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Metainformationen


Titel
Chronische Kopfschmerzen: Abklärung und Therapie
Untertitel
-
Lead
Der Begriff chronische Kopfschmerzen umfasst eine Vielzahl spezifischer Diagnosen, gemeinsames Kriterium ist eine Kopfwehfrequenz von ≥ 15 Tagen/Monat. In erster Linie werden dabei primäre von sekundären Kopfschmerzen unterschieden, wobei Letzteren eine definierte Ursache zugrunde liegt. Anhand eines Fallbeispiels sollen die wichtigsten Schritte zur Stellung der korrekten Diagnose, die Therapieoptionen bei den häufigeren Krankheitsbildern sowie relevante Kriterien zur Abgrenzung gefährlicher Kopfschmerzen dargestellt werden.
Datum
11. Juni 2021
Journal
Schweizer Zeitschrift für Psychiatrie & Neurologie 03/2021
Autoren
Silke Biethahn
Rubrik
Neurologie — Fortbildung
Schlagworte
chronische Kopfschmerzen, Kopfweh
Artikel-ID
51890
Kurzlink
https://www.rosenfluh.ch/51890
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Transkript


Chronische Kopfschmerzen
Abklärung und Therapie

FORTBILDUNG

Der Begriff chronische Kopfschmerzen umfasst eine Vielzahl spezifischer Diagnosen, gemeinsames Kriterium ist eine Kopfwehfrequenz von ≥ 15 Tagen/Monat. In erster Linie werden dabei primäre von sekundären Kopfschmerzen unterschieden, wobei Letzteren eine definierte Ursache zugrunde liegt. Anhand eines Fallbeispiels sollen die wichtigsten Schritte zur Stellung der korrekten Diagnose, die Therapieoptionen bei den häufigeren Krankheitsbildern sowie relevante Kriterien zur Abgrenzung gefährlicher Kopfschmerzen dargestellt werden.

Foto: zVg

Silke Biethahn

von Silke Biethahn
C hronische Kopfschmerzen sind mit einer Prävalenz von 4 bis 5 Prozent ein häufiges Krankheitsbild (1). Sie sind dadurch charakterisiert, dass sie in einer Frequenz von mindestens 15 Tagen pro Monat seit mindestens 3 Monaten auftreten. Die Belastung durch Kopfschmerzen ist sowohl für das Individuum als auch für die Gesellschaft sehr hoch. In der Schweiz ist allein schon bei den zirka 1,6 Millionen Migränepatienten von fast 70 000 YLD (years lived with disability) (2) auszugehen. Auch die ökonomische Belastung, insbesondere durch indirekte Kosten wie Arbeitsausfälle, ist hoch: Umgerechnet auf das Personal des Universitätsspitals Zürich beispielsweise wird von einer migränebedingten verminderten Produktivität im Wert von 14 Millionen Franken pro Jahr ausgegangen, was 3,2 Prozent der gesamten Personalkosten entspricht (3).
Fallbericht
Im Januar 2017 stellte sich die 58-jährige, sonst gesunde Frau S. bei ihrem Hausarzt vor. Schon seit vielen Jahren leide sie unter Kopfschmerzen mit verspannten Muskeln im Nackenbereich, die in den Hinterkopf strahlten. Im Durchschnitt trete das zurzeit alle 2 Tage für mindestens mehrere Stunden, häufig mehr als einen Tag lang auf. Unter der Verdachtsdiagnose eines Kopfschmerzes vom Spannungstyp wurde Physiotherapie verordnet und für die Nackenmuskulatur Tizanidin 2 mg abends rezeptiert.

Die Ursachen sind ausgesprochen vielfältig. Die internationale Klassifikation von Kopfschmerzerkrankungen (ICHD-3, 3. Auflage) unterscheidet vorrangig zwischen primären (idiopathischen) und sekundären (symptomatischen) Kopfschmerzen (4). Bei primärem Kopfweh ist eine andere zugrunde liegende Ursache nicht bekannt. Hierzu gehören in erster Linie Migräne und Kopfschmerzen vom Spannungstyp. Bei ihren Symptomen gibt es gewisse Überlappungen, und mitunter ist es kaum möglich, die einzelnen Kopfschmerzepisoden bei Patienten mit chronischen Kopfschmerzen voneinander abzugrenzen (Tabelle 1). In den Anmerkungen der ICHD-3 wird deshalb zusätzlich zu den strengen Kriterien ergänzt, dass bei Patienten mit chronischem Kopfschmerz während mehr als 15 Tagen pro Monat, die an mindestens 8 Tagen pro Monat ein migränetypisches Kopfweh haben, die Diagnose einer chronischen Migräne und nicht eines Kopfwehs vom Spannungstyp zu stellen ist (4). Andere primäre Kopfschmerzen, bei denen die einzelnen Kopfwehattacken jeweils mehr als 4 Stunden andauern, sind die Hemicrania continua und der neu aufgetretene, tägliche, anhaltende Kopfschmerz (5–7). Zu den chronischen primären Kopfschmerzen mit kürzerer Attackendauer gehören beispielsweise der Cluster-Kopfschmerz, die chronische paroxysmale Hemikranie und das SUNCT-Syndrom (SUNCT: shortlasting unilateral neuralgiform headache attacks with conjunctival injection, tearing, sweating and rhinorrhea). Sekundäre chronische Kopfschmerzen sind mit Ausnahme des Kopfwehs bei Medikamentenübergebrauch insgesamt seltener. Ihnen liegt eine spezifische Ursache zugrunde, die potenziell gefährlich sein kann und/oder einer spezifischen Behandlung bedarf und deshalb nicht verpasst werden sollte.

20

PSYCHIATRIE + NEUROLOGIE

3/2021

FORTBILDUNG

Tabelle 1:
Kriterien für chronische Migräne und chronisches Kopfweh vom Spannungstyp (nach 1)

Migräne

Frequenz

≥ 15 Tage/Monat über > 3 Monate

Dauer

4–72 h

Lokalisation einseitig

Charakter

pulsierend

Stärke

mittelstark bis stark

mindestens 2 der 4 Kriterien

Verstärkung durch +

körperliche Aktivität

Foto-/Phonophobie +

mindestens

Übelkeit/Erbrechen +

1 Punkt erfüllt

Kopfweh vom Spannungstyp

Stunden bis Tage oder kontinuierlich

beidseitig nicht pulsierend leicht bis mittelstark

mindestens 2 der 4 Kriterien

–

höchstens eines allenfalls leichte Übelkeit

beide Punkte sind erfüllt

Trotz aller heute bestehender technischer Möglichkeiten sind weiterhin die Anamnese und die klinische Untersuchung die wichtigsten Diagnoseinstrumente in der Betreuung von Patienten mit Kopfschmerzen. Die systematische Struktur und die expliziten Diagnosekriterien der ICHD-3 können hierbei im klinischen Alltag unterstützend sein. Folgende Kernfragen erleichtern eine Zuordnung gemäss den Kriterien der ICHD-3 (8): l Seit wann bestehen die Kopfschmerzen? l Wie oft treten die Kopfschmerzen auf? l Wie lange hält eine Attacke an? l Wo ist das Kopfweh lokalisiert? Einseitig? Immer die
gleiche Lokalisation? l Welcher Art ist das Kopfweh, und wie stark ist es? l Hat sich das Kopfweh in letzter Zeit verändert? l Gibt es Begleitphänomene wie Übelkeit/Erbrechen,
Foto-/Phonophobie, Augentränen? l Nimmt es bei körperlicher Aktivität zu? l Gibt es spezifische Trigger? l Welche Medikamente nehmen Sie gegen die
Schmerzen und wie oft?
Fortsetzung Fallbericht
Im Oktober 2017 ist das Kopfweh unverändert, weswegen der Hausarzt sie dem Neurologen zuweist. Auf genauere Nachfrage berichtet sie diesem, das Kopfweh sei weiterhin im Nacken und Hinterkopf lokalisiert und von drückend pulsierendem Charakter. Begleitend trete eine mässige Übelkeit, vereinzelt mit Erbrechen auf, und sie leide unter Licht- und Lärmempfindlichkeit. Am liebsten lege sie sich ins Bett, wenn sie sich anstrengen müsse. Wenn sie beispielsweise schnell eine Treppe hochlaufe, nehme das Kopfweh zu. Derzeit leide sie an zirka 20 Tagen pro Monat unter Kopfschmerzen, Dauer 12 bis 24 Stunden. Der Neurologe stellt die Diagnose einer chronischen Migräne und verordnet Zolmitriptan als Akuttherapie und Propranolol als Prophylaxe.

Aus mehreren Gründen ist es wichtig, eine korrekte Diagnose zu stellen: Einerseits ist es essenziell, gefährliche sekundäre Kopfwehformen nicht zu verpassen. Andererseits kann nur mit der korrekten Diagnose die entsprechende Therapie gewählt werden. Insbesondere die Migräne wird sowohl von Hausärzten als auch von Neurologen beziehungsweise von Kopfwehspezialisten unterdiagnostiziert (9). Ein Grund dafür könnte sein, dass weniger bekannt ist, dass Nackenbeschwerden in keiner Weise spezifisch für ein Kopfweh vom Spannungstyp sind, sondern häufig auch bei Migräne auftreten (10). Für Migränepatienten kann das auf doppelte Weise tragisch sein: Erstens ist die Einschränkung der Lebensqualität durch eine Migräne deutlich höher, was sich auch in einer etwa 7-fach höheren Zahl an YLD widerspiegelt. Zweitens gibt es grundsätzlich für die Behandlung der Migräne medikamentös ein wesentlich grösseres Spektrum, das bei einer fälschlichen Einstufung der Migräne als Kopfweh vom Spannungstyp nicht zum Einsatz kommt (11) (Tabelle 2).
Fortsetzung Fallbericht
Im Mai 2018 erfolgte eine neuerliche Vorstellung beim Neurologen. Sie berichtete, es sei ihr zunächst bedeutend besser gegangen, die Kopfwehfrequenz habe zwar nicht sehr abgenommen, jedoch habe Zolmitriptan sehr gut geholfen. In den letzten Monaten habe sich das Kopfweh nun aber verändert. Sei leide fast täglich unter Kopfweh, das etwas dumpfer sei als früher, und Zolmitriptan würde auch nicht mehr so gut wirken. Auf Nachfrage gibt sie an, dass sie seit der letzten Konsultation vor 8 Monaten an zirka 15 Tagen pro Monat Zolmitriptan eingenommen habe. Nach vergeblichem Versuch eines ambulanten Analgetikaentzugs erfolgt schliesslich ein stationärer Analgetikaentzug, die Behandlung mit Propranolol wird fortgeführt. Danach ist das Kopfweh der Patientin deutlich gebessert, sie leidet noch an 2 bis 3 Tagen pro Monat unter Kopfschmerzen, die gut auf Zolmitriptan oder Ibuprofen 800 mg ansprechen.

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PSYCHIATRIE + NEUROLOGIE

3/2021

FORTBILDUNG

Tabelle 2:
Therapieoptionen von Migräne und Kopfweh vom Spannungstyp (11)

Migräne

Antidepressiva

Amitriptylin

50–150 mg (Z)

Duloxetin

30–60 mg

Venlafaxin

75–150 mg

Mirtazapin

Antiepileptika

Lamotrigin

25–200 mg

Topiramat

25–100 mg

Valproat

500–1500 mg

Antihypertensiva

Bisoprolol

5–10 mg

Candesartan

8–16 mg

Lisinopril

20 mg

Metoprolol

50–200 mg (Z)

Propranolol

40–240 mg (Z)

Kalziumantagonisten

Flunarizin

5–10 mg (Z)

«Natürliche Substanzen»

Magnesium

20–25 mmol

Coenzym Q10

3 × 100 mg

Riboflavin (Vitamin B2)

400 mg

CGRP-Antikörper (gemäss Spezialitätenliste)

Erenumab

70–140 mg monatlich (Z)

Fremanezumab

225 mg monatlich oder 675 mg dreimonatlich (Z)

Galcanezumab

120 mg monatlich (Z)

Weitere

Botulinumtoxin Typ A

155 E

TENS-Geräte (Cefaly)

+

Akupunktur +

Ausdauersport +

Entspannungstherapien +

Psychologische Therapie/Biofeedback

Kopfweh vom Spannungstyp
25–150 mg (Z) – 75–150 mg 15–30 mg
– – –
– – – – –
–
– – –
– – –
– – – + + + +

(Z): in der Schweiz in dieser Indikation zugelassener Wirkstoff Quelle: (11)

Der Medikamentenübergebrauchskopfschmerz (MÜKS) gehört mit einer Prävalenz von 1 bis 2 Prozent (12) zu den häufigeren «Komplikationen» höherfrequenter primärer Kopfschmerzen, insbesondere der Migräne (13, 14). Er tritt aber auch als Folge häufiger Analgetikaeinnahme wegen anderer Schmerzerkrankungen auf. Die Gefahr, einen MÜKS zu entwickeln, ist nicht bei allen Analgetika gleich, was sich auch in der ICHD-3 wiederfindet: Während für Paracetamol und NSAR ein Analgetikakonsum von mindestens 15 Tagen pro Monat für 3 Monate hinterlegt ist, kann ein MÜKS bei Einnahme von Triptanen, Opiaten oder Mischpräparaten bereits bei einer Frequenz von 10 Tagen pro Monat über 3 Monate auftreten (4). Die wesentlichste prophylaktische Massnahme ist die Information an den Patienten bei Verschreibung eines Analgetikums, insbesondere bei vorbestehender Migräne (15). Bei bereits eingetretenem MÜKS ist die Basis der Therapie die schrittweise Reduktion der Analgetikaeinnahme oder der abrupte Entzug, Letzterer erfolgt je

nach Begleitfaktoren ambulant oder stationär. Etwas umstritten ist der Zeitpunkt der Aufnahme einer Prophylaxe des zugrunde liegenden Schmerzsyndroms, da viele Ansätze bei fortgesetztem Analgetikaüberkonsum nicht effektiv sind. Als Ausnahmen hierfür gelten Behandlungen mit Topiramat (16) und Botulinumtoxin (17). Ebenso für die erst seit wenigen Jahren zur Verfügung stehenden CGRP-Antagonisten konnte gezeigt werden, dass sie auch bei bestehendem Analgetikaüberkonsum wirksam sind (18–20). Die Mehrzahl chronischer Kopfschmerzen ist primärer Genese oder Folge eines Medikamentenübergebrauchs. Sekundäre chronische Kopfschmerzen sind mit 5 bis 10 Prozent deutlich seltener, wovon wiederum die Mehrzahl auf nicht vital bedrohliche Ursachen wie zervikogene Kopfschmerzen oder Sinusitis zurückzuführen ist (21). Allein durch das seltene Auftreten ist das Risiko erhöht, potenziell gefährliche, sekundäre chronische Kopfwehursachen zu verpassen.

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PSYCHIATRIE + NEUROLOGIE

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FORTBILDUNG

Fortsetzung Fallbericht
Im Januar 2021 stellte sich die Patientin erneut beim Neurologen vor. Sie berichtete, dass es ihr über die vergangenen Jahre bis vor 3 Monaten weiterhin gut gegangen sei, mit nur sehr seltenen Migräneattacken. Seit 3 Monaten leide sie nun jedoch wieder unter Kopfschmerzen. Diesmal seien die Schmerzen streng einseitig in der linken Schläfe lokalisiert, von bohrend drückendem Charakter, nahezu ständig vorhanden und sprächen praktisch nicht auf Triptane an. Bei Verdacht auf Status migraenosus wurde zweimalig für 5 Tage Prednisolon 75 mg/Tag verabreicht, das sei das einzige Medikament, das ihr zumindest vorübergehend geholfen habe. Allgemein fühle sie sich abgeschlagen, die Frage nach Sehstörungen oder Kauschmerzen verneint sie dagegen. Die Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) war mit 67 mm/h erhöht, im Ultraschall der A. temporalis bestand der Verdacht auf eine Gefässwandverdickung («Halo»). Bei Verdacht auf Riesenzellarteriitis wurde sofort eine Therapie mit Prednisolon 100 mg/Tag begonnen, worunter es innerhalb von 24 h zu einem deutlichen Rückgang der Kopfschmerzen kam. In der Biopsie 3 Tage später wurde die Diagnose histologisch bestätigt.
Zu den wesentlichen Warnsymptomen für potenziell gefährliche Kopfschmerzen zählen folgende Zeichen (22): 1. Veränderung der Kopfwehsemiologie 2. Lageabhängige Kopfschmerzen 3. Kopfweh, das direkt durch körperliche Aktivität oder
ein Valsalva-Manöver ausgelöst wird 4. Erstmanifestation im Alter von über 50 Jahren 5. Neurologische Reiz- oder Ausfallsymptome 6. Epileptische Anfälle 7. Vorangegangenes Trauma 8. Tumorerkrankungen oder HIV-Erkrankung in der Vor-
geschichte. 9. Kopfschmerz, der sein Maximum in weniger als
5 Minuten erreicht (thunderclap headache)
Merkpunkte:
● Es gibt eine Vielzahl von Ursachen für chronische Kopfschmerzen, sie werden in der ICHD-3 in primäre und sekundäre Kopfschmerzen unterteilt.
● Am häufigsten sind Migräne, Kopfweh vom Spannungstyp und Kopfweh bei Analgetikaentzug.
● Mithilfe der Anamnese und der klinischen Untersuchung lassen sich die meisten Kopfschmerzen diagnostizieren.
● Warnsymptome für sekundäre, potenziell gefährliche Kopfschmerzen müssen früh erkannt und weiter abgeklärt werden.
● Migräne ist unterdiagnostiziert, was das Behandlungsspektrum für die einzelnen Patienten einschränkt.
● Aufklärung sowie der frühe Einsatz von Prophylaktika in der Therapie von gehäuft auftretenden Kopfschmerzen können einer Entwicklung eines Medikamentenübergebrauchskopfschmerzes vorbeugen.

An eine Riesenzellarteriitis beispielsweise sollte immer bei neu aufgetretenem Kopfweh bei Patienten, die älter als 50 Jahre sind, gedacht werden (23). Typische Begleitphänomene sind Kauschmerzen und Verschlechterung des Allgemeinzustands mit Polymyalgia rheumatica. Gefürchtet sind Sehstörungen als Komplikation: Auch heute noch tritt bei fast 10 Prozent der Patienten im Verlauf ein partieller oder vollständiger Verlust der Sehfähigkeit zumindest eines Auges auf (24). Diagnostisch wegweisend sind erhöhte Entzündungswerte (BSG > 50 mm/h) und die Befunde der Biopsie der A. temporalis, die innerhalb von zwei Wochen nach Aufnahme der Behandlung erfolgen kann. Zunehmend gewinnen auch bildgebende Abklärungen, insbesondere der Ultraschall der A. temporalis, für die Diagnose an Bedeutung. Bei rechtzeitiger Einleitung einer adäquaten Behandlung mit Kortikosteroiden, allenfalls auch mit Tocilizumab, kann das verhindert werden. Ein subakutes Engwinkelglaukom kann ebenfalls über Jahre einzig zu Kopfschmerzen ohne typische zusätzliche Augensymptome führen (25). Im weiteren Verlauf besteht auch hier die Gefahr einer Erblindung. Daran ist insbesondere bei älteren Patienten mit Hyperopie zu denken. Das Engwinkelglaukom kann auch durch verschiedene Medikamente verstärkt werden. Dazu zählen unter anderem Medikamente wie Topiramat, Amitriptylin oder selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), die unter der Verdachtsdiagnose einer Migräne oder bei Kopfweh vom Spannungstyp zum Einsatz kommen, was eine Fehldiagnose umso gefährlicher macht (26, 27). Bei Verdacht auf ein subakutes Engwinkelglaukom ist eine sofortige augenärztliche Untersuchung indiziert, wo der Augendruck zunächst medikamentös und dann meist durch eine Iridotomie gesenkt wird. Bei chronischen Kopfschmerzen, die im Liegen zunehmen, ist unbedingt an einen erhöhten Hirndruck zu denken. Ursachen hierfür können Raumforderungen sein, eine Sinusvenenthrombose oder ein Pseudotumor cerebri typischerweise bei jungen, adipösen Patientinnen. In der klinischen Untersuchung sollte gezielt mittels einer Fundoskopie nach Stauungspapillen gesucht werden, was jedoch einer gewissen Übung bedarf. Bei Raumforderungen finden sich in den meisten Fällen in der klinischen Untersuchung weitere Symptome, der Pseudotumor cerebri und auch die Sinusvenenthrombose können zunächst bis auf die Kopfschmerzen asymptomatisch sein, in vielen Fällen kommen dann jedoch Sehstörungen hinzu, die zu bleibenden Defiziten führen können (28, 29). In jedem Fall ist bei dieser Symptomkonstellation dringlich eine zerebrale Bildgebung, optimalerweise eine Magnetresonanztomografie des Schädels, indiziert, bei Verdacht auf Pseudotumor cerebri im weiteren Verlauf noch eine Liquorpunktion mit Druckmessung. Eine weitere häufige Ursache für insbesondere morgendliches Kopfweh ist auch ein Schlafapnoesyndrom. Die regelhaft vorliegende Tagesmüdigkeit kann als unspezifisches Begleitsymptom der Kopfschmerzen oder als Dekonditionierung bei adipösen Patienten fehlinterpretiert werden. Gerade bei vorwiegend morgendlichen Kopfschmerzen und/oder Adipositas sollte die Anamnese gezielt in Hinblick auf Tagesmüdigkeit und

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PSYCHIATRIE + NEUROLOGIE

3/2021

FORTBILDUNG

nächtliches Schnarchen/Atempausen vertieft werden

(30). Die korrekte Behandlung lindert nicht nur das Kopf-

weh und die Tagesmüdigkeit, sondern senkt auch das

Risiko für die Entwicklung kardiovaskulärer Erkrankun-

gen.

l

Korrespondenzadresse: Dr. Silke Biethahn
Neurozentrum Aarau Rain 34
5000 Aarau E-Mail: s.biethahn@neurozentrumaarau.ch

Referenzen: 1. Scher AI et al.: Patterns of medication use by chronic and episodic
headache sufferers in the general population: results from the frequent headache epidemiology study. Cephalalgia. 2010 Mar; 30(3):321-328. 2. GBD 2016 Headache Collaborators: Global, regional, and national burden of migraine and tension-type headache, 1990–2016: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2016. Lancet Neurol. 2018 Nov;17(11):954-976. 3. Sokolovic E et al.: Self-reported headache among the employees of a Swiss university hospital: prevalence, disability, current treatment, and economic impact. J Headache Pain. 2013; 14(1): 29. 4. Headache Classification Committee of the International Headache Society (IHS): The International Classification of Headache Disorders, 3rd edition. Cephalalgia. 2018;38(1):1. 5. Buse DC et al.: Chronic migraine prevalence, disability, and sociodemographic factors: results from the American Migraine Prevalence and Prevention Study. Headache 2012;52:1456-1470. 6. Natoli JL et al.: Global prevalence of chronic migraine: a systematic review. Cephalalgia 2010;30:599-609. 7. Schwartz BS et al.: Epidemiology of tension-type headache. JAMA 1998;279:381–383. 8. Ravishankar K.: The art of history-taking in a headache patient. Ann Indian Acad Neurol. 2012 Aug; 15(Suppl 1): S7-S14. 9. Viana M et al.: Poor patient awareness and frequent misdiagnosis of migraine: findings from a large transcontinental cohort. Eur J Neurol. 2020;27(3):536-541. 10. Mongini F et al.: A comparative analysis of personality profile and muscle tenderness between chronic migraine and chronic tensiontype headache. Neurol Sci. 2005;26(4):203-207. 11. Schweizerische Kopfwehgesellschaft, Therapieempfehlungen für primäre Kopfschmerzen, Auflage 10.1.; 2021. 12. Westergaard ML et al.: Definitions of medication-overuse headache in population-based studies and their implications on prevalence estimates: a systematic review. Cephalalgia. 2014; 34(6):409-425.

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