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Titel
Rheumatologie – Relevante Anpassungen mehrerer Guidelines
Untertitel
PD Dr. med. Dr. rer. nat. Ulrich Gerth Stv. Chefarzt Reha Rheinfelden Rheinfelden
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Rubrik
Rückblick 2023 / Ausblick 2024
Artikel-ID
77112
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RÜCKBLICK 2023 / AUSBLICK 2024

Rheumatologie
PD Dr. med. Dr. rer. nat. Ulrich Gerth Stv. Chefarzt Reha Rheinfelden Rheinfelden
Relevante Anpassungen mehrerer Guidelines
Welche neuen Erkenntnisse des abgelaufenen Jahres in Ihrem Fachgebiet fanden Sie besonders spannend?
Hier denke ich vor allem an Patienten mit einer sogenannten Prä-RA, also mit Arthralgien und laborchemisch nachgewiesenen Rheumafaktoren und CCP-Antikörpern. Bei diesen ist aufgrund der fehlenden Arthritis mit Gelenkschwellung und Synovitis eine rheumatoide Arthritis (RA) formal nicht diagnostizierbar. Und das bereitet in der Praxis Probleme bei der leitliniengerechten Therapie, da Empfehlungen der Fachgesellschaften ausschliesslich Patienten mit einer RA inkludieren. Wir wissen nun, dass Patienten mit einer Prä-RA sehr gut auf eine Therapie mit Abatacept ansprechen (1). Dieser medizinische Erkenntnisgewinn schafft jedoch regulatorische Probleme, da Biologika in dieser Situation eine Off-label-Therapie darstellen.
Hat es 2023 wesentliche Änderung relevanter rheumatologischer Guidelines gegeben?
Ja. In diesem Zusammenhang möchte ich vor allem die Neuerungen bei der axialen Spondylarthritis (axSpA) anführen: Hier wurden neu JAK-Inhibitoren gleichwertig neben TNFInhibitoren und Interleukin-17-Hemmern aufgenommen (2) – das therapeutische Rüstzeug steigt also weiter an. Ausserdem gab es eine Überarbeitung der EULAR-Empfehlungen von 2019 zur Behandlung der Psoriasisarthritis, die am europäischen Kongress in Mailand vorgestellt wurde: Die wichtigste Neuerung hierbei ist, dass systemische Glukokortikoide nicht mehr angeraten werden (3). Diese Zurückhaltung gegenüber der Substanzklasse der Steroide reiht sich gut in Erkenntnisse bei anderen Entitäten ein. Hierbei denke ich vor allem an die RA, an die ANCA-assoziierte Vaskulitis und neu auch an die Empfehlungen zur Lupusnephritis. Wir wissen heute, dass die bisherige Praxis der Hochdosis-Glukokortikoidtherapie bei Patienten mit der Lupusnephritis gegenüber einer Niedrigdosistherapie keinen Vorteil bringt und dementsprechend die Guidelines zukünftig angepasst werden (4).

Was hat Sie am meisten gefreut?
Das Spektrum zur Therapie verschiedenster entzündlich rheumatischer Erkrankungen wird von Jahr zu Jahr immer breiter, und die Remissionsraten steigen weiter. Und auch für jene Patienten, bei denen jegliche konventionelle Therapie versagt, können wir Alternativen anbieten: So wurde zum Beispiel die CAR-T-Zell-Therapie erfolgreich bei ersten Patienten mit systemischem Lupus erythematodes angewendet, und die allogene Stammzelltransplantation ist mittlerweile bei Patienten mit einer therapierefraktären systemischen Sklerose etabliert. Damit können wir heute Patienten mit während langer Zeit als unheilbar geltenden Erkrankungen eine realistische Option auf Krankheitskontrolle beziehungsweise Heilung bieten.

Und was hat Sie am meisten geärgert?
Positiv hervorzuheben sind die andauernden medizinischen Fortschritte in unserem Fachgebiet zum Wohle unserer Patienten, wie beispielhaft dargelegt. Leider ist es aufgrund regulatorischer Hemmnisse im Praxisalltag zunehmend schwieriger, diese adäquat umzusetzen. Hier denke ich vor allem an die gesteigerten Anforderung bei der Niederlassung von neuen ärztlichen Kollegen aufgrund regulatorischer Bestimmungen, was sicher ein Grund für die fehlende Nachfolge in Praxen nach dem altersbedingten Ausscheiden ist.

Was ist Ihre wichtigste «Message» für die Kolle-

gen in der Hausarztpraxis?
Hier möchte ich noch einmal auf ein weiteres kleines, aber

vielleicht wichtiges und häufiges Detail hinweisen: Neue

Daten zeigen auf einen Zusammenhang bei der Arthritis urica

und der Therapie mit den recht gebräuchlichen SGLT2-Inhi-

bitoren hin, die bei der Therapie der Herzinsuffizienz, aber

auch des Diabetes mellitus einen etablierten Stellenwert ha-

ben. Aufgrund von Registerdaten wissen wir jetzt, dass

SGLT2-Inhibitoren auch positive Effekte auf die Rezidivrate

von Gichtschüben bei der Arthritis urica haben (5).

s

Literatur: 1. Cope A et al.: Abatacept in Individuals at Risk of Developing Rheumatoid
Arthritis: Results from the Arthritis Prevention in the Pre-clinical Phase of RA with Abatacept (APIPPRA)Trial. Arthritis Rheumatol. 2023;75(Suppl 9). 2. Ramiro S et al.: ASAS-EULAR recommendations for the management of axial spondyloarthritis: 2022 update. Ann Rheum Dis. 2023;82(1):19-34. doi:10.1136/ard-2022-223296. 3. Gossec L: EULAR-Recommendations on the management of PsA. EULAR 2023, Mailand. 4. Saxena et al: Low vs. high initial oral glucocorticoids for Lupus nephritis induction. ACR 2023, Abst. 0781, San Diego. 5. McCormick N et al.: Comparative Effectiveness of Sodium-glucose cotransporter-2 Inhibitors for Recurrent Gout Flares and Gout-primary Emergency Department Visits and Hospitalizations: A General Population Cohort Study. ACR 2023, Abst. 0811, San Diego.

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