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Evidenzlevel
SGGG-EXPERTENBRIEF NR. 73 (ERSETZT NR. 47)
In der GYNÄKOLOGIE werden – nach Auswahl der Herausgeber – an dieser Stelle aktuelle Expertenbriefe publiziert (verifizierte Printform).
Expertenbrief Nr. 73
(siehe auch: http://sggg.ch/de/members_news/1005)
Kommission Qualitätssicherung Präsident Prof. Dr. med. Daniel Surbek
Zytomegalievirus (CMV) und Schwangerschaft
Die kongenitale CMV-Infektion ist die häufigste Ursache infektionsbedingter, angeborener Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen (v. a. Taubheit und psychomotorische Retardierung) und kann zu intrauterinem/ neonatalem Tod führen. Im neuesten Expertenbrief werden aktuelle Erkenntnisse zu Prävalenz, Risiko, Präventions- und Therapiemöglichkeiten aufgezeigt.
L. Schäffer, N. Ochsenbein, M. Boulvain, D. Baud, L. Raio, A. Duppenthaler*, B. Martinez de Tejada, S. Iff**, S. Tercanli,
D. Surbek
Akademie für fetomaternale Medizin, SGGG * Pädiatrische Infektiologie, Inselspital Bern ** Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO)
Zusammenfassung
I Die kongenitale CMV-Infektion ist die häufigste Ursache infektionsbedingter, angeborener Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen.
I Wichtigster Risikofaktor für eine mütterliche Serokonversion ist der enge Kontakt zu Kleinkindern < 4 Jahre.
I Das Risiko für eine vertikale Transmission ist relativ hoch und abhängig vom Gestationsalter. Gemäss aktuellen Daten setzt eine Infektionsübertragung bis zur 12. bis 14. SSW den Fetus einem hohen Risiko für Folgeerscheinungen aus, während dieses Risiko bei einer späteren Übertragung eher gering scheint.
I Alle Schwangeren und alle Frauen, die eine Schwangerschaft planen, sollten so früh wie möglich über die Risiken für eine CMVInfektion informiert und über die Empfehlungen zur Infektionsvorbeugung mittels Hygienemassnahmen aufgeklärt werden. Ausserdem müssen sie über die Möglichkeit, den CMV-Serostatus kurz vor oder in der Frühschwangerschaft zu bestimmen, informiert werden. Die Vor- und Nachteile, den Serostatus zu kennen, müssen mit der Frau diskutiert werden, damit sie bewusst entscheiden kann. In diesen Entscheid muss auch das spezifische CMV- Risiko der Schwangeren einfliessen (enger Kontakt mit Kleinkindern < 4 Jahre zu Hause oder am Arbeitsplatz oder vermutete Exposition).
I Im Falle einer (vermuteten) CMV-Infektion in der Schwangerschaft muss die weitere Betreuung durch einen Spezialisten in fetomaternaler Medizin erfolgen. Gemäss neueren Studien gibt es effektive Behandlungsoptionen, die das Risikofür eine vertikale Übertragung in der Frühschwangerschaft vermindern sowie das Outcome infizierter Feten verbessern.
I Ein generelles Beschäftigungsverbot für Schwangere aus Risikopopulationen ist nicht empfohlen und nur indiziert, wenn die erforderlichen Hygienemassnahmen aus betrieblichen Gründen nicht eingehalten werden können. Diese Massnahme kann sich auf das erste Trimenon beschränken.
I Bei Verdacht oder Bestätigung einer CMV-Infektion während der Schwangerschaft muss eine Abklärung des Neugeborenen durch einen Neonatologen/Pädiater stattfinden (Bestätigung der CMV-Infektion mittels PCR im Urin in den ersten 3 Lebenswochen).
Bei einer mütterlichen Erstinfektion (Primärinfektion) bestehen je nach Gestationsalter intrauterine Transmissionsraten von zirka I 5% präkonzeptionell (bis 3 Monate) I 21% perikonzeptionell (4 Wochen vor bis 6 Wochen nach der
letzten Periode) I 37% im ersten Trimenon und I bis 66% im dritten Trimenon. Auch CMV-Reaktivierungen und Reinfektionen (nicht Primärinfektion) können eine intrauterine Infektion verursachen. Die genauen vertikalen Transmissionsraten einer «nicht Primärinfektion» sind aufgrund der Schwierigkeit, diese zu definieren und zu diagnostizieren, nicht bekannt. Das Transmissionsrisiko scheint jedoch wesentlich tiefer zu sein als bei der Primärinfektion und liegt schätzungsweise bei 0,2 bis 3,4%.
Kongenitale Schädigungen durch CMVInfektion
Die kongenitalen Schädigungen sind bei Infektionen im ersten Trimenon am schwersten; und neuere Studien legen nahe, dass es ein Risiko für neurologische Schädigung des Kindes nur dann gibt, wenn die Infektion in ersten Trimenon eintritt. Ein Hörschaden kommt ebenfalls überwiegend nach Infektion im ersten Trimenon vor. Wenngleich selten, wurden Folgeschäden auch nach einer später auftretenden Infektion beschrieben. Ob diese Fälle inkorrekt klassifiziert wurden, wird diskutiert. Die intrauterine Transmission führt zwar nicht immer zu einer kongenitalen Schädigung, jedoch werden signifikante neurologische Störungen oder Hörschäden bei etwa einem Drittel der im ersten Trimenon infizierten Kinder erwartet. Einige dieser Neugeborenen sind noch asymptomatisch bei Geburt, aber 10 bis 15% von ihnen werden im Laufe der ersten Lebensjahre Symptome zeigen. Auch wenn das Risiko für Langzeitschäden gering für diejenigen Feten ist, die nach dem ersten Trimenon infiziert wurden: Infektionen im zweiten oder dritten Trimenon können zu einer Wachstumsretardierung führen, ein Follow-up wird in diesen Fällen empfohlen. Die mütterliche Seroprävalenz liegt in Westeuropa bei 50%. Die jährliche Serokonversionsrate bei Schwangeren ist populationsabhängig und beträgt in Industriestaaten zwischen 1 und 7%; für Westeuropa, inklusive der Schweiz, werden geringere Serokonversionsraten von etwa 0,5% angenommen. Umgerechnet auf die Lebendgeburten in der Schweiz von 2014 wären das 426
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kongenital mit CMV infizierte Kinder, wobei man bei etwa te serologische Untersuchung durchgeführt werden, um eine
43 Kindern eine bei Geburt symptomatische Infektion vermuten Serokonversion in der Zwischenzeit auszuschliessen. Die serolo-
würde. In der Krankenhausstatistik der Schweiz wurden in dem gische Diagnose einer Reinfektion oder einer Reaktivierung ist
Zeitraum 23 symptomatische Infektionen erfasst, die Anzahl nicht zuverlässig möglich.
intrauteriner Fruchttode, Aborte und Interruptio ist allerdings Da der genaue Zeitpunkt der Serokonversion schwierig zu
nicht erfasst. Die mütterliche Infektion erfolgt in der Regel bestimmen ist, müssen unklare Resultate unbedingt mit einem
durch den Kontakt mit infizierten Körpersekreten (Speichel, Spezialisten für fetomaternale Medizin besprochen werden, um
Urin, Tränenflüssigkeit, Genitalsekret). Die Mehrheit der mütter- das weitere Vorgehen festlegen zu können und unnötige Inter-
lichen CMV-Primärinfektionen verläuft asymptomatisch, selte- ruptio zu vermeiden.
ner treten unspezifische grippale Symptome auf; Reinfektionen
verlaufen in der Regel asymptomatisch.
Prävention durch Hygienemassnahmen
IIb
Risikopopulationen
Eine konsequente Unterbrechung der wichtigsten Übertragungswege durch Hygienemassnahmen ist unbedingt emp-
Enger Kontakt zu Kleinkindern bis 4 Jahre ist der wichtigste fohlen. Da sowohl für die Primär- als auch die Reinfektion ein
Risikofaktor für eine Serokonversion, da infizierte Kinder oft Risikopotenzial besteht, ist das für alle Schwangeren zu befür-
IIa über längere Zeit Virusausscheider sind. So haben Mütter von worten (auch für jene mit positiven CMV-IgG), besonders in der
Kleinkindern in Krippenbetreuung ein zirka 10-fach erhöhtes ersten Schwangerschaftshälfte. Die Information der Schwange-
Risiko einer Serokonversion.
ren über die spezifischen Risiken für eine CMV-Infektion und
Kleinkinderzieherinnen (Kinderkrippen) haben ein 4-fach erhöh- eine entsprechende Hygieneberatung scheinen das Risiko für
tes Risiko für eine CMV-Serokonversion gegenüber dem eine Serokonversion signifikant zu senken.
beschriebenen Hintergrundrisiko von Schwangeren. Gemäss Bei der Aufklärung über Präventivmassnahmen in der Schwanger-
den verfügbaren Daten zeigt das medizinische Personal aber schaft sollte der betreuende Arzt auch die Risiken für eine CMV-
kein höheres Risiko für eine CMV- Serokonversion. Dies ist mög- Infektion und das individuelle Risiko der Schwangeren
licherweise auf die in diesem Umfeld etablierten üblichen (Risikopopulation) besprechen, da das Bewusstsein hierfür ge-
Hygienemassnahmen zurückzuführen.
ring ist.
III Bestimmung des CMV-Serostatus in der Frühschwangerschaft
Folgende Hygienemassnahmen sind empfohlen: I gründliche Händehygiene mit Wasser und Seife nach
Kontakt mit Windeln, Urin und kindlichen Körpersekreten
Alle Frauen müssen so früh wie möglich, idealerweise noch vor
wie Speichel, Tränen und Nasensekret
Eintreten einer Schwangerschaft, über die Risiken für eine CMV- I Vermeiden der gemeinsamen Nutzung von Besteck, Ge-
Infektion während der Schwangerschaft und über die
schirr (gemeinsames Essen und gemeinsame Getränke),
Möglichkeit, den CMV-Serostatus zu bestimmen, informiert
Zahnbürsten, Waschlappen und Handtüchern
werden. Das gilt insbesondere für Frauen mit erhöhtem I soweit möglich Vermeiden des Küssens von Kleinkindern auf
Expositionsrisiko. Die Bestimmung des Serostatus sollte sich
den Mund
auf die präkonzeptionelle Zeit sowie auf das erste Trimenon I Reinigung von Oberflächen, welche in Kontakt mit kindli-
beschränken, da das Risiko für eine fetale Schädigung nach
chem Speichel oder Urin kommen.
dem ersten Trimenon sehr gering scheint. Das Vorhandensein In Einrichtungen mit erhöhtem Risiko für CMV-Übertragung
einer präkonzeptionellen Serologie kann dazu beitragen, unkla- sollten zudem Einmalhandschuhe und Händedesinfektions-
re Ergebnisse in der Frühschwangerschaft zu interpretieren mittel zu Verfügung stehen. Hygienemassnahmen müssen auch
oder den Zeitpunkt für eine IVF bei Diagnose einer Primärinfek- vom Vater eingehalten werden, da er im Falle einer Infektion die
tion zu planen.
Schwangere über Sekrete anstecken könnte.
Die allfällige Bestimmung des CMV-Serostatus im ersten Trimenon muss so früh wie möglich erfolgen und sowohl IgG wie IgM erfassen. Bei positiven IgG und IgM sollte zur
Frauen mit erhöhtem Risiko für eine CMVExposition am Arbeitsplatz
Einschätzung des Infektionszeitpunkts eine CMV-IgG-Aviditäts- Alle Schwangeren und alle Frauen, die eine Schwangerschaft
bestimmung vorgenommen werden (niedrige Avidität ent- nicht ausschliessen können, sollten über allfällig erhöhte Risiken
spricht einer kürzlich zurückliegenden Infektion, hohe Avidität für eine CMV-Infektion am Arbeitsplatz, deren mögliche
einer länger zurückliegenden Infektion). Bei negativen IgG und Konsequenzen für das ungeborene Kind und über die Wichtig-
positiven IgM muss eine serologische Kontrolluntersuchung keit der oben beschriebenen Hygienemassnahmen vom
nach 2 Wochen durchgeführt werden, da IgM unspezifisch Arbeitgeber gemäss Gesetz (ArGV 1 Art. 63 Abs. 4) informiert
erhöht sein könnte (Kreuzreaktion). Bei positiven IgG und nega- und instruiert werden. Wenn möglich sollte neben den
tiven IgM hat die Patientin früher eine CMV-Infektion durchge- Hygienemassnahmen der berufliche enge Kontakt von
macht. Allerdings ist sie gegen eine Reinfektion oder Reaktivie- Schwangeren mit Kindern unter 4 Jahren vermieden werden
rung nicht geschützt. Bei negativem Ergebnis für IgG und IgM (Arbeitsplatzwechsel), besonders bis zur 14. SSW. Wenn dies
kann nach 12 bis 14 Schwangerschaftswochen (SSW) eine zwei- nicht möglich ist, müssen die oben beschriebenen Hygiene-
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massnahmen strikt eingehalten werden, und alle Tätigkeiten mit potenziellem Kontakt zu Körperflüssigkeiten (Wickeln, Füttern, Nase-/Mundabwischen) müssen mit Handschuhen ausgeführt werden. Können die Hygienemassnahmen aus betrieblichen Gründen nicht eingehalten werden oder ist ein Arbeitsplatzwechsel nicht möglich, sollte nach individueller Risikobeurteilung ein Beschäftigungsverbot (Nichteignung gemäss Mutterschaftsverordnung) durch den betreuenden Arzt/Ärztin ausgesprochen werden. Das gilt vor allem im ersten Trimenon. Siehe hierzu: https://www.seco.admin.ch/mutterschutz. Ein generelles Beschäftigungsverbot wie auch eine generelle Krankschreibung ist nicht empfohlen.
Vorgehen bei Verdacht auf mütterliche/ fetale CMV-Infektion
Eine mütterliche CMV-Diagnostik sollte bei klinischem oder pränatal sonografischem Verdacht vorgenommen werden. Hierbei wird zunächst der vollständige Serostatus erhoben (CMV-IgG/IgM). Bei positiven IgG und IgM sollte zur Eingrenzung des Infektionszeitpunkts eine CMV-IgG-Aviditätsbestimmung erfolge. (niedrige Avidität entspricht einer kürzlich zurückliegenden Infektion, hohe Avidität einer länger zurückliegenden Infektion), da die alleinige IgM-Positivität einen geringen Vorhersagewert hinsichtlich einer CMV-Primärinfektion besitzt. Mit zunehmendem Schwangerschaftsalter vermindert sich allerdings der prognostische Wert einer hohen Avidität. Wenn die Laborbefunde auf eine mütterliche Primärinfektion oder mögliche Reinfektion/Reaktivierung hinweisen oder unklar sind, sollte die Patientin für die weitere Abklärung einem Spezialisten in fetomaternaler Medizin zugeführt werden. Eine invasive Abklärung (PCR und Viruslast im Fruchtwasser, ggf. fetale Blutentnahme) sollte frühestens 8 Wochen nach vermuteter Primärinfektion, im Idealfall nach 18 bis 20 SSW, angeboten und durchgeführt werden. Ein positives CMV-Ergebnis der Fruchtwasseruntersuchung vor 21 SSW ist diagnostisch, aber eine negative Amniozentese vor 21 SSW (frühestens 8 Wochen nach Infektion) ist mit einem leicht erhöhten Risiko für falsch negative Befunde verbunden (in Untersuchungen waren in diesen Fällen die Neugeborenen jedoch asymptomatisch bei Geburt). Vor einer invasiven Abklärung muss stets das Interventionsrisiko gegenüber der Konsequenz des Resultats (Interruptio, Therapie, Studienteilnahme) abgewogen werden. Bei der Diagnose einer fetalen CMV-Infektion werden die Beratung und die Betreuung durch einen Spezialisten in fetomaternaler Medizin empfohlen, um Behandlungsoptionen zu besprechen und eine ausführliche Ultraschalluntersuchung, weitere bildgebende Verfahren (MRI) und ein fetales Monitoring zu planen.
Mögliche Behandlungsansätze
Grundsätzlich können Virostatika und CMV-spezifisches Hyperimmunglobulin als vertikale Transmissionsprophylaxe bei mütterlichem Infekt oder therapeutisch bei bestätigtem fetalem CMV-Infekt eingesetzt werden. Aktuelle Studien, darunter eine randomisierte, doppelblinde, gegen Plazebo kontrollierte Studie zur Behandlung mit dem Virostatikum Valacyclovir, zeigen eine signifikante Reduktion der fetalen CMV-Infekte nach einer primären, in der Frühschwangerschaft erworbenen mütterlichen Infektion. Es gibt auch Anzeichen dafür, dass die Behandlung mit Valacyclovir bei einem bestätigten fetalen CMV-Infekt das Risiko für eine symptomatische Infektion unter gewissen Umständen reduzieren könnte. Obwohl diese Studien vielversprechend sind und keine unerwünschten Nebenwirkungen bis anhin beschrieben wurden, sind die Erfahrungen mit hoch dosiertem Valacyclovir in der Schwangerschaft noch beschränkt, und eine sorgfältige Risiko-Nutzen-Abwägung muss stattfinden. In diesen Studien wurde Valacyclovir als Transmissionsprophylaxe in einer oralen Gesamtdosis von 8 g/Tag (2 × 4 g/Tag oder 4 × 2 g/Tag) bis zum Zeitpunkt der vorgesehenen Amniozentese verabreicht. Die therapeutische Indikation und die weitere Überwachung der Schwangerschaft müssen durch einen Spezialisten in fetomaternaler Medizin erfolgen. Die Kontraindikationen und Überwachungsmodalitäten von Valacyclovir müssen berücksichtigt werden. Es handelt sich dabei um eine Off-Label-Therapie, und eine Kostengutsprache muss bei den Krankenkassen beantragt werden. Betreffend Hyperimmunglobuline (HIG) haben zwei randomisierte, gegen Plazebo kontrollierte Studien keine signifikante prophylaktische Wirkung auf die fetale CMV-Infektion gezeigt. Ob der Zeitpunkt des Therapiebeginns, das Dosisintervall und die Dosierung eine Rolle dabei gespielt haben, ist uns nicht bekannt. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass in einer dieser Studien ein erhöhtes Risiko für Frühgeburten nach der Behandlung mit HIG beobachtet wurde. Eine nicht randomisierte Studie zur Transmissionsprophylaxe mit HIG mit verkürztem, intensiviertem Dosisintervall bis 20 SSW zeigte bei 40 Primärinfektionen im ersten Trimenon eine signifikant geringere intrauterine Transmissionsrate im Vergleich zu einem historischen Kontrollkollektiv. In dieser Studie wurde die folgende Dosis verabreicht: HIG 200 IE/kg des mütterlichen Körpergewichts jede zweite Woche bis zum Zeitpunkt der vorgesehenen Amniozentese. Weitere randomisierte, kontrollierte Studien sind erforderlich, bevor Empfehlungen hierzu gemacht werden können. Eine Risiko-Nutzen-Abwägung muss erfolgen. Da es sich um eine Off-Label- und sehr teure Therapie handelt, muss eine Kostengutsprache bei den Krankenkassen beantragt werden.
Datum des Expertenbriefs: 22. Februar 2021
Deklaration von Interessenkonflikten: Sämtliche Autoren dieses Expertenbriefs erklären, keine Interessenkonflikte zu haben.
Literatur bei den Autorinnen und Autoren.
Ib IIb
III
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* Evidenzlevel und Empfehlungsgrade der Therapieangaben
Evidenzlevel Ia Evidenz durch die Metaanalyse von randomisierten, kontrollierten
Untersuchungen Ib Evidenz durch mindestens eine randomisierte, kontrollierte
Untersuchung IIa Evidenz durch mindestens eine gut angelegte, kontrollierte
Studie ohne Randomisierung IIb Evidenz durch mindestens eine gut angelegte andere quasiexpe-
rimentelle Studie III Evidenz durch gut angelegte, beschreibende Studien, die nicht
experimentell sind, wie Vergleichsstudien, Korrelationsstudien oder Fallstudien IV Evidenz durch Expertenberichte oder Meinungen und/oder klinische Erfahrung anerkannter Fachleute
Empfehlungsgrad
A Es ist in der Literatur, die gesamthaft von guter Qualität und Konsistenz sein muss, mindestens eine randomisierte, kontrol-
lierte Untersuchung vorhanden, die sich auf die konkrete
Empfehlung bezieht (Evidenzlevel Ia, Ib).
B Es sind zum Thema der Empfehlung gut kontrollierte, klinische Studien vorhanden, aber keine randomisierten, klinischen
Untersuchungen (Evidenzlevel IIa, IIb, III).
C Es ist Evidenz vorhanden, die auf Berichten oder Meinungen von Expertenkreisen basiert und/oder auf der klinischen
Erfahrung von anerkannten Fachleuten. Es sind keine qualitativ
guten, klinischen Studien vorhanden, die direkt anwendbar sind
(Evidenzlevel IV).
Good-Practice-Punkt
Empfohlene Best Practice, die auf der klinischen Erfahrung der
Expertengruppe beruht, die den Expertenbrief/die Guideline
herausgibt.
Übersetzt aus dem Englischen (Quelle: RCOG Guidelines Nr. 44, 2006)
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