Transkript
Rosenbergstrasse
MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Curt Goetz meinte: «Wer in einem gewissen Alter nicht merkt, dass er hauptsächlich von Idioten umgeben ist, merkt es aus einem gewissen Grunde nicht.»
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In Deutschland hat eine selbstherrliche Regierung Steuern beschlossen (Brennelementesteuer), die sie gar nicht hätte erheben dürfen, und soll nun den AKW-Betreibern über sechs Milliarden Euro zurückzahlen. In der Schweiz geht es um weniger. Ein selbstherrlicher Alain Berset fingerte am Tarmed herum und verminderte so die Einnahmen nicht nur der Ärzte, sondern auch der Spitäler. Eine Luzerner Klinik klagte und siehe da: Der Rechtsstaat funktioniert. Das Gericht beschied klipp und klar, das Schräubeln am Tarif sei rein politisch motiviert gewesen und nicht betriebswirtschaftlich fundiert, daher nicht sachgerecht und gesetzeswidrig. Immerhin 350 Millionen Franken sollen die Krankenkassen retourzahlen. Wichtiger als dieses Geld ist allerdings der präventive Effekt dieses Gerichtsurteils (auch wenn es weitergezogen wird): Herr Berset wird wohl etwas vorsichtiger rumfummeln am Tarmed, nächstes Mal.
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Titel in einer Sonntagszeitung: «Schuld am Klimawandel ist der Penis».
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Na gut, den Titel muss man wohl etwas erklären: Thematisiert wird die inzwischen berühmt gewordene Publikation des Philosophen Peter Boghossian und des Mathematikers James Lindsay, die eine durch und durch sinnlose, in Duktus und Inhalt aber offenbar dem Zeitgeist schmeichelnde Studie erfanden, ein «absurdes Papier im Stil der poststruktura-
listischen, diskursiven Gender-Theorie». Die Arbeit ist völlig unverständlich, etwa, wenn da steht, der Penis sei «sozial problematisch und als genderperformatives, höchst fluides soziales Konstrukt» zu begreifen. Die PeerReviewer, so ist zu vermuten, fühlten sich offenbar bemüssigt, das Elaborat toll zu finden, auch wenn sie es nicht verstanden – oder aber sie trauten sich nicht, den ob ihres Geschwurbels bestimmt gehätschelten Vertretern der Gender-Theorie totalen Schwachsinn vorzuwerfen. Für den Spott brauchen sie jetzt jedenfalls nicht zu sorgen.
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Severin Lüscher, praktizierender Hausarzt und grüner Kantonspolitiker, wird in der «Aargauer Zeitung» mit dem durch nichts zu ergänzenden Wunsch an die Politik zitiert: «Wir haben genug zu tun, bitte lasst uns einfach ungestört arbeiten.» (Er sagt noch ein paar Sachen mehr – s. «Aargauer Zeitung» vom 7.6.2017.)
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Kari, beruhigend zu einem Kollegen, der das Energiegesetz-Abstimmungsresultat (es ist schon fast nicht mehr wahr, wird uns aber noch beschäftigen) schrecklich findet: «Kein Problem! Wir haben das Geld, um den teuer werdenden Strom zu bezahlen und Wasserkraftwerke zu subventionieren, wir haben den Mut, umweltbelastenden Kohle- und Gastrom inkognito zu importieren, und wir haben die Demokratie, um den Fehler in zehn Jahren wieder zu korrigieren – koste es, was es wolle. Nur eines haben wir leider nicht: die Fähigkeit, aus den Fehlern anderer zu lernen. Aber wer hat die schon?»
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Behördliche Eingriffe in die Sprache und das Verordnen frei erfundener Formen seien typisch für autoritäre
Regimes, meint Sprachwissenschaftler Peter Eisenberg. Beim Binnen-«I» (BäckerInnen), dem Schrägstrich (Bäcker/innen), dem Unterstrich (Bäcker_innen), dem Punkt (Bäcker.in) oder gar dem in Berlin verordneten(!) «Gender-Sternchen» (Bäcker*in) handelt es sich um solche erzieherische Anordnungen von oben. Es gibt sogar den Vorschlag, Sternchen generell als Ersatz für geschlechterkennzeichnende Endungen einzusetzen. Ernsthaft. Das liest sich dann so: «Lieb* Les*, * du das gerade liest.» Da kann man nur genderkorrekt anfügen: f*** u.
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«Oversexed und underfucked» – Sie kennen das nicht? Zotige Gossensprache? Nun ja, «oversexed und underfucked» ist halt neudeutscher Speech. Sogar in kirchlichen Kreisen. «Oversexed und underfucked» meint: Alles, was mit Sex zu tun hat, ist zu jeder Zeit bequem und anonym zu haben, in vielen Schlafzimmern hingegen herrscht absolute Flaute. Und ausserdem: Sex Sells. Das weiss auch die Kirche und nutzte diesen Titel für einen Workshop am deutschen evangelischen Kirchentag. Wie sagte Sigmund Freud: «Der Verlust der Scham ist der Beginn der Verblödung.»
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Die frivole Gisela: Wenn man einem Mann sagt: «Vergiss es!», dann vergisst er es auch – faszinierend!
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Und das meint Walti: Seit ich jeden Morgen Liegestütze mache, fühle ich mich wie «neugeboren»: Ich liege hilflos herum und weine viel.
Richard Altorfer
ARS MEDICI 12 I 2017
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