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Ausgezeichnet: KHM-Forschungspreise für Hausarztmedizin
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Den Forschungspreis des Kollegiums für Hausarztmedizin (KHM) teilen sich in diesem Jahr ein Forscherteam um Dr. med. Cédric Lanier, Genf, und ein schweizerisch-niederländisches Team um PD Dr. med. Sven Streit, Bern. Die prämierten Arbeiten liefern neue Erkenntnisse zum Nutzen von Schulungen für den Umgang mit digitalen Dokumentationssystemen in der Sprechstunde sowie zum fraglichen Nutzen der Blutdrucksenkung bei über 85-jährigen Patienten.
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MEDIZIN — BEKANNTMACHUNG
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36898
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BEKANNTMACHUNG
Ausgezeichnet
KHM-Forschungspreise für Hausarztmedizin
Den Forschungspreis des Kollegiums für Hausarztmedizin (KHM) teilen sich in diesem Jahr ein Forscherteam um Dr. med. Cédric Lanier, Genf, und ein schweizerisch-niederländisches Team um PD Dr. med. Sven Streit, Bern. Die prämierten Arbeiten liefern neue Erkenntnisse zum Nutzen von Schulungen für den Umgang mit digitalen Dokumentationssystemen in der Sprechstunde sowie zum fraglichen Nutzen der Blutdrucksenkung bei über 85-jährigen Patienten.

Patienten emotionale oder psychosoziale Themen ansprechen und deshalb die volle Aufmerksamkeit des Arztes erhalten sollten. Generell wird empfohlen, zuerst nur das Nötigste zu notieren und die Dokumentation gegen Ende des Gesprächs oder nach der Untersuchung zu vervollständigen, allenfalls in der Zeit, wenn sich der Patient wieder ankleidet.

PD Dr. med. Sven Streit, KHM-Preisträger, Dr. med. Franziska Zogg, Präsidentin des KHM-Tagungskomitees, und Prof. Dr. med. Domhnall MacAuley, Präsident der Jury des KHM-Forschungspreises (v. l.), an der Preisverleihung am KHM-Kongress in Luzern (Foto: Medworld AG)
Der mit 20 000 Franken grössere Anteil des KHM-Forschungspreises 2018 ging an Cédric Lanier und sein Genfer Team für eine Studie zur patientenfreundlichen Nutzung elektronischer Dokumentationssysteme während der ärztlichen Konsultation. In ihrer mit 17 angehenden Fachärzten für Allgemeine Innere Medizin durchgeführten Studie untersuchten die Wissenschaftler den Einfluss eines dreimonatigen Kommunikationstrainings auf die Gepflogenheiten der Ärzte beim Einsatz der elektronischen Krankengeschichte in der Sprechstunde und entwickelten Empfehlungen für die Kommunikation. Zu den Empfehlungen zählt, den Patienten aktiv in den elektronischen Dokumentationsprozess mit einzubeziehen, indem man ihn immer wieder mit auf den Bildschirm schauen lässt und jeweils ankündigt, wenn man sich dem Computer zuwenden muss oder zum nächsten Besprechungspunkt wechselt. Der Blickkontakt zum Patienten sollte möglichst nie ganz abbrechen. Mehr oder weniger ganz aufs «Mittippen» verzichten sollte man immer dann, wenn die

Forcierte Blutdrucksenkung bei Hochbetagten eher schädlich

Den mit 10 000 Franken dotierten Sonderpreis erhielten PD Dr.

med. Sven Streit vom Institut für Hausarztmedizin Bern (BIHAM)

der Universität Bern und zwei Forscherinnen vom Leiden Univer-

sity Medical Center, Niederlande, für ihre Analyse zum Nutzen der

Blutdrucksenkung bei sehr alten Menschen. Die Mediziner konn-

ten anhand der Daten von 570 Patienten aus der prospektiven Lei-

den-85-plus-Kohortenstudie aufzeigen, dass bei über 85 Jahre

alten Menschen die Gesamtmortalität im 5-jährigen Follow-up

mit jeder Senkung des systolischen Blutdrucks um 10 mmHg um

29 Prozent anstieg.

Zudem wurde eine Assoziation zwischen der Stärke der medika-

mentösen Blutdrucksenkung und der Geschwindigkeit beobachtet,

mit welcher bei den Patienten in den fünf Jahren der Verfall kogni-

tiver Leistungen voranschritt: Pro 10 mmHg und Jahr waren es

–0,37 Punkte im Mini-Mental-Status-Test, aber nur bei gebrech-

lichen Patienten (hier am Beispiel eines schwächeren Hände-

drucks). Bei Studienteilnehmern ohne blutdrucksenkende Behand-

lung (56%) wurde dagegen keine der beschriebenen Assoziationen

gefunden.

Laut den Forschern bestätigt die jüngste Untersuchung die Ergeb-

nisse früherer Studien, wonach der Nutzen einer blutdrucksenken-

den Therapie bei sehr alten Menschen schon seit Längerem umstrit-

ten ist. Darüber hinaus stützt sie die unter Hausärzten verbreitete

Praxis, bei sehr alten (> 85 Jahren) und vor allem bei zusätzlich ge-

brechlichen Menschen eine blutdrucksenkende Behandlung nur

nach individueller Nutzen-Risiko-Bewertung vorzunehmen. Das

bedeutet vor allem, bei den Hochbetagten auf die von aktuellen

Guidelines empfohlene Einstellung des systolischen Blutdrucks auf

einen Zielwert von 130 mmHg zu verzichten.

L

red/KHM

ARS MEDICI 14+15 | 2018

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