Transkript
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Rosenbergstrasse
Deutschland kommen die Fachkräfte abhanden. Und die neu zugewanderten «Fachkräfte» können sie nicht ersetzen. Allein in der vergangenen Woche haben sechs deutsche Bekannte – zugegeben, nicht alles Akademiker – ihren Abschied von Deutschland angekündigt: Ein junges Paar (na ja, auch schon gegen vierzig) will keinen Tag länger in «diesem» Deutschland bleiben und hat ein Haus im Süden gekauft. Ein Kollege aus Bayern, gut positioniert, aber ideologisch etwas einsam beim dortigen Staats-TV, hält die Schweizer für die Letzten, die politisch noch nicht komplett den Verstand verloren haben; er zieht samt Partnerin erst mal ganz nah an unsere Grenze. Man kann nur hoffen, dass der Kollege nicht zu optimistisch denkt, schliesslich gibt es auch in der Schweiz so manch Befremdliches, von liberalen EU-Romantismen bis zu linken Welterlöserfantasien. Schliesslich die Ehefrau eines Patienten einer ärztlich tätigen Freundin. Der Patient, Schweizer, trinkt zu viel, seine Frau, Deutsche, klagt, ihre ganze Familie in Deutschland wolle auswandern. Nichts sei mehr, wie es gewesen sei (sie meint Berlin). Okay, vermutlich alles Einzelfälle in Einzelwochen. Genau wie jene zahlreichen Bekannten, die, bereits länger in der Schweiz lebend, sich ausgerechnet in den vergangenen drei Jahren dazu entschieden haben, die Schweizer Staatsbürgerschaft zu beantragen.
LLL
Wie sagte ein Kollege: Kopflosigkeit schützt nicht vor Mundgeruch.
LLL
«Juste Milieu» ist ein Begriff aus der Literaturwissenschaft und ein politisches Schlagwort. Ein Zitat aus Molières «Schule der Ehemänner» charakterisiert die Verkünder der «Moral des juste milieu»: «Toujours au plus grand nombre on doit s'accommoder, Et jamais il ne faut se faire regarder.» («Stets sollte
man sich der grösseren Zahl anpassen und niemals sich auffällig sehen lassen.») Der französische Autobauer Hotchkiss positionierte sich in den 1930er-Jahren zwischen Massenproduktion und Einzelfertigung und warb mit dem Slogan «le juste milieu». Hotchkiss produzierte hochwertige, aber unauffällige Fahrzeuge. Zielgruppe war der gehobene Mittelstand, der zwar hohe Qualitätsansprüche hatte, aber nicht mit einer Luxuskarosse (z.B. Delahaye) auffallen wollte. Heute nennt man «Juste Milieu» jene urbane Bevölkerung, die sich links und grün gibt, aber vor allem aus spiessbürgerlichen Tugendwächtern besteht. Giftig verteidigen sie «Tugenden» wie Multikulti und ein konsequentes «Wir sind gegen Rechts». Zu ihren Freuden gehören Schrittzähler-Apps, Urban Gardening, Velowege, offene Grenzen, Wut auf Salvini, Orbán und AfD, Fair Trade und Smoothies. Unkontrollierte Migration (in andere Quartiere, logo) halten sie für ein Geschenk, Buntheit lässt sie jauchzen, eingewanderte Kriminalität gilt ihnen als perverser Mythos alter weisser Männer. Das «Juste Milieu» wird sich erst auflösen, wenn die Folgen seiner Ideologie auch bei ihm Wirkung zeigt. Das wird noch etwas dauern, weil die Leute – nicht unvermögend wie sind – den Folgen ziemlich lange aus dem Weg gehen können.
LLL
Ein gutes (altes) Beispiel für eine Winwin-win-win-Situation: Chef, wir haben 40 kg Marihuana gefunden. –Was? 30 kg? – Genau! 20 kg. – Schön, dann geben Sie die 10 kg sofort in der Asservatenkammer ab, und schauen Sie, dass die 5 kg korrekt bestätigt werden. – Okay, dann informieren wir die Presse also morgen über den Fund der 2 kg.
LLL
Umfrage bei 1000 erwachsenen Amerikanern: 7 Prozent sind überzeugt, dass
Milchschokolade von braunen Kühen stammt. Schlimmer noch: 48 Prozent der Befragten haben keine Ahnung, was Schokolade und Kühe miteinander zu tun haben.
LLL
Der Rat eines studierten Freundes, wie Stimmung in eine verknorzt smalltalkende Gesellschaft zu bringen sei: Man zitiere den Satz «Wenn das Subjekt ontologisch als existierendes Dasein begriffen wird, dessen Sein in der Zeitlichkeit gründet, dann muss gesagt werden: Welt ist subjektiv, aber diese subjektive Welt ist dann als zeitlich transzendente objektiver als jedes mögliche Objekt.» Der Freund behauptet, mit dieser provokativen These Heideggers bringe man unter Garantie jede Party zum Kochen.
LLL
Auf der Website des «Postillon» kann man sein Einverständnis mit der Verwendung von Cookies nicht mit einem «Okay» kundtun. Man kann nur ankreuzen: «Mir doch egal!»
LLL
Die nächste Wespen- und Mückenplage kommt bestimmt. Gut, jetzt schon zu wissen, was US-Forscher herausgefunden haben. Wer sich wehrt gegen die Plagegeister, also um sich schlägt und fuchtelt, hat einen Vorteil. Die Viecher lernen nämlich: Wer sich wehrt, ist gefährlich (vielleicht sollten unsere Politiker in Brüssel sich das auch merken). Sie erinnern sich an den Duft des wehrhaften Menschen und meiden ihn beim nächsten Ausflug.
LLL
Und das meint Walti: Schade, dass man nicht seine Staatsorgane spenden kann.
Richard Altorfer
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ARS MEDICI 20 | 2018