Transkript
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25. April 114. Jahrgang
Peter Wanner Arztgeheimnis Relief in Mischtechnik auf Platte
70 × 80 cm Auktion siehe 3. Umschlagseite
Rufpreis (Mindestpreis): CHF 500.–
Heute im ARS MEDICI Auktionsfenster
Red Flags des rheumatischen Kopfschmerzes
Wann müssen Sie unmittelbar handeln?
Osteoporosebehandlung
Anabole und antiresorptive Therapiemöglichkeiten Kopfschmerzen: Warnzeichen früh erkennen
Offizielles Publikationsorgan
Kassenzulässig 1
Akute Traumen? Schürfwunden? Nur Traumaplant!2
Akute und stumpfe Traumen 3
Gelenk- und Muskelschmerzen 3
Schürfwunden 3
• wundheilungsfördernd 4 • schmerzlindernd 5 • entzündungshemmend 6
Traumaplant® Salbe (pflanzl. Arzneimittel)
Z: 1 g: Symphyti x uplandici herbae recentis praeparatio (2-3:1) 100 mg. I: Prellungen, Verstauchungen, Gelenk- und Muskelschmerzen, Schürfwunden. D: Kinder > 6 Jahre
u. Erw.; betr. Stelle 1–5x tgl. behandeln. KI: Überempfindlichkeit auf einen der Inhaltsstoffe, verletzte Haut. VM: Nicht mit luftdicht abschliessenden Kompressen verwenden.
IA: keine bekannt. S/S: Nach Rücksprache mit dem Arzt. UW: Selten: Allerg. Hautreaktionen. P: Tube 100 g*. Kat. D. Ausführliche Angaben siehe www.swissmedicinfo.ch.
*kassenzulässig
V02.0921
Referenzen: 1. BAG Spezialitätenliste. www.spezialitaetenliste.ch, abgerufen am 26.06.2023. 2. Traumaplant kann im Gegensatz zu anderen topischen Arzneimitteln mit der Indikation «stumpfe Traumen» auch bei Schürfwunden und anderen unblutigen Hautverletzungen angewendet werden. Arzneimittelinformationen; www.swissmedicinfo.ch, abgerufen am 26.06.2023. 3. Traumaplant®. www.swissmedicinfo.ch, abgerufen am 26.06.2023. 4. Barna M et al. Wound healing effects of a Symphytum herb extract cream: Results of a randomized, controlled double-blind study. Wien Med Wochenschr 2007; 157(21-22): 569-574. 5. Kucera M et al. Topischer Beinwellextrakt: Studie bestätigt rasche Wirksamkeit bei Myalgien durch Überlastung oder akute stumpfe Traumen. J Pharmakol Ther 2012; 21(4): 112-117. 6. Casetti F et al. Beinwellsalbe. Klinischer Nutzen und Wirkmechanismus in der Haut. Z Phytother 2014; 35(6): 268-272. Die Referenzen sind auf Anfrage erhältlich.
Biomed AG, Überlandstrasse 199, CH-8600 Dübendorf © Biomed AG. 06/2023. All rights reserved.
EDITORIAL
33-mal «Rheuma persönlich»
Patienten mit Rheuma werden in der Regel von Hausarzt und Experten gemeinsam betreut, eine gute Zusammenarbeit sowie das Wissen um allfällige Red Flags (siehe auch Seite 190) sind die Basis für eine bestmögliche Versorgung. Fortschritte in der Behandlung stehen an fach- sowie hausärztlichen Fortbildungen auf dem Programm. Aber wissenschaftlich auf dem neuesten Stand zu sein, bedeutet nicht unbedingt, die Auswirkungen der Erkrankung in all ihren Facetten zu kennen und zu wissen, wie es sich anfühlt, mit Rheuma zu leben. Was sind die grössten Hürden, und welche Dinge – jenseits von Medikamenten – können den Alltag erleichtern? Einen Einblick gibt der Podcast «Rheuma persönlich» der Rheumaliga Schweiz, der im ersten Jahr nach Beginn der Coronapandemie gestartet wurde.
maliga Schweiz, berichtet, wie man mit Rheuma reisen kann und worauf Rheumapatienten bei der Wahl eines geeigneten Reiseziels achten sollten. Eine weitere Folge widmet sich dem autogenen Training in Theorie und Praxis, und in einer anderen Episode kommen explizit Männer zu Wort, um auch aus dieser Perspektive etwas über den Umgang mit der Erkrankung zu erfahren. Neben den Patienten äussern sich auch Experten, die den Betroffenen verschiedene Ausprägungen der Erkrankung verständlich erklären und therapeutische Möglichkeiten aufzeigen. Dabei finden medikamentöse Optionen oder der Einsatz von Cannabis und Komplementärmedizin ebenso ihren Platz wie operative Behandlungen und aktuelle Entwicklungen in der Forschung. Eine Ernährungsberaterin erläutert, was eine entzündungshemmende Ernährung bringen kann und was von den Versprechungen vermeintlicher Superfoods wie Ingwer und Kurkuma zu halten ist.
Die Folgen dauern 30 bis 45 Minuten und vermitteln
(frisch) Betroffenen wie auch Familienangehörigen
einen Eindruck davon, was es bedeutet, mit Rheuma zu
leben. Vielleicht kennen Sie das Angebot der Rheuma-
liga Schweiz und empfehlen es bereits dem einen oder
anderen Patienten; ansonsten könnte es sich lohnen,
einmal hineinzuschnuppern.
s
Christine Mücke
Unter folgendem Link oder direkt via QR-Code finden Sie den Podcast der Rheumaliga Schweiz: https://www.rosenfluh.ch/qr/podcast-rheumaliga
In bislang 33 Folgen befassen sich die Gäste von Podcast-Gastgeberin Carla Keller mit verschiedenen Aspekten rund um die Erkrankung. Sie berichten zum Beispiel von ihren persönlichen Erfahrungen: Drei Jugendliche erzählen, wie sich Rheuma für betroffene Kinder und Angehörige anfühlt; eine Betroffene schildert einen ganz normalen Tag mit all seinen Herausforderungen, und Silvia Jauch, Botschafterin der Rheu-
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Condrosulf ®
Dä 5er und s’Weggli bei Arthrose!
So wirksam wie Celecoxib und sehr gut verträglich.1,2
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- 6 Monate Mindesttherapiedauer gemäss aktualisierter Fachinformation.2 - Medikamentöse 1. Linien- und Basistherapie zur Behandlung der
Gonarthrose im ESCEO-Therapiealgorithmus.3 - Bei allen Gelenken indiziert.2 - 1-mal tägliche Einnahme.2 - Wirkstoff (Chondroitinsulfat) mit einzigartiger Molekularstruktur.4, 5
1. Bzgl. Schmerzreduktion nach 6 Monaten sowie bzgl. Funktionsverbesserung nach 3 und nach 6 Monaten. Reginster JY, Dudler J, Blicharski T, et al. Pharmaceutical-grade chondroitin sulfate is as effective as celecoxib and superior to placebo in symptomatic knee osteoarthritis: the ChONdroitin versus CElecoxib versus Placebo Trial (CONCEPT). Ann Rheum Dis 2017; 76(9): 1537–1543. 2. www.swissmedicinfo.ch – keine schwerwiegenden oder irreversiblen unerwünschten Wirkungen bekannt. 3. Bruyère O, Honvo G, Veronese N, et al. An updated algorithm recommendation for the management of knee osteoarthritis from the European Society for Clinical and Economic Aspects of Osteoporosis, Osteoarthritis and Musculoskeletal Diseases (ESCEO). Semin Arthritis Rheum 2019; 49(3): 337–350. 4. Restaino OF, Finamore R, Stellavato A, et al. European chondroitin sulfate and glucosamine food supplements: A systematic quality and quantity assessment compared to pharmaceuticals. Carbohydr Polym 2019; 222: 114984. doi: 10.1016/j.carbpol.2019. 114984. Epub 2019 Jun 20. 5. Stellavato A, Restaino OF, Vassallo V, et al. Comparative analyses of pharmaceuticals or food supplements containing chondroitin sulfate: Are their bioactivities equivalent? Adv Ther 2019; 36(11): 3221–3237. – Fachpersonen können die Referenzen bei IBSA anfordern. – Letztes Update der Anzeige: 05.2023. Z: chondroitini sulfas natricus. I: Symptomatische Behandlung bei Osteoarthrose. D: 800 mg täglich während mindestens 6 Monaten. KI: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff. UW: Leichte gastrointestinale Beschwerden, selten allergische Reaktionen. IA: Keine bekannt. P: Tabletten zu 800 mg: 30*/90*; Granulat in Beuteln zu 800 mg: 30*/90*; Tabletten zu 400 mg: 60*/180*; Granulat in Beuteln zu 400 mg: 60*/180*; Kapseln zu 400 mg: 60*/180*. Liste B. *Kassenzulässig. Ausführliche Informationen siehe www.swissmedicinfo.ch. IBSA Institut Biochimique SA, Swiss Business Operations, Via Pian Scairolo 49, CH-6912 Lugano-Pazzallo, www.ibsa.swiss
IN DIESEM HEFT
BERUF, PRAXIS, POLITIK, GESELLSCHAFT
TITELBILD
EDITORIAL 177 33-mal «Rheuma persönlich»
Von Christine Mücke
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN 182 Neurodegenerative Erkrankungen Personalisierter Therapiehelm gegen Alzheimer und Co.
182 Suchtmedizin Erste Zwischenergebnisse der Cannabisstudie «Weed Care»
183 Kardiovaskuläre Erkrankungen Wie bei Herzinfarkt auch kleinste Gefässe revaskularisiert werden können
183 Smarter Medicine Top-5-Liste Palliativmedizin
184 Rosenbergstrasse
IMPRESSUM 204 Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats
Peter Wanner
Arztgeheimnis, Relief in Mischtechnik auf Platte, 70 × 80 cm
Titelbildauktion für unsere Leserinnen und Leser Sie können unsere Titelbilder käuflich erwerben, und zwar im Rahmen einer Auktion. Näheres dazu erfahren Sie in den Auktionsbedingungen (siehe Umschlagseite 3). Sollten auch Sie ein Werk haben, das Sie auf dieser Plattform anbieten möchten, freuen wir uns über Ihre Kontaktaufnahme unter: auktion@rosenfluh.ch
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IN DIESEM HEFT
MEDIZIN
BERICHT 186 Psoriasisarthritis Update der EULAR-Empfehlungen vorgestellt 190 Red Flags des rheumatischen Kopfschmerzes Wann müssen Sie unmittelbar handeln? 193 Osteoporosebehandlung Anabole und antiresorptive Therapiemöglichkeiten 197 Systemischer Lupus erythematodes Hoffnung dank neuer Therapieansätze
FORTBILDUNG
200 Kopfschmerzen: Warnzeichen früh erkennen
Von Christian Maihöfner und Wolf-Oliver Krohn
Cochrane Library aktuell
https://swiss.cochrane.org/de/ars-medici
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Bei Schmerzen und Entzündungen1
Das einzige kassenzulässige 2 % topische Diclofenac2
Schnell.3 Stark.4 Effizient.4
✓ Schnellere Hautpenetration dank DMSO5,6 ✓ Bessere Verträglichkeit bei vergleichbarer
Wirksamkeit vs. oralem Diclofenac7 ✓ Einfache und exakte Dosierung dank Dosierpumpe,
1 Pumpstoss ≙ 1 g Gel ≙ 20 mg Diclofenac1
Pennsaid® Gel (Diclofenac 2 g / 100 g) – I: Zur Behandlung von traumatisch bedingten Entzündungen der Sehnen, Bänder, Muskeln und Gelenke, wie z. B. Verstauchungen, Prellungen, Zerrungen. Zur kurzzeitigen, symptomatischen Therapie von akuten Schmerzzuständen bei Arthrose von kleinen und mittelgrossen, hautnah gelegenen Gelenken wie z. B. Knie oder Fingergelenke. D: Bei Arthrose von Kniegelenken empfiehlt sich eine 2 x tägliche Dosis von 40 mg Diclofenac Natrium (2 Pumpstösse) pro Knie. Kleinere Gelenke wie Fingergelenke können mit der Hälfte der Dosis behandelt werden (1 Pumpstoss 2 x täglich). Pennsaid® sollte nicht länger als 14 Tage angewendet werden. KI: Überempfindlichkeit auf Diclofenac oder einen der Hilfsstoffe (z. B. Dimethylsulfoxid oder Propylenglykol). Während dem 3. Trimenon der Schwangerschaft. IA: Aufgrund der geringen systemischen Absorption bei topischer Anwendung ist die Wahrscheinlichkeit von Wechselwirkungen sehr gering. UAW: Häufig: Hautausschlag, Ekzem, Rötung, Dermatitis (einschliesslich Kontaktdermatitis), Pruritus. Liste D. Kassenzulässig. 10 % Selbstbehalt. Weitere Informationen finden Sie auf www.swissmedicinfo.ch Ref.: 1 www.swissmedicinfo.ch / 2 www.spezialitätenliste.ch / 3 Bookman A. et al. Effect of a topical diclofenac solution for relieving symptoms of primary osteoarthritis of the knee: a randomized controlled trial. CMAJ 2004;171(4):333-8. / 4 Roth S. et al. Efficacy and Safety of a Topical Diclofenac Solution (Pennsaid®) in the Treatment of Primary Osteoarthritis of the Knee. A Randomized, Double-Blind, Vehicle-Controlled Clinical Trial. Arch Intern Med. 2004; 164:2017-2023. / 5 Marren K.; Dimethyl Sulfoxide: an Effective Penetration Enhancer for Topical Administration of NSAIDs. Phys Sportsmed. 2011 Sep;39(3):75-82. doi: 10.3810/psm.2011.09.1923. / 6 Cordery et al. Topical bioavailability of diclofenac from locally-acting, dermatological formulations. Int J Pharm. 2017 August 30; 529(1-2):55-64. / 7 TUGWELL P. et al. Equivalence Study of a Topical Diclofenac Solution (Pennsaid®) Compared with Oral Diclofenac in Symptomatic Treatment of Osteoarthritis of the Knee : A Randomized Controlled Trial. J Rheumatol 2004 ;31 :2002-12. Die Referenzen können bei uns angefordert werden. Gebro Pharma AG, Grienmatt 2, CH-4410 Liestal
PENN-202402-02-DE
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Neurodegenerative Erkrankungen
Personalisierter Therapiehelm gegen Alzheimer und Co.
Mit der elektrischen Reizung bestimmter Hirnareale können degenerative Krankheiten wie Alzheimer oder Par-
Miamind® soll in der Therapie von Alzheimerpatienten zum Einsatz kommen
kinson therapiert werden. Das zeigten wissenschaftliche Studien der letzten Jahre, sagt Dr. Bekim Osmani, Mitgründer und CEO von Bottneuro, einem Spin-off des Departements Biome-
dical Engineering der Universität Basel. Allerdings gestaltet sich die gezielte Stimulation von Hirnarealen durch die Schädeldecke schwierig, und aufgrund unterschiedlicher Kopfformen und Gehirngrössen ist eine Standardisierung dieser Behandlungsform nicht möglich. Mit dem Neurostimulator Miamind® bietet Bottneuro nun eine personalisierte Lösung an. Das System besteht aus einem passgenauen Helm, der mit 34 Elektroden ausgestattet ist (Abbildung). Diese erzeugen elektrische Felder, die spezifische Hirnregionen anregen. Mit denselben Elektroden kann das Gerät anschliessend auch ein Elektroenzephalogramm (EEG) erstellen und die Veränderungen der Hirnströme messen. Die exakte Form des Helms und die Platzierung der Elektroden werden für jeden Patienten anhand eines MRI-Scans von Kopf und Gehirn bestimmt und am Computer modelliert. Mit Hilfe eines 3-D-Druckers wird
dann ein Helm produziert, der perfekt auf den Kopf passt. Zum Helm gehören auch ein Schultergürtel, in dem die Elektronik zur Steuerung der Elektroden untergebracht ist, und ein Tablet. Damit kann der Patient die Therapie starten. Die Messdaten werden dem behandelnden Neurologen danach automatisch übermittelt. «Bisher mussten Patienten für Therapien mit ähnlichen Systemen in die Klinik gehen», sagt Osmani. Jetzt ist eine unabhängige Anwendung zu Hause möglich. Mit der kürzlich erfolgten Registrierung als medizinisches Gerät durch Swissmedic ist Bottneuro in eine neue Entwicklungsphase getreten. In einer ersten Phase mit vorerst 8 Probanden testet das Unternehmen die Sicherheit und Verträglichkeit von Miamind®.
Universität Basel/PS s
Medienmitteilung der Universität Basel vom 02.04.2024
Foto: Universität Basel, Roland Schmid
Suchtmedizin
Erste Zwischenergebnisse der Cannabisstudie «Weed Care»
Die Pilotstudie «Weed Care» zur kontrollierten Abgabe von Cannabisprodukten im Kanton Basel-Stadt hat am 30. Januar 2023 mit 378 Teilnehmern und dem Verkauf von 6 Cannabisprodukten aus Schweizer Bioproduktion begonnen. Das Projekt wird vom Gesundheitsdepartement Basel-Stadt, den Universitären Psychiatrischen Kliniken (UPK) Basel und den Psychiatrischen Diensten Aargau gemeinsam durchgeführt. Mittlerweile liegen erste Zwischenergebnisse zum ersten Studienjahr vor. 75 Prozent der Teilnehmer sind erwerbstätig, und das Alter des Erstkonsums liegt bei 16,6 Jahren. 40 Personen (11%) haben die Studie im ersten Jahr aufgrund nicht ausgefüllter Onlinefragebögen, Unzufriedenheit mit den Studienprodukten, Wegzug aus dem Kanton oder Konsumstopp vorzeitig abgebro-
chen. Bisher wurde keine Person wegen Gesetzesverstosses oder signifikanter gesundheitlicher Verschlechterung von der Studie ausgeschlossen. Insgesamt wurden im ersten Studienjahr 41 kg Studiencannabis in 8176 Bezügen in den Apotheken verkauft. Die durchschnittliche Anzahl der Konsumtage und die Konsummenge haben sich während des ersten Studienjahrs kaum verändert: Die Teilnehmer konsumieren an durchschnittlich 20 Tagen im Monat eine Menge von 1,2 g pro Konsumtag. Während die Zufriedenheit mit der Apotheke als Bezugsquelle (94%) als sehr hoch angegeben wird, ist sie hinsichtlich der Produktepalette (57%) und -qualität (69%) deutlich tiefer. 67 Prozent der Teilnehmer wünschten zusätzlich zu den Blüten- und Haschprodukten weitere Produkte wie Gummibärchen
oder Pralinen, THC(Tetrahydrocannabinol)-Öl oder E-Liquids. Ausserdem wünschten sich manche Teilnehmer auch stärkere Produkte mit mehr als den zugelassenen 20 Prozent THC. Dies könnte eine Erklärung dafür sein, dass 49 Prozent der Teilnehmer neben dem Studiencannabis auch Cannabis aus illegalen Quellen konsumierten. Die Studie wird noch bis Juli 2025 fortgesetzt. Ausführliche Informationen zur Studie und zum regulierten Cannabisverkauf in Basel finden Sie unter www.weedcare-basel.ch.
Kanton Bael-Stadt/PS s
Medienmitteilung des Gesundheitsdepartments des Kantons Basel-Stadt vom 25.03.2024
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MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Kardiovaskuläre Erkrankungen
Wie bei Herzinfarkt auch kleinste Gefässe revaskularisiert werden können
Bei einem Herzinfarkt kommt es nach einer Rekanalisierung grosser Arterien mittels eines Stents bei 40 bis 60 Prozent aller Patienten zu sekundären Blockaden in der Durchblutung der kleinsten Herzgefässe (microvascular obstruction, MVO). Dabei kann Herzgewebe absterben, was bei Patienten langfristig zu einer schlechteren Gesundheit führt. Davon sind in der Schweiz rund 200 000 Personen jährlich betroffen. «MVO ist eine unterdiagnostizierte Erkrankung, da sie bei der Akutbehandlung nicht leicht zu erkennen ist und es bisher keine Behandlung dafür gibt», sagt Dominik Obrist vom ARTORG Center for Biomedical Engineering der Universität Bern. Seine Arbeitsgruppe konnte in Zusammenarbeit mit klinischen Partnern sowie einem Medizin-
technik-Startup erstmals eine neue Technik entwickeln, die eine Diagnose und Behandlung von MVO ermöglicht. In einer ersten Studie testeten die Forscher einen neu entwickelten Ballonkatheter in Mikrometergrösse, mit dem MVO durch Aufblasen des Ballons an der Stelle der verstopften Arterie korrekt diagnostiziert werden kann. In einem zweiten Schritt wurde untersucht, wie gerinnselauflösende Medikamente in diese winzigen Verzweigungen eingeflösst werden können. «Wenn eine Arterie verstopft ist, sucht sich das Blut einen anderen Weg und umgeht den verstopften Zweig. Dieses Phänomen macht es sehr schwierig, Medikamente in den verstopften Ast einzuführen, da sie direkt in die gesunden Gefässe daneben ausgewaschen werden», erklärt Yannick Rösch vom
ARTORG Center. «Wir konnten zeigen, dass das Aufblasen des Ballonkatheters, der zugleich Medikamente einflösst, genügend hohe Konzentrationen dieser Medikamente an die blockierten Gefässe liefert. Auf diese Weise können wir die Verstopfung erreichen, und die Medikamentendosierung könnte sogar reduziert werden, da wir keinen Auswascheffekt haben.» «Damit wird es erstmals möglich, gezielt und niedrig dosiert Blutgerinnsel aufzulösen. Jetzt müssen wir alle Teile des Puzzles zusammenfügen, um die MVO-Therapie für Patienten verfügbar zu machen», sagt Anastasia Milusev, wissenschaftliche Mitarbeiterin am ARTORG Center. Universität Bern/PS s
Medienmitteilug der Universität Bern vom 22. März 2024
Smarter Medicine
Top-5-Liste Palliativmedizin
Die gemeinnützige Organisation smarter medicine hat in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Gesellschaft für Palliative Medizin eine Top-5-Liste mit Behandlungen und Abklärungsschritten publiziert, auf die im Gebiet der Palliativmedizin verzichtet werden kann. 1) Keine Verzögerung der palliativ-
medizinischen Versorgung von Patienten mit lebensbedrohlichen Erkrankungen, die körperliche, psychologische, soziale oder spirituelle Bedürfnisse haben, nur weil sie eine krankheitsmodifizierende oder lebensverlängernde Behandlung erhalten. Zahlreiche Studien belegen, dass der frühzeitige Einbezug einer spezialisierten Palliativversorgung die Schmerz- und Symptomkontrolle verbessert. 2) Keine Krebstherapie bei Patienten mit fortgeschrittener/metastasierter Erkrankung beginnen, ohne gemeinsam mit dem Patienten die Ziele der Behandlung zu definieren und die
Unterstützung durch die Palliativmedizin zu berücksichtigen. Viele Patienten verstehen die Ziele der Krebsbehandlung nicht vollständig – sie gehen davon aus, dass die Behandlung kurativ sein könnte, obwohl sie in Wirklichkeit nur palliativ ausgerichtet ist. Eine palliative Krebstherapie kann das Überleben kurzzeitig verlängern, hat aber oft erhebliche toxische Nebenwirkungen. Eine begleitende Palliativbehandlung kann dem Patienten helfen. 3) Bei Patienten mit fortgeschrittener progressiver Krankheit oder Krebs, die unterernährt sind, nicht routinemässig eine künstliche Ernährung einführen. Patienten mit fortgeschrittener progressiver Erkrankung ist erst dann eine künstliche Ernährung anzubieten, wenn gemeinsam mit ihnen die zu erwartenden Vorteile in Bezug auf die Lebensqualität und das mögliche Überleben besprochen wurden. 4) Keine Erythrozytenkonzentrate auf der Grundlage willkürlicher Hämo-
globin- oder Hämatokritgrenzwerte transfundieren, wenn keine Symptome vorliegen oder wenn bei früheren Transfusionen kein klinischer Nutzen erkennbar war. Die Indikationen für Bluttransfusionen hängen von der klinischen Beurteilung ab und richten sich auch nach der Ätiologie der Anämie. 5) Gespräche über Prognose, Wünsche, Werte und die Gestaltung des Lebensendes (einschliesslich des Advance Care Planning) bei Patienten mit fortgeschrittener Krankheit nicht hinauszögern. Eine gesundheitliche Vorausplanung sollte frühzeitig und wiederholt durchgeführt und von einer speziell ausgebildeten Fachkraft begleitet werden.
Ausführliche Empfehlungen sowie die
Literaturangaben und einen Flyer zur
Liste finden sie unter www.smarterme-
dicine.ch.
smarter medicine/PS s
Medienmitteilung von smarter medicine vom 13.03.2024
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MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Rosenbergstrasse
Das Spannende an Hybridautos: Je mehr man bremst, desto länger kann man fahren.
sss
Unfassbar! Eigentlich. Soweit sind wir, dass Leute sich, vor allem aber anderen, die Frage stellen, nein, schlimmer: vorschreiben wollen, ob sie sich als Teilnehmer an der historischen Osterprozession in Mendrisio, im Tessin, so wie seit vielen Jahren unbeanstandet, das Gesicht schwarz schminken dürfen. In Zeiten einer hysterischen (und zweifellos historischen) Wokeness scheinen derartige Fragen (und die mitgelieferten Antworten darauf) «normal». Oder gar notwendig. Aber nein, das sind sie nicht! Die Organisatoren (kirchliche, studentische, behördliche, urbane, kindliche oder universitäre Populisten?) wollten die schwarze Schminke tatsächlich verbieten. Doch zum Glück – sie existiert da und dort eben doch noch, die Schweiz! – gab es dagegen Proteste, weshalb das «Blackfacing» nun doch erlaubt ist. Vorläufig. Denn selbstverständlich sind normale Schweizer Bürger nicht aufgeklärt und mündig genug, derart schwerstwiegende Entscheide alleine zu treffen. Der definitive Entscheid ist nur vertagt. Und die definitive Antwort kann selbstverständlich nur ein Experte geben. Zumindest dazu befragt wird ein Rassismusexperte und Lehrbeauftragter in Sozialanthropologie mit indischen Wurzeln, in der Schweiz aufgewachsen und daher offenbar besser prädestiniert zur Beurteilung von Schweizer Traditionen als ordinäre Tessiner, zudem einer, der zu Rajiv Prasad geforscht hat. (Rajiv kennen Sie, oder? Nein? Doch, doch, er ist eine der bekanntesten Kunstfiguren des browngefaceten Victor Giaccobo.) Man fragt sich: Warum forscht eigentlich niemand zur Rolle von Rassismusexperten und zu den Auswirkungen ihrer gut bezahlten Forschungen auf die Gesellschaft?
Gelesen: Deutsche neigen zu vorausschauender Verzweiflung.
sss
Noch nie gab es derart viel Beliebigkeit. Neuigkeitswert hat, was Aufmerksamkeit erregt. In Talkshows eingeladen wird, wer Auffälliges, Nervendes oder Provozierendes zu erzählen hat. Die Qualität des Behaupteten und Verbreiteten ist total unerheblich. Sinn wird an Unsinn gereiht, Kluges an Debiles, politische Tiefflieger kommen neben Intellektuellen zu Wort. Hauptsache überspannt oder/und kontrovers. Die Dame, die behauptet, Botox spritzen sei ein feministisches Machtinstrument, erreicht mindestens so viel Aufmerksamkeit wie die ältere Frau, die sich schon tagsüber nicht mehr allein in Bahnhofnähe aufzuhalten traut. Wer verlangt, alle «Reichen» (ohne zu definieren, wer dazugehört) sollten zur Kasse gebeten werden, damit man die 20-Stunden-Woche einführen könne, weil mehr als 20 Stunden arbeiten krank mache (fast Originalton der Vorsitzenden der Jungen Grünen, Deutschland!), wird zu «Lanz» eingeladen. Je lauter und absonderlicher die ideologischen Fürze, desto eher hört und diskutiert man sie. Wer damit aufschreckt, dass Fencheltee tödlich sei (was toxikologisch vermutlich korrekt ist, sofern man einen Monat lang täglich 100 Liter davon säuft ...), erhält eher mehr mediale Aufmerksamkeit als jemand, der beklagt, dass in gewissen Kulturen achtjährige Mädchen mit älteren Männern verheiratet und Frauen verprügelt und ermordet werden dürfen. Selbst Tierschützer, die ein Verbot von Karrusseltieren fordern, weil die armen Holz- oder Plastikviecher ihr Karussellleben lang im Kreis herumfahren müssen (kein Witz!), dürfen sich breit erklären. Beliebigkeit ist Trumpf. Hauptsache Aufregung, Empörung, Likes und Hate. Und alle machen mit: TikTok, ARD, Instagram, ZDF, X. Wir. Alle.
Was stimmt hier nicht? Meldung in einer Tageszeitung: «Cold case nach 25 Jahren gelöst. Ein 28-jähriger Tatverdächtiger ist in Haft.»
sss
Deutsche Comedy ist ernüchternd: Seit über zehn Jahren von gleichbleibendem Mangel an Humor und satirischer «Qualität» geplagt (sorry, es gibt natürlich Ausnahmen wie Nuhr, Sträter, Rebers & Co …). Beim Konsum der Verleihung eines Deutschen Kleinkunstpreises überkommt einen denn auch eine Mischung aus Depression, Mitleid und Heimweh. Depression, weil Lustigkeitschaffende wie Welke (heuteshow), Priol (Die Anstalt) oder Ehring (extra 3) sich für «funny» halten, wenn sie die charakteristischen Erkennungsmerkmale präsentieren, die da sind: erhobener Zeigefinger, armselige Witze über FDP-Politiker, AfD und bayrische Ministerpräsidenten (sozusagen der Pflichtteil jedes Mainstream-Comedians), Bekenntnis zu Gleichberechtigung (junge Frauen gut, alte Männer böse) und Klimawandel (SUV-Fahrer auch böse) sowie blanker Horror vor heiklen Themen (Islam, Migration und Mohrenköpfe), dazu hysterisches Lachen – angeblich über sich selber («wir linksgrün Versifften, hahaha»). Mitleid kriegt man mit der einen Hälfte der Zuschauer: der gequält lachenden, aber ebenso mit der anderen Hälfte: den Schenkelklopfenden. Und das Heimweh?Wiewar das doch noch bieder ehrlich bis genial lustig in Schwarzweisszeiten von Theo Lingen bis Heinz Ehrhard oder in den Blödelshows von Otto. Als noch keiner seine Zuschauer belehren und erziehen oder Andersdenkende niederlachen, sondern einfach unterhalten wollte. Zeiten, in denen ideologische Kritik sich beschränkte auf «Mein Gott,Walter!»
sss
Und das meint Walti: Tanzt, Leute, tanzt! Vor allem aus der Reihe!
sss
sss
Richard Altorfer
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ARS MEDICI 8 | 2024
Bestens erholt. Morgen für Morgen.
Zur Magnesium-Therapie bei Wadenkrämpfen. 1
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Z: Magnesii aspartatis hydrochloridum trihydricum. I: Magnesiummangel, Herzrhythmusstörungen, erhöhter Bedarf im Hochleistungssport und während Schwangerschaft, bei Eklampsie und
Präeklampsie, tetanischem Syndrom, bei Wadenkrämpfen, Muskelzuckungen, Restless Legs. D: 4.5 mg Magnesium (= 0.185 mmol) bis 9 mg Magnesium (= 0.37 mmol) pro kg Körpergewicht / 10–20 mmol
Magnesium täglich, entsprechend der Darreichungsform (Granulat, Brausetabletten, Filmtabletten), aufgeteilt in 1–3 orale Einzeldosen. KI: Überempfindlichkeit auf einen der Inhaltsstoffe des
Arzneimittels; Schwere Nierenfunktionsstörungen; Exsikkose. VM: Eingeschränkte Nierenfunktion. Bei Niereninsuffizienz ist eine Überwachung des Serum-Magnesium-Spiegels unerlässlich.
Magnesiocard 7.5 mmol nicht bei Phenylketonurie. IA: Tetrazykline und Magnesiocard sollten 2–3 Stunden versetzt genommen werden (gegenseitige Resorptionsbeeinträchtigung). Beschleunigte
Ausscheidung bzw. gehemmte Resorption von Magnesium bei Einnahme gewisser Arzneimittel. S/S: Kann angewendet werden. UW: Gelegentlich: Gastrointestinale Beschwerden. P: Filmtabletten
(2.5 mmol) 100*; Granulat (5 mmol) Citron und Granulat (5 mmol) Orange 20*, 50*; Brausetabletten (7.5 mmol) 20*, 60*; Granulat (10 mmol) Grapefruit und Granulat (10 mmol) Orange 20*, 50*. Kat. B.
Ausführliche Angaben siehe www.swissmedicinfo.ch. *kassenzulässig
V040123
Referenzen: 1: Magnesiocard® (orale Formen). www.swissmedicinfo.ch, abgerufen am 12.03.2024. 2: BAG Spezialitätenliste. www.spezialitätenliste.ch, abgerufen am 12.03.2024. Die Referenzen sind auf Anfrage erhältlich.
Biomed AG, Überlandstrasse 199, CH-8600 Dübendorf © Biomed AG. 03/2024. All rights reserved.
BERICHT
Psoriasisarthritis
Update der EULAR-Empfehlungen vorgestellt
Im Rahmen eines Webinars von rheuma Schweiz referierte Prof. Dr. Nils Venhoff, Klinik für Rheumatologie und Klinische Immunologie, Universitätsklinikum Freiburg (D), über die aktualisierten Empfehlungen der European League Against Rheumatism (EULAR) für die Behandlung von Patienten mit Psoriasisarthritis, die kurz zuvor am EULAR-Jahreskongress in Mailand präsentiert worden waren.
Die Psoriasisarthritis (PsA) als Multidomänenerkrankung berge selbst für Erfahrene immer wieder Überraschungen, sagte Venhoff einleitend, denn ihre verschiedenen Manifestationsformen respektive -orte könnten sich in sehr unterschiedlicher Ausprägung zeigen. Neben der axialen Präsentation oder den Beschwerden im Sehnen- beziehungsweise Enthesenbereich, der peripheren Arthritis oder der Daktylitis kann es auch zu extramuskuloskelettalen Manifestationen, etwa im Gastrointestinal(GI)-Trakt (entzündliche Darmerkrankungen [inflammatory bowel disease, IBD]), an den Augen (Uveitis) oder an Haut (Psoariasis) oder Nägeln (Nagelpsoariasis) kommen. Diese unterschiedlichen Ausprägungen der Erkrankung erforderten jeweils eine individualisierte (personalisierte) Therapie, so der Referent. Die EULAR-Empfehlungen zum Management der PsA werden in gewissen zeitlichen Abständen an den wissenschaftlichen State of the Art angepasst. Bereits der durch die EULAR im Jahr 2019 vorgelegte Therapiealgorithmus bezog die verschiedenen Phasen der Erkrankung mit ein und näherte sich damit den Empfehlungen der Group for Research and As-
KURZ & BÜNDIG
� Die Psoriasisarthritis (PsA) ist eine Multidomänenerkrankung, die sich in diversen, von Patient zu Patient in unterschiedlich stark ausgeprägten Manifestationsformen zeigen kann und eine personalisierte Therapie erforderlich macht.
� Aufgrund verschiedener neu zugelassener Medikamente und neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse hat die European League Against Rheumatism (EULAR) ihre zuletzt 2019 überarbeiteten Empfehlungen zum Management der PsA kürzlich erneut angepasst.
� In der neuen EULAR-Richtlinie wird ein manifestationsorientierter Therapieansatz verfolgt, in den aufgrund der inzwischen vielfältigen medikamentösen Optionen verstärkt auch Sicherheitsaspekte eingehen.
� PsA-Patienten leiden vermehrt auch an Komorbiditäten, die das Mortalitätsrisiko substanziell erhöhen können. Diese Begleiterkrankungen sind bei der Therapieauswahl individuell zu berücksichtigen.
sessment of Psoriasis and Psoriatic Arthritis (GRAPPA) an, mit denen versucht wird, die verschiedenen Domänen, die die Erkrankung umfasst, zu identifizieren und therapeutisch möglichst optimal mit einzuplanen. Die GRAPPA-Empfehlungen zur PsA wurden zuletzt 2021 aktualisiert und integrieren neben den verschiedenen Krankheitsdomänen den Patientenwunsch, die Vor- und Begleittherapie sowie Komorbiditäten. Mit der Fülle der inzwischen zur Verfügung stehenden medikamentösen Therapieoptionen, die jeweils für nahezu sämtliche Domänen zum Einsatz kommen könnten, ergebe sich ein recht unübersichtliches Bild, meinte der Rheumatologe und stellte in Aussicht, dies im Laufe seines Vortrags etwas klarer darstellen zu wollen.
Viele neu zugelassene Wirkstoffe seit 2019
Ein Grund für die aktuelle Überarbeitung der EULARGuideline von 2019 sei gewesen, dass seitdem wieder verschiedene Wirkstoffe, zum Beispiel Guselkumab, Upadacitinib, Risankizumab und erst kürzlich Bimekizumab, neu zugelassen worden seien, so Venhoff. Darüber hinaus gibt es noch weitere Wirkstoffe, die für die Therapie der Psoriasis bereits zugelassen sind und in Studien vielversprechende Ergebnisse, auch bei Anwendung bei PsA-Patienten, gezeigt haben. Die EULAR-Empfehlungen 2023 für die PsA wurden Anfang Juni am diesjährigen EULAR-Kongress vorgestellt. Sie beinhalten 7 übergeordnete Prinzipien (A bis G; 6 alte, 1 neues) und 11 Empfehlungen; die neuen Substzanzen sind integriert. Analog zu den GRAPPA-Empfehlungen wird auch seitens der EULAR nun ein manifestationsorientierter Therapieansatz verfolgt. «Es geht jetzt immer mehr darum, dass wir auch die Sicherheitsaspekte berücksichtigen», sagte der Referent. Dem trägt das neu hinzugekommene übergeordnete Prinzip G Rechnung. Während man früher darum habe kämpfen müssen, überhaupt einmal wirksame Substanzen zur Verfügung zu haben, sei mittlerweile ein breites Spektrum gut wirksamer Medikamente vorhanden, so Venhoff: «Jetzt geht es darum, den Patienten möglichst rasch und nebenwirkungsarm in Remission zu bekommen.»
EULAR-Prinzipien und -Empfehlungen 2023
Die übergeordneten EULAR-Prinzipien im Einzelnen: s (A) multidisziplinäre Behandlung s (B) «shared decision making» zwischen Patient und
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BERICHT
Rheumatologe unter Berücksichtigung von Wirksamkeit, Sicherheit und Kosten der Therapie sowie der Patientenpräferenz s (C) muskuloskelettale Manifestationen als Domäne der Rheumatologen, bei klinisch signifikanter Hautbeteiligung Zusammenarbeit zwischen Rheumatologen und Dermatologen s (D) Steigerung der Lebensqualität als primäres Therapieziel; zu erreichen durch Symptomkontrolle, Verhinderung struktureller Schäden und vor allem über die Bekämpfung inflammatorischer Prozesse s (E) Beachtung jeder muskuloskelettalen Manifestation und Ableiten entsprechender Therapieentscheidungen s (F) Berücksichtigung nicht muskuloskelettaler Manifestationen (v. a. Haut, Augen, GI-Trakt) und von Komorbiditäten (z. B. Adipositas, metabolisches Syndrom, kardiovaskuläre Erkrankungen, Depression) s (G, neu) Berücksichtigung von Sicherheitsaspekten, um das Risiko-Nutzen-Profil zu optimieren. Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen beleuchtete der Referent einen Grossteil der EULAR-Recommendations 2023 und zeigte dabei auf, welche neuen wissenschaftlichen Daten und Erkenntnisse jeweils zugrunde lagen.
Empfehlung 1: «Treat to target» Die Behandlung sollte auf das Erreichen einer Remission oder alternativ einer geringen Krankheitsaktivität abzielen und die regelmässige Kontrolle der Krankheitsaktivität und entsprechende Therapieanpassungen umfassen. Die Wirksamkeit der Treat-to-target-Strategie wurde bereits im Jahr 2015 durch die TICOPA-Studie belegt.
Empfehlung 2: Initiales Management Nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) können überbrückend (für maximal 4 Wochen) bei bestimmten Manifestationen, etwa bei schweren muskuloskelettalen Verläufen (Oligoarthritis ohne ungünstige prognostische Faktoren [Polyarthritis, Strukturschäden, hohe Entzündungsparameter, Daktylitis, Nagelbeteiligung], Beteiligung von Sehnenansätzen [Enthesitis], prädominant axialer Erkrankungstyp), zum Einsatz kommen. Zusätzlich können lokale Glukokortikoid(GC)-Injektionen in Erwägung gezogen werden; systemische GC werden dagegen in der überarbeiteten EULARGuideline nicht mehr empfohlen.
Empfehlung 3: Periphere Arthritis, First-line-Behandlung Bei Patienten mit Polyarthritis oder mit Mono-/Oligoarthritis und ungünstigen prognostischen Faktoren sollte die zeitnahe Gabe eines konventionellen synthetischen DMARD (csDMARD; DMARD: disease modifying antirheumatic drugs) erfolgen. Insbesondere bei klinisch relevanter Hautbeteiligung sei dies präferenziell Methotrexat (MTX) – «das Schweizer Taschenmesser in der Rheumatologie», wie Venhoff das etablierte Medikament aufgrund seiner Vorteile bezeichnete: Es wirke steroideinsparend bei egal welcher Erkrankung, und es gebe auch nur selten Probleme mit dem Label. Alternativ können Sulfasalazin und Leflunomid gegeben werden. Für MTX liege mittlerweile auch bessere Evidenz aus Studien (CIOMPLETE-PsA, CONTROL) vor, so der Referent. Demnach ist die Kombination mit Leflunomid
oder Adalimumab wirksamer, zeigt aber potenziell mehr Nebenwirkungen. Etanercept ist MTX überlegen (SEAMPSA), bei Daktylitis und Enthesitis dagegen vergleichbar. Deshalb gebe es bei letzteren Erkrankungsmanifestationen seitens der GRAPPA, anders als in den EULAR-Recommendations, eine entsprechende Empfehlung für MTX, ergänzte der Experte.
Empfehlung 4: Periphere Arthritis, nach unzureichendem Ansprechen auf ≥ 1 csDMARD Bei peripherer Arthritis und mangelndem Ansprechen auf mindestens 1 csDMARD sollte eine Therapie mit einem biologischen DMARD (bDMARD; TNF[Tumornekrosefaktor]α-Inhibitoren: Adalimumab, Certolizumab, Etanercept, Infliximab, Golimumab; Interleukin(IL)-17A-Inhibitoren: Ixekizumab, Secukinumab; IL-12/23-Inhibitor: Ustekimumab; IL-23p19-Inhibitoren: Guselkumab, Risankizumab; IL-17Aund -F-Inhibitor: Bimekizumab) begonnen werden. Ein Ranking oder spezifische Biologikaempfehlungen bestehen seitens der EULAR mangels ausreichender Daten nicht. In Head-tohead-Studien konnte jeweils gegenüber Adalimumab eine Überlegenheit von Ixekizumab (SPIRIT-H2H-Studie, hauptsächlich getragen vom besseren Ansprechen der Haut), nicht aber von Secukinumab (EXCEED) gezeigt werden. Wurde allerdings das Ansprechen bei Frauen mit dem bei Männern verglichen, war Secukinumab bei Ersteren signifikant im Vorteil. Überhaupt bestünden, so Venhoff weiter, auch mit anderen Wirkstoffen (z. B. mit Upadacitinib vs. Adalimumab und mit Ustekinumab) geschlechtsspezifische Unterschiede im Therapieansprechen, welches bei Frauen durchweg schlechter ausfalle, sowohl hinsichtlich klinischer Charakteristika als auch bezüglich der Krankheitswahrnehmung (patient-reported).
Empfehlung 5: Periphere Arthritis, JAK-Inhibitoren Nach inadäquatem Ansprechen auf mindestens 1 bDMARD oder wenn Letztere nicht geeignet sind, kann ein Januskinase(JAK)-Inhibitor (Tofacitinib, Upadacitinib) unter Berücksichtigung der Sicherheitsaspekte (Warnung für Patienten > 65 Jahre, für [Ex-]Raucher, bei vorausgegangener Atherosklerose, bei Vorliegen anderer kardiovaskulärer bzw. Malignitätsrisikofaktoren oder bekannten Risikofaktoren für venöse Thrombembolie) zum Einsatz kommen. Bessere Werte im Ansprechen gemäss ACR(American College of Rheumatology)-Kriterien (ACR20/50/70) haben sich für Upadacitinib versus Adalimumab (SELECT-PsA) ergeben. Die Zulassung für Tofacitinib bei PsA bestehe eigentlich nur in Kombination mit MTX (OPAL Broaden/OPAL Beyond), so Venhoff; Daten aus OPAL Balance hätten dann aber darauf hingedeutet, dass MTX nicht unbedingt erforderlich sei. Allgemein scheint bei der PsA, anders als bei der rheumatoiden Arthritis (RA), die Monotherapie mit einem bDMARD oder einem gezielten synthetischen DMARD (tsDMARD) der Kombinationstherapie mit MTX nicht unterlegen zu sein, wie der Referent anhand von am EULAR 2023 präsentierten Daten aus dem RABBIT-SpA-Register darlegte.
Empfehlung 6: Periphere Arthritis, Apremilast Der Phosphodiesterase(PDE)-4-Inhibitor Apremilast bekommt aufgrund seines Sonderstatus bei der PsA (p.o.-Medi-
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BERICHT
Tabelle:
Komorbiditäten und medikamentöse PsA-Therapie (GRAPPA-Empfehlungen)
Komorbidität
NSAR GC MTX/
TNF-α- IL-17-
Leflunomid Hemmer Inhibitoren
Erhöhtes CV-Risiko CAVE – –
– –
Herzinsuffizienz –
CAVE –
NEIN
–
VTE/LE
– – –
– –
Übergewicht – – CAVE – –
Fettleber
– – NEIN
–
–
HBV/HCV
– – NEIN
CAVE
CAVE
HIV
– – –
CAVE CAVE
TBC
– – –
CAVE CAVE
Malignom – – –
CAVE CAVE
MS/demyelini- – – –
NEIN
–
sierende
Erkrankungen
Depression – – –
– –
IL-12/23- bzw. IL-23- Inhibitoren – – – – – CAVE CAVE CAVE CAVE –
JAK- Inhibitoren CAVE – CAVE – – CAVE CAVE CAVE CAVE –
PDE-4Inhibitoren – – – – – CAVE CAVE CAVE CAVE –
–
–
CAVE
PsA: Psoriasisarthritis, GRAPPA: Group for Research ans Assessment of Psoriasis and Psoriatic Arthritis, NSAR: nicht steroidale Antirheumatika, GC: Glukokortikoide, MTX: Methotrexat, TNF: Tumornekrosefaktor, IL: Interleukin, JAK: Januskinase, PDE: Phosphodiesterase, CV: kardiovaskulär, VTE: venöse Thrombembolie, LE: Lungenembolie, HBV: Hepatitis-B-Virus, HCV: Hepatitis-C-Virus, HIV: humanes Immundefizienzvirus, TBC: Tuberkulose, MS: multiple Sklerose
kation, gutes Sicherheitsprofil, gute Wirksamkeit an der Haut, bei Arthritis jedoch weniger gut) eine eigene Empfehlung: Bei Patienten mit milder Erkrankung und inadäquatem Ansprechen auf mindestens 1 csDMARD, die weder für bDMARD noch für JAK-Inhibitoren geeignet sind, kann ein PDE-4-Inhibitor in Erwägung gezogen werden.
heitsprofilen, und auch mit Risankizumab vor. Exzellente Ansprechraten (PASI-75/90/100; Überlegenheit vs. Adalimumab) haben sich hier zuletzt auch mit dem IL-17A/F-Inhibitor Bimekizumab (BE OPTIMAL) gezeigt. Bei schwerer Hautbeteiligung sollte stets dermatologische Fachexpertise in die Therapieentscheidungsfindung einbezogen werden.
Empfehlung 7: Enthesitis Bei Patienten mit eindeutig nachgewiesener Enthesitis und unzureichendem Ansprechen auf NSAR oder lokale GC-Injektionen kann eine bDMARD-Therapie erwogen werden. Eine entsprechende Wirksamkeit wurde in Studien auch für MTX und JAK-Inhibitoren (Sicherheitsaspekte berücksichtigen!) nachgewiesen.
Empfehlung 8: Axiale Beteiligung Bei klinisch relevanter axialer Erkrankung und unzureichendem Ansprechen auf NSAR sollte eine Therapie mit einem IL-17A-, einem TNF-α-, einem IL-17A/F- oder einem JAKInhibitor erwogen werden. Früher seien die bei axialer Spondyloarthritis bewährten Konzepte (d. h. Gabe eines TNF-αHemmers nach NSAR) einfach auf die PsA übertragen worden, so Venhoff; mit den Ergebnissen aus der MAXIMIZEStudie existierten nun positive Daten zur IL-17A-Inhibition (Secukinumab) bei axialer PsA.
Empfehlung 9: Nicht muskuloskelettale Manifestationen Im Fall von nicht muskuloskelettalen Manifestationen der PsA sollte sich die Wahl der Therapiemodalität nach deren Art richten. Bei klinisch relevanter Hautbeteiligung ist ein IL-17A-, IL-17A/F-, IL-23- oder IL-12/23-Inhibitor, bei Uveitis ein TNF-Blocker und bei IBD ein TNF-Hemmer, ein IL12/23-, ein IL-23- oder ein JAK-Inhibitor (Sicherheitsaspekte beachten!) zu bevorzugen. Sehr gute Ansprechdaten (gemessen mittels PASI[Psoriasis Area and Severity Index]-90/100) an der Haut liegen aus Studien für die IL-23-Blockade mit Guselkumab, bei zudem seit Längerem sehr guten Sicher-
Problem Komorbiditäten
Bei PsA-Patienten stellen häufige Begleiterkrankungen wie
unter anderem Adipositas, Hypertonie, Infektionen, Depres-
sion oder Angststörungen, Hyperlipidämie, Diabetes, Krebs,
kardiovaskuläre Erkrankungen, Darm- oder Lebererkran-
kungen laut Venhoff «ein gewaltiges Problem» dar. Das Vor-
liegen solcher Komorbiditäten erhöht die Sterblichkeitsraten
der Patienten um 10 Prozent. Hinzu kommt, dass Patienten
mit Übergewicht häufig mehr Beschwerden haben als Nor-
malgewichtige, der Body-Mass-Index also mit der Krank-
heitsaktivität assoziiert ist. Aus diesen Zusammenhängen
folge, dass die Therapie gemäss den Empfehlungen der
GRAPPA (siehe Tabelle) entsprechend angepasst werden
müsse, so der Referent. Des Weiteren beeinträchtigt Nikotin-
konsum insbesondere bei Männern das Therapieansprechen.
Ein wachsendes Thema auch für Rheumatologen, so Ven-
hoff, seien die interstitiellen Lungenerkrankungen (intersti-
tial lung diseases, ILD), die bei PsA etwa doppelt so häufig
vorkämen wie in der Normalbevölkerung, aber halb so häu-
fig wie bei RA-Patienten. Anders als weithin angenommen,
war das erhöhte ILD-Risiko aber zumindest in einer neuen,
am EULAR 2023 vorgestellten Studie weder bei RA noch bei
PsA mit einer Behandlung mit MTX korreliert.
s
Ralf Behrens
Quelle: Vortrag «Psoriasisarthritis – aktuelle Therapie» von Prof. Dr. Nils Venhoff, Klinik für Rheumatologie und Klinische Immunologie, Universitätsklinikum Freiburg (D), Webinar (hybrid) von rheuma Schweiz am 19. Juni 2023 in St. Gallen.
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Ausführlichere Informationen siehe www.swissmedicinfo.ch
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12/2023
BERICHT
Red Flags des rheumatischen Kopfschmerzes
Wann müssen Sie unmittelbar handeln?
Schmerz betrifft fast alle Disziplinen der Medizin. Die Charakteristika des rheumatischen Kopfschmerzes standen im Vordergrund des Referates von PD Dr. Dr. Ulrich Gerth, Reha Rheinfelden, anlässlich der Fortbildung «Hausärzte und Fachärzte im Dialog». Der Experte beschrieb, wann man hellhörig werden und keine Zeit verlieren sollte.
Hinter einem rheumatisch entzündlichen Schmerz könnten gefährliche Erkrankungen mit einer besonderen Tücke stecken, erinnerte Gerth einleitend. Daher sei es wichtig, klinische Anzeichen zu erkennen und richtig einzuordnen. Der Rheumatologe verdeutlichte das anhand der Kasuistik eines Patienten, der unter neu aufgetretenen frontal lokalisierten und persistenten Kopfschmerzen litt, Schmerzen beim Kauen – eine Claudicatio masticatoria – beschrieb und angab, seine Kopfhaut sei berührungsempfindlich. Zudem zeigte der Patient Zeichen eines reduzierten Allgemeinzustands, Fieber, Nachtschweiss, und er hatte ein wenig an Gewicht abgenommen. Bei der Inspektion waren deutlich geschwollene Arterien am Kopf zu erkennen. Sonografisch wurden eine Wandverdickung sowie eine Flussbeschleunigung sichtbar. Die Biopsie bestätigte die deutliche Verdickung der Gefässwand, und der pathologische Befund zeigte im Biopsat Riesenzellen. «Damit lag hier eine Riesenzellarteriitis vor. Für eine solche gibt es keine validierten Diagnosekriterien, oft ist es eine Art Puzzle», merkte der Experte an. Eine Diagnose ergibt sich aus dem Zusammenspiel von Klinik (in diesem Fall die neu aufgetretenen Kopfschmerzen und die AZ-Reduktion),
Tabelle:
Klassifikationskriterien für eine Riesenzellarteriitis (RZA)
Kriterien Obligates Kriterium (muss erfüllt sein):
Score
Alter ≥ 50 Jahre bei ED Zusätzliche klinische Kriterien
Morgensteifigkeit in Schulter/Nacken
+2
Plötzlicher Visusverlust
+3
Kiefer- oder Zungenclaudicatio
+2
Neuer Schläfenkopfschmerz
+2
Schmerzempfindlichkeit der Kopfhaut
+2
Abnormale Untersuchung der Temporalarterien Labor-, Bildgebungs- und Biopsiekriterien
+2
Höchste BSG ≥ 50 mm oder höchstens CRP ≥ 10 mg/l
+3
Positive Biopsie oder Halo-Zeichen in der Sonografie
+5
Beteiligung der A. axillaris bilateral
+2
FDG-PET-Aktivität in der Aorta
+2
Total
Sensitivität: 87,0% (82,0–91,0); Spezifität: 94,8% (91,0–97,4);
≥ 6 Punkte = RZA. Quelle: nach (3)
Labor (erhöhte Entzündungswerte sind sehr wichtige Parameter), Bildgebung und/oder Histologie (1, 2). Weitere Charakteristika der Erkrankung kann man den Klassifikationskriterien entnehmen (siehe auch Tabelle). Als typisch zu erwähnen sind beispielsweise die Morgensteifigkeit im Schulter-Nacken-Bereich, ein Sehverlust, die bereits genannte Claudicatio der Kiefermuskulatur, der Schläfenkopfschmerz, eine Schmerzempfindlichkeit der Kopfhaut sowie verdickte und schmerzhafte Temporalarterien. Daneben erscheint im Labor eine Erhöhung der Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) und im PET ein «Leuchten» der Gefässe. Am gefährlichsten ist es, wenn die Gefässentzündung die Augen betrifft: Ist der Blutzufluss zum Auge unterbrochen, führt das zum Visusverlust bis hin zur Erblindung. Ist im fundoskopischen Befund eine Schwellung der Papille zu erkennen und liegt eine anteriore ischämische Optikusneuropathie (AION) vor, ist das ein irreversibler Befund (4).
Auf Red Flags reflexartig reagieren
Als Red Flags für eine Riesenzellarteriitis (RZA) gelten neu auftretende Kopfschmerzen bei Patienten > 50 Jahre, pathologische Temporalarterien (pulslos und druckdolent) und eine stark erhöhte BSG (> 50 mm). «Auf eine solche Konstellation sollten Sie reflexartig reagieren», so der Experte. «Und das heisst in diesem Fall nicht kleckern, sondern klotzen. Also erst einmal 50 mg Prednisolon täglich ansetzen und den Patienten notfallmässig dem Rheumatologen zuweisen. Damit verbauen Sie sich und dem Patienten nichts, und für die genaue Diagnose bleibt immer noch Zeit.» Auch die Leitlinien empfehlen bei Verdacht auf eine RZA die Applikation von 40 bis 60 mg Prednisolon/Tag. Liegen visuelle Symptome vor und besteht ein Verdacht auf eine Augenbeteiligung, dann reicht diese Menge allerdings nicht aus. Stattdessen sollen für 3 Tage 250 mg bis 1 g Prednisolon pro Tag intravenös gegeben werden. Die Anbehandlung beeinträchtigt die Diagnosestellung nicht: Im PET «leuchten» die betroffenen Gefässe auch nach Therapiebeginn noch.
Gute Kooperation zwischen Hausarzt und Rheumatologe essenziell
Kortison sollte beibehalten und die Dosis langsam gesenkt werden; als Ziel ist nach 2 bis 3 Monaten eine Dosis von 15 bis 20 mg/Tag anzustreben. Nach 1 Jahr sollte die Dosis dann auf 5 mg reduziert sein. Aber wo Licht ist, ist auch Schatten. Durch die hohe Dosierung im ersten Vierteljahr beziehungsweise die lange Zeit, über die leitliniengerecht zu behandeln
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BERICHT
Klinische Krankheitscharakteristika und möglicher initialer Diagnosealgorithmus bei Patienten mit V. a. PMR bzw. RZA
● älterer Patient > 50 Jahre ● klinisch Verdacht auf PMR bzw. RZA ● ggf. unspezifische Symptome:
Fieber, Nachtschweiss, Gewichtsverlust, AZ-Reduktion …
Red Flags PMR proximale Symptomatik (Schulter-/Beckengürtel): ● neue bilaterale
Muskelschmerzen ● Muskelschwäche ● Morgensteifigkeit
(typisch nachts und frühmorgens)
Red Flags RZA kraniale Symptomatik: ● Kopfschmerzen ● schmerzhafte/
verdickte A. temporalis ● Claudicatio
masticatoria ● Berührungs-
empfindlichkeit der Kopfhaut
BSG/CRP erhöht? ja nein
einem Relaps, bei fehlendem Ansprechen, bei Unverträglichkeiten oder bei Nebenwirkungen der hohen Kortisondosis. Tocilizumab ist ein Antikörper, der Interleukin-6 blockiert und gegen die Entzündung wirkt. Die Zulassung zur Therapie der RZA basiert auf den Daten der GIACTA-Studie (6), in der Patienten mit RZA von der wöchentlichen respektive 2-wöchentlichen Gabe von Tocilizumab zusammen mit Kortison im Vergleich zur alleinigen Kortisongabe profitiert haben. Gerth: «Das war ein Durchbruch in der Behandlung, die Remissionsraten waren besser, und der Verbrauch an Kortison liess sich ebenso wie die Nebenwirkungen deutlich reduzieren.» Dabei ist die Wirkung von Tocilizumab stärker als die des MTX, wie eine Subgruppenanalyse ergeben hatte (7). Der wichtigen Frage, wie lange man die Therapie fortführen muss, hat sich eine Studie aus der Schweiz angenommen, in der ermittelt wurde, wie viele Patienten 1 Jahr nach Beendigung einer Therapie mit Tocilizumab noch in Remission sind. Die Chance auf eine anhaltende Remission war 50:50. «Das ist ein schwieriges Ergebnis. Insbesondere wenn schon eine Augenbeteiligung vorliegt, fällt der Entscheid, die Therapie zu stoppen, auf dieser Basis schwer», so Gerth. Die Alternative bestehe in der lebenslangen Fortführung der Behandlung, das sei jedoch mit den Patienten individuell zu diskutieren.
PMR bzw. RZA wahrscheinlich*
PMR bzw. RZA unwahrscheinlich*
*in Abhängigkeit von der klinischen Wahrscheinlichkeit ggf. fachärztliche rheumatologische Vorstellung und weitere Diagnostik (u. a. Di erenzialblutbild, Elektrolyte, Kreatininkinase, Urinstatus, Serumeiweisselektrophorese, Rheumafaktor, antinukleäre Antikörper [ANA], CCP[zyklische citrullinierte Peptide]-Antikörper, thyreoideastimulierendes Hormon [TSH], Röntgenthorax, Magnetresonanztomografie, Echokardiografie, Quantiferontest)
Abbildung: Vorgehen bei Verdacht auf Riesenzellarteriitis (RZA) respektive Polymyalgia rheumatica (PMR; AZ: Allgemeinzustand, BSG: Blutsenkungsgeschwindigkeit, CRP: C-reaktives Protein; adaptiert n. Buttgereit et al., JAMA 2016; 315[22]: 2442–2458)
ist, muss zwangsläufig auch mit vielen dadurch bedingten Nebenwirkungen gerechnet werden. So bedeutet eine mittlere Glukokortikoidtagesdosis von 30 mg/Tag im Vergleich zu einer von 5 mg/Tag deutlich erhöhte Inzidenzratenverhältnisse (IRR; für Diabetes mellitus: 4,7; für Osteoporose: 1,9; für Frakturen: 2,6; für Glaukom: 3,5; für schwere Infektionen: 3,3; für Tod: 2,1) (5). «Das ist der Preis, den man zahlt, um die Vaskulitis in den Griff zu bekommen», so Gerth. Deshalb sei es so wichtig, dass Rheumatologen und Hausärzte hier gut zusammenarbeiten, um eben diese Komplikationen zu vermeiden respektive sie früh zu entdecken und zu behandeln. Auch eine Knochendichtemessung gehört bei dauerhaftem Steroidgebrauch dazu. Liegt eine Osteoporose vor, muss sie behandelt werden. Prophylaktisch ist auf eine ausreichende Zufuhr von Kalzium und Vitamin D3 zu achten.
Häufig mit PMR vergesellschaftet
Nicht alles in der Rheumatologie ist jedoch so eindeutig: Die Hälfte der Patienten mit RZA leidet auch an einer Polymyalgia rheumatica (PMR); Letztere ist sogar deutlich häufiger (RZA: 20/100 000; PMR: 1000/100 000; jeweils > 50. Lebensjahr) (8). Darüber hinaus gibt es Überschneidungen: Die PMR betrifft ebenfalls vorwiegend Ältere, im Verhältnis 3:1 Frauen, fast ausschliesslich über 50 Jahre alt. Auch die Anfangssymptome sind wie bei der RZA unspezifisch – Fieber, Nachtschweiss, allgemeines Unwohlsein, depressive Verstimmungen. Typisch für eine PMR sind proximale Muskelschmerzen im Nackenbereich, im Schulter- und Beckengürtel. Die Patienten sind oft nicht in der Lage, die Arme zu heben oder Treppen zu steigen. Ganz typisch ist auch eine zirkadiane Rhythmik, die Beschwerden sind nachts und frühmorgens besonders ausgeprägt. Anders als bei Arthrosepatienten ist es jedoch mehr als ein Anlaufschmerz, die Beschwerden halten oft Stunden an und bessern sich erst im Tagesverlauf. Beide Erkrankungen gehen mit Allgemeinsymptomen wie Fieber, Nachtschweiss und erhöhten Entzündungswerten einher. Oft liegt nicht das eine oder das andere vor, sondern ein Kontinuum beider Erkrankungen. Die Diagnose leitet sich aus typischen Symptomen, klinischen Befunden sowie entsprechenden Laborergebnissen (BSG, CRP) ab (siehe auch Abbildung). Normale Entzündungswerte schliessen keine der beiden Erkrankungen aus. Eine solche Konstellation sei jedoch so selten, dass die Diagnose stark hinterfragt werden sollte, mahnte Gerth.
Therapie der RZA
Dass eine Grossgefässvaskulitis mit Kortison behandelt wird, ist seit Jahrzehnten bekannt. Neuer ist hingegen, dass mit Tocilizumab eine Alternative zum Methotrexat (MTX) als steroidsparende Therapie zur Verfügung steht, wenn die Therapie mit Kortison nicht ausreicht, wie zum Beispiel bei
PMR unter Therapie schlagartig besser
Die Leitlinie zur Behandlung einer PMR weist darauf hin, dass selbst bei klinisch hinreichender Befundkonstellation Erkrankungen mit PMR-ähnlichen Symptomen (z. B. nicht entzündliche, entzündliche, medikamenteninduzierte, endokrine, infektiöse oder neoplastische Erkrankungen) ausge-
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BERICHT
Therapie der Polymyalgia rheumatica (PMR) und der Riesenzellarteriitis (RZA)
PMR ▲ Prednisolon initial 15–25 mg/Tag
• 10 mg/Tag nach 4–8 Wo. • danach Reduktion um 1 mg/4 Wo. bis zum Absetzen ▲ CAVE: Steroidnebenwirkungen ▲ MTX erwägen bei dauerhaftem Steroidgebrauch oder Rezidiven ▲ ggf. Vorstellung Rheumatologe
RZA ▲ Prednisolon 50 mg sofort ▲ MTX, Tocilizumab durch den Rheumatologen ▲ Notfall – sofort rheumatologisch oder in einem
Zentrum vorstellen!
schlossen werden sollten (9). Auch die Therapie der PMR fusst auf Glukokortikoiden (GK) unmittelbar nach Diagnose; die Dosierung sollte dabei so hoch wie nötig und so niedrig wie möglich erfolgen. Als Initialdosis werden 15 bis 25 mg Prednisonäquivalent pro Tag oral als morgendliche Einzeldosis empfohlen – nicht < 7,5 und nicht > 30 mg! Stelle sich wenige Tage nach Beginn der Therapie ein Gefühl «wie neugeboren» ein und fielen die Entzündungswerte rasch, bestätige das die Diagnose; sollte das nicht der Fall sein, sei die Diagnose infrage zu stellen, unterstrich der Rheumatologe. In diesem Fall sollte die Dosis nach 4 bis 8 Wochen auf 10 mg/ Tag reduziert sein, gefolgt von weiteren Reduktionen alle 4 Wochen um 1 mg pro Woche bis zum Absetzen.
Nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) eignen sich nicht zur Therapie einer PMR, sie können allenfalls zusätzlich bei Schmerzen anderer Ursache eingesetzt werden. Bei Rezidiven oder anhaltender Aktivität ist frühzeitig die Gabe von MTX zu erwägen, ebenso ohne ausreichendes Ansprechen auf GK, lange Therapiedauer, Risikofaktoren, Komorbiditäten und/ oder GK-bedingte Nebenwirkungen. Die zusätzliche Gabe von MTX reduziert die kumulative GK-Dosis um 20 bis 44 Prozent und die Rezidivhäufigkeit um 36 bis 54 Prozent. s
Christine Mücke
Quelle: «Die ‹Red Flags› des rheumatischen Schmerzes», Vortrag am Symposium «Hausärzte und Fachärzte im Dialog», Reha Rheinfelden, 16.11.2023.
Referenzen in der Onlineversion des Beitrags unter www.arsmedici.ch
24Frühjahrskongress Congrès de printemps
Creative medicine: renew & transmit
29. bis 31. Mai 2024 – 29 au 31 mai 2024 Congress Center Basel
Hybride Veranstaltung – manifestation hybride
Rengoiswte! r
Eine Fortbildungsveranstaltung der Schweizerischen Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin Une formation continue de la Société Suisse de Médecine Interne Générale
sgaim.ch/fk24 sg a i m . c h /cp24
Osteoporosebehandlung
Anabole und antiresorptive Therapiemöglichkeiten
BERICHT
Foto: zVg
Massenabbau und Qualitätsverlust des Knochens charakterisieren die Osteoporose. Wie ein osteoporotischer Knochen behandelt werden kann sowie wann und wie antiresorptive und anabole Therapeutika eingesetzt werden, erklärte Prof. Stephan Gadola, Klinik für Rheumatologie und Schmerzmedizin, Bethesda Spital Basel, am Forum für medizinische Fortbildung (FOMF) Allgemeine Innere Medizin in Basel.
Die Verminderung der Knochendichte und die
qualitative Verschlechterung der Knochenge-
webestruktur bei Patienten mit Osteoporose
führen zu einer vermehrten Brüchigkeit des
Knochens und damit zu einer erhöhten Frak-
turneigung. Ist eine osteoporotische Fraktur
aufgetreten, entspricht dies bereits einer schwe-
ren Osteoporose. Gemäss einer Erhebung
waren 2019 in der Schweiz 524 000 Personen
Stephan Gadola
von Osteoporose betroffen, und es kam zu 82 000 neuen Fragilitätsfrakturen, was sich auf
Kosten im besagten Jahr von 3,4 Milliarden
Franken belief (1). Mit der steigenden Lebenserwartung
werde die Zahl der Patienten mit Osteoporose vermutlich
weiter zunehmen, so Gadola. Frauen > 50 Jahre haben ein
Risiko von 22,5 Prozent, in ihrem restlichen Leben eine Hüft-
fraktur zu erleiden, bei Männern liegt das Risiko bei 7,1
Prozent (1).
Was ein Knochen braucht, und was ihn gefährdet
Knochen bestehen zu 90 Prozent aus einem Kollagengerüst, in das zu > 99 Prozent der Knochenmineralstoff Hydroxyapatit (Kalzium, Phosphat) eingebaut ist. Kleinere Knochenschäden werden laufend repariert, um eine gute Knochenqualität zu erhalten. Mit etwa 25 bis 30 Lebensjahren erreicht der Knochen seine höchste Dichte (peak bone mass). Unterstützend für einen guten Knochenaufbau in den ersten 30 Lebensjahren sind eine kalziumreiche Ernährung, genügend Vitamin D3 und sportliche Betätigung. Ab einem Alter von etwa 30 Jahren nimmt die Knochenmasse kontinuierlich ab, das heisst, es wird mehr Knochen abgebaut als aufgebaut. Eine Osteoporose liegt definitionsgemäss bei Abbau der Knochendichte von 30 Prozent oder mehr respektive bei Reduktion derselben unter 2,5 Standardabweichungen der «peak bone mass» vor (d. h. T-Score ≤ –2,5). Die wichtigsten Risikofaktoren für einen akzelerierten Abbau der Knochendichte beziehungsweise eine Osteoporose sind weibliches Geschlecht, frühe Menopause und hohes Alter. Zu weiteren Risikofaktoren zählen eine kaukasische oder asiatische Ethnie, ein Body-Mass-Index < 19 kg/m2, eine
positive Familienanamnese, entzündliche, hämatopoietische und Stoffwechselerkrankungen, chronische Hepathopathien, Immobilität sowie verminderte Produktion oder Funktion knochenanaboler Androgene. Auch Patienten mit Medikamenten wie beispielsweise Glukokortikoide, mit Alkoholoder Nikotinabusus und einer ungenügenden Aufnahme von Vitamin D und Kalzium sind gefährdet.
Bei Verdacht handeln
Bei einer Fraktur nach inadäquatem Trauma sollte immer an eine Osteoporose gedacht werden. Eine rasche Abnahme der Körpergrösse, ein Tannenbaumphänom der Hautfalten am Rücken oder eine Gibbusbildung der Wirbelsäule sind weitere klinische Hinweise. Mit Bildgebung (Röntgen/Computertomografie [CT], Magnetresonanztomografie [MRT]) kann der Verdacht erhärtet werden. Formal kann die Diagnose anhand einer Knochendichtemessung (dual x-ray absorptiometry, DXA) bei Vorliegen eines T-Score ≤ –2,5 gestellt werden. Allerdings sei die DXA fehleranfällig, so Gadola, und könne beispielsweise durch Aortaverkalkungen oder degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule zu hohe/gute Werte anzeigen. Ein relevanter Anteil osteoporotischer Frakturen ist mit normaler oder lediglich osteopener Knochendichte assoziiert. Zu den «major osteoporotic fractures» gehören Wirbel-, Schenkelhals-, Radius- und Humerusfrakturen. Häufig seien auch spontane Sacrumfrakturen, die am verlässlichsten mittels MRT dargestellt werden könnten, so Gadola. Nach einer aufgetretenen Fraktur ist das Risiko für eine weitere Fraktur innerhalb eines Jahres mehr als 5-fach erhöht, wie eine Analyse bei 4190 postmenopausalen zwischen 50 und 90 Jahren ergeben hat (3). Hüftfrakturen führen zu einer stark eingeschränkten Lebensqualität bis hin zur Pflegebedürftigkeit: 2 von 5 Personen benötigen nach einer Hüftfraktur Unterstützung beim Gehen, 3 von 5 Personen können nicht mehr allen Aktivitäten des täglichen Lebens nachgehen (4), und ein Drittel von ihnen muss in ein Pflegeheim umziehen oder verstirbt (5).
Verschiedene Behandlungsmöglichkeiten
Die pharmakologische Therapie besteht einerseits in der Supplementierung von Vitamin D3 (Zielwert im Blut: > 75
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nmol/l) und Kalzium. Die tägliche Kalziumzufuhr soll etwa 1200 mg bei Kindern und Jugendlichen und 1000 mg bei Erwachsenen betragen. Davon soll das meiste mit der Nahrung (Milchprodukte, kalziumreiches Mineralwasser) zugeführt werden. Andererseits stehen antiresorptive und anabole medikamentöse Therapien zur Verfügung. 2021 zeigte eine Untersuchung zur adäquaten Therapie im europäischen Ländervergleich, dass in der Schweiz > 76 Prozent der Frauen (EU: 71%), die eine Therapie benötigen, keine solche erhalten (6).
SERM, Bisphosphonate und Anti-RANKLAntikörper
Der selektive Östrogenrezeptormodulator (SERM) Raloxifen wirkt agonistisch auf den Östrogenrezeptor im Knochen beziehungsweise auf den Knochenstoffwechsel. Bei postmenopausalen Frauen reduziert Raloxifen die Inzidenz vertebraler Frakturen, erhält die Knochenmasse und erhöht die Knochendichte (7). Das Präparat eignet sich einerseits zur Osteoporoseprävention bei osteopenen postmenopausalen Frauen, andererseits auch zur Behandlung der Osteoporose (7). Nachteilig ist das erhöhte Thromboembolierisiko als eine der Nebenwirkungen (7). Raloxifen hat gemäss einer Metaanalyse etwa die gleiche Wirkpotenz wie das klassische Bisphosphonat Alendronat (8). Zu den am häufigsten eingesetzten Medikamenten bei Osteoporose gehören Bisphosphonate wie Alendronat (p.o. 70 mg/ Woche), Risedronat (p.o. 35 mg/Woche), Ibandronat (i.v. 3 mg alle 3 Monate) und Zoledronat (i.v. 1-mal/Jahr). Diese hemmen die knochenabbauenden Osteoklasten, induzieren ihre Apoptose und wirken damit antiresorptiv. Der positive Effekt auf die Knochendichte flacht nach ein paar Jahren ab. Andererseits hemmten Bisphosphonate das Remodelling, so Gadola. Bisphosphonate sollten daher, so Gadola, nach 5 bis spätestens 8 Jahren pausiert werden. Bei Zoledronat, dem potentesten Bisphosphonat, kommt es nach der Infusion häufig zu einer Akutphasereaktion mit Fieber und grippeähnlichen Symptomen, die jedoch nach 2 bis 3 Tagen abklingt. Die Symptome können durch Gabe von Paracetamol abgemildert oder durch eine 1-malige Gabe von 20 mg Prednison vor der Infusion oft ganz umgangen werden, so der Tipp des Experten. Zoledronat kann gemäss Limitatio bei dokumentierter Osteoporose bei Männern und bei postmenopausalen Frauen, bei glukokortikoidinduzierter Osteoporose (T-Score ≤ –2,5 oder Fraktur) sowie bei Morbus Paget verabreicht werden (9). Ein weiteres, sehr potentes antiresorptives Medikament bei Osteoporose ist Denosumab. Dieser monoklonale Antikörper gegen den RANK-Liganden hemmt die Differenzierung und die Aktivierung von Osteoklasten. Das Präparat wird halbjährlich s.c. injiziert und ist bei Männern mit Osteoporose oder erhöhtem Frakturrisiko und bei postmenopausalen Frauen mit Osteoporose indiziert. Es kann ebenfalls bei Frauen mit Brustkrebs und unter Aromatasehemmertherapie sowie bei Männern mit Prostatakarzinom unter Hormonablation bei erhöhtem Frakturrisiko gegeben werden (10). Durch eine Therapieumstellung von einem Bisphosphonat auf Denosumab kann Knochendichte zusätzlich aufgebaut werden (14), und im Gegensatz zu den Bisphosphonaten
steigt die Knochendichte unter Behandlung mit Denosumab auch nach 10 Jahren noch an, wie die Langzeitdaten grosser Studien (FREEDOM [Denosumab], HORIZON [Zoledronat], FLEX [Alendronat]) zeigten (11).
Therapiedauer der Antiresorptiva
Denosumab kann laut Gadola ad infinitum gegeben werden; es gibt, falls keine Komplikationen auftreten, keinen Grund, damit aufzuhören. Nach Absetzen von Denosumab ohne weiterführende antiresorptive Behandlung mit einem Bisphosphonat besteht ein hohes Risiko von Wirbelbrüchen infolge eines Reboundphänomens mit hoher Osteoklastenaktivität. Gemäss Registerdaten aus der Schweiz treten innert 7 bis 20 Monaten nach der letzten Injektion im Median 5 Frakturen auf. Deshalb soll, wenn ein Therapiestopp mit Denosumab geplant ist, unbedingt eine Anschlussbehandlung mit einem Bisphosphonat, beispielsweise eine 1-malige Infusion mit Zoledronat, erfolgen. Bisphosphonate und Denosumab hemmen beide das Remodelling des Knochens nach Mikrofrakturen. Dies ist die wahrscheinliche Ursache für die selten auftretenden atypischen Femurfrakturen (1,7 Frakturen/10 000 Patientenjahre) (13). Eine weitere seltene, aber gefürchtete Nebenwirkung der Antiresorptiva ist die Osteonekrose des Kiefers (0,01– 0,1%) (12). Risikofaktoren, die eine Kiefernekrose mitbegünstigen, sind Immunsuppression, Zahnoperationen oder ein schlechter Zahnstatus. Am häufigsten treten laut Gadola die Kiefernekrosen nach Zoledronat, dem potentesten Bisphosphonat, auf.
Knochenaufbauende Therapie
Das synthetische Polypeptid Teriparatid, das die Wirkung von Parathormon simuliert, stimuliert die Osteoblasten und wirkt so knochenaufbauend. Teriparatid wird 1-mal/Tag s.c. injiziert und als Zweitlinientherapie bei neuen osteoporosebedingten Wirbelfrakturen oder bei steroidinduzierter Osteoporose nach erfolgloser oder unverträglicher Therapie mit Bisphosphonaten eingesetzt. Teriparatid kann nur durch Endokrinologen oder Rheumatologen verordnet werden. Im Vergleich zu Risedronat halbiert eine Teriparatidtherapie das Risiko für Wirbelfrakturen (15). Romosozumab ist ein therapeutischer monoklonaler Antikörper, der durch Hemmung von Sklerostin einerseits die Knochenneubildung fördert, gleichzeitig aber auch die Knochenresorption hemmt. Im Vergleich zu Teriparatid, bei dem die Knochendichte am Femur zunächst etwas absinkt, um sich danach wieder zu erholen, nimmt sie unter Romosozumab von Beginn an zu (2,3% nach 6 Monaten, 2,9% nach 12 Monaten) (16). Die Therapie mit Romosozumab erfolgt als monatliche s.c. Injektion über 12 Monate. Danach muss, wie auch bei Teriparatid, eine Anschlussbehandlung mit Antiresorptiva folgen, um den Gewinn an Knochenmasse zu erhalten (17). Romosozumab darf nur durch Endokrinologen, Rheumatologen oder Knochenspezialisten verordnet werden und ist bei einer Vorgeschichte mit Myokardinfarkt oder ischämischem Hirnschlag kontraindiziert (18).
Frakturrisiko bestimmt Art der Therapie
Das Frakturrisikos bei Osteoporose wird nebst der Knochendichte durch viele verschiedene Faktoren beeinflusst:
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s Anzahl, Art und der Zeitpunkt früherer Insuffizienzfrak-
turen
s Alter
s Geschlecht
s Zeitpunkt der Menopause vor dem 45. Lebensjahr
s Sturzrisiko (> 1 Sturz in den letzten 12 Monaten)
s Begleiterkrankungen (z. B. Morbus Crohn, rheumatoide
Arthritis, Morbus Parkinson)
s positive Familienanamnese
s Alkohol- und Nikotinkonsum
s tägliche Kalziumeinnahme
s Vitamin-D3-Spiegel
s Medikamente (z. B. Kortikosteroide).
Das Frakturrisiko kann anhand des länderspezifischen
FRAX-Tools (QR-Link) und dem Tool der Osteoporose-
Plattform (TOP) (QR-Link) berechnet werden. Gemäss den
Empfehlungen der Schweizerischen Vereinigung gegen Os-
teoporose (SVGO) (19) soll bei einem tiefen Frakturrisiko
eine Knochendichtemessung in 5 bis 10 Jahren wiederholt
werden, ab moderatem Risiko alle 2 Jahre (18). Während
Vitamin-D3- und Kalziumsubstitution sowie Lifestyle-Mass-
nahmen bei jedem Risiko erfolgen sollten, werden SERM
und Bisphosphonate erst ab moderatem Risiko empfohlen.
Ab hohem Risiko wird Denosumab empfohlen, im Fall von
früheren Wirbelfrakturen und/oder einem tiefen T-Score
< –3,5 auch Teriparatid und bei sehr hohem beziehungsweise
imminentem Risiko und fehlender Kontraindikation auch
Romosozumab. Im Fall einer osteoporotischen Fraktur sei es
erstmal das Wichtigste, den Knochen mit einem osteoana-
bolen Medikament wie Romosozumab oder Teriparatid auf-
zubauen; danach könne der Effekt durch Denosumab oder
durch ein potentes Bisphopshonat konsolidiert werden, so
Gadola abschliessend.
s
Valérie Herzog
Quelle: «Gelenkschmerzen», Forum für medizinische Fortbildung (FOMF) Allgemeine Innere Medizin, 30. Januar bis 3. Februar 2024 in Basel.
Linktipps
FRAX-Tool für die Schweiz www.rosenfluh.ch/qr/fraxrechner-schweiz
Referenzen: 1. Willers C et al.: Osteoporosis in Europe: a compendium of country-spe-
cific reports. Arch Osteoporos. 2022;17(1):23. Published 2022 Jan 26. doi:10.1007/s11657-021-00969-8. 2. Beck-Nielsen SS et al.: Defining a growing and maturing skeleton and its relevance in diseases that affect skeletal growth, such as x-linked hypophosphataemia (XLH). Int J Rare Dis Disord. 2021, 4:029. doi:10.23937/26434571/1710029. 3. van Geel TA et al.: Clinical subsequent fractures cluster in time after first fractures. Ann Rheum Dis. 2009;68(1):99-102. doi:10.1136/ ard.2008.092775. 4. Cooper C: The crippling consequences of fractures and their impact on quality of life. Am J Med. 1997;103(2A):12S-19S. doi:10.1016/s00029343(97)90022-x. 5. Leibson CL et al.: Mortality, disability, and nursing home use for persons with and without hip fracture: a population-based study. J Am Geriatr Soc. 2002;50(10):1644-1650. doi:10.1046/j.1532-5415.2002.50455.x. 6. Kanis JA et al.: SCOPE 2021: a new scorecard for osteoporosis in Europe. Arch Osteoporos. 2021;16(1):82. Published 2021 Jun 2. doi:10.1007/s11657020-00871-9. 7. Fachinformation Evista®: www.swissmedic.ch. Letzter Abruf: 23.2.24. 8. Kim Y et al.: Comparative safety and effectiveness of alendronate versus raloxifene in women with osteoporosis. Sci Rep. 2020;10(1):11115. doi:10.1038/s41598-020-68037-8. 9. Fachinformation Zolendronsäure: www.swissmedic.ch. Letzter Abruf: 23.2.24. 10. Fachinformation Prolia®: www.swissmedic.ch. Letzter Abruf: 23.2.24. 11. Kendler DL et al.: Denosumab in the Treatment of Osteoporosis: 10 Years Later: A Narrative Review. Adv Ther. 2022;39(1):58-74. doi:10.1007/ s12325-021-01936-y. 12. Ruggiero SL et al.: Bisphosphonate-related osteonecrosis of the jaw: diagnosis, prevention, and management. Annu Rev Med. 2009;60:85-96. doi:10.1146/annurev.med.60.063007.134350. 13. Black DM et al.: Atypical femur fracture risk versus fragility fracture prevention with bisphosphonates. N Engl J Med. 2020;383(8):743-753. doi:10.1056/NEJMoa1916525. 14. Miller PD et al.: Efficacy and safety of denosumab vs. bisphosphonates in postmenopausal women previously treated with oral bisphosphonates. Osteoporos Int. 2020;31(1):181-191. doi:10.1007/s00198-019-05233-x. 15. Kendler DL et al.: Effects of teriparatide and risedronate on new fractures in post-menopausal women with severe osteoporosis (VERO): a multicentre, double-blind, double-dummy, randomised controlled trial. Lancet. 2018;391(10117):230-240. doi:10.1016/S0140-6736(17)32137-2. 16. Langdahl BL et al.: Romosozumab (sclerostin monoclonal antibody) versus teriparatide in postmenopausal women with osteoporosis transitioning from oral bisphosphonate therapy: a randomised, open-label, phase 3 trial. Lancet. 2017;390(10102):1585-1594. doi:10.1016/S01406736(17)31613-6. 17. Saag KG et al.: Romosozumab or alendronate for fracture prevention in women with osteoporosis. N Engl J Med. 2017;377(15):1417-1427. doi:10.1056/NEJMoa1708322. 18. Fachinformation Evenity®: www.swissmedic.ch. Letzter Abruf: 27.2.24. 19. Ferrari S et al.: 2020 recommendations for osteoporosis treatment according to fracture risk from the Swiss Association against Osteoporosis (SVGO). Swiss Med Wkly. 2020;150:w20352. doi:10.4414/smw.2020.20352.
Osteoporose-Plattform (TOP) https://www.rosenfluh.ch/qr/top
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THE
EUROPEAN DOCTORS ORCHESTRA
CAMILLE SAINT SAËNS Danse Bacchanale aus Samson und Dalila, Op. 47 GEORGE GERSHWIN Klavierkonzert in F-Dur SERGEJ PROKOFJEW Romeo und Julia, Suite No. 2, Op. 64ter
Christopher Morris Whiting Leitung Charl du Plessis Klavier
Stadtcasino Basel, grosser Saal
Sonntag 23. Juni 2024, 17 Uhr
Benefizkonzert zugunsten der Krebsliga beider Basel
Systemischer Lupus erythematodes
Hoffnung dank neuer Therapieansätze
BERICHT
Hauptpfeiler der Behandlung des systemischen Lupus erythematodes stellen seit Langem Glukokortikoide und Hydroxychloroquin dar. Im Rahmen der Eröffnungssitzung des Jahreskongresses der Schweizerischen Gesellschaft für Rheumatologie (SGR) berichtete Prof. Dr. med. Johannes von Kempis, St. Gallen, über neue therapeutische Ansätze und erinnerte daran, dass auch bei dieser Erkrankung ein Treat-to-target-Vorgehen wichtig ist.
Zu Beginn seines Vortrags erinnerte Prof. Dr. med. Johannes von Kempis, Kantonsspital St. Gallen, daran, dass der systemische Lupus erythematodes (SLE) zuletzt vor 5 Jahren Thema in einer der Hauptsitzungen des Jahreskongresses war. «Seither hat sich auf der Basis der Grundlagenforschung doch einiges ergeben, das sich auch auf die Therapie auswirkt», betonte er.
Treat-to-target auch beim SLE
Zu den neueren Prinzipien in der Behandlung des SLE gehört ein Treat-to-target-Ansatz, in Analogie zu dem bei chronisch entzündlichen Gelenkerkrankungen bereits seit Längerem üblichen Vorgehen. «Mittlerweile gibt es auch zum Lupus sehr viele, sehr gute Daten, die zeigen, dass eine lang andauernde, hohe Krankheitsaktivität über die Jahre zu einem höheren Mass an Organschäden führt», berichtete von Kempis. Deshalb sei es wichtig, frühzeitig und mit einem möglichst konkreten Ziel zu behandeln. Die European Alliance of Associations for Rheumatology (EULAR) hat als konkrete Behandlungsziele bereits 2019 eine Remission beziehungsweise eine niedrige Krankheitsaktivität definiert (1). «Wer selbst solche Patientinnen und Patienten behandelt, weiss aller-
KURZ & BÜNDIG
� Beim systemischen Lupus erythematodes ist ein Treat-totarget-Vorgehen angezeigt.
� Neben Rituximab und Belimumab steht mit Anifrolumab nun ein drittes Biologikum zur Verfügung.
� Weitere Optionen wie etwa der Anti-BDCA2-Antikörper Litifilimab, der TYK2-Hemmer Deucravacitinib und der Anti-CD38-Antikörper Daratumumab werden in klinischen Studien untersucht.
� Die Anti-CD19-CAR-T-Zell-Therapie könnte für Betroffene mit einer therapierefraktären Erkrankung eine vielversprechende Behandlungsoption darstellen.
dings, dass eine Remission – definiert als ein SLEDAI von 0 – mit Hydroxychloroquin allein, also ohne Glukokortikoide, in den meisten Fällen kaum realistisch ist», so der Experte. Eine niedrige Krankheitsaktivität, das heisst ein Systemic Lupus Erythematosus Disease Activity Index (SLEDAI) von < 4 mit einer Prednisondosis von < 7,5 mg/Tag und einer stabilen Dosis eines gut verträglichen Immunsuppressivums, sei dagegen für viele Patienten ein erreichbares Ziel. Bevor von Kempis spezifisch auf einzelne medikamentöse Neuentwicklungen einging, erinnerte er daran, dass SLE-Studien bei Patienten durchgeführt werden, die bereits mit einer Standardtherapie – bestehend aus Steroiden mit oder ohne ein konventionelles synthetisches, krankheitsmodifizierendes Antirheumatikum (csDMARD) – gut behandelt werden. «Beim Vergleich von Plazebo plus Standardtherapie versus einer neuen Substanz plus Standardtherapie sind dadurch nur relativ geringe Unterschiede zu erwarten», betonte er und erläuterte weiter, dass zur Beurteilung der klinischen Wirksamkeit in den Studien neben dem SLEDAI, einem einfachen, auch in der Praxis gut anwendbaren Score, der BILAG(British Isles Lupus Assessment Group)-Index verwendet wird, der spezifisch für die Forschung entwickelt wurde und komplex aufgebaut ist. Diese beiden Hauptindizes flössen auch in die klinischen Endpunkte SRI-4 und BILCA (British Isles Lupus Assessment Group-based Composite Lupus Assessment) ein, so der Experte. «Ein SRI-4 beinhaltet eine Verbesserung des SLEDAI um mindestens 4 Punkte, keine Verschlechterung des BILAG und maximal eine leichte Verschlechterung im Physician’s Global Assessment, dem PGA. BILCA ist sozusagen das Gegenteil, das heisst eine Verbesserung des BILAG, keine Verschlechterung des SLEDAI sowie maximal eine leichte Verschlechterung des PGA», sagte von Kempis. Ein weiterer häufig in Studien verwendeter Score ist der Lupus Skin Activity Index (CLASI).
Anifrolumab, drittes Biologikum zur SLE-Therapie
Zu den therapeutischen Neuentwicklungen der letzten Jahre gehört Anifrolumab, ein monoklonaler Antikörper, der an die Untereinheit 1 des Typ-I-Interferon-Rezeptors (IFNAR1)
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bindet. Damit steht neben Rituximab und Belimumab nun ein drittes Biologikum zur Behandlung von Personen mit SLE zur Verfügung. Die Sicherheit und Wirksamkeit von Anifrolumab wurden in 2 multizentrischen, randomisierten, doppelblinden, plazebokontrollierten Phase-III-Studien mit einer 52-wöchigen Behandlungsphase (TULIP 1 und TULIP 2) untersucht. In TULIP 2 erhielten 362 Personen mit SLE zusätzlich zur Standardtherapie 1:1 randomisiert entweder Anifrolumab (300 mg i.v. alle 4 Wochen) oder Plazebo (2). Primärer Endpunkt war die Verbesserung der Krankheitsaktivität nach 52 Wochen, gemessen mittels BICLA (British Isles Lupus Assessment Group [BILAG}-based Composite Lupus Assessment). Mit einem BICLA-Ansprechen von 47,8 Prozent in der Verumgruppe im Vergleich zu 31,5 Prozent in der Plazebogruppe ergab sich hier ein signifikanter Unterschied (p = 0,001). «Die Differenz von 16,3 Prozent mag für viele nicht beeindruckend klingen, ist es aber im individuellen Fall durchaus», kommentierte von Kempis dieses Resultat. In TULIP 2 wurde zudem eine Reihe von sekundären Endpunkten erreicht. So konnte bei 51,5 Prozent in der Anifrolumabgruppe gegenüber 30,2 Prozent in der Plazebogruppe die Prednisondosierung dauerhaft auf < 7,5 mg pro Tag reduziert werden (p = 0,01). Insgesamt 49 Prozent der Patienten unter Anifrolumab erreichten in Woche 12 eine mehr als 50-prozentige Reduktion im CLASI im Vergleich zu 25 Prozent der Patienten unter Plazebo (p = 0,04). «Und das bei insgesamt guter Sicherheit. Herpes-zoster-Infektionen traten in der Verumgruppe allerdings etwas häufiger auf als unter Plazebo», so der Referent.
Substanzen in klinischer Prüfung
Zu den Substanzen, die sich aktuell in klinischer Prüfung zur Behandlung des SLE befinden, gehört Litifilimab. Dieser Antikörper bindet an den Rezeptor BDCA2 (blood dendritic cell antigen 2), der ausschliesslich von plasmazytoiden dendritischen Zellen exprimiert wird, und unterdrückt damit die Freisetzung von Typ-I-Interferon. 4 unterschiedliche Dosierungen von Litifilimab (subkutan) wurden in der PhaseII-Studie LILAC im Vergleich zu Plazebo bei 120 Patienten mit SLE untersucht (3). Der primäre Endpunkt der Studie war die Anzahl geschwollener und schmerzhafter (d. h. aktiver) Gelenke. Über einen Zeitraum von 24 Wochen nahm diese unter Litifilimab signifikant stärker ab als unter Plazebo. «Zudem erreichte ein grösserer Anteil der Teilnehmer in der Litifilimabgruppe ein SRI-4», ergänzte der Experte, «also ein interessanter neuer Antikörper, der aktuell in einer Phase-III-Studie weiter untersucht wird.» Mit Deucravacitinib wird auch ein Hemmer der Tyrosinkinase 2 (TYK2) in der Behandlung des SLE untersucht. In der Phase-II-Studie PAISLEY wurde bei 363 SLE-Erkrankten zusätzlich zur Standardtherapie die Gabe von 2-mal täglich 3 oder 6 mg beziehungsweise 1-mal täglich 12 mg Deucravacitinib mit Plazebo über einen Zeitraum von 48 Wochen mit Plazebo verglichen (4). Ein höherer Anteil der mit Deucravacitinib behandelten Patienten erreichte schliesslich den primären Endpunkt (SRI-4 in Woche 32) – mit einer signifikanten Differenz zu Plazebo in den Dosierungen von 3 beziehungsweise 6 mg 2-mal täglich. Ein höherer Anteil habe zudem in Woche 48 verschiedene sekundäre Endpunkte (BICLA- oder CLASI-50-Ansprechen) erreicht,
und dies bei einem guten Sicherheitsprofil, wie der Experte anmerkte.
Hoffnung für therapierefraktäre Patienten
Als neuer Ansatz beim therapierefraktären SLE könnte sich
Daratumumab erweisen. Der Antikörper richtet sich gegen
CD38 auf der Oberfläche von Plasmazellen und reduziert
dadurch die Produktion von Autoantikörpern. Bisher erhiel-
ten 2 Patientinnen mit schwerem, lebensbedrohlichem SLE
zusätzlich zur Standardtherapie eine Behandlung mit Dara-
tumumab (1-mal pro Woche über 4 Wochen), gefolgt von
einer Erhaltungstherapie mit Belimumab (5). In beiden Fällen
erwies sich die Therapie als erfolgreich; das Ansprechen hielt
bisher über 3 Jahre an (6). In einer monozentrischen, offenen
Studie sollen nun die Sicherheit und Wirksamkeit von
Daratumumab in Kombination mit einer Standardtherapie
bei 10 Patienten mit mittelschwerem bis schwerem SLE un-
tersucht werden (DARALUP) (7).
Zum Schluss seines Vortrags ging von Kempis auf die Anti-
CD19-CAR(chimeric antigen receptor)-T-Zell-Therapie,
einen weiteren neuen und vielversprechenden Ansatz, ein.
Bisher liegen Daten zu 7 Patienten vor, die eine CAR-T-
Zell-Therapie erhalten haben (8, 9). Bei allen war die klini-
sche Aktivität nach 12 Monaten vollständig verschwunden
(SLEDAI = 0), für 3 Patienten konnte dies auch nach 15, 21
und 25 Monaten gezeigt werden. «Dies lässt nach und nach
auch diejenigen Kritiker verstummen, welche die anfangs
beobachteten Verbesserungen nicht den CAR-T-Zellen,
sondern der Lymphoablation zugeschrieben hatten, die im
Rahmen der Behandlung notwendig ist», sagte er und fasste
zusammen: «Aktuell sieht die Situation in Bezug auf die The-
rapie des SLE relativ rosig aus. Dies war vor 5 Jahren noch
nicht der Fall.»
s
Therese Schwender
Quelle: Jahreskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Rheumatologie (SGR), 31. August und 1. September 2023, Interlaken.
Referenzen: 1. Fanouriakis A et al.: 2019 update of the EULAR recommendations for the
management of systemic lupus erythematosus. Ann Rheum Dis. 2019;78:736-745. 2. Morand EF et al.: Trial of Anifrolumab in active systemic lupus erythematosus. N Engl J Med. 2020;382:211-221. 3. Furie RA et al.: Trial of anti-BDCA2 antibody Litifilimab for systemic lupus erythematosus. N Engl J Med. 2022;387:894-904. 4. Morand EF et al.: Deucravacitinib, a tyrosine kinase 2 inhibitor, in systemic lupus erythematosus: a phase II, randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Arthritis Rheumatol. 2023;75:242-252. 5. Ostendorf L et al.: Targeting CD38 with Daratumumab in refractory systemic lupus erythematosus. N Engl J Med. 2020;383:1149-1155. 6. Alexander T et al.: Sustained responses after anti-CD38 treatment with daratumumab in two patients with refractory systemic lupus erythematosus. Ann Rheum Dis. 2023;82(11):1497-1499. 7. An open label study to evaluate Daratumumab in participants with moderate to severe systemic lupus erythematosus (DARALUP). ClinicalTrials.gov, NCT04810754. 8. Mackensen A et al.: Anti-CD19 CAR T cell therapy for refractory systemic lupus erythematosus. Nat Med. 2022;28:2124-2132. 9. Taubmann J et al.: Long term safety and efficacy of CAR-T cell treatment in refractory systemic lupus erythematosus - data from the first seven patients. Ann Rheum Dis. 2023;82:93-94 (OP0141).
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KEINE ZEIT ZU WARTEN
JETZT ZIELGERICHTET GEGEN DEN LUPUS1
Benlysta ist indiziert1 • zur Verminderung der Krankheitsaktivität bei Patienten ab 5 Jahren (Infusionslösung)
bzw. ab 18 Jahren (subkutane Injektion) mit aktivem, Autoantikörper-positivem systemischem Lupus erythematodes (SLE) unter Basistherapie.
• zur Behandlung von Lupusnephritis bei erwachsenen Patienten unter Standardtherapie.
Benlysta wurde bei Patienten mit schwerem, aktivem Lupus des Zentralnervensystems nicht untersucht.
Neu : BAG Limitatio vereinfacht2
Dieses fiktive Patientenbild dient nur zur Veranschaulichung.
BENLYSTA Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung, Lösung zur subkutanen Injektion. W: Belimumab. I: Verminderung der Krankheitsaktivität bei Patienten ab 5 Jahren (Infusionslösung) respektive bei Patienten ab 18 Jahren (subkutane Injektion) mit aktivem, Autoantikörper-positivem systemischem Lupus erythematodes (SLE) unter Basistherapie. Behandlung von Lupusnephritis (LN) bei erwachsenen Patienten, die eine Standardtherapie erhalten. Belimumab wurde bei schwerem, aktivem Lupus des Zentralnervensystems nicht untersucht. D: Infusionslösung (SLE ab 5 Jahren, LN ab 18 Jahren): 10 mg/kg an den Tagen 0, 14, 28, dann alle 4 Wochen. Lösung zur subkutanen Injektion (ab 18 Jahren): SLE: 200 mg alle 7 Tage (gewichtsunabhängig). LN: Patienten, die wegen LN erstmals eine Induktionstherapie mit Benlysta beginnen: 400 mg alle 7 Tage für 4 Dosen, danach 200 mg alle 7 Tage. Patienten, die die Therapie mit Benlysta wegen LN fortsetzen: 200 mg alle 7 Tage. KI: Überempfindlichkeit gegenüber einem der Inhaltsstoffe. W/V: Es kann zu Infusions-, Injektions- und Überempfindlichkeitsreaktionen kommen, die schwer und tödlich sein können (verspätetes Auftreten oder Wiederauftreten nach initialem Abklingen möglich). Erhöhtes Infektionsrisiko möglich. Bei neurologischen Symptomen ist Möglichkeit von progressiver multifokaler Leukenzephalopathie (PML) in Betracht zu ziehen. Erhöhtes Risiko maligner Erkrankungen möglich. Vor einer Behandlung mit Belimumab muss das Risiko einer Depression bzw. eines Suizids des Patienten sorgfältig abgewogen werden und der Patient muss während der Behandlung entsprechend überwacht werden. Bei neuen oder sich verschlechternden psychiatrischen Symptomen muss der Arzt kontaktiert werden. Verfügbare Daten bestätigen Sicherheit und Wirksamkeit von Rituximab bei gleichzeitiger Verabreichung mit Belimumab nicht. 30 Tage vor oder während der Behandlung mit Belimumab dürfen keine Lebendimpfstoffe verabreicht werden. IA: Es wurden keine Interaktionsstudien durchgeführt. Hinweise auf erhöhte Clearance von Belimumab i.v. bei Koadministration von Steroiden und ACE-Hemmern. S/S: Schwangerschaft: Belimumab darf nur angewendet werden, wenn der potenzielle Nutzen für die Mutter das potenzielle Risiko für den Feten rechtfertigt. Wenn angezeigt, sollte bei Frauen im gebärfähigen Alter während der Behandlung sowie bis min. 4 Monaten nach der letzten Verabreichung für eine geeignete Kontrazeption gesorgt sein. Stillzeit: Sicherheit nicht belegt. Es wird empfohlen, unter Berücksichtigung aller Aspekte das Abstillen zu erwägen. UW: Sehr häufig: Infektionen, Übelkeit, Durchfall. Häufig: Überempfindlichkeits-, Infusions- und Injektionsreaktionen, Fieber, (Rhino) pharyngitis, Bronchitis, Zystitis, virale Gastroenteritis, Gliederschmerzen, Schlaflosigkeit, Depression, Migräne, Leukopenie; Reaktionen an der Injektionsstelle (bei s.c.-Injektion). Gelegentlich: u. a. Bradykardie, Anaphylaxie, Angioödem, Suizidgedanken, suizidales Verhalten, Ausschlag. Lag: bei + 2 °C bis + 8 °C, nicht einfrieren. P: Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung: Durchstechflaschen zu 120 mg und 400 mg. Lösung zur subkutanen Injektion: Autoinjektor zu 200 mg (1 ml) ×1 und ×4. AK: Durchstechflaschen: A. Autoinjektor: B. Stand der Information: April 2023. GlaxoSmithKline AG, 3053 Münchenbuchsee. Ausführliche Angaben finden Sie unter www.swissmedicinfo.ch. Unerwünschte Arzneimittelwirkungen melden Sie bitte unter pv.swiss@gsk.com. Fachpersonen können die genannten Referenzen bei GlaxoSmithKline AG anfordern.
Referenzen: 1. Fachinformation Benlysta, www .swissmedicinfo.ch 2. Spezialitätenliste BAG, www .spezialitätenliste.ch (gültig seit: 01.12.2023).
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PM- CH-BEL-ADV T-220 0 01-12 / 2023
FORTBILDUNG
Kopfschmerzen: Warnzeichen früh erkennen
Kopfschmerzen sind ein häufiger Grund für das Aufsuchen ärztlicher Hilfe. In diesem Artikel soll eine praxisorientierte Übersicht über die Erkennung potenziell gefährlicher Kopfschmerzursachen, über häufige Kopfschmerzformen und über ihre Behandlung gegeben werden.
Christian Maihöfner, Wolf-Oliver Krohn
Am Beginn einer strukturierten Kopfschmerzdiagnose steht der rasche Ausschluss potenziell gefährlicher Kopfschmerzursachen. Hierzu haben sich verschiedene «red flags» bewährt (Kasten), die in den SNOOP-Kriterien (SNOOP: Akronym aus «systemische Symptome» [S], neurologische Symptome [N], akuter Beginn [onset; O], ältere Patienten [older age; O] und Änderung des Kopfschmerzmusters [pattern change; P]) zusammengefasst wurden (1). Die Evaluation dieser Symptomliste in einer Notaufnahme zeigte eine hohe Sensitivität und erleichtert somit die Erkennung potenziell gefährlicher Kopfschmerzursachen (2).
Häufige Kopfschmerzformen sicher erkennen
3 Kopfschmerzsyndrome sind in der hausärztlichen Praxis besonders relevant und machen einen Grossteil der gesehenen Kopfschmerzen aus. Diese sind: s Kopfschmerz vom Spannungstyp s Migräne (3) s Kopfschmerz durch Medikamentenübergebrauch. Die detaillierten diagnostischen Kriterien finden sich in der internationalen Kopfschmerzklassifikation (International Classification of Headache Disorders, 3rd edition [ICHD-3]) (4). Der Kopfschmerz vom Spannungstyp ist der häufigste primäre Kopfschmerz (3). Es handelt sich um einen beidseitigen,
MERKSÄTZE
� Die SNOOP-Kriterien definieren «red flags» für Kopfschmerzen.
� Bei Spannungskopfschmerzen oder Migräne ohne «red flags» ist keine Bildgebung indiziert.
� Zur Behandlung kommen Attackentherapie und Prophylaxe infrage.
leichten bis mittelstarken Kopfdruck, der nicht durch körperliche Aktivität zunimmt. Er wird nicht von Übelkeit oder Erbrechen, Phono- oder Photophobie begleitet. Die Kopfschmerzen können bis zu 1 Woche anhalten. Die Migräne als zweithäufigster Kopfschmerz (3) ist seitenbetonter und intensiver als der Spannungskopfschmerz. Der Schmerz wird typischerweise durch körperliche Aktivität verstärkt und ist oft von einer starken Überempfindlichkeit für äussere Reize (Phono-, Photo-, Osmophobie) begleitet, was zu einem ausgeprägten Rückzugsverhalten führt. Häufig ist Übelkeit vorhanden, manchmal Erbrechen. Die betroffene Seite kann zwischen den Episoden wechseln. Die Kopfschmerzen halten zwischen 4 Stunden und 3 Tagen an. Tipp: Eine praxisnahe Unterscheidung zwischen Spannungskopfschmerz und Migräne ist anhand des Verhaltens mit dem Kopfschmerz möglich. Betroffene mit Spannungskopfschmerz können den Arbeitstag beziehungsweise den Alltag meist trotz der Kopfschmerzen fortsetzen. Aufgrund des Migränekopfschmerzes werden dagegen Tätigkeit und Tagesablauf unterbrochen, und oft ist trotz hoher Willensanstrengung ein Weiterarbeiten nicht möglich. Nicht selten wird bei hoher Kopfschmerzfrequenz aus einem hochfrequenten Kopfschmerz ein Dauerkopfschmerz mit zunehmender Einnahme von Schmerzmedikamenten. An den Medikamentenübergebrauchskopfschmerz (MÜK) sollte daher bei jeder Zunahme der Kopfschmerzhäufigkeit gedacht werden.
Wann sollte eine Bildgebung erfolgen?
Bei Kopfschmerzen, die alle Kriterien für Spannungskopfschmerz oder Migräne erfüllen und bei denen keine «red flags» (Kasten) vorhanden sind, kann auf eine Bildgebung verzichtet werden (5). Auffällige Befunde sind hier nicht häufiger, als statistisch zufällig zu erwarten wäre. Oft sorgt das Auffinden unspezifischer «white matter lesions» (WML) im Zusammenhang mit einer MRT(Magnetresonanz-
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FORTBILDUNG
Kasten:
«Red flags» für Kopfschmerzen (SNOOP-Kriterien) (mod. nach [1])
Liegt 1 dieser Kriterien vor, deutet dies auf eine ernste Ursache des Kopfschmerzes hin: S: systemische Symptome (z. B. Fieber, B-Symptome, Erbrechen) N: neurologische Symptome (z. B. Schwindel, Synkope, Vigilanzstö-
rung, Sprachstörung, fokale neurologische Defizite jedweder Art wie Ausfall von Hirnnerven, Paresen, Parästhesien) O: «onset» (Einsetzen: explosionsartiger Beginn mit Erreichen des Punctum maximum innerhalb von 1 min, Vernichtungs-/Donnerschlagkopfschmerz) O: «older age» (Alter über 50 Jahre bei Kopfschmerzbeginn: höheres Risiko für echte Hirnerkrankungen wie Schlaganfall) P: «pattern change» (Änderung des Kopfschmerzmusters: Abweichung vom typischen Kopfschmerzmuster)
tomografie)-Bildgebung, vor allem bei Migräne (6), für eine hohe subjektive Belastung der Patienten. Der Erkenntnisgewinn und der therapeutische Nutzen dieser Zufallsbefunde sind gering.
Allgemeine Behandlungsziele
Für Ärzte und Betroffene ist ein Überblick über die Kopfschmerzsituation wichtig. Das Führen eines Kopfschmerzkalenders oder die Nutzung einer entsprechenden Handy-App ist hier sehr hilfreich. Über die Anzahl der Kopfschmerztage hinaus lassen sich so regelmässige Muster über den Wochenverlauf und auch Auslösefaktoren identifizieren. Die Kenntnis und das Lernen der Beeinflussung von potenziellen Auslösefaktoren können Betroffenen einen Sinn für die Selbstwirksamkeit von Massnahmen zurückgeben. Auch die Wirksamkeit der Behandlung kann anhand der Erfassung gut nachvollzogen werden. Länger als einige Monate oder über die Dauer einer Therapieveränderung müssen die Kopfschmerzen nicht aufgezeichnet
werden. Die Aufzeichnung sollte vor allem keine zusätzliche Belastung auslösen, was manchmal durchaus vorkommt. Die Patienten sollten ermuntert werden, die Kopfschmerzen frühzeitig und in ausreichend hoher medikamentöser Dosis zu behandeln. Oft besteht der Wunsch nach Einnahme von möglichst wenig Tabletten, um den Körper weniger zu belasten. Dabei wird in der Regel die hohe Belastung durch den Kopfschmerz nicht ausreichend berücksichtigt. Eine frühzeitige adäquate Einnahme eines wirksamen Analgetikums verringert die Wahrscheinlichkeit eines lang dauernden Kopfschmerzes und damit auch notwendige Folgeeinnahmen von Analgetika. Ebenfalls sollte bei Unwirksamkeit eines Wirkstoffs frühzeitig auf einen anderen Wirkstoff gewechselt werden. Die hohe Unsicherheit, ob das Medikament wirkt, stellt eine weitere Belastung für die Betroffenen dar und kann in sich bereits wieder Kopfschmerzepisoden begünstigen. Tipp: Oft werden wegen des hohen Leidensdrucks bekanntermassen unwirksame Präparate eingenommen, «um etwas zu tun». Ein unzuverlässig wirksames Kopfschmerzmedikament sollte rasch gewechselt werden.
Behandlung des Spannungskopfschmerzes
Nach der sicheren Zuordnung zu einer Kopfschmerzart stellt sich die Frage nach einer effektiven Behandlung. Hierbei spielen die Kopfschmerzart und vor allem die Anzahl der Kopfschmerztage pro Monat eine wichtige Rolle. Bei episodischen Kopfschmerzen vom Spannungstyp oder episodischer Migräne steht die Attackentherapie zunächst im Vordergrund. Für den episodischen Spannungskopfschmerz sind die üblichen Schmerzmittel wie Acetylsalicylsäure (ASS), Ibuprofen, Metamizol und Kombinationspräparate mit guter Evidenz versehen (7). Pfefferminzöl auf Schläfen oder Nacken kann versucht werden (7). Beim chronischen Spannungskopfschmerz mit 15 oder mehr Kopfschmerztagen im Monat über mindestens 3 Monate ist Amitriptylin Mittel der Wahl mit der höchsten Evidenz. Alternativen sind Doxepin, Mirtazapin, Venlafaxin, Topiramat und Tizanidin.
Tabelle:
Vergleich von Spannungskopfschmerz und Migräne*
Spannungskopfschmerz
Verteilung
Bisherige Attacken
≥ 10
Dauer
30 min bis 7 Tage
Schmerzcharakter
▲ beidseitig
▲ drückend
▲ leicht bis mittelstark
▲ Aktivität wirkt nicht verstärkend
Begleitsymptome
Kein(e) Übelkeit/Erbrechen/Photo-
oder Phonophobie
Besonderheiten
w: weiblich, m: männlich, Lj.: Lebensjahr * mod. n. ICHD-3 (International Classification of Headache Disorders, 3rd edition) (4)
Migräne w > m = 3:1, Gipfel: 20. bis 30. Lj. ≥5 4 h bis 3 Tage ▲ einseitig ▲ pulsierend ▲ mittelstark bis stark ▲ Aktivität verstärkt Schmerz Übelkeit/Erbrechen/Photo- und Phonophobie
Oft Prodromalsymptome bereits am Vortag: Müdigkeit, Konzentrationsstörung, Heisshunger, Reizbakeit u. Ä.
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FORTBILDUNG
Zur Prophylaxe, und hier besonders beim chronifizierten Spannungskopfschmerz, sind Entspannungsverfahren, Biofeedback, Stressbewältigungstraining, Akupunktur und Physiotherapie wirksam (7).
Behandlung der Migräneattacke
Der frühzeitigen wirksamen Behandlung einer Migräneattacke kommt eine wichtige Bedeutung für die Kontrolle der Kopfschmerzen zu. Viele Patienten empfinden eine hohe Belastung bei dem Gedanken an die nächste Kopfschmerzattacke, da sie nicht wissen, was sie dagegen machen können. Das Wissen um ein wirksames Attackenmedikament lindert diese Sorge. Als Attackenmedikamente kommen sowohl ASS, Paracetamol, Ibuprofen oder Kombinationspräparate mit Koffein als auch Triptane infrage (8). Tipp: Bei starker Übelkeit oder frühem Erbrechen in der Migräneattacke stehen einige Triptane auch als Nasenspray, Schmerztabletten oder Subkutanspritzen zur Selbstanwendung durch die Patienten zur Verfügung. Bei Vorhandensein einer Migräneaura (also neurologischen Ausfallsymptomen vor dem eigentlichen Kopfschmerz) ist der richtige Einnahmezeitpunkt der Attackenmedikation nach dem Abklingen der neurologischen Symptome. Einen hohen Stellenwert in der Reduktion der Migränefrequenz haben nicht medikamentöse Massnahmen, vor allem moderater Ausdauersport. In regelmässiger Anwendung kann die Migränefrequenz deutlich reduziert werden. Zu beachten ist, dass sich der Kopfschmerz während einer Episode durch Aktivität verschlechtert, daher sollen die Patienten sportliche Aktivitäten im Intervall ausführen. Tipp: Die frühzeitige Einnahme eines wirksamen Attackenmedikaments kann die empfundene Belastung durch Sorge vor der nächsten Attacke stark reduzieren und die Selbstwirksamkeit steigern. Eine medikamentöse Migräneprophylaxe kann insbesondere erwogen werden, wenn die Attackenfrequenz mehr als 4 Migräneattacken pro Monat beträgt, sehr lange Migräneattacken vorliegen, die Akuttherapie nur insuffizient wirkt und ein Risiko für die Entwicklung eines MÜK besteht. Wichtige Substanzen sind vor allem Betablocker, Amitriptylin, Flunarizin, Magnesium und Topiramat. Bei der chronischen Migräne ist auch Onabotulinumtoxin A zugelassen. Moderne Medikamente blockieren entweder das Neuropeptid CGRP (calcitonin gene-related peptide) oder seinen Rezeptor. Tipp: Wichtig sind auch nicht medikamentöse Verfahren wie Entspannungsverfahren und regelmässiger Ausdauersport.
Medikamentenübergebrauchskopfschmerz
Bei Erreichen oder Überschreiten der Kopfschmerzfrequenz von 10 Tagen im Monat oder bei starker Beeinträchtigung des Alltags durch die Kopfschmerzen sollte über eine Attackentherapie hinaus auch frühzeitig an eine Kopfschmerzprophylaxe gedacht werden. Diese reduziert nicht nur die Beeinträchtigung der Betroffenen, sondern schützt auch vor einem MÜK (9). Ein MÜK sollte immer vermutet werden, wenn bekannte Kopfschmerzen trotz ursprünglich wirksamer Medikation in der Häufigkeit zunehmen. Auch eine nachlassende Wirksamkeit sollte misstrauisch machen.
Wirksame Behandlungen sind eine Medikamentenpause so-
wie eine medikamentöse und nicht medikamentöse Kopf-
schmerzprophylaxe der zugrunde liegenden Kopfschmerz-
erkrankung. Kopfschmerzen oder Entzugssymptome im
Rahmen einer Medikamentenpause können mit trizyklischen
Antidepressiva, Steroiden oder Neuroleptika behandelt wer-
den, wobei es sich um eine Expertenempfehlung handelt (9).
Tipp: Die frühzeitige Prophylaxe bei hoher Kopfschmerz-
frequenz kann die Einnahme von Analgetika reduzieren und
vor einem MÜK schützen.
s
Prof. Dr. med. Christian Maihöfner, MHBA Klinik für Neurologie Klinikum Fürth D-90766 Fürth
Dr. med. Wolf-Oliver Krohn Facharzt für Neurologie Deutsche Hirnstiftung e.V. D-10117 Berlin
Interessenlage: Prof. Maihöfner: Vortragshonorare und Beratertätigkeiten für Novartis, Lilly, Lundbeck und TEVA. Dr. Krohn: keine Interessenkonflikte.
Dieser Artikel erschien erstmals in «doctors today» 7/23. Die leicht bearbeitete Übernahme erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Verlag und Autoren.
Literatur: 1. Maihöfner C: Moderne Praxis der Migränetherapie – bewährte Strategien
und Innovationen, S. 77, Tab. 4.3., 1. Aufl. 2022, Bremen: UNI-MED, ISBN 978-3-8374-1644-2 2. García-Azorín D et al.: Sensitivity of the SNNOOP10 list in the high-risk secondary headache detection. Cephalalgia. 2022;42(14):1521-1531; doi: 10.1177/03331024221120249. 3. Straube A, Rusheweyh R: Epidemiologie von Kopfschmerzen über die Lebensspanne. Nervenheilkunde. 2019; 38(10):735-739; doi: 10.1055/a-0988-4322. 4. International Classification of Headache Disorders, 3rd edition (ICHD-3). Online: https://ichd-3.org/de/ (abgerufen am 22.03.2023). 5. Maihöfner C: Moderne Praxis der Migränetherapie – bewährte Strategien und Innovationen, S. 63, 1. Aufl. 2022, Bremen: UNI-MED, ISBN 978-38374-1644-2. 6. Zhang W et al.: Prevalence and clinical characteristics of white matter hyperintensities in migraine: a meta-analysis. Neuroimage Clin. 2023;37:103312; doi: 10.1016/j.nicl.2023.103312. 7. Straube A: S1-Leitlinie «Therapie des episodischen und chronischen Kopfschmerzes vom Spannungstyp und anderer chronischer täglicher Kopfschmerzen» (2015). In: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.) Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www. dgn.org/leitlinien (abgerufen am 27.03.2023), zurzeit in Überarbeitung. 8. Diener HC et al.: S1-Leitlinie «Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne» (2022) der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG). In: DGN (Hrsg.) Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien (abgerufen am 25.03.2023). 9. Diener HC et al.: S1-Leitlinie «Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln (Medication Overuse Headache = MOH)» (2022). In: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.) Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn. org/leitlinien (abgerufen am 20.03.2023).
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Auktionsnummer: 0424123
Arztgeheimnis
Peter Wanner
Relief in Mischtechnik (Sand, Asche, Schlüssel, Stethoskop) auf Platte 70 × 80 cm (Gewicht: ca. 5 kg) nicht signiert, ohne Rahmen
Rufpreis (Mindestpreis): CHF 500.–
Versandkosten zulasten des Käufers, Auktionsgebühr (20 Prozent des Verkaufspreises) zulasten des Verkäufers
Auktionsdaten Auktionsbeginn: Donnerstag, 25. April 2024 Auktionsende: Montag, 13. Mai 2024 (12.00 Uhr) Steigerungsbedingungen Die detaillierten Steigerungsbedingungen sowie der Stand der Auktion sind auf der Homepage des Verlags einsehbar: www.rosenfluh.ch/arsmedici/auktion
Zum Künstler und zum Werk
Entstehungsjahr ca. 1995
Wanner Peter (* 1947) arbeitete viele Jahre als selbstständiger Grafiker in Schaffhausen. Neben seiner Arbeit als Werber und Grafiker war Wanner während vieler Jahre künstlerisch tätig. Er hatte mehrere Ausstellungen. Seine Werke waren unter anderem inspiriert von Francis Bacon. Leider sind heute kaum mehr Werke von ihm im Umlauf oder im Handel.
Der Verlag Rosenfluh Publikationen war zeitweise Auftraggeber und Arbeitgeber von Peter Wanner. Das vorliegende Werk war eine Auftragsarbeit zum Thema « Arztgeheimnis» in der Zeitschrift «med.» (die seit einigen Jahren nicht mehr erscheint). Das Werk blieb im Eigentum des Verlags. Der Erlös aus der Auktion wird einer gemeinnützigen Institution zugeführt.
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Wirkt direkt im Darm. Lindert Symptome gezielt.1,2,3,4,5
Gekürzte Fachinformation Carmenthin®
Z: 1 Kapsel enthält 90 mg Pfefferminzöl und 50 mg Kümmelöl. Farbstoffe: E 171, E 172, E 131, E 104, Sorbitol sowie weitere Hilfsstoffe. I: Funktionelle Dyspepsie (FD) mit epigastrischem Schmerz, leichten Krämpfen, Blähungen und Völlegefühl. D: Erwachsene und Jugendliche ab 12 Jahren: 2‑mal täglich 1 Kapsel unzerkaut mit reichlich Flüssigkeit (z. B. 1 Glas Wasser) und mindestens 30 Minuten vor der Mahlzeit einnehmen, am besten morgens und mittags. Die Behandlung sollte durchgeführt werden bis sich die Beschwerden bessern, im Allgemeinen nach 1–2 Wochen bis zu 3 Monate. KI: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder Hilfsstoffe, Lebererkrankungen, Gallensteine und entzündliche Erkrankungen des Gallengangs (Cholangitis) oder andere Erkrankungen der Gallenwege, Patienten mit Achlorhydrie. UEW: Beschwerden im Magen‑Darm‑ Bereich wie Aufstossen, Sodbrennen, Übelkeit, Erbrechen oder Juckreiz am Enddarm (Häufigkeit ist jeweils nicht bekannt); bei Anzeichen einer allergischen Reaktion ist Carmenthin® abzusetzen und ein Arzt bzw. eine Ärztin aufzusuchen. IA: Bei gleichzeitiger Einnahme von Carmenthin® mit Antazida, Antihistaminika, Protonenpumpenhemmer kann sich die Kapsel vorzeitig öffnen (Einnahmeabstand von 1 Stunde einhalten). S/S: Die Anwendung von Carmenthin® während der Schwangerschaft wird nicht empfohlen. Keine/begrenzte Daten vorhanden. Carmenthin® soll während der Stillzeit nicht angewendet werden. P: 28 und 84 Kapseln. VK: B, kassenzulässig (SL) mit Limitatio siehe www.spezialitaetenliste.ch. ZI: Schwabe Pharma AG, Küssnacht am Rigi. Weitere Informationen siehe www.swissmedicinfo.ch.
Referenzen
1. www.swissmedicinfo.ch 2. Rich G. et al. A randomized placebo‑controlled trial on the effects of Menthacarin, a proprietary peppermint‑ and caraway‑oil‑preparation, on
symptoms and quality of life in patients with functional dyspepsia. Neurogastroenterol. Motil. 2017, Juli 10. 3. Freise und Köhler et al. Peppermint oil/caraway oil fixed
combination in antacid dyspepsia – Comparison of efficacy and tolerance of two galenic preparations. Pharmazie 1999; 54 (3): 201–215. 4. May B. et al. Efficacy and tolerability
of a fixed combination of peppermint oil and carway oil in patients suffering from functional dyspepsia. Aliment Pharmacol Ther 2000; 14: 1671–1677. 5. May B. et al. Efficacy of
a Fixed Peppermint Oil/Caraway Oil Combination in Non‑ulcer Dyspepsia. Arzneim.‑Forsch./Drug Res. 1996; 36 (II), Nr. 12, 1149 –1153.
02/2022
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