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In der Schweizer Zeitschrift für Gynäkologie erscheinen aktuelle Beiträge zu Schwerpunktthemen, Kongressberichte, Interviews und Neuigkeiten aus Klinik, Praxis und Forschung. Sie ist das offizielle Organ der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendgynäkologie (GYNEA) und kommt mit einer Auflage von ca. 3500 Exemplaren 4 mal pro Jahr.

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Metainformationen


Titel
Das urogenitale Mikrobiom
Untertitel
Neue Möglichkeiten zur Diagnose und Therapie bei Infektionen, OAB und Harninkontinenz
Lead
Seit wenigen Jahren ist bekannt, dass sich in der Harnblase Bakterien befinden, ohne dass eine Bakteriurie besteht. Im Rahmen der aktuellen Mikrobiomforschung wird unter anderem untersucht, ob das urogynäkologische Mikrobiom diagnostisch, therapeutisch und präventiv genutzt werden kann. Möglicherweise spielen Laktobazillen eine zunehmende Rolle. Der Beitrag möchte etwas Licht in aktuelle urogynäkologische Fragestellungen bringen.
Datum
11. Oktober 2019
Journal
Schweizer Zeitschrift für Gynäkologie 04/2019
Autoren
Cornelia Betschart, Daniel Fink, Daniele Perucchini, David Scheiner
Rubrik
Schwerpunkt: Neues in der Urogynäkologie
Schlagworte
urogenitale Mikrobiom
Artikel-ID
42118
Kurzlink
https://www.rosenfluh.ch/42118
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Transkript


SCHWERPUNKT

Das urogenitale Mikrobiom
Neue Möglichkeiten zur Diagnose und Therapie bei Infektionen, OAB und Harninkontinenz
Seit wenigen Jahren ist bekannt, dass sich in der Harnblase Bakterien befinden, ohne dass eine Bakteriurie besteht. Im Rahmen der aktuellen Mikrobiomforschung wird unter anderem untersucht, ob das urogynäkologische Mikrobiom diagnostisch, therapeutisch und präventiv genutzt werden kann. Möglicherweise spielen Laktobazillen eine zunehmende Rolle. Der Beitrag möchte etwas Licht in aktuelle urogynäkologische Fragestellungen bringen.

DANIELE PERUCCHINI, CORNELIA BETSCHART, DANIEL FINK, DAVID SCHEINER

Daniele Perucchini

Was machen Bakterien in der Blase? Bis vor wenigen Jahren wäre diese Frage einfach zu beantworten gewesen. Es galt, dass Urin unter physiologischen Bedingungen steril ist. Noch 2014 findet sich zum Beispiel eine Publikation aus der Schweiz, die der Frage nachgeht, weshalb «normaler Urin steril ist» (Karpf, 2014).
Neue Forschungsresultate
Die wissenschaftlichen Erkenntnisse der letzten Jahre zwingen wahrscheinlich wie selten in unserem Fach zu einem Paradigmenwechsel bezüglich der vielen derzeit noch gültigen Vorstellungen. Wolf wies 2012 in vermeintlich sterilem Urin Bakteriengenomteile mittels Next-Generation-Sequencing nach. Dabei war anfänglich nicht klar, ob damit auch lebende Bakterien nachgewiesen sind. Hiltl gelang schliesslich 2014 durch spezielle Kulturtechniken (mittels sog. EQUC = enhanced quantitative urin culture) der Nachweis, dass es sich dabei in rund 80% der Fälle um lebende, kultivierbare Bakterien handelt. Es wurden unter anderem Laktobazillen, Corynebakterien, Streptokokken und Staphylokokken, aber auch Gardnerellen nachgewiesen. Daten aus dem Jahre 2018 (Thomas-White) zeigen sogar, dass Organismen wie Escherichia coli in der Blase von katheterisierten Patienten existieren, ohne eine Bakteriurie zu verursachen. An vielen als steril eingestuften Körperstellen

Merkpunkte
I Wenn die klassischen Urinkulturen keine Mikroorganismen anzeigen, heisst das nicht, dass dort keine sind.
I Urin gesunder Menschen ist nicht steril und enthält verschiedene Mikroben. I Das Mikrobiom der Blase besitzt wahrscheinlich eine Schutzfunktion. I In Zukunft werden wir hoffentlich weniger krankmachende Bakterien mit Antibiotika
vernichten, sondern mit gesunden Bakterien oder Probiotika ein Gleichgewicht (Eubiose) wiederherstellen.

wurde in den letzten Jahren das Vorhandensein von Bakterien in niedriger Anzahl beschrieben, so auch in der Brust (Urbaniak 2014) und im Gehirn (Branton 2013).
Laktobazillen in der Blase: Was könnten sie bewirken?
In der Arbeit von Thomas-White machen Laktobazillen in der Blase 11% der kultivierten Organismen aus, uropathogene Keime (E. Coli, Klebsiella pneumoniae, Proteus mirabilis, Enterobacter cloacae, Morganella morganii, Pseudomonas aeruginosa) nur 7,7%. Es wäre also möglich, dass Keime wie Laktobazillen auf ähnliche Art und Weise wie in der Scheide und der Harnröhre die Vermehrung von uropathogenen Keimen unterdrücken. Ebenfalls denkbar wäre, dass andere Bakterien, so zum Beispiel Corynebakterien, die ebenso in 10% der Kulturen nachgewiesen wurden, zu einer Inhibition der pathogenen Keime beitragen. Auf der Haut bewirken diese Bakterien eine Keimhemmung, dies durch Bildung von Fettsäuren (Schutzmantel der Haut). Die Studie von Thomas-White steht im Gegensatz zur bisherigen Ansicht, dass ein gesundes vaginales Mikrobiom die Aszension von Keimen in die Blase verhindert. Es besteht eine Verbindung zwischen den Mikroben von der Blase und der Vagina. «Gute Keime» wie zum Beispiel Lactobacillus crispatus könnten dabei uropathogene Keime wie E. coli direkt hemmen. In vitro wurde das auch nachgewiesen (Butler 2016). Die Ergebnisse dieser und vieler anderer neuer Studien werfen mehr Fragen auf, als sie beantworten können. Klar ist auf jeden Fall, dass auch die «gesunde» Harnblase asymptomatischer Frauen eine Bakteriengemeinschaft aufweist. Die Erforschung dieser Bakterienstämme steht erst am Anfang. Die Literatur über den Einfluss von Mikroben auf unsere Gesundheit wächst exponenziell, bis anhin sind in

GYNÄKOLOGIE 4/2019

19

SCHWERPUNKT

Tabelle:
Ausgewählte Studien zur Rolle des Mikrobioms bei unterschiedlichen LUTS (lower urinary tract symptoms), modifiziert nach Antunes-Lopes (2018)

Krankheit OAB
SUI MIX

Erstautor Wolf et al. 2012
Hilt et al. 2014

Kollektiv Frauen mit Prolaps und Inkontinenz vs. AS 41 Frauen mit OAB vs. 24 AS

Siddiqui et al. 2014 Pearce et al. 2014

1 Frau mit OAB
60 Frauen OABwet vs. 58 AS

Pearce et al. 182 OAB-Pat. in 2015 ABC-Multicenter-
Studie Thomas-White 74 Frauen mit OAB et al. 2016 vor und nach
Solifenacin-Therapie

Karstens et al. 2016 Fok et al. 2018
Komesu et al. 2018

10 Frauen OABwet vs. 10 AS 126 Pat. vor Operation wegen SUI oder Senkung 123 MIX vs. 84 AS

Thomas-White 197 Frauen der 2017 ValUE-Studie

Urinproben Mittelstrahl Transurethral Suprapubisch Transurethral

Analysetechnik 16s-rRNASequenzierung
16s-rRNASequenzierung und EQUC

Nicht beschrieben 16s-rRNASequenzierung
Transurethral 16s-rRNASequenzierung und EQUC

Transurethral Transurethral

16s-rRNASequenzierung
16s-rRNASequenzierung und EQUC

Transurethral Transurethral
Transurethral
Transurethral Mittelstrahl

16s-rRNASequenzierung 16s-rRNASequenzierung
16s-rRNASequenzierung
16s-rRNASequenzierung

Relevante Mikrobiota Laktobazillen, Aerococcus, Actinobaculum, Prevotella, Staphylococcus, Streptococcus, Gardnarella 15% Laktobazillen, 14% Corynebakterien, 12% Streptokokken und weitere 32 Nur bei OAB nachgewiesen: Aerococcus und Actinobaculum Streptococcus, Atopobium, Ureaplasma, Prevotella, Bacteroides Bei OAB gehäuft Nachweis Actinobaculum, Actinomyces, Aerococcus, Arthrobacter, Corynebacterium, Gardnerella, Oligella, Staphylococcus, Streptococcus Laktobazillen bei OAB und AS, aber: OAB häufiger mit L. gasseri, AS häufiger mit L. crispatus. Laktobazillen, Gardnarella, Streptococcus, Enterobacteriaceae
Laktobazillen, Gardnarella, Streptococcus, Enterobacteriaceae
14 verschiedene Bakterien fanden sich in unterschiedlichen Häufigkeiten A. vaginae and F. magna
Keine
Laktobazillen häufiger bei prämenopausalen und postmenopausal Östrogensubstituierten Frauen

Schlussfolgerungen Erstmals Nachweis von Bakterien-DNA in vermeintlich sterilem Urin
Erstmaliger Nachweis, dass aus DNA-pos. Urin auch lebende Bakterien mit erweiterten Kulturtechniken gezüchtet werden können Nachweis von Bakterien, die mit Standardurinkulturen nicht kultivierbar sind Die Studie zeigt Unterschiede im Mikrobiom von Frauen mit und ohne OAB und weist auf die Möglichkeiten in Prävention, Diagnostik und Therapie bei OAB hin
Bei Vorhandensein bakterieller DNA bei Frauen mit OAB besseres Ansprechen auf Therapie und weniger HWI Patientinnen, die auf Solifenacin gut ansprachen, hatten weniger Bakterien und eine geringere Bakteriendiversität und seltener Vorkommen von Actinomyces und Streptokokken Je geringer die Diversität, desto stärker die Symptome SUI ohne Assoziation der Symptome und Mikrobiota, aber: Assoziation mit Drangsymptomen Nur bei Frauen < 51 Jahren Nachweis von 6 Bakteriengemeinschaften, assoziiert mit Drangsymptomen Je geringer die Diversität und je weniger Laktobazillen, desto mehr Drangsymptome Abkürzungen: AS = asymptomatische Frauen, SUI = Belastungsinkontinenz, OAB = überaktive Blase, MIX = Gemischte Inkontinenz/Symptomatik, HWI = Harnwegsinfekte gut 10 Jahren über 60 000 Publikationen erschienen. Die Herausforderung besteht darin, herauszufinden, ob zwischen Varianten des Mikrobioms und unterschiedlichen Beschwerden und Krankheiten ein kausaler Zusammenhang besteht. Was heute in Studien beschrieben wird, sind erste Assoziationen. Über erste spektakuläre Zusammenhänge wurde auch in den Medien berichtet, beispielsweise dass Adipositas vom Spektrum der Darmbakterien beeinflusst wird und dass Fettleibigkeit durch Stuhltransplantation übertragen werden kann. Stuhltransplantation therapeutisch nutzbar? Das wohl eindrücklichste Beispiel für eine erfolgreiche Modulation des Mikrobioms liefert die Stuhltransplantation. Dabei wird Stuhl einer gesunden Person transplantiert. Die Erfolge bei schweren Infektionen mit Clostridium difficile sind eindrücklich und konnten mehrmals reproduziert werden (van Nood, 2013). Sie scheinen die Rolle des Mikrobioms als Ursache von Erkrankungen zu unterstreichen, allerdings wurden kürzlich auch über einen Todesfall als Folge dieser Stuhltransplantation berichtet. Aspekte der Mikrobiomforschung der letzten Jahre Als sich das grosse humane Genomprojekt Anfang dieses Jahrtausends zu Ende neigte, zeigte sich, dass in weniger Fällen als erwartet klare ursächliche Zusammenhänge zwischen Genen und Krankheiten offensichtlich waren. Das menschliche Genom ist mit rund 23 000 Genen für viele unerwartet klein (Reispflanzen und sogar der Wasserfloh besitzen mehr Gene!). Die menschlichen Gene sind aber nicht die einzigen, die unseren Körper am Laufen halten. Aus evolutionärer Perspektive besiedeln Bakterien 20 GYNÄKOLOGIE 4/2019 SCHWERPUNKT unseren Planeten seit mehr als drei Milliarden Jahren, Menschen hingegen erst seit einer Million Jahre. Es ist durchaus plausibel, dass unser Körper das schon lang macht, was auch in der Wirtschaft üblich ist: Outsourcing! Unser Leben ist somit mit unseren Mikroben eng verbunden. (Tabelle). Das Mikrobiom Wir wissen heute, dass wir von 100 Billionen Mikroben besiedelt werden, hauptsächlich Bakterien. Alle Mikroben in unserem Körper enthalten rund 3 Millionen Gene, das ist unser Mikrobiom. Der Begriff Mikrobiota bezeichnet die Gesamtheit aller Mikroorganismen. Sie siedeln häufig in Gemeinschaften von verschiedenen Einzellern in Form von Biofilmen. Die Mikrobiomgene arbeiten in unserem Körper gewissermassen mit unseren Genen zusammen und stellen ein gigantisches Genreservoir dar. Unser Leben ist somit mit diesen Mikroben eng verbunden. Auf eine Körperzelle kommt etwa eine Bakterienzelle. Noch vor Kurzem ging man davon aus, dass das Verhältnis Körperzellen zu Bakterienzellen sogar 10:1 sei (Sender, 2016). Urogenitales Mikrobiom Heute wissen wir, dass verschiedene Körperregionen von unterschiedlichsten Bakterien besiedelt werden. Sie bilden hoch spezifizierte ökologische Nischen, die durch die Mikroorganismen und deren Interaktion mit dem Körper des Wirtes charakterisiert sind. Der Verdauungstrakt ist Spitzenreiter bei der Mikrobendiversität mit über 1000 verschiedenen Arten. Im Urogenitaltrakt sind es rund 150 Arten. Wie eine gesunde Mikrobiota zusammengesetzt ist, ist nicht bekannt. Prinzipiell gilt eine hohe Diversität als günstig. Die einzelnen mikrobiellen Gemeinschaften interagieren auch untereinander. In der gesunden Vagina findet sich aber, im Gegensatz zum Darm, eine geringere bakterielle Artenvielfalt. Die Schutzfunktion der bakteriellen Besiedlung durch symbiotische Bakterien hängt von der Zusammensetzung und der Vielfalt dieser Bakterien ab. Bereits im 19. Jahrhundert wurde von Albert Döderlein die Anwesenheit von Milchsäurebakterien im Scheidensekret beschrieben. Die Existenz von Laktobazillen ist aber noch kein Garant für physiologische Vaginalverhältnisse. Unterschiedliche Bakterienarten wie Enterokokken, Streptokokken, Aerokokken, Bifidobakterien sowie Laktobazillen sind in der Lage, Milchsäure durch Fermentation von Zucker zu produzieren. Allerdings gelten nur die Letztgenannten als physiologische Besiedler der Vagina. Aber auch unter den Laktobazillen erfüllen nicht alle Spezies die Funktion einer Kolonisationsbarriere vor pathogenen Keimen. Diese schützende Funktion resultiert vor allem aus den Stoffwechselprodukten der Laktobazillen (H2O2 und Bakteriozidine). Die Zusammensetzung Abbildung: Zusammenhang zwischen bakterieller Besiedelung und vaginalem pH-Wert. Die vaginale Mikrobenzusammensetzung wird physiologischerweise von Laktobazillen dominiert. Die gesunde vaginale Mikrobiota hat also eine geringe Biodiversität. Steigt die Diversität in der vaginalen Flora, steigt auch der vaginale pH-Wert, was auf ein gestörtes Gleichgewicht hinweist. wird physiologischerweise von Laktobazillen dominiert, je nach ethnischer Herkunft der Frau dominieren unterschiedliche Laktobazillenarten. Die gesunde vaginale Mikrobiata hat eine geringe Biodiversität. Steigt die Diversität in der vaginalen Flora, zeigt das ein gestörtes Gleichgewicht, was das Auftreten zum Beispiel einer bakteriellen Vaginose begünstigt (Shipitsyna, 2013) (Abbildung). Oral verabreichte Laktobazillen sind in der Lage, das rektale sowie auch das vaginale Epithel zu besiedeln. Es wurde daraus geschlossen, dass möglicherweise das rektale Mikrobiom als Reservoir für das vaginale Mikrobiom dienen könnte. Beispielsweise konnte gezeigt werden, dass die Besiedlung des Rektums mit H2O2-produzierenden Laktobazillen die Wahrscheinlichkeit für eine bakterielle Vaginose deutlich reduziert. Die Rolle des Mikrobioms bei urogynäkologischen Erkrankungen Anzahl und relative Häufigkeit bestimmter Bakterienstämme, Gattungen und Spezies charakterisieren das Mikrobiom eines Organs. Nachfolgend eine Auswahl von bekannten Fakten bzw. Assoziationen: Blasenentzündungen Die jährlichen wirtschaftlichen Kosten von Blasenentzündungen sind enorm, ebenso die Menge an Antibiotika, die deswegen verabreicht werden. Trotz umfangreicher Forschung in den Bereichen Pathophysiologie, klinische Versorgung und Prävention kommen die therapeutischen Strategien nur langsam voran. Gleichzeitig nehmen Probleme mit Antibiotikaresistenzen zu. I Die Vagina spielt eine Schlüsselrolle in der Patho- genese der Harnwegsinfekte (HWI). Die Darmmikrobiota wurden als Quelle für die Bakterienstämme, die Blasenentzündungen verursachen, angesehen (Czaja, 2009). Der erste Schritt ist die Besiedlung der Vagina und der Harnröhre mit den infizierenden gramnegativen Uropathogenen. GYNÄKOLOGIE 4/2019 21 SCHWERPUNKT I Versteckte Keime in der Blase selbst könnten ein Reservoir für rezidivierende Infekte sein (Gottschick, 2017). Es gibt Hinweise, dass nicht nur ein gesundes vaginales Mikrobiom, sondern auch eine gesunde Urinbakteriengemeinschaft wichtig sind, um HWI zu verhindern. Die Anwendung von oral oder vaginal angewendeten Probiotika zur HWI-Prävention wäre entsprechend auch plausibel. Leider sind die Daten zu diesem Ansatz begrenzt, und Studien zur Reduktion der HWI durch orale Probiotika sind widersprüchlich. Bei prämenopausalen Frauen zeigte eine klinische Phase-IIStudie die Wirksamkeit für den vaginalen Lactobacillus crispatus zur Reduktion von rezidivierenden HWI. Diese fanden sich in der Kontrollgruppe fast doppelt so häufig (27%) wie in der Interventionsgruppe (15%) (Stapleton, 2011). Aufgrund der geringen Anzahl verfügbarer Studien fand ein Cochrane-Review jedoch keinen Nutzen von oralen Probiotika (Schwenger, 2015). Tariq (2017) berichtet in einer kleinen Studie über eine Reduktion von HWI nach Stuhltransplantation wegen chronischen Clostridium-difficile-Infekts. I Der Begriff «asymptomatische Bakteriurie» ergibt wenig Sinn und muss klarer definiert werden. Patientinnen, die nach einer Blasenentzündung persistierende Beschwerden und negative Urinkulturen haben, könnten vielleicht schon bald auch im Praxisalltag mit erweiterten Urinkulturen oder Gensequenzierung weiter abgeklärt werden. I Nach urogynäkologischen Eingriffen kommt es trotz Antibiotikaprophylaxe in bis 20% der Fälle zu einem HWI. Allgemein ging man bisher davon aus, dass die perioperativen Manipulationen mit Katheterisierung und Zystoskopien eine Aszension von Keimen begünstigen. Fok (2013) konnte zeigen, dass ein positiver Urikult von unmittelbar präoperativ entnommenem Katheterurin die Wahrscheinlichkeit für einen HWI postoperativ um das Sechsfache erhöht. Thomas-White (2018) fand, dass ein an Mangel an Laktobazillen (besonders L. iners) und eine präoperative Urindysbiose einen postoperativen Infekt begünstigen. Präoperative Anreicherung des Blasenmikrobioms mit Laktobazillen könnte vor katheterassoziierten oder postoperativen HWI schützen und den Antiobiotikaverbrauch reduzieren helfen. Überaktive Blase (OAB) Für die OAB ist keine ursächliche Therapie bekannt. Die Tatsache, dass bei vielen Patientinnen die herkömmlichen medikamentösen Therapien nicht hilfreich sind, weisen darauf hin, dass andere Ursachen als bisher angenommen für das Krankheitsbild (mit)verantwortlich sein könnten. I Teilweise überlappen die Symptome einer Blasen- entzündung mit den Symptomen einer OAB. Die aktuell gültige OAB-Definition fordert den Ausschluss eines Infektes. Mit dem heutigen Wissen ist dieser Anspruch nicht mehr ganz zeitgemäss. Die Forderung (Antunes, 2019) nach Revision der derzeit noch gültigen OAB-Diagnose und nach allenfalls Einführung von OAB-Unterklassen scheint berechtigt. I Das Mikrobiom von OAB-Patientinnen ist weniger divers (weniger Laktobazillen und häufigeres Vorkommen z.B. von Gardnerella). Pearce konnte 2014 zeigen, dass im Urin von OAB-Patientinnen Actinomyces, Aerococcus, Arthrobacter, Corynebacterium, Gardnarella, Oligella, Staphylococcus und Streptococcus signifikant häufiger nachweisbar sind als bei gesunden Frauen. I Lactobacillus gasseri ist stark mit OAB; L. crispatus wird mit «Blasengesundheit» assoziiert (Abwesenheit von Drangsymptomen) (Pearce, 2014). Bisher sind aber noch keine Studien zum Einfluss der Gabe von Laktobazillen auf die OAB-Symptomatik publiziert. I Ureaplasma urealyticum ist ein bekannter Keim, der Drangsymptome verursachen kann. Deshalb wird bei der OAB-Abklärung nach diesem Keim gesucht. Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Arbeit von Daniele (2011), welche zeigte, dass Laktobazillen eine Wachstumshemmung von Ureaplasma urealyticum bewirken. I Unterschiede im Mikrobiom von OAB-Patientinnen wurden beschrieben (Thomas-White (2016), abhängig davon, wie die Patientinnen auf eine anticholinerge Medikation ansprachen: Patientinnen, die auf Solifenacin gut ansprachen, hatten weniger Bakterien und eine geringere Bakteriendiversität vor der Behandlung. Umgekehrt zeigten Patientinnen, die höhere Dosen Vesicare benötigten oder nicht auf die Therapie ansprachen, eine höhere Bakteriendiversität und häufigeres Vorkommen von Actinomyces und Streptokokken. Diese Resultate weisen darauf hin, dass die Mikrobiotazusammensetzung den Erfolg einer medikamentösen Therapie beeinflusst. I Das sogenannte Phageom ist Teil unseres Mikrobioms. Bakteriophagen werden seit Jahrzehnten vor allem in Staaten der ehemaligen Sowjetunion zur Behandlung von HWI eingesetzt. Im Westen verlor die Phagentherapie dagegen mit dem Siegeszug der Antibiotika an Bedeutung. Phagen brauchen Bakterien als Reproduktionsgrundlage und zerstören diese im Laufe ihrer Reproduktion. Gegen jedes Bakterium gibt es in der Natur spezifische Phagen, die gezielt nur dieses angreifen. Es gibt erste Untersuchungen zu den Bakteriophagen in der Blase, dabei fanden sich keine Unterschiede der Actinomycetaceae-Phagen bei asymptomatischen Frauen im Vergleich zu Frauen mit OAB (Miller-Ensminger, 2018). 22 GYNÄKOLOGIE 4/2019 SCHWERPUNKT I Nach Inkontinenz- oder Prolapsoperationen können persistierende oder De-novo-OAB-Symptome die Lebensqualität und den Operationserfolg negativ beeinflussen. Fox (2013) beschreibt einen Zusammenhang zwischen persistierenden bzw. De-novo-OAB-Symptomen und zwei anspruchsvollen, präoperativ nachgewiesenen anaeroben, grampositiven Keimen (Atopobium vaginae und Finegoldoa magna). Die Autoren meinen, die präoperative Untersuchung könnte bei der Aufklärung der Patientin bezüglich postoperativ persistierender Symptome hilfreich sein. Auch wäre eine gezielte Therapie zur Wiederherstellung einer Eubiose in der Blase/Vagina vorstellbar. Gemischte Urininkontinenz Die Mischinkontinenz (MI) steigt mit zunehmendem Lebensalter und ist ab dem 55. Altersjahr die häufigste Inkontinenzform. Dabei geben die Patientinnen sowohl Symptome einer Drang- als auch einer Belastungsinkontinenz an. In der Praxis stellt das Management der MI eine Herausforderung dar, was bei Beratung, Abklärung und Therapiewahl individuell berücksichtigt werden muss. Da bei der MI OAB-Symptome und Belastungsinkontinenz auftreten, sind die Ursachen besonders vielfältig. Komplizierend kommt hinzu, dass viele Patientinnen mit Belastungsinkontinenz wohl Drangsymptome, aber keine eigentliche Dranginkontinenz angeben. Der Leidensdruck und der Schweregrad der Inkontinenz sind bei Patientinnen mit Mischsymptomatik grösser als bei alleiniger Dranginkontinenz oder Belastungsinkontinenz. Komesu (2018) berichtete kürzlich über Ergebnisse einer multizentrischen Querschnittstudie, bei welcher Katheterurin von 84 asymptomatischen Frauen im Vergleich zu 123 Frauen mit gemischter Harninkontinenz untersucht wurde. Die Dominanz (> 50%) von Laktobazillen unterschied sich nicht signifikant, war aber bei jüngeren Frauen ausgeprägter.

In einer Studie von Thomas-White (2017) korrelierte ein Verlust von Laktobazillen mit mehr Drangsymptomen.

Ausblick

In den letzten Jahren haben Studien etwas Licht in

die Rolle des urogenitalen Mikrobioms bei der Ent-

stehung urogynäkologischer Erkrankungen gebracht.

Die Zusammensetzung des urogenitalen Mikrobioms

scheint nach heutiger Evidenz einen Einfluss auf di-

verse urogynäkologische Erkrankungen zu haben.

Eine noch bessere Kenntnis der Mikroben, welche

den Urogenitaltrakt besiedeln, wird hoffentlich unser

diagnostisches und therapeutisches Vorgehen, aber

auch die Möglichkeiten der Prävention positiv be-

einflussen. Wahrscheinlich wird das Prinzip der Era-

dikation von vielen pathogenen Keimen einem ge-

zielteren Vorgehen weichen, dabei könnten

Probiotika eine wichtige Rolle einnehmen. Bis dahin

müssen noch viele Fragen geklärt werden. Im klini-

schen Alltag die 16s-rRNA-Gensequenzierung anzu-

wenden, ist noch verfrüht, dazu braucht es noch

mehr Studien und noch mehr Evidenz. Sinnvoll ist si-

cher, in speziellen Fällen mit dem eigenen Labor be-

züglich erweiterter Urinkulturen Rücksprache zu neh-

men.

I

PD Dr. med. Daniele Perucchini (Erstautor, Korrespondenzadresse) Blasenzentrum Zürich Gottfried-Keller-Strasse 7 8001 Zürich E-Mail: perucchini@blasenzentrum.ch

PD Dr. med. Cornelia Betschart Prof. Dr. med. Daniel Fink Dr. med. David Scheiner

Klinik für Gynäkologie Universitätsspital Zürich 8091 Zürich

Interessenkonflikte: keine. Literatur beim Autor.

GYNÄKOLOGIE 4/2019

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