Transkript
FORSCHUNG
Pelargonium-sidoides-Extrakt EPs 7630 bei akuter Bronchitis
Eine klinische Studie dokumentiert die Wirksamkeit
Der vorliegende Beitrag ist
die Zusammenfassung einer
Studie (1), die die Wirksam-
keit, Verträglichkeit und
Sicherheit des Pelargonium-
sidoides-Extraktes EPs 7630
bei Kindern und Jugendlichen
mit einer akuten Bronchitis
dokumentiert1.
Christoph Bachmann
Antibiotika
Die meisten Atemwegsinfekte werden durch Vireninfektionen verursacht, so auch akute Bronchitis.Trotzdem verordnen in bis zu 80 Prozent solcher Fälle die behandelnden Ärzte Antibiotika, obwohl diese gegen Viren bekanntlich wirkungslos sind. Als Begründung einer Antibiotika-Therapie werden die Prävention einer Superinfektion und der Wunsch der betroffenen Patienten angegeben.
Pelargonium sidoides
Als Alternative zu dieser umstrittenen Therapie, die zur Antibiotika-Resistenz beiträgt, bieten sich Behandlungen mit pflanzlichen Arzneimitteln an. Seit vielen Jahren werden Behandlungen mit Echinacea-Extrakten durchgeführt, die inzwischen gut etabliert sind. Diese erweisen sich vor allem bei Infektionen der oberen
1 Vgl. auch ARS MEDICI thema Phytotherapie 2011(7)
Atemwege als wirksam. In den letzten Jahren ist eine weitere Pflanze ins Zentrum des phytotherapeutischen Interesses gekommen: Pelargonium sidoides, das sich als besonders wirksam bei akuter Bronchitis erwiesen hat. Pelargonium sidoides wird im südlichen Afrika in der traditionellen Heilkunst gegen Erkältungen und Bronchitis sowie gegen Tuberkulose seit Jahrhunderten verwendet. Es handelt sich um einen bis 50 cm hohen Strauch, der in Südafrika bis auf 2300 Metern über Meer wächst (vgl. Abbildung). Im 20. Jahrhundert wurde diese Arzneipflanze nach Europa gebracht und seit den Neunzigerjahren wissenschaftlich erforscht. In Deutschland ist der Extrakt EPs® 7630 aus den Wurzeln von Pelargonium sidoides seit 1983 im Handel, in der Schweiz seit 2007.
EPs 7630
Bei diesem Extrakt handelt es sich um einen alkoholischen Auszug aus den Wurzeln von Pelargonium sidoides. Der Auszug enthält 11 Prozent V/V Ethanol. 10 g Extrakt enthalten 8 g EPs 7630 sowie 2 g Glyzerin 85 Prozent. Tabelle 1 zeigt die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe von EPs 7630 auf. Die bis 2009 über EPs 7630 erschienene Literatur ist in den erwähnten Artikeln in «phytotherapie» beziehungsweise «ARS MEDICI thema Phytotherapie» erwähnt worden. EPs 7630 wirkt antiviral und antibakteriell, indem es die bakterielle Adhäsion an den respiratorischen Schleimhautzellen hemmt und die Phagozytose steigert. Weiter fördert der Extrakt die sekretomotorische Aktivität des humanen, nasalen Flimmerepithels.
Klinische Studie mit Kindern und Jugendlichen
Kamin et al. haben eine klinische Studie publiziert (1). Dabei handelte es sich um eine
Tabelle 1:
Inhaltsstoffe von EPs 7630 Chemische Struktur Anteil am Extrakt (%)
Oligomere Proanthocyanidine Kohlenhydrate Mineralstoffe Aminosäuren und Peptide Benzopyrone Purine Unbekannt
40 12 12 10 2 2 22
Kasten 1: Patienten
Total Männlich Weiblich
Durchschnittsalter
Altersverteilung 1–6 Jahre 6–12 Jahre 12–18 Jahre
220 109 111 9,2 ± 5,2 Jahre
78 72 70
randomisierte, plazebokontrollierte, doppelblinde Multizenterstudie, die in Russland durchgeführt wurde.
Patienten Dafür wurden 220 Patienten zwischen 1 und 18 Jahren (vgl. Kasten 1) rekrutiert, die seit mindestens 48 Stunden vor der Rekrutierung an einer akuten Bronchitis litten, die auf der BSS-Skala (Bronchitis specific symptoms) ≥ 5 aufwiesen. Ausschlusskriterien waren: ◆ Komedikationen, die die Studienresul-
tate beeinfluss konnten ◆ Allergisches Asthma ◆ COOP
thema1118
PHYTOTHERAPIE
6/2012
FORSCHUNG
Kasten 2: Studienpräparat Für die Studie wurde der Pelargoniumsidoides-Extrakt EPs 7630 verwendet: Dieser besteht aus einem ethanolischen Auszug aus den Wurzeln von Pelargonium sidoides: DEV: 1: 8–10).
Kasten 3: 1 bis 6 Jahre: dreimal täglich 10 Tropfen
EPs 7630 6 bis 12 Jahre: dreimal täglich 20 Tropfen
EPs 7630 > 12–18 Jahre: dreimal täglich 30 Tropfen
EPs 7630
und wurde auf einer Skala von 0 bis 4 ausgedrückt, wobei 0 «nicht vorhanden» und 4 «sehr schwer» bezeichnete. Die maximale Punktezahl war also 12. Die wichtigsten sekundären Zielparameter waren: ◆ Behandlungserfolg:
– < 3 Punkte am Tag 7 – Abnahme von mind. 4 Punkten wäh-
rend der Behandlung – < 3 Punkte am Tag 7 verbunden mit
einer Abnahme von mindestens 4 Punkten während der Behandlung ◆ Abnahme der PSS-Werte verbunden mit weiteren Symptomen wie – Appetitlosigkeit – Kopfschmerzen – Erbrechen – Durchfall
◆ Blutungsneigung ◆ Schwere Herz-, Leber oder Nierener-
krankung ◆ Immunsuppression ◆ Unverträglichkeit von Pelargonium si-
doides ◆ Schwangerschaft
Bei der Baselinevisite (Tag 0) wurden die Baselinewerte erhoben. An den Tagen 3 – 5 und am Tag 7 wurden die Visiten 2 und 3 durchgeführt. Die Patienten oder ihre gesetzlichen Vertreter wurden gebeten, während der Studie täglich ein Patienten-Tagebuch zu führen.
Medikation Die Patienten erhielten während 7Tagen entweder Plazebo (n = 109) oder das Studienpräparat (vgl. Kasten 2) (n = 111). Dieses wurde je nach Alter folgendermassen dosiert: Primärer Zielparameter war die Veränderung des BSS vom Beginn der Behandlung (Tag 0) bis zum Tag 7. Die BSS-Skala umfasste die drei Symptome ◆ Husten ◆ Lungenrasseln und Geräusche ◆ Atemnot
Resultate
Primäre Zielparameter: Bis zum 7. Behandlungstag zeigte sich in der Behandlungsgruppe eine signifikant grössere Besserung des BSS-Score als in der Plazebogruppe (Verum: 4,4 ± 1,6; Plazebo: 2,9 ± 1,4; p < 0,0001) (vgl. Tabelle 2). Eine Auswertung der Symptome zeigte, dass «Husten» und «Lungenrasseln» in der Verumgruppe eine signifikant höhere Verbesserung zeigten als in der Plazebogruppe (p < 0,0001), während beim Symptom «Atemnot» für die EPs 7630-Gruppe gegenüber der Plazebogruppe nur ein nicht signifikanter Vorteil ersichtlich wurde.
Sekundäre Zielparameter Bei den sekundären Zielparametern zeigte die Verumgruppe bei «Appetitlosigkeit» gegenüber der Plazebogruppe eine signifikante Verbesserung (p < 0,0003). Bei den andern Symptomen (Kopfschmerzen, Erbrechen, Diarrhö) wurde zwischen den beiden Gruppen kein signifikanter Unterschied festgestellt. Die Patientenzufriedenheit über die Behandlung erwies sich in der Verumgruppe als signifikant grösser (p < 0,0001) als in der Plazebogruppe. Eine Subgruppenanalyse
Tabelle 2: Veränderung des BSS-Score
Gruppe± EPs 7630 Plazebo
Baseline 6,0 ± 1,6 5,8 ± 1,3
Tag 3 – 5 3,6 ± 1,4 4,3 ± 1,4
Tag 7 1,6 ± 1,4 2,9 ± 1,4
p p < 0,0001
Angaben zum im Artikel besprochenen Präparat
Markenname in der Schweiz: Kaloba
Galenische Formen: Tropfen
Tagestherapiekosten: (wirtschaftlichste Packung, mittlere Dosierung) 12 Jahre: Fr. 2.43 6–12 Jahre: Fr. 1.62 2–5 Jahre: Fr. 0.81
Krankenkassenkategorie: SL
SL: Grundversicherung C: Komplementärversicherung H: ohne Einteilung N: Negativliste
Vertrieb in der Schweiz: Schwabe Pharma AG Erlistrasse 2 6403 Küssnacht info@schwabepharma.ch
zeigte vergleichbare Resultate für die drei verschiedenen Altersgruppen.
Verträglichkeit
In beiden Gruppen erwies sich die Verträglichkeit als gut, und es wurden keine schwerwiegenden unerwünschten Arzneimittelwirkungen beobachtet.
Sicherheit
In der EPs-7630-Gruppe wurden bei 2 Patienten 3 nicht schwerwiegende unerwünschte Ereignisse beobachtet. Bei allen 3 konnte aber ein Zusammenhang mit dem Studienmedikament ausgeschlossen werden.
Diskussion
Die Resultate der vorliegenden Studie beweisen die Wirksamkeit, Verträglichkeit und Sicherheit des Pelargonium-sidoidesExtraktes EPs 7630 bei Kindern und Jugendlichen zwischen 1 und 18 Jahren mit akuter Bronchitis. Obwohl akute Bronchitis keine schwerwiegende Erkrankung ist, bildet sie doch der häufigste Grund für krankheitsbedingtes Fernbleiben von der Schule oder Arbeit. Die Studie zeigte auch, dass nach 7 Tagen 58 Prozent der Patienten der Verumgruppe wieder in der Lage waren, die Schule zu besuchen oder die Arbeit auf-
thema1120
PHYTOTHERAPIE
6/2012
FORSCHUNG
zunehmen. In der Plazebogruppe war dies hingegen nur bei 17 Prozent der Patienten der Fall.
Schlussfolgerung
Aus diesen Resultaten folgerten die Autoren, dass EPs 7630 für die Behandlung der akuten Bronchitis bei Kindern und Jugend-
lichen von 1 bis 18 Jahren eine wirksame
und sichere Behandlung darstellt und in
solchen Fällen als Therapie der ersten Wahl
gelten kann.
◆
Anschrift des Verfassers Dr. Christoph Bachmann Hirschmattstrasse 46, 6003 Luzern c.a.bachmann@bluewin.ch
Literaturreferenzen
1. Kamin W., Ilyenko L., Malek F., Kieser M.:Treatment of acute bronchitis with EPs 7630; a randomized, controlled trial in children and adolescents, Pediatrics International, 10.1111/j.1442-200X.2012.03598.x.
6/2012
thema PHYTOTHERAPIE
1121