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24. JAHRESTAGUNG FÜR PHYTOTHERAPIE, BADEN, 19. NOVEMBER 2009
Sind Naturstoffe, pflanzliche Arzneimittel oder Nahrungsmittel, Dopingfallen?
Nadja Mahler König
Die medizinische Betreuung von Spitzensportlerinnen und Spitzensportlern verlangt von den Fachpersonen – neben vielen anderen Kompetenzen – auch Grundkenntnisse der Dopingbestimmungen. Nach der stattlichen Anzahl von Dopingfällen prominenter Athleten – von Linford Christie über Merlene Ottey bis zu Olivier Bernhard – anfangs des Jahrtausends wurde die Aufmerksamkeit auf die Problematik verunreinigter Nahrungsergänzungsmittel gelenkt. Der Markt für Nahrungsergänzungsmittel versprach, und verspricht auch heute noch, ansehnliche Wachstumsraten und zeichnet sich durch eine hohe Dynamik aus. Innovative Produktzusammensetzungen werden mit verheissungsvollen sowie verführenden Auslobungen im Internet beworben. Ebenso schnell verschwinden die Produkte jedoch auch wieder. Im Artikel werden das Ausmass der Problematik und die Konsequenzen für Eliteathletinnen und -athleten dargelegt und die Grundlagen der Dopingbestimmungen vermittelt. Im Jahr 2000, anfangs als Nandrolonproblematik abgetan, wurden in der Folge weltweit Untersuchungen an Nahrungsergänzungsmitteln durchgeführt, um das Ausmass zu erfassen (1, 2, 3). Es zeigte sich, dass insbesondere Produkte, die ein Muskelwachstum versprechen, natürlich den Testosteronspiegel erhöhen oder auf die hormonelle Regulation einwirken, mit Dopingsubstanzen verunreinigt sein können. Diese Problematik betrifft Athletinnen und Athleten, die auf der Suche nach dem entscheidenden Vorteil gegenüber den Kontrahenten im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel nach legalen Alternativen zu Dopingmitteln suchen. Untersuchungen an den Olympischen Spielen in Sydney
ergaben, dass es Athleten gab, die bis zu 20 verschiedene Substanzen (Vitamine, Spurenelemente, phytotherapeutische Präparate usw.) täglich einnahmen (4).
Weltweite Organisation der Dopingbekämpfung
Die ersten sportübergreifenden Regeln wurden im Jahr 1967 erlassen, als die Medizinische Kommission des Internationalen Olympischen Komitees (IOK) eine erste Dopingliste veröffentlichte. In der Folge wurden die Regeln ständig angepasst, doch erst die Gründung der Welt-Anti-DopingAgentur WADA und dem Inkrafttreten des Codes führte zu einer weltweiten Harmonisierung der Dopingbekämpfung. Die WADA wird nicht nur von den Sportorganisationen (internationale Verbände, nationale Olympische Komitees) getragen, sondern auch von den Regierungen. Zur Einbindung der Regierungen in das Regelwerk der WADA wurde die UNESCO-Konvention gegen Doping geschaffen, die die Schweiz im Juni 2008 ratifiziert hat und im Dezember desselben Jahres in Kraft getreten ist (5). Der Code der WADA hat zu einer grundlegenden Änderung der Definition des Dopings geführt. Als Doping gelten gemäss Artikel 2 des Codes ein Verstoss gegen
einen (oder mehrere) der folgenden Tatbestände: ◆ das Vorhandensein einer verbotenen
Substanz, ihrer Metaboliten oder diagnostischer Marker in einer Dopingprobe ◆ der Gebrauch oder der versuchte Gebrauch einer verbotenen Substanz oder einer verbotenen Methode ◆ Verweigerung der Kontrolle ◆ die Verletzung der Informationspflicht über den Aufenthaltsort ◆ das Verfälschen oder das versuchte Verfälschen einer Dopingprobe ◆ Besitz von verbotenen Substanzen durch Athleten oder durch deren Umfeld ◆ der Handel mit verbotenen Substanzen ◆ die Abgabe oder die versuchte Abgabe an Athletinnen und Athleten. Die WADA publiziert nach Konsultation aller Partner jährlich auf den 1. Januar eine neue Dopingliste (einzusehen unter www.antidoping.ch; vgl. Tabelle 1). Es gibt heute im Humanbereich nicht verschiedene verbandseigene Dopinglisten, da alle internationalen Verbände, die an Olympischen Spielen teilnehmen wollen, die Verbotsliste der WADA zwingend übernehmen müssen. Die Liste zeichnet sich dadurch aus, dass die Aufzählung verbotener Wirkstoffe
Tabelle 1: Aufbau der Liste der verbotenen Wirkstoffe und Methoden
Jederzeit verbotene Wirkstoffe
Im Wettkampf verbotene Wirkstoffe
S1. Anabolika
S6. Stimulanzien
S2. Peptidhormone
S7. Narkotika
S3. Beta-2-Agonisten
S8. Cannabinoide
S4. Hormonantagonisten
S9: Glukokortikoide
S5. Diuretika
M1. Erhöhung der Transportkapazität für Sauerstoff
M2. chemische und physikalische Manipulationen
M3. Gendoping
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nicht abschliessend ist, sondern immer auch verwandte Substanzen mit einschliesst. Man unterscheidet diejenigen Substanzklassen, die nur im Wettkampf verboten sind und diejenigen die immer, das heisst im Training und im Wettkampf, verboten sind. Die Gefahr, durch Unwissen einen verbotenen Wirkstoff abzugeben oder anzuwenden, besteht insbesondere bei den Stimulanzien. Heute sind weder Lokalanästhetika (Capsaicin o.ä.) noch pflanzliche Sedativa, Adaptogene oder Koffein auf der Dopingliste aufgeführt. Da die Liste wie beschrieben jedoch jährlich den aktuellen Entwicklungen angepasst wird, ist es ratsam, die Liste regelmässig zu konsultieren. Nachfolgend sollen einige Beispiele möglicher Gefahren, die im Zusammenhang mit phytotherapeutischen Zubereitungen auftreten können, näher beleuchtet werden.
Beispiele aus der phytotherapeutischen Praxis
1. Ephedra sinica, Ma Huang Von den über 40 verschiedenen Ephedraarten werden drei als Arzneipflanzen verwendet: E. sinica, E. equisetina und E. intermedia. Die Hauptwirkstoffe der Ephedrapflanze sind die Alkaloide Ephedrin (ca. 1,3%), Pseudoephedrin, Phenylpropanolamin und Cathin (6). Ephedrin wirkt direkt oder indirekt an den Alpha- und Betarezeptoren im Nervensystem. Daraus resultieren vielfältige physiologische Wirkungen, unter anderem eine Stimulierung des Kreislaufs, eine Steigerung des Blutdrucks, eine Erweiterung der Bronchien, eine Verengung der Pupillen und eine Dämpfung des Appetits. Zur Gewichtsreduktion wurden viele Produkte (im Internet) mit einer Kombination von Ephedrin, Koffein und Acetylsalicylsäure (sogenannte ECA-Stacks) angeboten (7). Die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA erliess per Ende März 2004 ein vollständiges Verkaufsverbot für Ephedra als Nahrungsergänzungsmittel, da über 1000 Zwischenfälle (z.B. Herzrhythmusstörungen, plötzlicher Herztod, Herzinfarkt) nach der Einnahme von Ephedraprodukten gemeldet worden waren (8). In der Schweiz unterstehen Ephedraprodukte dem Heilmittelgesetz (9). Gefahren für Sporttreibende bergen einerseits Grippemittel, die in vielen Fällen Ephedrinderivate enthalten, andererseits wird empfohlen, bei TCM-Arzneimitteln angemessen
abzuklären, ob keine Ephedraspezies in der Zubereitung enthalten sind, falls ein Mittel während der Wettkampfperiode eingesetzt werden soll. Ephedrin und seine Derivate gehören zu den Stimulanzien und sind im Wettkampf verboten.
2. Citrus aurantium Das Supplement mit Extrakten der Bitterorange wurde nach dem Verkaufsverbot für Ephedrasupplemente in den USA als gleichwertiger, weniger gefährlicher Ersatz umgehend im Internet vertrieben. Ein Review erachtet das Potenzial, mit Citrusaurantium-Extrakten einen Gewichtsverlust zu erzielen, als gering, da Synephrin nur in hohen Dosen eine Wirkung an den Adipozyten auslöst (10). Synephrin wird aktuell nicht als verbotener Wirkstoff auf der Dopingliste aufgeführt. Die Welt-Anti-Doping-Agentur listet die Substanz jedoch im Monitoringprogramm auf. Das heisst, dass die akkreditierten Dopinganalyselabors die Konzentration dieser Substanz in den Urinproben messen und den Gebrauch durch die Athleten so überwachen. Die Daten aus diesem Monitoring unterstützen das Expertenkomitee beim Entscheid, ob ein Wirkstoff wieder in die Verbotsliste aufgenommen werden soll.
3. Tribulus terrestris Tribulus terrestris, auch Erdburzeldorn, Erdsternchen oder Dreispitz genannt, ist eine einjährige Pflanze, die ursprünglich im westlichen Asien beheimatet ist. Heute ist sie im ganzen Mittelmeerraum, in Südamerika, Südafrika und Australien weitverbreitet. Tribulus wird als Heilpflanze in der ayurvedischen Medizin gegen Harnsteine eingesetzt, da die Früchte der Pflanze wassertreibend (diuretisch) wirken. In den ehemaligen Staaten der UdSSR wird Tribulus als Sexualtonikum und bei Frauen gegen unregelmässige Menstruation eingesetzt. Es wird auch beschrieben, dass die Pflanze als Aphrodisiakum eingesetzt wurde. Weidetiere, die grössere Mengen der Pflanze gefressen hatten, entwickelten eine Gelbsucht, und in der Folge zeigten sie allergische Hautreaktionen auf Sonnenlicht (Fotosensibilität). Das bekannteste Präparat,das oft als Supplement beschrieben wurde, heisst Tribestan und stammt ursprünglich aus Bulgarien. Tribuluspräparate sollen die Testosteronproduktion erhöhen, indem sie die Ausschüt-
tung von LH (luteinisierendes Hormon) fördern (11). Die Datenlage der Wirkung bei gut trainierten Menschen ist jedoch nach wie vor eher dünn und weder eine direkte noch indirekte leistungssteigernde Wirkung ist wahrscheinlich (12). Ein reiner Tribulusextrakt stellt aus Sicht der Dopingbekämpfung kein Problem dar, da im Extrakt keine verbotenen Substanzen enthalten sind. Jedoch ist – gemäss aktuellem Stand – kein solches Präparat als Arzneimittel zugelassen und die Qualität der (im Internet) angebotenen Produkte ist nicht in jedem Fall klar ersichtlich oder sogar in Zweifel zu ziehen. Die Analysen in den vergangenen Jahren stellten Verunreinigungen mit Prohormonen oder Anabolika fest. Eine solche Verunreinigung oder ein nicht deklarierter Zusatz stellt für Athletinnen und Athleten die Gefahr eines positiven Dopingtests dar.
Anhand der drei Beispiele soll aufgezeigt werden, dass Nahrungsergänzungsmittel «Dopingfallen» sein können, jedoch weniger durch ihre genuinen Inhaltsstoffe als vielmehr durch bewusste Zusätze von verbotenen leistungssteigernden Wirkstoffen und durch Verunreinigungen, die während des Produktionsprozesses entstehen.
Gesetzliche Regelungen der Nahrungsergänzungsmittel
Nahrungsergänzungsmittel unterstehen grundsätzlich dem Lebensmittelrecht und müssen den Anforderungen gemäss der Verordnung über Speziallebensmittel (SR 817.022.104) genügen. Die Vertriebsfähigkeit phytotherapeutischer Arzneimittel werden in den meisten Fällen über das Heilmittelgesetz geregelt (vgl. dazu Swissmedic, «Kriterien für die Abgrenzung zwischen Medikamenten, Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen Abgrenzungsfragen» unter www.swissmedic.ch/marktueberwachung/ 00662/index.html?lang=de, eingesehen am 30.10.2009). Die Abgrenzung zwischen Lebensmittel und Heilmittel ist nicht immer eindeutig und wird gemäss verschiedenen Kriterien festgelegt. In den letzten Jahren kann ein Trend von der Zulassung als Heilmittel hin zur Vermarktung als Nahrungsergänzungsmittel beobachtet werden. Neben den nationalen Gesetzen spielt in diesem dynamischen Markt das Angebot im Internet eine wesentliche Rolle. Gemäss WHO sind heute 10 Prozent der im Internet vertriebenen Arzneimittel gefälscht oder ver-
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Tabelle 2: Diskutierte Anwendungsbereiche von einigen Supplementen im Sport (14)
Diskutierte Anwendungsbereiche Unterstützung des Flüssigkeits-, Elektrolyt-, Wärmehaushalts und Substratstoffwechsels im Belastungsumfeld
Wiederauffüllung von während der Belastung verlorengegangenen Substraten (z.B. Glykogen) und Optimierung der Proteinsynthese Unterstützung der Proteinsynthese
Modulation des Säure-Basen-Haushalts während Belastungen Unterstützung des Immunsystems
Schutz, Reparation körpereigener Strukturen (z.B. Modulation Entzündungsstoffwechsel)
Optimierung Energiewechsel
Optimierung des Anteils an Körperfett Modulatoren Neurotransmitterstoffwechsel
In der Fachliteratur diskutierte Supplemente ◆ Kohlenhydratgetränke ◆ Kohlenhydratgels und Wasser ◆ Rehydratationslösungen ◆ Hyperhydratation: Glyzerin ◆ Taurin, Cholin, verzweigtkettige Aminosäuren (BCAA), mittelkettige
Fettsäuren (MCT) ◆ Kohlenhydratlösungen aus Glukosepolymeren verschiedener Osmolalität
kombiniert mit anderen Kohlenhydraten (Saccharose, Fruktose, Galaktose?) ◆ Kohlenhydrat-Protein-Regenerationsgetränke im Mengenverhältnis von
ca. 3:1, Mahlzeitenersatzprodukte ◆ Laktat, Glutamin, Arginin, Tyrosin, Phenylalanin, Leucin, Kreatin-Monohydrat ◆ Protein: Proteinisolate, Proteinhydrolysate auf der Basis von Milch, Molke
(Whey) und anderen Proteinen ◆ spezifische Aminosäuren: Arginin, Ornithin, BCAA, Leucin, Glutamin,
essenzielle Aminosäuren ◆ Antikataboliten: Ketosäuren, Kreatin-Monohydrat, -Hydroxy--Methyl-
butyrat (HMB), konjugierte Linolsäure (CLA), Chrom, Vanadium, Magnesium, Colostrum ◆ Hormonmodulatoren (z.B. Testosteron, Cortisol): Zink, Vitamin C, Phosphatidylserin, ␥-Oryzanol, Tribulus terrestris ◆ Optimierung des zellulären Hydratationsstatus: Glutamin, Glyzerin, Taurin, Glyzin, hypoosmolare Lösungen, Insulinmodulatoren Natrium-Bikarbonat, Natrium-Citrat, Dichloracetat, Carnosin, Polylaktat
Kohlenhydratgetränke, Kohlenhydratgels und Wasser, Arginin, Glutamin, Nukleinsäuren (RNA, DNA), Eisen, Kupfer, Magnesium, Mangan, Selen, Vitamin A, Vitamin D, Vitamin-B-Komplex, Vitamin C, Vitamin E, essenzielle Fettsäuren, Antioxidanzien, Phytopharmaka (-Sitosterol, Ginseng, Echinacea, Johanniskraut), Colostrum, Taurin ◆ Entzündungsstoffwechsel: Kohlenhydrate während Belastungen,
Omega-3-Fettsäuren, Phytopharmaka (Fewerfew, Johanniskraut), Vitamin E, Taurin, Cranberry ◆ Knochen-, Knorpelstoffwechsel: Gukosamine, Chondroitin, Kalzium, Magnesium, Phosphat, Vitamin D, diverse Spurenelemente ◆ Antioxidanzien: Vitamin E, Vitamin C, Provitamin A, Spurenelemente, N-Acetylcystein (NAC), Glutathionmodulatoren (NAC, Molkenprotein), Taurin, Melatonin, Coenzym Q10, Östrogen, L-Carnitin, Kreatin-Monohydrat, ␣-Liponsäure ◆ Kreatin-Monohydrat, Fettdiäten, Aspartat, Pyruvat, MCT, Adenosintriphosphat-(ATP-)Präparate, Di-/Trimethylglyzin, Inosin, Nicotinat, Ribose, Laktat, Polylaktat ◆ Catecholaminmodulatoren: Koffein und andere Methylxanthine, Capsaicin, Tyrosin, Phenylalanin, Yohimbin Koffein, L-Carnitin, Pyruvat, CLA, HMB, Kreatin-Monohydrat, MCT, Yohimbin, Guggelsteron Tryptophan, Tyrosin, Cholin, Lecithin, Phytopharmaka (Johanniskraut, Kava), Taurin, neurotrope Vitamine (B1, B6, B12), Glutamin, Phenylalanin
unreinigt. In der Schweiz geht man davon aus, dass jährlich zirka 50 000 Sendungen durch Privatpersonen importiert werden (13).
Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln im Sport
Die Personen, die Spitzensport betreiben,
suchen nicht in erster Linie billigere Medi-
kamente im Internet, sondern sind auf der
Suche nach Erfolg versprechenden, leistungssteigernden Substanzen, die nicht unter das Dopingverbot fallen. Diese Suche nach dem Vorsprung gegenüber seinen Mitkonkurrenten hört nicht bei den klassi-
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Informationsstellen: ◆ 24-Stunden Hotline 0900 567 587
(CHF 1.00/Min.) ◆ Medikamentendatenbank unter
www.antidoping.ch ◆ Supplementguide unter
www.antidoping.ch
schen Nahrungsergänzungsmitteln wie Kohlenhydrate, Proteine, speziellen Fetten oder Vitaminen auf. Supplemente werden zu verschiedenen Zwecken eingesetzt. Tabelle 2 listet auf, welche Stoffwechselprozesse durch eine gezielte Einnahme von Supplementen beeinflusst werden sollen. Um Athletinnen und Athleten eine Orientierung zu ermöglichen, wurde ein Supplementguide erarbeitet, der herstellerunabhängige Informationen zu häufig verwendeten Nahrungsergänzungsmitteln bietet. Um Aussagen machen zu können, ob ein Stoff oder eine Pflanze ein leistungssteigerndes Potenzial besitzt, wurden ausschliesslich Studien beigezogen, die an gesunden, trainierten, nicht mangelernährten Personen durchgeführt worden sind. Es zeigte sich, dass die Anpreisungen und Aussagen besonders im Bereich der natürlichen Hormonmodulatoren (Tribulus, Gamma-Oryzanol) entweder auf Resultaten von Tier- und In-vitro-Versuchen beruhen oder aufgrund theoretischer biochemischer Überlegungen abgeleitet worden sind. Die effektive Datenlage bei Menschen ist jedoch eher dünn. Der Supplementguide steht online unter www. antidoping.ch zur Verfügung. Das «British Journal of Sports Medicine» hat in der Septemberausgabe 2009 eine Reviewserie zu den am meisten verwendeten Nahrungsergänzungsmitteln im Sport gestartet (15). Die Autoren verfolgen damit das Ziel, den Athleten und deren Betreuungspersonen nützliche Informationen zur Verfügung zu stellen und einige Substanzen zu entmystifizieren. Es ist geplant, zu 102 Substanzen kurze Zusammenfassungen und entsprechende Verweise auf wissenschaftliche Publikationen zu veröffentlichen.
Weitere Informationsstellen
Auskünfte zu in der Schweiz zugelassenen Medikamenten erteilt seit dem Jahr 2001 die Doping-Hotline, die durch das Schweizerische Toxikologische Zentrum betrieben wird. Ein weiteres Angebot besteht in der Medikamentendatenbank auf der Website von Antidoping Schweiz. Dort werden monatlich etwa 2500 Abfragen getätigt. Wie auch bei der britischen Medikamentendatenbank (16) verzeichnet auch die schweizerische viele Anfragen zu Nahrungsergänzungsmitteln wie Koffein, Kreatin, HMB oder zu Cannabis. Da diese jedoch nicht unter dem Heilmittelgesetz geregelt sind, sind solche Substanzen nicht in der Datenbank verzeichnet.
Fazit
Fachpersonen, die Athletinnen und Athleten medizinisch betreuen, sollten über Grundkenntnisse der Dopingbestimmungen verfügen. Da sich die Liste der verbotenen Wirkstoffe und Methoden jährlich ändert, sollte regelmässig entweder die Liste
heruntergeladen oder die Medikamenten-
datenbank genutzt werden.
Im Bereich der phytotherapeutischen Arz-
neimittel, die zugelassen sind, besteht ins-
besondere bei Präparaten mit Ephedra als
Komponente die Gefahr des ungewollten
Dopings respektive einer Dopingfalle. Da-
neben bergen mit Dopingstoffen verunrei-
nigte Präparate oder Zubereitungen, die un-
deklarierte Dopingsubstanzen enthalten,
Gefahren. Diese Gefahr kann minimiert
werden, indem Präparate von Herstellern
gewählt werden, die gemäss den gängigen
Qualitätsstandards produzieren.
◆
Anschrift der Referentin: Nadja Mahler König Bundesamt für Sport 2532 Magglingen nadja.mahler@baspo.admin.ch
Literatur auf Anfrage beim Verlag oder bei der Autorin erhältlich.
Grundsätze der Supplementation [nach Mannhart, 14]
1. Supplemente entsprechen nur einem Mosaiksteinchen im Gesamtmosaik der körperlichen Leistungsfähigkeit und werden erst appliziert, wenn von einer vernünftigen Basisernährung, einem hohen Trainingsumfang und Leistungsvermögen ausgegangen werden kann oder labordiagnostisch ein Mangel diagnostiziert wurde.
2. Als Supplemente werden keine Substanzen verwendet, die bereits auf der Dopingliste stehen, aber auch keine verwandten Substanzen, die beispielsweise nicht nachgewiesen werden können (weitere Infos unter www.dopinginfo.ch).
3. Die langfristige Gesundheit der Athletin/des Athleten steht im Mittelpunkt der Supplementberatungen durch Fachpersonen. Der Nutzen möglicher Supplemente soll wissenschaftlich fundiert belegt sein und die potenziellen Nebenwirkungen überwiegen.
4. Die Athletin/der Athlet wird bezüglich Supplemente durch Fachpersonen objektiv und auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt informiert. Mögliche leistungsbeeinflussende positive Effekte und mögliche Nebenwirkungen sowie ethische Aspekte (z.B. Natrium-Bikarbonat, Natrium-Citrat, Koffein, Glyzerin und Kreatin-Monohydrat) sollen angesprochen werden. Die genaue Anwendung und Dosierung des Supplements wird mit dem betreuenden Umfeld besprochen (z.B. Arzt/Ärztin), schriftlich festgehalten und erfolgt unter Kontrolle.
5. Einige Supplemente können auch mit Dopingsubstanzen verunreinigt sein. Um dieses Verunreinigungsrisiko zu minimieren, soll bei der Auswahl von Nahrungsergänzungsprodukten in der Schweiz darauf geachtet werden, dass diese von einem Hersteller stammen, der keine verbotenen Substanzen im Sortiment führt und gemäss den Bestimmungen der guten Herstellungspraxis (GLP oder HCCP) produziert.
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