Transkript
HAUTKREBS
Prävention bei epithelialen Hauttumoren: von Lichtschutz bis Grüntee
Vortrag von Dr. med. Christian Mnich anlässlich der Fortbildungsveranstaltung der Universität Zürich «Epitheliale Hauttumoren – Neues zur Prävention und Therapie» vom 31. Januar 2008
Da Grüntee antioxidativ, antiinflammatorisch und
antikarzinogen wirkt, bietet er sich als fotochemo-
protektiver Wirkstoff in Sonnenschutzmitteln an. In
präklinischen Studien konnte gezeigt werden, dass
Grüntee UV-B-induzierte Erytheme, DNA-Schäden
sowie die Bildung freier Radikale reduziert und in
Mechanismen eingreift, welche die Apoptose, Ent-
zündung, Differenzierung und Karzinogenese betref-
fen. Im Folgenden werden die Resultate einer Studie
über einen kosmetisch verwendbaren topischen
Grünteeextrakt präsentiert.
Die wirksamste Fotoprotektion ist nach wie vor, UVStrahlung zu vermeiden oder diese zumindest mit adäquater Bekleidung und unter Verwendung geeigneter Sonnencreme zu minimieren. Ziel ist es dabei, die negativen Auswirkungen einer UV-Exposition zu verhindern, insbesondere die Tumorinitiation, die ein schneller irreversibler Prozess im Sinne einer
UV-induzierten genetischen Alteration ist. Der Begriff Fotochemoprävention kann wie folgt definiert werden: Es ist der Gebrauch natürlicher oder synthetischer Agenzien, um molekulare, histologisch prämaligne oder In-situ-Läsionen zu verhindern, zu unterdrücken oder davon abzuhalten, sich in eine maligne Form zu transformieren. Es gibt eine ganze Reihe von Substanzen mit fotochemopräventiven Eigenschaften. Hierzu gehören die Polyphenole in Grüntee, Weinbeeren, Kakao, Pinienarten, Soja sowie das Curcumin im Curry und Vitamine, ebenso Retinoide oder nichtsteroidale Antirheumatika.
Grüntee
Tee wird von zwei Dritteln der Weltbevölkerung getrunken. 80 Prozent davon wird als Schwarztee konsumiert, der aus den Blättern des Teestrauchs Camellia sinensis durch Fermentation (enzymatische Oxidation) gewonnen wird. Grüntee hingegen ist nicht fermentiert und enthält sehr viele Polyphenole, die 20 bis 40 Prozent des Trockengewichts der Blätter ausmachen. Das häufigste und wirksamste Polyphenol ist das Epigallocatechingallate (EGCG) (Abbildung). Ebenso in den Blättern enthalten ist das Enzym Polyphenoloxidase, das für die Entstehung von Schwarztee und der darin enthaltenen Teeflavine und Teerubigine verantwortlich ist, die ihm Farbe und Geschmack verleihen.
21
medicos 3/2008
HAUTKREBS
Es gibt zahlreiche Daten zur Anwendung
von Grüntee. Diese stammen aber meist
aus präklinischen Studien. Am Menschen
ist topischer Grünteeextrakt nur in ganz
wenigen Studien getestet worden. Dabei
kamen unter experimentellen Bedingun-
gen grosse Dosierungen mit kleinen Pro-
bandenzahlen über nur kurze Zeitperi-
oden zum Einsatz. Die Extrakte wurden in
einer alkoholischen Lösung angerührt,
aufgetragen und bestrahlt. Langzeitdaten
zur topischen Anwendung von Grüntee-
extrakten unter Alltagsbedingungen, vor
allem in einer Konzentration, die kosme-
Epigallocatechingallate (EGCG) ist das häufigste und wirksamste Polyphenol in Grüntee. (Foto: www.chinese-culture.net.)
tisch akzeptabel ist, also ohne Grünfärbung der Kleidung, gibt es kaum. Interes-
sant ist dabei die Frage, wie sich ein in eine
Wirkung von Grüntee
Creme eingearbeiteter Extrakt unter Alltagsbedingungen verhält, insbesondere auch, wie stabil die
Es gibt eine Reihe von grünteeinduzierten UV- sehr empfindlichen Polyphenole sind.
Schutzeffekten. Als Antioxdans eliminiert Grüntee
nicht nur freie Radikale, sondern beeinflusst auch verschiedene Enzyme günstig, die für die Produktion
Studie zur Fotochemoprotektion
und den Abbau von freien Radikalen verantwortlich In einer plazebokontrollierten Seitenvergleichsstu-
sind. Dazu kommt ein antiinflammatorischer Effekt. die haben Mnich und Autoren (1) den Nutzen einer
Dabei werden verschiedene Interleukine inhibiert topisch applizierten Creme1 getestet, die kleine
sowie die Infiltration von Makrophagen und Neu- Dosen eines kosmetisch verwendbaren topischen
trophilen in die Haut verhindert. Zudem zeigt Grün- Grünteeextrakts (OM24) enthielt. Ziel war es zu
tee auch zahlreiche antikarzinogene Effekte, welche überprüfen, ob sich dieser Extrakt als alltäglich ein-
in Zellkulturen und Mausmodellen nachgewiesen zusetzender fotochemopräventiver Wirkstoff eignet.
wurden. Dazu gehören antiproliferative und pro- 18 gesunde Probanden trugen während 34 Tagen
apoptotische Effekte auf Karzinom- und Melanom- dreimal täglich auf UV-geschützter Haut am Gesäss
zellen, wohingegen diese bei normalen Keratino- sowohl Wirkstoff in Form einer Wasser-in-Öl-
zyten und Melanozyten nicht beobachtet wurden. Creme mit 0,4 Prozent des zu untersuchenden Grün-
Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass mithilfe von teeextrakts als auch Plazebo auf. Bei der Dosierung
Grüntee die Tumorpromotion über verschiedene von 0,4 Prozent handelt es sich um eine Konzentra-
Mechanismen gehemmt werden kann. Dieser hat tion, die maximal eingearbeitet werden kann, ohne
eine inhibierende Wirkung auf die Aufregulierung die Kleider zu verfärben. Ein Erythem lässt sich bei
verschiedener Faktoren, welche die Apoptose, Ent- dieser Konzentration aber nicht reduzieren. Der
zündung, Differenzierung und Karzinogenese be- Gehalt an Katechinen beträgt dabei 0,2 Prozent, also
treffen.
die Hälfte. Am Tag 5 und 33 wurde die Haut einer
Bei Mäusen, die Grüntee zu trinken erhielten, konn- UV-B-Strahlung mit einer Dosis von 100mJ/cm2
ten nach einer PUVA-Exposition Erytheme verhin- ausgesetzt. 24 Stunden nach Bestrahlung, also an
dert und ebenso die Expression von Proliferations- den Tagen 6 und 34, wurden Biopsien entnommen,
markern und des Tumorsuppressorgens p53 redu- einerseits in einem nicht bestrahlten Areal und an-
ziert werden.
dererseits in einem Hautareal, das mit UV-B-Licht
In einer klinischen Studie mit 5 Prozent Grüntee bestrahlt und entweder mit Plazebo oder dem zu
medicos 3/2008
konnte die Reduktion eines Erythems nachgewie- untersuchenden Grünteeextrakt behandelt worden
sen werden, welches durch UV-B/UV-A-Strahlung war. Im Paraffinschnitt wurden immunohistochemisch
ausgelöst worden war. Dieser Effekt war jedoch die Thymidindimere und das Tumorsuppressorgen
dosisabhängig. Die Bildung von Sonnenbrandzel- p53 bestimmt. Zur Bestimmung der Apoptose wur-
len (apoptotische Keratinozyten) konnten um den zwei Methoden angewandt: die Zählung der
etwa 70 Prozent, die Langerhans-Zellen-Depletion Sonnenbrandzellen und das TUNEL-Verfahren, bei
um 60 Prozent und die DNA-Schäden um etwa die
22 Hälfte reduziert werden.
1 Sonnenschutzprodukt Antidry sun
HAUTKREBS
welchem sich beim Tod einer Zelle entstehende DNA-Strangbrüche durch Anfärbung nachweisen lassen. Der topisch verwendbare Grünteeextrakt (OM24) reduzierte signifikant die UV-B-mediierte Induktion von p53 und Apoptose ohne Tachyphylaxie und kumulativen Effekt. Die Verträglichkeit und Sicherheit des Präparats war exzellent. Keine Veränderungen konnten bei den thymidindimerpositiven Keratinozyten gefunden werden. Die genauen molekularen Mechanismen, die hinter dem Einfluss dieses Extrakts auf p53 nach UV-B-Strahlung stehen, sind nicht klar. Um die Resultate besser interpretieren zu können, sind sicherlich noch weitere klinische Studien erforderlich, beispielsweise hinsichtlich freier Radikale, Induktion von Prostaglandinen und NF-κB-Signalweg, welche alle ebenso zu zellulären Schäden führen. Der untersuchte
Grünteeextrakt wird als interessanter fotochemo-
präventiver Wirkstoff bewertet, der sich täglich gut
anwenden lässt.
●
Gisela Stauber-Reichmuth
Korrespondenzadresse: Dr. med. Christian Mnich Dermatologische Klinik, UniversitätsSpital Zürich Gloriastrasse 31, 8091 Zürich E-mail: Christian.Mnich@usz.ch
Literatur: Mnich CD, Hoek KS, Virkki L, Urosevic M, Farkas A, Dudli C, Dummer R. Green tea extract reduces p53 expression in UVB-irradiated human skin independent from transcriptional controls. Exp. Derm. 2008 (accepted for publication)
Die Vortragsreihe wurde von den Firmen Meda Pharma GmbH, Merz Pharma AG und Roche AG unterstützt. Die Firma Merz hatte keinen Einfluss auf den Inhalt des Artikels.