Transkript
EDITORIAL
Der Abstimmungsrauch (ein Bild, das nur stimmt, sofern man rauchende Köpfe von Stimmenden vor
Augen hat) hat sich verzogen, hinter den Schwaden wird die Welt wieder deutlicher. Die Hausärzte haben eine überwältigende Zustimmung erfahren – wie nicht anders zu erwarten. Die Initiative der Hausärzte wurde so klar angenommen, dass sich zu viele Bemerkungen dazu fast verbieten. Immerhin bemerkenswert der FMH-Pressetext dazu. Darin sagt Jürg Schlup, Präsident der FMH: «Der heutige Tag ist ein berufspolitischer Erfolg, die Haus- und Kinderärzte haben sich die Chance erstritten, die Sicherstellung der medizinischen Grundversorgung auf oberster Gesetzesebene festzuschreiben.»
Logische Folgerung: Das alles ergibt nur einen Sinn, wenn man vorhat, etwas zu ändern. Nur, was dieses «Etwas» ist, darüber werden leider nicht die Ärzte entscheiden. Und hier MUSS man ganz einfach die Medienmitteilung der Schweizer Apotheker anführen, denn sie macht deutlich, welches «Etwas» auf die erfolgreichen Hausärzte zukommt. Da steht nämlich (unter anderem): «Das deutliche Ja zum Verfassungsartikel ist ein Erfolg für die medizinische Grundversorgung, zu der auch die Apotheker gehören. – Die Herausforderungen sind gross: eine älter werdende Bevölkerung, ein Haus- und Kinderarztmangel, überproportional steigende Kosten in spitalambulatorischen Einrichtungen. Der heute angenommene Verfassungsartikel verpflichtet Bund und Kantone, diese Herausforderungen gemeinsam anzugehen. Die Rollen der verschiedenen Akteure der Grundversorgung müssen unter Einbezug der jeweili-
Erfolg – für wen?
Erfreulich, weil realistisch. Kollege Schlup ist klug und clever genug, nur von einer «Chance» zu sprechen. Chancen sind Chancen – nicht mehr. Ob man sie realisieren kann, ist längst nicht sicher. Ausserdem: Chance wofür? Schlup ist auch hier sehr vorsichtig: die Chance, «die Grundversorgung festzuschreiben». Nicht mehr. Nichts von «Hausärzten» oder über den Inhalt des Festzuschreibenden. Richtig – so ist es: Wie «die Grundversorgung» festgeschrieben wird, ist künftig Sache der Politiker! Und dann steht da weiter: «Das Stimmvolk sagte mit 88 Prozent deutlich Ja zum Bundesbeschluss über die medizinische Grundversorgung. Das Abstimmungsergebnis ist ein klares Votum für die Fortführung der gut funktionierenden und qualitativ hochstehenden medizinischen Grundversorgung.» Kollege Schlup ist auch hier völlig korrekt: «Fortführung» – nicht etwa Neuausrichtung, Veränderung, Ausweitung, Straffung oder was auch immer. Nein – «Fortführung». Stellt sich die Frage: Wozu ein Verfassungsartikel, wenn es darum geht, das Bisherige (gut Funktionierende) fortzuführen?
gen Kompetenzen neu definiert werden. Die Apotheker haben die Herausforderungen früh erkannt und reagiert. Das Universitätsstudium wurde den Bedürfnissen der Gesellschaft angepasst. Mit ihren Kompetenzen als Medikamentenspezialisten können sie die Hausärzte in enger Zusammenarbeit optimal unterstützen und ergänzen – zum Wohle der Patienten. Die Stärkung der medizinischen Grundversorgung und die damit verbundene interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den Akteuren des Gesundheitswesens werden die Qualität, die Sicherheit und die Zugänglichkeit der medizinischen Behandlung erhöhen und das Gesundheitssystem effizienter machen.» Momoll, ein voller Erfolg.
Richard Altorfer
ARS MEDICI 11 I 2014
561