Transkript
med-swiss.net
Dachverband der Schweizer Ärztenetzwerke
med-swiss.net Geschäftsstelle, Grütlistrasse 36, 8002 Zürich. Tel. 01-280 44 05, Fax 01-280 44 03, E-Mail: info@med-swiss.net
NETZWERKE – von der VISION zur REALITÄT!
med-swiss.net hat unter dem Titel «Vision 08» eine Arbeitsgruppe gebildet, welche die anspruchsvolle Aufgabe übernommen hat, Merkmale und Kriterien von Netzwerken zu definieren und zu werten. Im Folgenden werden die Ergebnisse zusammengefasst:
Allgemeine Charakteristika Ärztenetzwerke sind Organisationen, die von eigenständigen Leistungserbringern gebildet werden und durch verbindliches Zusammenwirken untereinander und mit den Kostenträgern patientenorientierte Gesundheitsleistungen erbringen. Das Zusammenwirken beruht auf vereinbarten Behandlungsprozessen, unternehmerischen Organisationsstrukturen und einer gemeinsamen Betreuungskultur. Die Netzwerke setzen sich bei hoher Versorgungsqualität einen haushälterischen Umgang mit den vorhandenen Mitteln zum Ziel. Durch die Steuerung der medizinischen Abläufe übernehmen sie zusätzliche Verantwortung.
Qualitätsentwicklung, Lehre und Forschung Durch eine konsequente Qualitätskontrolle und -sicherung werden Entscheide bezüglich Patientensicherheit und medizinischer Evidenz zusätzlich abgesichert. Die Netzwerke und ihre Dachorganisationen entwickeln selber praxistaugliche Instrumente zur Qualitätsentwicklung und setzen sich dafür ein, dass in der universitären und industriellen Forschung auch die Aspekte der Praxisrelevanz und Praxistauglichkeit genügend Gewicht erhalten.
Budgetmitverantwortung und Risikoausgleich Als Budgetmitverantwortung wird ein frei verhandeltes Budget auf der Ebene des Netzwerks, als Zielvorgabe für die Betreuung eines Versichertenkollektivs, definiert. Eine Erfolgs- und Verlustbeteiligung ist ein unverzichtbares Element zur Steuerung, da damit ein Anreiz zur Effizienzsteigerung verbunden ist. Nur durch einen korrekten und aufgrund der Morbidität des versicherten Kollektivs verfeinerten Risikoausgleich können besonders auch Versicherte mit hohen Gesundheitskosten eingebunden werden. Die Versicherungen dürfen durch Anlocken von guten Risiken nicht länger Gewinn erzielen.
Beteiligung und Besitzverhältnisse Eine institutionsübergreifende Integration zwecks Prozessoptimierung über den gesamten Behandlungspfad ist sinnvoll, da sie eine gleichberechtigte Partnerschaft und erhöhte Verbindlichkeit bedeutet. Dabei muss bedacht werden, dass eine ausgesprochen heterogene Interessenslage entstehen kann, welche die Entscheidungsfindung behindert. Da das wichtigste Sparpotenzial im Vermeiden von Hospitalisationen liegt, ist die Zusammenarbeit mit stationären Versorgern durch eine gemeinsame Trägerschaft zu suchen. Es sind in den Netzwerken Besitzverhältnisse anzustreben, welche durch homogene Interessen und die Koppelung von medizinischer und finanzieller Verantwortung geprägt sind. Kostenträger und Leistungserbringer sollen im Sinne der Aufgabenteilung getrennt bleiben.
Netzgrösse Während kleinere Netze flexibler und innovationsfreudiger sind, bringen grössere Netze mehr Verhandlungsgewicht, eine bessere Risikoverteilung und meist tiefere Fixkosten mit sich. Überregionale Netze mit dem Vorteil einer besseren Verhandlungsposition gegenüber den Versicherungen sind möglich. Um eine statistische Stabilität und tiefe Fixkosten zu erreichen, ist eine Mindestzahl von 3000 bis 5000 Versicherten erforderlich. Aus Grenzkostengründen sind pro Arzt mindestens 150 bis 200 Versicherte anzustreben. Pro Netzwerk sind möglichst Verträge mit mehreren Versicherern anzustreben.
Leistungskatalog und finanzielle Abgeltung Der gesetzlich definierte Leistungskatalog gilt uneingeschränkt auch für die Netzwerke. Eine bedarfsorientierte und effiziente Versorgung verlangt aber eine flexiblere Gestaltung mit erweitertem Leistungsangebot (was die Kostenvorteile kurzfristig mindern kann). Die finanzielle Entschädigung über Pauschalen fördert die Verflachung der Qualität und die Risikoselektion und birgt bei ungenügender Qualitätssicherung die Gefahr der Unterversorgung. Demgegenüber setzen Einzelleistungsentschädigungen falsche Anreize mit den bekannten Folgen von Überversorgung und Mengenausweitung.
Rechtliche Aspekte Vernetzung und Steuerung verlangen eine erhöhte Sensibilität in Fragen von Datenschutz, Kartellrecht, Ethik und Haftpflicht. Dagegen spielt die Rechtsform der Netzwerke eine weniger bedeutende Rolle. Bei Netzwerken mit Budgetmitverantwortung haben sich Aktiengesellschaften als zweckmässig erwiesen.
Weitere Aspekte Die Versicherten und Patienten sollen in Form eines Mitsprache- und Kontrollrechtes in Entscheide und in die Verantwortung einbezogen werden. Da sich höhere Aufwendungen in der Behandlung bezüglich Arbeitsunfähigkeit und Invalidität positiv auswirken können, sollen Taggeld-, Lebens-, Pflege- und Invalidenversicherungen integriert werden. Ein versicherungs- und netzwerksunabhängiger Ombudsarzt-Dienst als Rekursinstanz muss institutionalisiert werden. Eine Differenzierung und Profilierung durch aktive Kommunikationspolitik und Marketing ist für die Netzwerke wichtig.
Mitglieder der Arbeitsgruppe Vision 08 (in alphabetischer Reihenfolge): Bodmer Ueli, Buff Roman, Dreiding Philip, v. Felten Daniel, Fischer Max-Albrecht, Fritschi Jörg, Metzger Karl, Schläpfer Hansueli, Weber Andreas, v. Weymarn Alexander, Wirthner Adrian
Bereitschaft zum Wettbewerb Wenn die Rahmenbedingungen Wettbewerbsverzerrungen und ungenügende Qualität verhindern, sind konkurrierende Netzwerke denkbar. Durch Differenzierung von Angebot, Qualität und Preis wirkt sich der Wettbewerb für die Versicherten vorteilhaft aus.
Managed Care 7 ● 2004 27