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KONGRESSBERICHT
ASCO
Fortgeschrittenes Basalzellkarzinom (BZK)
Neues zur systemischen Therapie mit Hedgehog-Inhibitoren
Seit einigen Jahren ist bekannt, dass der Hedgehog-(Hh-)Signalweg eine wichtige Rolle in der Pathogenese und Progression des Basalzellkarzinoms (BZK) spielt. Mittlerweile stehen mit Vismodegib (Erivedge®) und Sonidegib (Odomzo®) zwei spezifische Hh-Inhibitoren zur Behandlung des BZK in der inoperablen, lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Situation zu Verfügung. Beim ASCO wurde als Highlight zum BZK die Endanalyse der SonidegibZulassungsstudie präsentiert.
Das Basalzellkarzinom (BZK) ist die häufigste Tumorerkrankung bei Menschen mit hellem Hauttyp und tritt vor allem an sonnenexponierten Stellen, meist im Gesicht, am Kopf oder Hals, auf. BZK metastasieren zwar nur selten, sie zeigen aber ein lokal sehr destruierendes Wachstum und können damit erheblichen Schaden verursachen. Die Therapie der Wahl ist die vollständige chirurgische Entfernung (5-Jahres-Heilungsrate von 95%). Ist eine Exzision aufgrund der schwierigen Lokalisation nicht mehr möglich, kommen andere Therapieoptionen wie Bestrahlung oder Systemtherapien zum Einsatz. Seit wenigen Jahren bieten die Hh-Inhibitoren Vismodegib und Sonidegib einen zielgerichteten Therapieansatz, mit dem
das Tumorwachstum bei Patienten mit fortgeschrittenem BZK effektiv gehemmt werden kann.
Finale Analyse der Sonidegib-Zulassungsstudie
Sonidegib inhibiert selektiv den Hh-Signalweg (Abbildung) und ist neben der «First-in-class»-Substanz Vismodegib die zweite zugelassene zielgerichtete Therapie des fortgeschrittenen BZK. Beim diesjährigen ASCO präsentierte Michael Migden aus Houston, Texas, USA, die finale Analyse der Phase-IIZulassungsstudie BOLT mit den 42-Monate-Daten (60 Monate nach Studienbeginn) (1). In dieser Studie wurde Sonidegib in zwei Dosierungen – 200 mg/Tag versus 800 mg/Tag – bei insgesamt 230 erwachsenen
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KONGRESSBERICHT
Patienten mit lokal fortgeschrittenem BZK (n = 194) oder mit metastasiertem BZK (n = 36) geprüft, für die es keine sinnvollen chirurgischen oder strahlentherapeutischen Optionen mehr gab. Hierbei waren 200 mg bezüglich Wirksamkeit und Sicherheit deutlich überlegen. Da Sonidegib in dieser Dosierung zugelassen wurde, beschränkt sich die weitere Darstellung der Ergebnisse auf die Patienten aus dem 200-mg-Arm. Bei ihnen zeigten sich im 42-MonateFollow-up für die lokal fortgeschrittene Situation eine Remissionsrate von 56,1 Prozent und eine Krankheitskontrollrate von 90,9 Prozent. Das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) betrug 22,1 Monate, und die Ansprechdauer lag bei median 26,1 Monaten. Auch in der metastasierten Situation wurde mit Sonidegib noch ein gutes Ergebnis erzielt: Die Remissionsrate war mit 7,7 Prozent zwar bescheiden, doch fast alle metastasierten Patienten (92,3%) profitierten von einer längeren Stabilisierung von median 24 Monaten. Das mediane PFS betrug in dieser prognostisch ungünstigen Population 13,1 Monate. Die 42-Monate-Daten waren damit den 30-MonateDaten (48 Monate nach Studienbeginn) sehr ähnlich. Erfreulich ist das dauerhafte Ansprechen von median über 23 Monaten sowohl bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem als auch mit metastasiertem BZK. Im aktuellen Update gab es keine neuen Sicherheitssignale. Ähnlich wie bei Vismodegib waren die häufigsten Nebenwirkungen von Sonidegib Muskelkrämpfe, Geschmacksstörungen (Dysgeusie) und Haarausfall, was auf mögliche Klasseneffekte durch die Hh-Inhibition schliessen lässt. Diesbezüglich wurden kürzlich praktische Empfehlungen zum Management der häufigsten Nebenwirkungen unter Vismodegib und Sonidegib publiziert (2).
Vismodegib als neoadjuvante Therapieoption
Unter Vismodegib (150 mg/Tag) zeigte sich in der nicht randomisierten Phase-II-Zulassungsstudie ERIVANCE für Patienten mit lokal fortgeschrittenem BZK eine Ansprechrate von 60,3 Prozent mit einer medianen Dauer bis zur maximalen Tumorverkleinerung von 6,7 Monaten (3). Dabei konnten einige der Patienten, die initial nicht operabel waren, nach der Behandlung mit Vismodegib operiert werden. Ob der neoadjuvante Einsatz von Vismodegib die Grösse des zu operierenden Areals und damit das Ausmass der Exzision deutlich verringern kann, wurde jetzt in der einarmigen Phase-II-Studie VISMONEO bei Patienten mit grossen, aber operablen lokal fortgeschrittenen BZK untersucht. Erste Ergebnisse der Studie stellten Mortier M et al. als Poster beim ASCO vor (4). Insgesamt wurden 55 Patienten aus 17 Zentren in Frankreich eingeschlossen. Die Mindestgrösse der Tumoren betrug 2 cm im Kopfund Halsbereich und 3 cm an Rumpf und Extremitäten.
Abbildung: Vismodegib und Sonidegib wirken in der Hedgehog-(Hh-)Signalkaskade, indem sie spezifisch an den Transmembranrezeptor Smoothened (SMO) binden und dadurch die Expression des Transkriptionsfaktors GLI unterdrücken (adaptiert nach [6]).
Nach 4 bis 10 Monaten Vismodegib-Therapie war bei 44 Patienten (80%) die chirurgische Ausgangslage deutlich verbessert. Die Hälfte der Patienten (49,1%) zeigte eine komplette Remission (25 davon histologisch bestätigt, 2 Patienten verweigerten eine Biopsie), wodurch eine Operation verhindert werden konnte. Die häufigsten therapiebedingten Nebenwirkungen waren Geschmacksstörungen, Muskelkrämpfe, Haarausfall, Müdigkeit und Gewichtsverlust.
Ausblick: Anti-Hedgehog/ Immuntherapie-Kombination
Die gezielte Hemmung des Hedgehog-Signalweges
könnte auch in Kombination mit anderen Behand-
lungsstrategien, wie etwa mit Immuntherapie, zu
noch besseren Ergebnissen führen. Der Checkpoint-
Inhibitor Pembrolizumab (Keytruda®) ist zur Im-
muntherapie von Erwachsenen mit lokal fortge-
schritenem oder metastasierendem Melanom
zugelassen. Für das fortgeschrittene BZK wurde jetzt
eine monozentrische Investigator-initiierte Studie
gestartet, die Pembrolizumab mit oder ohne
Vismodegib bei 26 Patienten untersucht (5).
L
Gerhard Emrich
Referenzen: 1. Migden MR et al.: 42-month follow-up of sonidegib efficacy and safety in advanced
basal cell carcinoma: Final analysis from BOLT. ASCO 2018, Abstract 9551. 2. Lacouture ME et al.: Characterization and management of hedgehog pathway in-
hibitor-related adverse events in patients with advanced basal cell carcinoma. Oncologist 2016; 21(10): 1218–1229. 3. Sekulic A et al.: Long-term safety and efficacy of vismodegib in patients with advanced basal cell carcinoma: final update of the pivotal ERIVANCE BCC study.BMC Cancer 2017; 17(1): 332. 4. Mortier Let al.: Vismodegib in neoadjuvant treatment of locally advanced basal cell carcinoma: First results of a multicenter, open-label, phase 2 trial (VISMONEO study). ASCO 2018, Abstract 9509. 5. Chang A et al.: Pembrolizumab with or without vismodegib in treating metastatic or unresectable basal cell skin cancer. ASCO 2018, Abstract TPS9593. 6. Dlugosz A et al.: Vismodegib. Nat Rev Drug Discov 2012; 11(6): 437–438.
Quelle: Präsentationen beim Jahrestreffen der American Society of Clinical Oncology (ASCO), 1. bis 5. Juni 2018 in Chicago (Illinois, USA).
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