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KONGRESSBERICHT
European Lung Cancer Congress 2025
Neue Kombinationen und Strategien verbessern den Behandlungsverlauf
Am European Lung Cancer Congress (ELCC) 2025, der vom 26. bis 29. März in Paris/F stattfand, wurden wichtige Fortschritte in der Behandlung des nicht kleinzelligen Lungenkarzinoms vorgestellt. Im Mittelpunkt standen neue Therapieoptionen für EGFR-mutierte Tumore, Immuntherapien sowie Strategien zur Vermeidung von Nebenwirkungen.
Auf Basis der FLAURA-Studie stellte Osimertinib längere Zeit die Standard-Erstlinientherapie des fortgeschrittenen EGFR-positiven, nicht kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) dar (1,2). Die Studien FLAURA-2 und MARIPOSA zeigten, dass eine Intensivierung der OsimertinibMonotherapie zu einer Verbesserung des progressionsfreien Überlebens (PFS) führt (3,4). Während aus FLAURA-2 (Osimertinib plus Chemotherapie) noch keine Daten zum Gesamtüberleben (OS) bekannt sind, wurden am ELCC-Kongress nun entsprechende Resultate aus der MARIPOSAStudie vorgestellt (5).
Signifikanter Überlebensvorteil gezeigt In der randomisierten, aktiv kontrollierten, multizentrischen Phase-III-Studie MARIPOSA erhielten Personen mit EGFRmutiertem (Ex19del/L858R) lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem NSCLC entweder Amivantamab in Kombination mit Lazertinib (n = 429), eine Osimertinib-Monotherapie (n = 429) oder eine Lazertinib-Monotherapie bis zum Fortschreiten der Krankheit oder inakzeptabler Toxizität.
Nach einem medianen Follow-up von 37,8 Monaten zeigte sich unter der Kombination aus Amivantamab und Lazertinib
MERKPUNKTE
• MARIPOSA: Die Kombination aus Amivantamab und Lazertinib verbesserte das Gesamtüberleben im Vergleich zu einer Osimertinib-Monotherapie beim fortgeschrittenen EGFR-positiven NSCLS signifikant (5).
• COCOON: Eine intensivierte dermatologische Pflege kann schwere Haut-/Nagel-Nebenwirkungen unter Amivantamab und Lazertinib halbieren und Therapieabbrüche reduzieren (6).
• SAVANNAH: Savolitinib + Osimertinib erwies sich als eine vielversprechende Option bei MET-Überexpression oder -Amplifikation nach Progression unter Osimertinib (7).
• Subkutanes Pembrolizumab: Die subkutane Gabe erscheint pharmakokinetisch und klinisch der intravenösen ebenbürtig (10).
• SAKK 16/14: Die finale Analyse zur perioperativen Immuntherapie mit Durvalumab ergab hohe EFS- und OSRaten beim resezierbaren NSCLC im Stadium IIIA (11).
gegenüber der Osimertinib-Monotherapie mit einer Reduktion des Mortalitätsrisikos um 25% (Hazard Ratio [HR]: 0,75; p < 0,005) schliesslich ein signifikanter Überlebensvorteil (5). Das mediane OS in der Osimertinib-Gruppe betrug 36,7 Monate, während der Medianwert im Amivantamab-LazertinibArm noch nicht erreicht war. Nach 36 Monaten waren in der Kombinationstherapiegruppe noch 60% der Patienten am Leben, gegenüber 51% in der Osimertinib-Gruppe. Bei den Studienteilnehmern mit Hirnmetastasen zu Beginn der Therapie (30%) erreichte Amivantamab plus Lazertinib eine klinisch bedeutsame Verbesserung des intrakraniellen PFS (36 vs. 18% nach 3 Jahren) sowie der intrakraniellen Ansprechdauer (35,7 gegenüber 29,6 Monaten).
Wie Dr. Maurice Pérol, Lyon/F, der Diskutant der MARIPOSAResultate sagte, hatte der gezeigte Überlebensvorteil auch seinen Preis, stellt doch das Nebenwirkungsprofil der Kombination – insbesondere dermatologische Nebenwirkungen, infusionsassoziierte Ereignisse und das Risiko für venöse Thromboembolien – eine Herausforderung dar. «Dermatologische Nebenwirkungen treten dabei vor allem in den ersten vier Behandlungsmonaten auf und wir wissen bisher noch nichts darüber, wie lange sie anhalten. Das kann sich negativ auf die Lebensqualität der Betroffenen auswirken und erfordert ein intensives, proaktives Management», betonte er.
Intensive Pflege bei dermatologischen Nebenwirkungen Die am Kongress ebenfalls vorgestellte COCOON-Studie untersuchte eine prophylaktische dermatologische Strategie zur Prävention von Haut- und Nagelnebenwirkungen bei einer Therapie mit Amivantamab und Lazertinib (6). Dabei liess sich feststellen, dass eine intensivierte Pflege (orales Doxycyclin/ Minocyclin, Clindamycin-Lotion für die Kopfhaut, Chlorhexidinhaltige Produkte für die Nägel, Ceramid-basierte Feuchtigkeitscremes) dermatologische Nebenwirkungen > Grad 2 um 50% gegenüber einer Standardpflege (SoC) zu reduzieren vermochten (Abbildung). Damit einher ging eine Reduktion der nebenwirkungsbedingten Therapieabbrüche (11 vs. 19% unter SoC).
Ansätze für zweite oder spätere Linien Ebenfalls am Kongress vorgestellt wurden verschiedene neue Ansätze für die zweite oder spätere Therapielinien beim EGFRpositiven NSCLC. Darunter die Phase-II-Studie SAVANNAH, die
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KONGRESSBERICHT
Teilnehmer (%)
100% 80% 60% 40% 20%
p < 0,0001 OR: 0,19 (KI: 0,09–0,40)*
76,5%
8,8%
38,6%
4,3%
34,3%
67,6%
0%
COCOON DM (n/N = 27/70)
SoC DM (n/N = 52/68)
*OR wurde durch ein logistisches Modell generiert und adjustiert nach Ethnie und Alter (kontinuierlich) KI: Kon denzintervall; DM: dermatologisches Management; OR: Odds Ratio; SoC: Standardp ege
COCOON DM: Grad 2 COCOON DM: Grad 3
SoC DM: Grad 2 SoC DM: Grad 3
Abbildung: In der COCOON-Studie zeigte sich, dass eine intensivierte dermatologische Pflege dermatologische Nebenwirkungen unter Amivantamab + Lazertinib signifikant reduzierte (nach 6).
den Nutzen einer Kombination aus Savolitinib (MET-Tyrosinkinasehemmer) und Osimertinib bei Personen mit MET-Überexpression oder -Amplifikation nach Progression unter Osimertinib untersucht (7). Die durch die Prüfärzte ermittelte objektive Ansprechrate (ORR, primärer Endpunkt) betrug 56% (n = 80), das mediane PFS lag bei 7,4 Monaten. Nebenwirkungen > Grad 3 traten bei 57% der Teilnehmer auf. Am häufigsten (> 20%) waren periphere Ödeme (58%), Übelkeit (45%) und Durchfall (33%). Savolitinib plus Osimertinib werden nun in der PhaseIII-Studie SAFFRON weiter untersucht.
Gute Langzeitdaten zu Lorlatinib Eine indirekte Vergleichsstudie (anhand von Daten aus den Studien CROWN und ALEX) analysierte die Langzeitwirksamkeit und -sicherheit von Lorlatinib gegenüber Alectinib in der Erstlinientherapie des ALK-positiven NSCLC (8). Die Auswertung ergab, dass Lorlatinib im Langzeitverlauf ein überlegenes PFS bot, insbesondere bei den Studienteilnehmern ohne initiale ZNS-Metastasen. Bei den Patienten mit ZNS-Metastasen ergab sich ein numerischer Benefit, der jedoch nicht statistisch signifikant war (kleine Gruppe). Trotz einer höheren Rate an Nebenwirkungen ≥ Grad 3 unter Lorlatinib waren Dosisreduktionen und Therapieabbrüche bei beiden Medikamenten vergleichbar.
In einer Phase-IV-Studie erreichten Patienten unter Lorlatinib beim ALK-positiven NSCLC mit Progression nach Erstlinienbehandlung mit Alectinib oder Ceritinib eine ORR von 42% (9). Das mediane PFS betrug 12,2 Monate. Bei Personen mit ZNS-Metastasen zu Studienbeginn (n = 30) führte Lorlatinib zu einer eindrucksvollen intrakraniellen ORR von 47% (davon 33% mit komplettem Ansprechen). Die Substanz erwies sich im Allgemeinen als gut verträglich. Es wurden keine neuen Sicherheitssignale festgestellt.
Alternative zu intravenösem Pembrolizumab Die MK-3475A-D77-Studie untersuchte subkutan appliziertes Pembrolizumab (Pembro, 790 mg Q6W) im Vergleich zur intravenösen Gabe (400 mg Q6W), in Kombination mit einer Chemotherapie, bei 377 Personen mit einem neu diagnostizierten NSCLC im Stadium IV (10). Die mediane Zeit zwischen Randomisierung und Daten-Cut-off betrug 9,6 Monate. Es zeigte sich, dass die subkutane Gabe zu einer Pembro-Exposition mit Trough-Konzentrationen führte, die denen der intravenösen Gabe nicht unterlegen waren. Die ORR lag bei 45,4% (subkutan; sc) versus 42,1% (intravenös, iv) und das mediane PFS betrug 8,1 (sc) gegenüber 7,8 Monaten (iv). Therapiebedingte Nebenwirkungen > Grad 3 traten bei 47,0% (sc) beziehungsweise 47,6% (iv) der Teilnehmer auf. Die subkutane Gabe führte bei 2,4% zu einer Reaktion an der Injektionsstelle. Damit scheint sie eine Alternative zur intravenösen Applikation darzustellen.
Perioperative Immuntherapie mit Durvalumab Prof. Dr. Dr. Sacha Rothschild aus Baden präsentierte die finale Analyse der SAKK 16/14 Studie (11). Diese multizentrische, einarmige Phase-II-Studie untersuchte den Nutzen einer perioperativen Behandlung mit Durvalumab zusätzlich zu einer neoadjuvanten Chemotherapie mit Cisplatin und Docetaxel, gefolgt von einer Operation bei Personen mit einem resezierbaren NSCLC im Stadium IIIA (N2). Postoperativ wurde Durvalumab für ein Jahr verabreicht. Der primäre Endpunkt war das ereignisfreie Überleben (EFS) nach einem Jahr.
Die finale Analyse mit einem medianen Follow-up von 72 Monaten ergab ein medianes EFS von 4 Jahren. Die 5-JahresEFS-Rate betrug 45,9 % (n = 68). Das mediane OS wurde nicht erreicht, und die geschätzte 5-Jahres-OS-Rate betrug 65,8 %. Ein MPR (major pathologic response; < 10% lebensfähige Tumorzellen) wurde bei 34 Studienteilnehmern (62%) beobachtet, und 10 Personen (18%) erreichten ein pathologisches Komplettansprechen (pCR). Ein postoperatives nodales Downstaging (ypN0-1) wurde bei 37 Patienten (67%) festgestellt. Bei Personen mit pCR betrug die 5-Jahres-OS-Rate 100 beziehungsweise 97% bei den Patienten mit MPR. «Soweit wir wissen, ist dies die bisher grösste prospektive Studie zur perioperativen Immuntherapie beim resezierbaren NSCLC, mit einer Nachbeobachtungszeit von 6 Jahren», sagte Prof. Rothschild. «Im Vergleich zu einer gepoolten Analyse früherer Studien, die von unserer Arbeitsgruppe mit dem gleichen Chemotherapieschema durchgeführt wurde, verdoppelten sich durch die zusätzliche Immuntherapie die 5-Jahres-EFS- und OS-Raten nahezu. Besonders beeindruckend war dies bei Personen, die eine MPR oder pCR erreichten», betonte er abschliessend.
Therese Schwender
Quelle: European Lung Cancer Congress (ELCC) 2025, Paris, 26.–29. März 2025
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Referenzen: 1. Soria JC et al.: Osimertinib in untreated EGFR-mutated advanced
non-small-cell lung cancer. N Engl J Med. 2018;378(2):113-125. 2. Ramalingam SS et al.: Overall survival with Osimertinib in untreated,
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EGFR-Mutated Advanced NSCLC. N Engl J Med. 2023;389:1935-1948. 4. Cho BC et al.: Amivantamab plus Lazertinib in Previously Untreated
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EGFR-mutant advanced NSCLC: Final overall survival from the phase III MARIPOSA study. ELCC 2025, Abstract 8O. 6. Girard N et al.: Preventing moderate to severe dermatologic adverse events in first-line EGFR-mutant advanced NSCLC treated with Amivantamab plus Lazertinib. Early success of the COCOON trial. ELCC 2025, Abstract 10MO. 7. Ahn MJ et al.: SAVANNAH: Savolitinib + osimertinib in patients with EGFRm advanced NSCLC and MET overexpression and/or amplification following progressive disease on Osimertinib. ELCC 2025, Abstract 2O. 8. Mazieres J et al.: Long term efficacy and safety of Lorlatinib vs. Alectinib in patients with and without brain/central nervous system metastases: Matching Adjusted Indirect Comparisons. ELCC 2025, Abstract 94P. 9. Bearz A et al.: Efficacy and safety of lorlatinib in patients with ALK+ metastatic non-small cell lung cancer previously treated with an ALK inhibitor: results from a phase 4 study. ELCC 2025, Abstract 83P. 10. Felip E et al.: Subcutaneous versus intravenous pembrolizumab plus chemotherapy in metastatic non-small cell lung cancer: Phase III MK-3475A-D77 trial. ELCC 2025, Abstract 8MO. 11. Rothschild S et al.: Perioperative durvalumab in addition to neoadjuvant chemotherapy in patients with stage IIIa(N2) non-small cell lung cancer: Final analysis of the trial SAKK 16/14. ELCC 2025, Abstract 189MO.
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