry, 2013; 52(6): 582–590.
4. Durwood L, McLaughlin KA, Olson KR: Mental health and self-worth in socially transitioned transgender youth. Journal of the American Child and Adolescent Academy, 2017; 56(2): 116–123.
5. AWMF-Leitlinien Störungen der Geschlechtsidentität im Kindes- und Jugendalter (F64) – Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, 2013. http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/028-014l_S1_Störungen_Geschlechtsidentität_2013-08_01.pdf
6. Korte A, Beier KM, Bosinski HAG: Behandlung von Geschlechstidentitätsstörungen (Geschlechtsdysphorie) im Kindes- und Jugendalter – Ausgangsoffene psychotherapeutische Begleitung oder frühzeitige Festlegung und Weichenstellung durch Einleitung einer hormonellen Therapie? Sexuologie, 2016; 23 (3-4): 117–132.
7. de Vries AL et al.: Young adult psychological outcome after puberty suppression and gender reassignment. Pediatrics, 2014; 134(4): 696– 704
8. de Vries AL et al.: Autism spectrum disorders in gender dysphoric children and adolescents. Journal of Autism Development Disorders, 2010; 40 (8): 930–936.
9. Hembree WC et al.: Endocrine treatment of gender-dysphoric/gender-incongruent persons: An Endocrine Society clinical practice guideline. Journal of Clinical Endocrinology and Metabolism, 2017; 102(11): 1–35.

FORTBILDUNG

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