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KONGRESSBERICHT
Altersbedingte Makuladegeneration
Psoriasis erhöht das Risiko zu erblinden
Patienten mit Psoriasis haben ein signifikant erhöhtes Risiko, eine altersbedingte Makuladegeneration zu entwickeln – eine der häufigsten Ursachen für Erblindung weltweit. Besonders auffällig ist der Zusammenhang mit der nicht exsudativen (trockenen) Form der Erkrankung, wie die beim Kongress der Europäischen Akademie für Dermatologie und Venerologie vorgestellte Studie belegt. Gleichzeitig deuten die Ergebnisse auf einen möglichen protektiven Effekt von Biologika hin.
Längst ist bekannt, dass Schuppenflechte mit vielen anderen Erkrankungen verbunden ist – besonders mit dem metabolischen Syndrom, was wiederum das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall erhöht. Die zugrundeliegenden Pathomechanismen könnten auch auf andere Organsysteme Auswirkungen haben – beispielsweise am Auge. Denn es gibt Hinweise, dass Psoriasis auch ein Risikofaktor für eine altersbedingte Makuladegeneration (AMD) sein könnte. Anders ausgedrückt: Vielen Psoriasis-Patienten droht die Erblindung durch diese degenerative Netzhauterkrankung. Ein zentrales pathophysiologisches Merkmal der AMD ist die abnorme Lipidablagerung in der Netzhaut – ein Prozess, der Parallelen zur gestörten Lipidregulation bei Psoriasis aufweist.
Kohortenstudie mit über 22 000 Patienten Wie gross dieses Risiko ist, wollte eine Forschergruppe unter der Federführung von Dr. Alison Treichel von der Universität Rochester im US-Staat New York genau wissen. Für ihre retrospektive Kohortenstudie nutzten sie das US-amerikanische TriNetX-Netzwerk. Sie untersuchten die Daten von 22 901 Psoriasis-Patienten über 55 Jahren ohne vorbestehende AMD und verglichen sie mit denen von Patienten mit melanozytären Nävi (MN), Patienten mit Major Depression (MDD) sowie Patienten, für die eine augenärztliche Untersuchung vorlag. Über einen Zeitraum von 15 Jahren wurde verfolgt, welche dieser Patienten eine exsudative (feuchte) oder nicht exsudative (trockene) AMD entwickelten.
Zusätzlich untersuchte das Forschungsteam den Einfluss verschiedener Therapien: Psoriasis-Patienten unter Biologika versus biologikanaive Patienten, die ausschliesslich mit topischen Kortikosteroiden behandelt wurden.
um 40% – für die nicht exsudative Form lag die Risikosteigerung immerhin noch bei 13%.
Die Forscher aus Rochester haben auch analysiert, ob die Therapieformen Einfluss auf das AMD-Risiko haben. Und tatsächlich: Psoriasis-Patienten, die mit Biologika behandelt worden waren, hatten ein um 27% geringeres Risiko an AMD zu erblinden als Leidensgenossen, die statt Biologika nur topische Steroide erhalten hatten.
Konsequenzen für die Praxis Die Autoren empfehlen aufgrund dieser Ergebnisse, regelmässige augenärztliche Kontrollen. Des Weiteren sollten Betroffene über mögliche okuläre Risiken informiert und ermutigt werden, Sehverschlechterungen frühzeitig zu melden. Und: Die Daten liefern erste Hinweise darauf, dass Biologika nicht nur Haut- und Gelenksymptome positiv beeinflussen, sondern auch potenziell protektive Effekte auf die Netzhaut haben könnten.
Studien zur Pathophysiologie erforderlich Ob sich eine Therapie mit Biologika langfristig auf das AMDRisiko auswirkt, muss allerdings in weiterführenden Studien geklärt werde, so die Autoren. Zudem sind weitere Studien erforderlich, um die pathophysiologischen Mechanismen zu klären und den beobachteten Zusammenhang zu verifizieren. Wichtige Fragen betreffen: • den Einfluss gemeinsamer Risikofaktoren wie Rauchen,
Adipositas oder kardiovaskuläre Erkrankungen, • die Rolle des Lipidstoffwechsels als Schnittstelle zwischen
Psoriasis und AMD, • den potenziell krankheitsmodifizierenden Effekt von Bio-
logika.
Signifikant erhöhtes AMD-Risiko Über einen 10-Jahres-Zeitraum war das AMD-Risiko bei Psoriasis signifikant erhöht: • +56 % im Vergleich zur MDD-Kohorte • +21 % im Vergleich zur MN-Kohorte
Wurde das Risiko nach den unterschiedlichen AMD-Formen – also feuchte und trockene AMD – berechnet, ergab sich vor allem für die exsudative Form eine Risikosteigerung
Zukünftige Projekte des Teams beinhalten die Analyse von Netzhautbilddaten bei Psoriasis-Patienten, um okuläre Auffälligkeiten systematisch zu erfassen und die langfristigen Auswirkungen von Biologika auf den Krankheitsverlauf zu bewerten.
Angelika Ramm-Fischer
Quelle: Treichel A et al.: «Psoriasis is associated with an increased risk of age-related macular degeneration: results from a retrospective observational cohort study.» Presented at the EADV Congress 2025.
26 dermatologie & ästhetische medizin 4 | 2025