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SABCS 2021
San Antonio Breast Cancer Symposium 2021, 7.–10. Dezember, San Antonio, virtuell
Frühes Mammakarzinom
Strategien zur Verbesserung der adjuvanten Therapie
Mit zielgerichteten Ansätzen können Patientinnen in der adjuvanten Therapie die invasiv-erkrankungsfreie Zeit verlängern. Nicht jede der in der metastasierten Situation effektiven Optionen ist gleichermassen für die Adjuvanz geeignet.
Adjuvante Erhaltungstherapie mit PARP-Inhibitor
Um das therapiefreie Intervall nach (neo)adjuvanter Therapie zu verlängern, erhielten in der randomisierten, doppelblinden, plazebokontrollierten Phase-III-Studie OlympiA 1836 Patientinnen mit einer BRCA1/2-Keimbahnmutation für die Dauer von 1 Jahr den PARP-Inhibitor Olaparib. In einer Zwischenanalyse mit einer Nachbeobachtungszeit von median 2,5 Jahren wurde ein signifikanter Vorteil bezüglich des invasiv-krankheitsfreien Überlebens (iDFS) mit der zusätzlichen Erhaltungstherapie beobachtet. Beim SABCS wurden nun Ergebnisse zur Lebensqualität präsentiert, die u.a. untersuchten, ob unter Olaparib häufiger Fatigue zu beobachten war (1). Die Patientinnen waren im Median 43–44 Jahre alt, wiesen in 84% einen tripelnegativen Brustkrebs (TNBC) auf und waren jeweils zur Hälfte neoadjuvant bzw. adjuvant behandelt worden. Bei einem Drittel der Patientinnen wurde eine brusterhaltende Operation und bei zwei Dritteln eine Mastektomie durchgeführt. 28% der Patientinnen hatten eine platinhaltige Therapie erhalten, etwa 95% Anthrazykline und Taxane, sowie 70% eine Radiatio. Der mittels FACIT-Fatigue-Score ermittelte Wert lag zum Therapiebeginn bei etwa 40, ein schlechterer Ausgangswert als bei gesunden Frauen (durchschnittlich 43). Unter der Behandlung mit Olaparib über 6 bzw. 12 Monate wurde eine signifikante Differenz von –1,3 bis –1,5 Punkten gegenüber Plazebo beobachtet. Ein klinisch relevanter Wert von 3 Punkten Differenz wurde nicht erreicht. Nach 18 und 24 Monaten wurde laut FACIT-Fatigue-Score kein Unterschied zwischen den Studienarmen gesehen. Insgesamt wurden Beeinflussungen der Lebensqualität
durch Olaparib entsprechend dem bekannten Nebenwirkungsprofil nach 6 und 12 Monaten beobachtet, aber kein Unterschied zum Kontrollarm nach 18 und 24 Monaten. Die Studienautoren schlussfolgerten, dass ein Jahr Olaparib die Erholung von einer (neo)adjuvanten Standardtherapie nicht relevant beeinflusst.
Pembrolizumab plus Chemotherapie über alle Subgruppen effektiv
Auch mit der prospektiven Phase-IIIStudie KEYNOTE-522 wurde das Ziel verfolgt, durch die neoadjuvante und adjuvante Gabe von Pembrolizumab das ereignisfreie Überleben (EFS) von Patientinnen mit TNBC zu verlängern und die Ansprechrate zu erhöhen. In der primären Analyse wurde bereits eine statistisch signifikante und klinisch relevante Verbesserung der pCR-Rate und des EFS gezeigt. Beim SABCS wurden nun Ergebnisse zu den Subgruppen präsentiert (2). Insgesamt erhielten 1174 Patientinnen mit neu diagnostiziertem TNBC 2:1-randomisiert Pembrolizumab oder Plazebo im neoadjuvanten Setting in Kombination mit einer Chemotherapie sowie als Monotherapie in der Adjuvanz. Etwa 56% der Patientinnen waren bei Studieneinschluss prämenopausal, ein Viertel befand sich im Tumorstadium III und bei der Hälfte waren Lymphknoten involviert. Mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 39,1 Monaten betrug die EFS-Rate 84,5% im Pembrolizumab-Arm versus 76,8% im Plazebo-Arm (Hazard Ratio [HR]: 0,63; 95%-Konfidenzintervall [KI]: 0,48–0,82; p = 0,00031). Der EFS-Vorteil wurde konsistent für alle untersuchten Subgruppen gezeigt. Für nodal-positive Patientinnen wurde durch den Einsatz von Pembrolizumab das Risiko für
ein Ereignis um 35%, für nodal-negative Patientinnen um 42%, für Tumoren im Stadium II um 40% und im Stadium III um 32% reduziert. Das Sicherheitsprofil entsprach den bekannten Nebenwirkungen der eingesetzten Therapien. Es wurden keine neuen Sicherheits signale beobachtet.
Keine Bereicherung der adjuvanten Therapie mit CDK4/6-Inhibitor
Die Behandlung von Hormonrezeptorpositivem (HR+), HER2-negativem (HER2-) Brustkrebs mit einer Kombination aus CDK4/6-Inhibitor und endokriner Therapie hat sich für die metastasierte Situation etabliert. Verschiedene Studien untersuchen CDK4/6-Inhibitoren auch beim frühen Brustkrebs, so die Phase-III-Studie PALLAS (3). In der offenen Studie erhielten 5761 Patientinnen mit Brustkrebs im Stadium II–III eine endokrine Therapie mit einem Aromataseinhibitor oder Tamoxifen (mit oder ohne LHRH-Agonisten) für mindestens 5 Jahre sowie im experimentellen Studienarm Palbociclib für die Dauer von 2 Jahren. Als primärer Studienendpunkt war das invasiv-erkrankungsfreie Überleben (iDFS) definiert, entsprechend den STEEP-Kriterien. Beim SABCS wurden die geplanten finalen Ergebnisse präsentiert, die Nachbeobachtung wird für weitere translationale Forschung fortgeführt. Die Patientinnen waren im Median 52 Jahre alt und hatten ein hohes klinisches Risiko für einen Krankheitsprogress in 59% der Fälle. Die Palbociclib-Therapie brachen 44,9% der Patientinnen innerhalb von 2 Jahren frühzeitig ab: 17,9% innerhalb der ersten 6 Monate, 30,2% innerhalb von 12 Monaten und 38,3% innerhalb von 18 Monaten. Mit der finalen Analyse wurde bestätigt, dass eine längere Palbociclib-Gabe oder eine Dosisintensität > 70% das iDFS nicht relevant beeinflusste. Mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 31 Monaten gab es kei-
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nen Unterschied bezüglich des iDFS zwischen den Studienarmen. Das 4-Jahres-iDFS betrug 84,2% mit und 84,5% ohne Palbociclib (HR: 0,96; 95%KI: 0,81–1,14; p = 0,65). Subgruppenanalysen identifizierten keine Gruppe, die möglicherweise von der zusätzlichen Palbociclib-Gabe profitieren könnte. Auch für sekundäre Endpunkte lag kein Unterschied vor.
Einfluss von Metformin auf Krankheitsrückfall und Überleben
Übergewicht und hohe Insulinspiegel sind mit der Prognose von Brustkrebspatientinnen assoziiert. Die Einnahme von Metformin, ein günstiges und gut tolerierbares generisches Antidiabetikum, führt bei etwa 15–20% der nicht diabetischen Brustkrebsüberlebenden zu einem moderaten Gewichtsverlust und einer Verringerung der Insulinspiegel. Zudem wurden in neoadjuvanten Studien eine Reduktion von Ki67 in Brustkrebszellen und eine Verlangsamung des Wachstums von Mammakarzinomen beobachtet. Parallel zur CCTG MA.32-Studie, die randomisiert Metformin versus Plazebo untersuchte, stieg die Evidenz für einen Zusammenhang der Diabetesbehandlung mit Metformin und einer Verbesserung der Prognose von Brustkrebspatientinnen. Beim SABCS wiesen die Ergebnisse der MA.32-Studie auf einen verhaltenen Effekt der Metformin-Therapie nur bei selektierten Patientinnen hin (4). In die MA.32-Studie wurden 3649 nicht diabetische Patientinnen mit invasi-
vem, R0-reseziertem Brustkrebs eingeschlossen und mit Metformin (850 mg, bid) oder Plazebo für die Dauer von 5 Jahren behandelt. Primärer Endpunkt war das iDFS. Patientinnen der HR+Population (n = 2553) waren im Median 52–53 Jahre alt, mit einem BMI von 29 kg/m2 und einem überwiegend sehr guten Allgemeinzustand (ECOG PS 0: 80–81%; ECOG PS 1: 19–20%). Ein invasives Ereignis wurde bei 18,5 versus 18,3% der Patientinnen beobachtet (HR: 1,01; 95%-KI: 0,84–1,21; p = 0,93). Auch das OS war zwischen den Studienarmen nicht verschieden (HR: 1,10; 95%-KI: 0,86–1,41; p = 0,47). Die Überlebensrate nach 54 Monaten betrug 67% im Metformin- versus 72% im Plazebo-Arm. 75,8% der Ereignisse waren tumorassoziiert. Die zusätzliche Therapie mit Metformin zur Standardtherapie bei Patientinnen mit HR-positivem Brustkrebs und mittlerem bis hohem Rezidivrisiko führte nicht zu einer Verlängerung des iDFS oder OS. Metformin sollte daher bei diesen Patientinnen nicht als Antitumortherapie eingesetzt werden, betonten die Studienautoren. Die Auswertung der HR-negativen Patientinnen mit einer medianen Therapiedauer von 36,7 Monaten und 29,5 Monaten Nachbeobachtungszeit sowie Abbruch der Studienmedikation bestätigte sich nun mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 96 Monaten. Es konnte kein Unterschied zwischen den Studienarmen bezüglich des iDFS (HR: 1,01; 95%-KI: 0,79–1,30; p = 0,92) oder des OS (HR: 0,89; 95%-KI:
Auf einen Blick
■ Ein Jahr der adjuvanten Erhaltungstherapie mit Olaparib beeinflusst die Erholung von einer (neo)adjuvanten Standardtherapie bei Patientinnen mit TNBC, insbesondere bezüglich der Fatigue, nur unwesentlich.
■ Der Einsatz von Pembrolizumab in der (neo)adjuvanten Behandlung von Patientinnen mit frühem tripelnegativem Brustkrebs erwies sich in der KEYNOTE-522-Studie für alle untersuchten Subgruppen als effektiv.
■ Die adjuvante Therapie mit Palbociclib in Kombination mit einer endokrinen Therapie führte in der PALLAS-Studie nicht zu einer Verlängerung des invasiv-krankheitsfreien Überlebens. Es wurde keine Subgruppe identifiziert, die möglicherweise profitieren könnte.
■ Die zusätzliche Therapie mit Metformin zur Standardtherapie führte bei Patientinnen mit HR-positivem oder HR-negativem Brustkrebs und mittlerem bis hohem Rezidivrisiko nicht zu einer Verlängerung des iDFS oder OS. Metformin sollte daher bei diesen Patientinnen nicht als Antitumortherapie eingesetzt werden. Selektierte Patientinnen mit HER2+-Brustkrebs könnten von Metformin profitieren.
0,64–1,23; p = 0,46) gesehen werden.
Daher folgerten die Studienautoren,
dass Metformin auch für die HR-nega-
tive Population nicht als Antikrebsthe-
rapie eingesetzt werden sollte.
Schliesslich wurde in einer explorativen
Analyse der Therapieerfolg von Met-
formin bei HER2+-Patientinnen ausge-
wertet. Für diese Population wurde
sowohl bezüglich des iDFS (HR: 0,64;
95%-KI: 0,43–0,95; p = 0,026) als auch
des OS (HR: 0,53; 95%-KI: 0,30–0,98;
p = 0,038) ein Therapievorteil durch
Metformin beobachtet. Dabei profitier-
ten nur die HER2-positiven Patientin-
nen mit wenigstens einem C-Allel (CA/
CC) des ATM-assoziierten rs11212617
SNP, nicht aber ohne C-Allel (SNP AA).
Die Hazard Ratio für das iDFS betrug
bei Patientinnen mit SNP CA/CC 0,51
(95%-KI: 0,31–0,83; p = 0,0067) und bei
Patientinnen mit SNP AA 1,32 (95%-KI:
0,58–2,96; p = 0,51). Mit Metformin
wurde bei Patientinnen mit SNP CA/CC
das Risiko zu versterben um 65% redu-
ziert (HR: 0,35; 95%-KI: 0,17–0,73; p =
0,0031), bei Patientinnen mit SNP AA
fand sich kein signifikanter Unterschied
zwischen den Studienarmen (HR: 2,15;
95%-KI: 0,56–8,36; p = 0,26). Bevor
aufgrund dieser Hinweise auf einen
positiven Effekt von Metformin
bei selektierten HER2+-Patientinnen
geschlossen werden kann, müssen die
Ergebnisse in klinischen Studien repro-
duziert werden.
n
Ine Schmale
Referenzen: 1. Ganz P et al.: Quality of life results from OlympiA: A
phase III, multicenter, randomized, placebo-con trolled trial of adjuvant olaparib after (neo)-adjuvant chemotherapy in patients with germline BRCA1/2 mutations and high-risk HER2- early breast cancer. SABCS 2021, Abstr. #GS4-09. 2. Schmid P et al.: KEYNOTE-522 study of neoadjuvant pembrolizumab + chemotherapy vs placebo + chemotherapy, followed by adjuvant pembrolizumab vs placebo for early-stage TNBC: Event-free survival sensitivity and subgroup analyses. SABCS 2021, Abstr. #GS1-01 3. Gnant M et al.: Adjuvant palbociclib in HR+/HER2early breast cancer: Final results from 5760 patients in the randomized phase III PALLAS trial. SABCS 2021, Abstr. #GS1-07. 4. Goodwin PJ et al.: CCTGMA.32, a phase III random ized double-blind placebo-controlled adjuvant trial of metformin vs placebo in early breast cancer: Results of the primary efficacy analysis. SABCS 2021, Abstr. #GS1-08.
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