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STUDIE REFERIERT
Intermittierende Inotropikainfusionen für Patienten mit Herzinsuffizienz
Auswirkungen auf Lebensqualität und Überleben
Können ein bis zwei intravenöse Infusionen mit Dobutamin oder Dopamin pro Woche die Lebensqualität und die Überlebenschancen von Patienten mit fortgeschrittenen, therapierefraktären Herzinsuffizienzsymptomen bessern?
ESC Heart Failure
Die Prävalenz der Herzinsuffizienz (HI) nimmt zu, und sie ist eine wichtige Ursache für wiederholte Hospitalisierungen und Mortalität. Verschiedene Schätzungen gehen davon aus, dass weltweit ein bis zwei Prozent der Bevölkerung in entwickelten Ländern an diesem Syndrom leiden. Bei über 85Jährigen kann die HI-Rate auf mehr als zehn Prozent ansteigen. Eine Subgruppe der Patienten mit chronischer HI kann trotz maximaler, optimaler medikamentöser und interventioneller Therapie schwere Symptome entwickeln. In dieser Hochrisikopopulation ist die Behandlung mit inotropen Substanzen mit einer Verbesserung des hämodynamischen Profils assoziiert. Doch ist der Effekt dieser Therapie auf die Ergebnisse bei HI-Patienten noch nicht nachgewiesen – unabhängig davon, ob die Substanzen als kontinuierliche oder intermittierende Infusion gegeben werden. Bisher gab es nur wenige Studien, die den Effekt einer inotropen Behandlung auf die Auswirkungen bei HI-Patienten untersuchten. Insbesondere sind die Daten zu den Effekten einer intermittierenden inotropen Therapie auf die Lebensqualität von Patienten mit fortgeschrittenen, therapierefraktären HI-
MERKSÄTZE
O Die Lebensqualität von Patienten mit fortgeschrittenen, therapierefraktären
Herzinsuffizienzsymptomen kann sich
unter einer intermittierenden intra-
venösen Gabe von niedrig dosierten
Inotropika bessern.
O Dies scheint das Langzeitüberleben der Patienten jedoch nicht zu beeinflussen.
Symptomen limitiert – wobei gerade die Lebensqualität ein wichtiges Therapieziel in dieser Patientengruppe ist. Nun führte eine israelische Arbeitsgruppe kürzlich eine Studie durch, an der Patienten mit fortgeschrittenen, therapierefraktären HI-Symptomen teilnahmen. Die Patienten erhielten eine niedrig dosierte, intermittierende Behandlung mit Inotropika in einem ambulanten, tertiären HI-Zentrum. In der Studie sollte Folgendes untersucht werden: O der Effekt einer Behandlung mit in-
termittierendem, niedrig dosiertem Dopamin oder Dobutamin auf die Lebensqualität von Patienten mit fortgeschrittener HI O Faktoren, die mit einer Verbesserung der Lebensqualität nach der Behandlung mit intermittierenden inotropen Substanzen assoziiert waren O die Assoziation zwischen der Baseline- und der Follow-up-Lebensqualität und dem Überleben in dieser Patientengruppe.
Lebensqualität steigt
Die Studienpopulation umfasste 287 konsekutive Patienten mit fortgeschrittenen, therapierefraktären HI-Symptomen, die zwischen September 2000 und September 2012 an der Herzinsuffizienz-Tagesklinik des Sheba Medical Center, Universität Tel Aviv, mit einer niedrig dosierten, intermittierenden intravenösen Inotropikatherapie behandelt wurden. Zu Beginn der Studie füllten alle Patienten den Minnesota Living with Heart Failure Questionnaire (MLWHFQ) aus, 137 Patienten (48%) füllten diesen Fragebogen nach einem Jahr erneut aus. Die Mittelwerte der MLWHFQScores variierten zwischen 0 (bessere
Lebensqualität) und 5 (schlechtere Lebensqualität). Das Durchschnittsalter der Teilnehmer lag bei 68 ± 12 Jahren, 86 Prozent waren Männer, 77 Prozent hatten eine ischämische Kardiomyopathie, und die durchschnittliche linksventrikuläre Ejektionsfraktion (LVEF) lag bei 268 ± 13 Prozent. Der durchschnittliche MLWHFQ-Score zu Beginn der Studie betrug 3,1 (± 1), während der Durchschnittswert nach einem Jahr Behandlung bei 2,7 (± 1,1) lag. Dies zeigt eine Verbesserung der Lebensqualität in Zusammenhang mit der intermittierenden, niedrig dosierten Inotropikatherapie an (p < 0,01). Das multivariate Analyseverfahren ergab, dass jüngeres Alter, nicht ischämische Kardiomyopathie sowie eine schlechtere Nierenfunktion unabhängig mit einer Verbesserung der Lebensqualität nach einem Jahr assoziiert waren. Die Verbesserung der Lebensqualität war nicht mit einem signifikanten Überlebensvorteil während der Nachbeobachtungszeit assoziiert. Schlussfolgerungen der Autoren Die Studie zeigt, dass bei Patienten mit fortgeschrittener HI, die trotz maximaler medikamentöser und Device-Therapie symptomatisch bleiben, die intravenöse Behandlung mit intermittierenden, niedrig dosierten Inotropika in einem ambulanten Setting mit einer signifikanten Verbesserung der Lebensqualität assoziiert ist. Doch scheint dies das Langzeitüberleben der Patienten in der Folgezeit nicht zu beeinflussen. Nach Einschätzung der Autoren ist der Einsatz dieser Medikamente in einem interdisziplinären, ambulanten Setting bei adäquat selektionierten Patienten eine fundierte Option für Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung. Sie plädieren dafür, dass mehr ambulante Einrichtungen diese spezielle Patientengruppe adressieren sollten. In weiteren, gross angelegten, plazebokontrollierten, randomisierten Studien sollten weitere Fragen untersucht werden, beispielsweise der spezifische Effekt von Inotropika auf die Mortalität. O Andrea Wülker Chernomordik F et al.: Quality of life and long-term mortality in patients with advanced chronic heart failure treated with intermittent low-dose intravenous inotropes in an outpatient setting. ESC Heart Failure 2017; 4: 122–129. Interessenlage: In der referierten Originalstudie wurden keine Interessenkonflikte deklariert. 650 ARS MEDICI 14+15 I 2017