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KONGRESSBERICHT
ASCO
Fortgeschrittenes malignes Melanom
Immuntherapie überzeugt mit neuen Langzeitdaten
Ein Highlight beim diesjährigen ASCO-Jahreskongress war das 5-Jahres-Update der KEYNOTE-001-Studie mit Pembrolizumab (Keytruda®) beim fortgeschrittenen malignen Melanom. So wird nun immer klarer, wie lange der Therapieerfolg mit Immuntherapien anhält und welche Patientengruppen besonders profitieren. Enttäuschend war dagegen das Ergebnis der Phase-III-Studie ECHO-301/KEYNOTE-252, in der die Zugabe des IDO1-Enzyminhibitors Epacadostat zu Pembrolizumab keinen Vorteil brachte.
Pembrolizumab: Anhaltende Remissionen auch nach 5 Jahren
Das 5-Jahres-Update der KEYNOTE-001-Studie (1) beim fortgeschrittenen malignen Melanom stellt die bis anhin längste Nachbeobachtungszeit für Pembrolizumab bei einer Tumorentität dar. In der unverblindeten Phase-Ib-Studie wurden 504 vorbehandelte und 151 behandlungsnaive Patienten mit nicht resezierbarem oder metastasiertem malignem Melanom mit Pembrolizumab in 3 verschiedenen Dosierungen behandelt: 2 oder 10 mg/kg alle 2 Wochen oder der heute zugelassenen Dosierung mit 2 mg/kg alle 3 Wochen. Die aktuellen Langzeitdaten zeigen weiterhin einen anhaltenden Überlebensvorteil, insbesondere in der Erstlinientherapie. So lag die geschätzte 5-Jahres-Überlebensrate in der gesamten Studienpopulation und in der behandlungsnaiven Gruppe bei 34 beziehungsweise 41 Prozent (vgl. 4-Jahres-Update: 38% beziehungsweise 48%) bei einem medianen Gesamtüberleben (OS) von 23,8 beziehungsweise 38,6 Monaten. Das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) betrug 8,3 Monate (Gesamtpopulation) beziehungsweise 16,9 Monate (behandlungsnaive Patienten) und die Gesamtan-
sprechrate (ORR) 41 beziehungsweise 52 Prozent (Tabelle). Zum Zeitpunkt der Analyse standen noch 35 Patienten unter Pembrolizumab-Therapie, 569 Patienten (87%) hatten die Behandlung abgebrochen (42% wegen Progress), und 63 Prozent waren verstorben. Das Therapieansprechen war bei den meisten Patienten dauerhaft. 73 Prozent aller Responder und 82 Prozent der behandlungsnaiven Responder waren noch progressionsfrei, und die mediane Ansprechdauer war in beiden Gruppen noch nicht erreicht. Behandlungsassoziierte Nebenwirkungen traten bei 86 Prozent der Patienten auf (17% Grad 3–4), führten aber nur in 8 Prozent der Fälle zum Therapieabbruch. Von immunvermittelten Nebenwirkungen und Infusionsreaktionen waren 23,5 Prozent der Patienten betroffen, sie waren aber meist nur leicht bis mässig ausgeprägt. Am häufigsten waren Hypothyreoidismus, Pneumonitis, Kolitis und Hauttoxizitäten. Es wurden keine Langzeittoxizitäten beobachtet. In der Biomarker-Genexpressionsanalyse (GEP) war der 18Gen-GEP-Score mit dem Ansprechen auf Pembrolizumab assoziiert, unabhängig davon, ob die Patienten vorbehandelt waren oder nicht.
Tabelle:
Therapieansprechen in der gesamten Studienpopulation und bei behandlungsnaiven Patienten nach IRRC-Kriterien (adaptiert nach [1])
Ansprechen Gesamtansprechen (CR + PR) Krankheitskontrollrate (CR + PR + SD) Bestes Ansprechen CR PR SD PD Nicht ermittelt
Gesamtpopulation n = 655
n % (95%-KI) 267 41 (37–45) 423 65 (61–68)
104 16 (13–19) 163 25 (22–28) 156 24 (21–27) 164 25 (22–29) 68 10 (8–13)
Behandlungsnaiv n = 151
n % (95%-KI) 78 52 (43–60) 108 72 (64–79)
38 25 (19–33) 40 27 (20–34) 30 20 (14–27) 32 21 (15–29) 11 7 (4–13)
CR = komplette Remission; PR = partielle Remission; SD = stabile Erkrankung; PD = progressive Erkrankung; KI = Konfidenzintervall
26 SZD 4/2018
KONGRESSBERICHT
Epacadostat/Pembrolizumab erfüllt Erwartungen nicht
Nach den positiven Ergebnissen zur Kombination von Epacadostat mit Pembrolizumab aus der nicht randomisierten Phase-I/II-Studie ECHO-202/KEYNOTE-037 (ORR: 55%) waren die Erwartungen an den IDO1-Enzyminhibitor hoch, da ein synergistischer Effekt mit Checkpoint-Inhibitoren angenommen wurde. Leider konnte dies in der randomisierten Phase-III-Studie ECHO-301/KEYNOTE-252 (2), in der Epacadostat/ Pembrolizumab mit Pembrolizumab allein (Kontrolle) bei 701 Patienten mit inoperablem Melanom (Stadium III/IV) verglichen wurde, nicht bestätigt werden. Beim primären Endpunkt PFS schnitten beide Arme mit median 4,7 Monaten versus 4,9 Monate nahezu identisch ab (HR: 1,00; p = 0,52). Es gab auch keine Subgruppe, die stärker von der Kombination profitierte. Das OS war in beiden Armen noch nicht erreicht, bei ebenfalls nahezu deckungsgleichen Ereigniskurven. Die 12-Monate-Überlebensrate lag bei 74,4 Prozent und 74,1 Prozent (HR: 1,13). Auch die Remissionsraten waren mit 34,2 Prozent und 31,5 Prozent sehr ähnlich. Das unabhängige Data Monitoring Committee empfahl daher den Abbruch der Studie. Aufgrund dieser Ergebnisse wird Epacadostat beim Melanom nicht weiterentwickelt werden.
Pembrolizumab plus niedrig dosiertes Ipilimumab: gut wirksam, besser verträglich
Zielgerichtete, mutationsbasierte Therapien mit Kinasehemmern einerseits und die Immuntherapie mit PD-1-Inhibitoren oder Ipilimumab (Yervoy®) andererseits bilden heute die Behandlungspfeiler beim fortgeschrittenen malignen Melanom. Der CTLA-4-Inhibitor Ipilimumab ist bereits seit 2011 zugelassen. Nebenwirkungen sind unter Ipilimumab häufiger und schwerer als unter PD-1-Inhibition. Dennoch bleibt Ipilimumab wegen seiner Langzeitwirkung und der zeitlich begrenzten Gabe eine sinnvolle Therapieoption. Interessant waren deshalb die Ergebnisse einer kleinen Phase-II-Studie, von Daniel Olson aus Chicago, Illinois, USA, vorgestellt, in der 22 Patienten mit fortgeschrittenem Melanom zunächst mit einem PD-1-Inhibitor (Pembrolizumab oder Nivolumab) als Erstlinientherapie behandelt wurden. Unmittelbar bei Progression unter dieser Therapie wurden sie mit Pembrolizumab plus Ipilimumab in einer Dosierung von 1 mg/kg KG alle 3 Wochen für 4 Gaben weiterbehandelt (3). Die Standarddosierung für Ipilimumab in der bereits zugelassenen Immunkombinationstherapie mit PD-1-Inhibitoren beträgt 3 mg/kg KG alle 3 Wochen. Bei den 22 Patienten zeigte sich eine beachtliche Remissionsrate von 45 Prozent (2 komplette und 8 partielle Remissionen) – dies, obschon die Patienten bereits mit Pembrolizumab in der Erstlinie behandelt wurden und darunter progredient waren. Im Vergleich dazu zeigte Ipilimumab als Monotherapie
nach Pembrolizumab-Versagen in der KEYNOTE-
006-Studie eine Ansprechrate von 13 Prozent (4). Die
Toxizität wurde erwartungsgemäss durch die Zugabe
von Ipilimumab zu Pembrolizumab etwas erhöht
(67,8%, Grad 3: 16,1%, kein Grad 4), die Verträglich-
keit war allerdings unter der niedrigeren Dosierung
deutlich besser, als unter Kombination mit der höhe-
ren Standarddosierung gesehen wurde (55% Grad-
3/4-Toxizität bei Nivolumab plus 3 mg/kg KG Ipilimu-
mab). Zusammenfassend zeigt die Immunkombi-
nationstherapie mit Pembrolizumab plus niedrig do-
siertes Ipilimumab eine beeindruckende Aktivität, bei
deutlich reduzierter Toxizität im Vergleich zur Ipilimu-
mab-Standarddosierung.
L
Gerhard Emrich
Referenzen: 1. Hamid O et al.: 5-year survival outcomes in patients (pts) with advanced melanoma
treated with pembrolizumab (pembro) in KEYNOTE-001. ASCO 2018, Abstract 9516. 2. Long GV et al.: Epacadostat (E) plus pembrolizumab (P) versus pembrolizumab alone in patients (pts) with unresectable or metastatic melanoma: Results of the phase 3 ECHO-301/KEYNOTE-252 study. ASCO 2018, Abstract 108. 3. Olson D et al.: Phase II trial of pembrolizumab (pembro) plus 1 mg/kg ipilimumab (ipi) immediately following progression on anti-PD-1 Ab in melanoma (mel).ASCO 2018, Abstract 9514. 4. Long GV et al.: Outcomes in patients (pts) treated with ipilimumab (ipi) after pembrolizumab (pembro) in KEYNOTE-006. Presented at: Society for Melanoma Research Congress 2016.
Quelle: Präsentationen beim Jahrestreffen der American Society of Clinical Oncology (ASCO), 1. bis 5. Juni 2018 in Chicago (Illinois/USA).
SZD 4/2018
ASCO
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