Transkript
Editorial
Ein Beitrag in der Zeitschrift DoXMedical hat so viele Reaktionen ausgelöst wie selten. Zu Recht! Auf eine Bestandesaufnahme wie die von Kollege Peter Müller über den weltweiten Stand der Selbstdispensation (DoXMedical 1/2010, S. 1ff.) hat man schon lange gewartet. War man bisher mangels eigener Daten den Behauptungen der Gegenseite (SD gebe es nur in der Schweiz, sie sei ein weltweites Unikum und überhaupt, die OECD verlange ein Verbot der Selbstdispensation) praktisch wehrlos ausgeliefert, erfährt man in diesem Beitrag erstmals, dass die Selbstdispensation in vielen Teilen der Welt, auch in Europa, ein zwar
«Argumente» gegen die SD gekontert. Es bleiben noch zahlreiche Behauptungen, Un- und Halbwahrheiten, die für Eingeweihte leicht zu durchschauen, für Politiker und Bevölkerung hingegen nur schwer zu widerlegen sind. Der unendlich repetierte, aber völlig inhaltslose Slogan «Wer ver-
Selbstdispensation — in aller Welt gängige Praxis!
überall von den Apothekern angefochtenes, aber politisch durchaus akzeptiertes und bewährtes Medikamentenverteilungsmodell ist. Und: dass die OECD-Forderungen auf Schweizer Fachleute zurückgehen, die mehrheitlich der Apothekerschaft nahestehen. Die Schweiz ist also kein exotischer Ort und nicht grundsätzlich ein Sonderfall, sondern allenfalls insofern, als die Selbstdispensation bei uns fester und anerkannter Teil eines Gesundheitssystems ist, das im Vergleich zu den Systemen anderer Staaten nach wie vor eine erstklassige Betreuung für die gesamte(!) Bevölkerung bietet. Innerhalb dieses vorbildlichen Gesundheitssystems bildet die SD eben gerade einen wichtigen Pfeiler. Es ist klar, mit den Untersuchungen zur weltweiten Situation der SD ist lediglich ein einzelnes der allesamt gleichermassen unangemessenen
schreibt, verkauft nicht» gehört dazu, ebenso wie der längst und mehrfach widerlegte (und trotzdem weiterhin monoton repetierte) Vorwurf, die SD führe zu höheren Kosten für die Krankenkassen. Es ist zu hoffen, dass der in Sachen Selbstdispensation vorbildliche Kanton Thurgau (das Kantonsparlament hat parallel zur Vernehmlassungsantwort eine Standesinitiative für den Erhalt der SD lanciert) nicht der einzige bleibt, der sich konsequent und dezidiert für diese kostengünstige, patientenfreundliche und seit Jahrzehnten bewährte Dienstleistung der Ärzte einsetzt. Und dass alt Bundesrat Couchepins letzte Attacke auf die Hausärzte ein Rohrkrepierer wird.
Richard Altorfer
ARS MEDICI 7 ■ 2010 249