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KONGRESSBERICHT
Melanom-Diagnostik
Mit tumorspezifischen Antikörpern lassen sich Melanome früh identifizieren
Eine australische Forschungsgruppe hat für Melanome spezifische Antikörper identifiziert. Mithilfe dieser Marker lassen sich schon früh Melanome aus einfachen Blutproben diagnostizieren.
Je früher ein Tumor erkannt wird, desto besser sind bekanntlich die Heilungschancen. Das gilt besonders für das maligne Melanom (MM). Während Betroffene im Stadium I heutzutage fast keine Einschränkung ihrer Lebenserwartung mehr haben, leben von den Patienten im Stadium IV – trotz grosser Therapiefortschritte in den letzten Jahren – nach fünf Jahren nur noch etwa 35% (1). Jedoch ist es bisher nicht einfach, dem schwarzen Hautkrebs schon früh auf die Spur zu kommen. Praktisch wäre es, wenn die Diagnose nichtinvasiv gestellt werden könnte. Viele unnötige Biopsien bzw. chirurgische Eingriffe mit anschliessender aufwendiger Histologie würden bei negativem Befund entfallen. Bei Patienten mit positivem Testergebnis könnte die Therapie früher erfolgen. Dadurch liessen sich die Zahl der Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung reduzieren und die Überlebensraten verbessern. Eine solche Diagnostik-Option steht schon in den Startlöchern: Eine Forschungsgruppe der Universität Melbourne unter der Leitung von Dr. Cristina Vico-Alonso hat Melanom-spezifische Antikörper identifizieren können, die sich im Blut nachweisen lassen.
• Kohorte 2 umfasste 2108 gesunde Personen ohne Melanom.
Kombination aus drei Markern Es konnten drei Marker für das MM identifiziert werden. Einer davon zeigte eine Sensitivität von 99% und eine Spezifität von 82%. Anders ausgedrückt: 99% der Melanom-Patienten waren positiv für diesen Marker, während 82% der gesunden Personen anhand des empfohlenen Schwellenwerts korrekt als negativ identifiziert wurden. Obwohl 18 Prozent der gesunden Personen fälschlicherweise positiv für diesen Marker getestet worden seien, trage die Kombination mit den beiden anderen Markern zu einer Multiparameter-Signatur und damit zur diagnostischen Genauigkeit bei, erklärte Dr. Vico-Alonso.
Wie die Wissenschaftlerin weiter erläuterte, würden CTAg in vielen soliden Tumoren exprimiert, sodass die hier identifizierte diagnostische Signatur über das Melanom hinaus anwendbar sei. Die spezifische Kombination aus verwandten Antigenen sei jedoch im Vergleich zu anderen soliden Tumoren einzigartig für das Melanom.
Anti-CTAg-Antikörper-Muster Ausgangspunkt dieser Forschung war, dass in Melanomen über 90 strukturell und funktionell unterschiedliche Proteine, die aus der Familie der Krebs-Hoden-Antigene (Cancer-Testis Antigen = CTAg) bekannt sind, aberrant exprimiert werden. Diese Expression löst wiederum die Produktion von spezifischen Antikörpern aus, die gegen relevante CTAg gerichtet sind. Folglich können bestimmte Muster der CTAg-Antikörper als Marker zur Frühdiagnose oder auch als prognostische Biomarker genutzt werden.
Mitarbeiter am Olivia Newton John Cancer Research Institute haben ein neuartiges krebsspezifisches Array entwickelt, das in der Lage ist, Anti-CTAg unter über 100 anderen Tumorantigenen nachzuweisen und zu quantifizieren. Wie VicoAlonso berichtete, war der nächste Schritt, zu validieren, welche dieser zirkulierenden Antikörper zur Früherkennung von Melanomen geeignet sind. Dazu wurden Blutproben aus zwei verschiedenen Teilnehmer-Kohorten untersucht: • Kohorte 1 umfasste 264 Patienten mit diagnostiziertem
Melanoma in situ, MM in Stadium I oder Stadium II. Bei diesen Patienten wurde die Blutprobe innerhalb von 30 Tagen nach der kurativen Operation des Primärtumors entnommen.
Marker weisen auch auf Rezidiv hin Die Forschung zu spezifischen Melanom-Markern ist nicht ganz neu und hat bereits andere Erfolge aufzuweisen. So konnte in früheren Untersuchungen bereits die einzigartige Signatur von Antigenen bei Patienten mit fortgeschrittenem Melanom identifiziert werden, die mit aggressiverem Krankheitsverlauf oder Metastasen assoziiert sind. Auch eine weitere eindeutige Antigensignatur wurde entdeckt, mittels der bei Melanom-Patienten im Stadium III unterschieden werden kann, ob ein Rezidiv aufgetreten ist oder nicht.
Dr. Vico-Alonso und ihre Mitarbeiter hoffen, dass diese Methode der Früherkennung in die derzeitige MelanomScreening-Praxis integriert wird – nicht nur um nicht-invasiv zusätzliche Informationen zur Diagnosesicherung zu liefern, sondern auch um unnötige Eingriffe zu vermeiden.
Angelika Ramm-Fischer
Quelle: Vortrag «Early detection of melanomas using circulating tumourspecific antibodies» beim Jahreskongress der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV), am 26. September 2024 in Amsterdam
Referenz: 1. Eisemann N et al.: Verbesserung des Melanom-Überlebens in Deutsch-
land: Eine registerbasierte Zeitreihen-Studie. Dtsch Arztebl Int. 2024;121:45-51; doi:10.3238/arztebl.m2023.0242
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