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Metainformationen


Titel
«Wir handeln uns die Darmerkrankungen mit unserem Lebensstandard ein»
Untertitel
Ein Gespräch mit Prof. Gerhard Rogler, Zürich
Lead
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED; engl.: inflammatory bowel diseases, IBD) nehmen an Häufigkeit immer weiter zu. Weltweit werden grosse Anstrengungen unternommen, um im multifaktoriellen Geschehen zwischen genetischer Veranlagung und Umweltbedingungen Krankheitsursachen zu identifizieren und die Therapiemöglichkeiten für die Patienten zu verbessern. Auch hierzulande fliessen jetzt für die nächsten zwei Jahre weitere 3,8 Millionen Franken aus dem Schweizerischen Nationalfonds in die Swiss IBD Cohort Study (SIBDCS). Zum derzeitigen Forschungsstand bei CED sowie zu den Zielen und zum möglichen Erkenntnisgewinn der Schweizer Kohortenstudie gab deren Leiter Prof. Dr. med. Dr. phil. Gerhard Rogler ARS MEDICI in einem Interview Auskunft.
Datum
28. Februar 2014
Journal
ARS MEDICI 04/2014
Autoren
Ralf Behrens
Rubrik
MEDIZIN — INTERVIEW
Schlagworte
Darmerkrankungen
Artikel-ID
5790
Kurzlink
https://www.rosenfluh.ch/5790
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Transkript


INTERVIEW
«Wir handeln uns die Darmerkrankungen mit unserem Lebensstandard ein»
Ein Gespräch mit Prof. Gerhard Rogler, Zürich

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED; engl.: inflammatory bowel diseases, IBD) nehmen an Häufigkeit immer weiter zu. Weltweit werden grosse Anstrengungen unternommen, um im multifaktoriellen Geschehen zwischen genetischer Veranlagung und Umweltbedingungen Krankheitsursachen zu identifizieren und die Therapiemöglichkeiten für die Patienten zu verbessern. Auch hierzulande fliessen jetzt für die nächsten zwei Jahre weitere 3,8 Millionen Franken aus dem Schweizerischen Nationalfonds in die Swiss IBD Cohort Study (SIBDCS). Zum derzeitigen Forschungsstand bei CED sowie zu den Zielen und zum möglichen Erkenntnisgewinn der Schweizer Kohortenstudie gab deren Leiter Prof. Dr. med. Dr. phil. Gerhard Rogler ARS MEDICI in einem Interview Auskunft.
ARS MEDICI: Wer oder was ist die Swiss IBD Cohort Study? Auf wessen Veranlassung und warum entstand sie, und was will sie erreichen? Prof. Dr. med. Dr. phil. Gerhard Rogler: Weit über 100 Gastroenterologen in der gesamten Schweiz sind beteiligt. Es gibt sechs Zentren, in Basel, Bern, Genf, Lausanne, St. Gallen und Zürich, von wo aus regional die Daten erhoben werden. Die Datenbank befindet sich in Lausanne, die Biobank mit Patientenproben in Bern. Gegründet wurde die SIBDCS seinerzeit von Prof. Pierre Michetti in Lausanne. Anlass war, dass man bis anhin zwar extrem viel über genetische Risikofaktoren, aber wenig über Schubauslöser und wenig, was den Patienten letztlich im Alltag nützt, gelernt hat. Wir wollen mehr über Umweltfaktoren, über den Verlauf sowie über Defizite in der Versorgung erfahren. Themen wie Schmerztherapie oder Schwangerschaft und CED sind hier derzeit noch kaum berücksichtigt. Die meisten grossen Forschungsprojekte kümmern sich nicht um diese Fragen, weil sie sich nicht attraktiv mit biochemischen Begriffen umschreiben lassen und deshalb von der Industrie auch nicht gefördert werden.
ARS MEDICI: Welche Kohortenstudien liefen bisher? Rogler: Das waren regional begrenzte Studien in der Schweiz. Europaweit gab es die EC-IBD-Studie von Prof. Pia Munkholm und Kollegen, in Norwegen die unter anderem von

Prof. Morten Vatn geleitete IBSEN Cohort und in den USA eine weitere grosse Kohortenstudie an der Mayo Clinic, aus denen man viel gelernt hat. Inzwischen ist aber auch die SIBDCS nicht zuletzt wegen ihrer neuen Fragestellungen in diese Liga aufgestiegen und wird viel zitiert.
ARS MEDICI: Warum werden CED immer häufiger, oder warum scheint dies zumindest so zu sein? Rogler: Sie nehmen in der Tat immer weiter zu, obwohl man zwischenzeitlich dachte, es sei ein Plateau erreicht. Gründe dafür sind im Wesentlichen Umweltfaktoren und unsere Lebensweise. Dort, wo unsere Lebensweise jetzt adaptiert wird, etwa in den Städten in Indien oder China, beobachtet man dieselben Zuwächse an CED. Wir handeln sie uns praktisch mit unserem Lebenstandard ein, mit verbesserter Hygiene, wobei andererseits natürlich eine drastisch reduzierte Kindersterblichkeit und eine allgemeine höhere Lebenserwartung damit vergesellschaftet sind.
ARS MEDICI: Darf man die CED insofern als Zivilisationskrankheiten ansehen und sind sie überhaupt nur eine Krankheit?) Rogler: Man sollte hier schon unterscheiden. Es sind zwei verschiedene Ausprägungen einer Darmentzündung, und es bleiben vorläufig auch zwei verschiedene Erkrankungen: Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Beim M. Crohn kann der ganze Magen-Darm-Trakt entzündet sein, bei der Colitis ist immer nur der Dickdarm betroffen. Man kann sie sicherlich wie Allergien, atopische Hauterkrankungen, Asthma oder auch Diabetes als typische Zivilisationserkrankungen bezeichnen. Der Begriff Autoimmunerkrankung ist hier allerdings falsch, denn die Immunreaktion richtet sich ja nicht gegen körpereigenes Gewebe, sondern gegen die Bakterien im Dickdarm.
ARS MEDICI: Worin genau besteht der Zusammenhang zwischen Hygiene und CED? Rogler: Wir wissen schon lange, dass das Risiko, an CED zu erkranken, umso grösser ist, je höher die Hygienestandards sind. Hierfür gibt es indirekte Indizien wie zum Beispiel die Häufigkeit von durchgemachten Hepatitis-A-Infektionen. Um sich mit Hepatitis A zu infizieren, müssen Viren aus dem Stuhl in den Mund gelangen. Wir sehen, dass Menschen, die diese Infektion durchgemacht haben, ein geringeres Risiko haben, an CED zu erkranken.
ARS MEDICI: Das heisst, die Keime regen das Immunsystem an, sodass es später nicht falsch reagiert?

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INTERVIEW

Zur Person
Prof. Dr. med. Dr. phil. Gerhard Rogler (50), hat in Ulm Medizin und Philosophie studiert und arbeitet derzeit als Leitender Arzt an der Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie des Universitätsspitals Zürich. Seit Januar 2011 ist er Principal Investigator der Swiss IBD Cohort Study. Prof. Rogler ist Mitglied des wissenschaftlichen Beirats von ARS MEDICI.

können. Andere behaupten wiederum, es sei der Staubsauger, der bestimmte schädliche Bakterien in der Wohnung verbreitet. Das sind spannende Untersuchungen, an denen vielleicht auch etwas dran ist. Allerdings haben sich zeitgleich mit der Verbreitung von Kühlschrank oder Staubsauger natürlich auch diverse andere Lebensbedingungen verändert. Das Schwierige ist also immer, einzelne solcher Faktoren zu isolieren. Genau das versuchen wir jetzt in der SIBDCS, indem wir zwei Zusatzkohorten untersuchen: Zum einen wollen wir Mütter befragen, und zum anderen wollen wir jeden Patienten bitten, einen gleichaltrigen, nicht erkrankten Freund auszuwählen, der am selben Ort aufgewachsen ist. Darüber lassen sich dann hoffentlich Faktoren in den Lebensbedingungen ermitteln, die sich zwischen Erkrankten und Nichterkrankten unterscheiden, falls diese Zusatzstudie genehmigt wird.

Rogler: Genau. Das ist auch der Grund, warum man annimmt, ARS MEDICI: Wie interagieren denn Gene und Umwelt, sodass

dass zum Beispiel Wurmerkrankungen ein schützender Fak- CED entstehen können?

tor vor CED sind. Das Darmimmunsystem hat hier ein Ziel, Rogler: Die Gene erzeugen einen Risikohintergrund, das

gegen das es vorgeht, das es eliminiert oder unter Kontrolle heisst, jemand mit bestimmten genetischen Kombinationen

hält. Alle Indizien sprechen dafür, dass, wenn ein solches Ziel hat zum Beispiel ein vierfach erhöhtes relatives Risiko, an

fehlt, dies dazu führen kann, dass sich das Immunsystem CED zu erkranken. Das absolute Risiko ist derzeit mit 1:100

gegen die eigene Darmflora richtet.

bis 1:200 klein. Mit den genetischen Risikofaktoren steigt es

nur auf etwa 1:30 bis 1:50 an. Deshalb ist eine genetische

ARS MEDICI: Welche Ursachen für CED sind denn bekannt und Testung auch nicht sinnvoll. Es gibt immer noch mehr

gesichert, und wo besteht noch Klärungsbedarf?

Gesunde mit diesen Risikogenen als Erkrankte, was zeigt,

Rogler: Man weiss, dass es ein genetisches Risiko gibt, welches dass Umweltfaktoren, die die Erkrankung schon im Kindes-

aber natürlich seit vielen Tausend Jahren unverändert ist. Hier alter triggern können, eine ganz entscheidende Rolle spielen.

spielen zum einen Gene eine Rolle, welche die Dichtheit der Die Risikogene bedingen eine durchlässigere Darmbarriere,

sodass Bakterien der Dickdarmflora

in die Schleimhaut eindringen kön-
«Der eigentliche Auslöser von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen nen. Dort werden sie aber nicht so-

sind immer die Umweltbedingungen - darüber müssen wir noch viel mehr fort abgebaut und beseitigt, sondern

herausfinden.»

erzeugen eine Immunreaktion und damit Entzündung.

Schleimhautbarriere gegenüber Bakterien vermitteln, und zum anderen solche, die direkt in die angeborene Immunität involviert sind. Der eigentliche Auslöser von CED sind aber immer die Umweltbedingungen, denn es gibt beispielsweise viele Regionen, wo man zwar auch diese genetischen Risikofaktoren, jedoch keine CED findet. Oder man findet, etwa in Asien, CED, nicht aber diese genetischen Risikofaktoren. Bei uns sind in den letzten Jahren verschiedene Faktoren hinzugekommen, die als Auslöser zumindest für Krankheitsschübe wirken, was wir auch im Rahmen der SIBDCS nachweisen konnten. Hier sind etwa im Zuge des Klimawandels häufiger auftretende Hitzeperioden, Höhenaufenthalte oder auch Flugreisen zu nennen. Ausserdem können bestimmte Nahrungsmittelzusätze Entzündungen zumindest verschlimmern.
ARS MEDICI: Wo liegen Ihrer Meinung nach in diesem Ursachengeflecht die Hauptansatzpunkte für weitere Forschungen? Rogler: Wir müssen noch viel mehr über diese Umweltfaktoren herausfinden, wobei Beweise hier schwer zu erbringen sind. Die französische Arbeitsgruppe um Jean-Fred Colombel in Frankreich etwa meint, dass die Erfindung und die Verbreitung des Kühlschranks ganz wichtige Faktoren seien, da Kühlschränke Bakterien enthalten sollen, die CED verstärken

ARS MEDICI: Wäre es da nicht möglich, etwa durch eine weniger strenge Hygiene, vorzubeugen? Rogler: Übertriebene Hygiene ist wie im Allgemeinen bei Allergien auch bei CED sicherlich kontraproduktiv. Als ich noch in San Diego lebte, kamen meine Kinder mal mit einem Massband und dem Auftrag aus der Schule, den Abstand zwischen Toilettenschüssel und Waschbecken auszumessen – alles unter 2,50 m sei unhygienisch und gefährlich. Genau so etwas ist völliger Unsinn und schadet mehr als dass es nützt. Daneben gibt es aber auch Lebensmittelzusätze, die in diesem Zusammenhang nicht förderlich sind. Kinder sollten nicht mit Produkten, die die Darmbarriere beeinträchtigen, überfrachtet werden. Weniger Convenience Food und mehr normales, nicht aufbereitetes Essen ist wahrscheinlich eher günstig.
ARS MEDICI: Könnten Sie die klinischen, pathogenetischen und ätiologischen Unterschiede zwischen M. Crohn und Colitis ulcerosa kurz zusammenfassen? Rogler: Der M. Crohn kann den gesamten Magen-DarmTrakt vom Mund bis zum Enddarm befallen, typischerweise immer abschnittsweise, entzündete Abschnitte wechseln also mit nicht entzündeten ab. Die Colitis ulcerosa ist immer im

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INTERVIEW

Enddarm am schwersten ausgeprägt und breitet sich in Rogler: Ein Teil der Symptome, nämlich Bauchkrämpfe und

aufsteigender Richtung, aber nur im Dick- und nicht im Schmerzen, ist bei beiden Erkrankungen ähnlich. Allerdings

Dünndarm, aus. Bei ihr ist nur die oberste Schicht der Darm- sind die Ursachen grundsätzlich unterschiedlich. Bei den

schleimhaut betroffen, während der M. Crohn durch alle CED ist es Entzündung, beim Reizdarm die veränderte Wahr-

Schichten durchgeht. Daraus leitet sich auch das unter- nehmung.

schiedliche Komplikationsmuster ab: Bei der Colitis stehen

Schmerzen und Blutungen durch die Entzündung im Vorder- ARS MEDICI: Wie lässt sich das Phänomen der Schubauslösung

grund. Die Entzündung kann so schwer sein, dass letztlich durch Flugreisen oder Höhenaufenthalte erklären; spielen

der Dickdarm entfernt werden muss. Beim M. Crohn kann hier auch hormonelle Verschiebungen durch Stress eine

sich die Darmwand narbig verändern und Engstellen oder Rolle?

Fisteln ausbilden, die ein grosses klinisches Problem darstel- Rogler: Stress kann dabei durchaus eine Rolle spielen. Aber

len. Die Ursachen scheinen dagegen bei beiden Erkrankungen auch Sauerstoffmangel kann Schübe auslösen. Das ist

zum Beispiel von Ausdauersport her schon län-

«Stress kann Krankheitsschübe auslösen, und zwar immer dann,

ger bekannt, und auch bei Gesunden gibt es nach Marathonläufen die «runner’s colitis». Bei

wenn dieser Stress als Belastung empfunden wird.»

Flugreisen entspricht der Sauerstoffgehalt der

Kabinenluft demjenigen in 2200 m Höhe. Stu-

dien an Bergsteigern haben gezeigt, dass sich

ähnlich zu sein. Erstaunlicherweise wirken ja auch jeweils in der Höhenluft die Konzentration bestimmter Trans-

dieselben Medikamente; das bedeutet, dass zumindest ähn- portproteine und sauerstoffabhängiger Faktoren im Darm

liche Immunmechanismen ablaufen müssen.

stark verändert.

ARS MEDICI: Stress beziehungsweise psychische Belastung verschlechtert den Krankheitsverlauf – wie kommt das? Rogler: Früher dachte man, CED seien psychosomatische Erkrankungen, die nur Menschen mit einer bestimmten Persönlichkeitsstruktur bekommen. Das hat sich überhaupt nicht bewahrheitet. Allerdings kann Stress Krankheitsschübe auslösen, und zwar immer dann, wenn dieser Stress als Belastung empfunden wird. Wie das genau funktioniert, wissen wir aber nicht.
ARS MEDICI: Was genau passiert denn in einer solchen Belastungssituation im Hinblick auf die Schubauslösung – sind Stresshormone hier beteiligt? Rogler: Ja, es können Stresshormone sein wie Adrenalin, die hier sicherlich nicht guttun. Gleichzeitig werden andere Hormone weniger produziert oder deren Bedarf steigt. So kann es etwa zu einem Mangel an Kortison kommen, das dann als antientzündliche Substanz fehlt. Unter Belastung werden aber auch bei Gesunden andere Nerven im Darm aktiviert, was zu mehr Krämpfen führt. Bei jemandem mit entzündetem Darm tut das aber auch noch mehr weh, und dann setzt die Angst vor einem neuen Schub ein, welche diesen dann erst recht auslösen kann. Wir sagen den Patienten deshalb auch, dass die ständige Beschäftigung mit der Erkrankung diese eher verschlechtert.
ARS MEDICI: Da ist sicherlich auch ein Feld für psychotherapeutische Unterstützung gegeben … Rogler: Absolut. Die Patienten müssen lernen, mit Stresssituationen umzugehen. Wir arbeiten hier eng mit dem Psychologischen Institut der UZH zusammen, wo gerade erst ein gutes zweiwöchiges Stressmanagementprogramm aufgesetzt wurde. Eine Behandlung von CED-Patienten muss immer über ein reines Medikamenteverschreiben hinausgehen.
ARS MEDICI: Würden Sie hinsichtlich des Einflusses psychischer Belastungen eine Parallele ziehen zwischen CED und dem Reizdarmsyndrom?

ARS MEDICI: Könnte das bei gesunden, aber für CED genetisch prädisponierten Personen auch zum Ausbruch der Erkrankung führen? Rogler: Da muss man jetzt vorsichtig sein. Das ist ein grosses Thema in den USA, wo Patienten schon überlegen, juristisch gegen die Fluggesellschaften vorzugehen, wenn sie nicht Warnhinweise wie «Fliegen kann IBD-Schübe auslösen» veröffentlichen. Also: Schubauslösung vermutlich ja – ob es aber auch die Erkrankung auslösen kann, müssten weitere Studien erst zeigen.
ARS MEDICI: Welche Rolle spielt die Darmflora bei CED? Rogler: Die Darmflora ist der Mittler zwischen Umwelt und Darmimmunsystem. Sie enthält sowohl entzündungsfördernde als auch entzündungshemmende Keime. Jede Veränderung von Umweltfaktoren – Höhenluft, Hitze oder Nahrung – verändert die Darmflora und hat damit Auswirkungen auf das Darmimmunsystem. Wäre unser Darm steril, dann gäbe es keine CED, wir könnten dann aber auch nichts richtig verdauen.
ARS MEDICI: Wie sieht eine adäquate Therapie heute aus? Was ist gesichert? Rogler: Wir machen bei uns immer noch die Stufentherapie. Im Gegensatz zu den USA, wo man sehr viel Angst hat, zu wenig zu therapieren, und meist mit dem stärksten Medikament begonnen wird, gilt in den meisten europäischen Ländern eher der Grundsatz «don’t overtreat». Die Hälfte der Patienten hat einen relativ harmlosen Verlauf, den man bei der Colitis mit der sehr nebenwirkungsarmen 5-Aminosalicylsäure und bei M. Crohn mit einem einzigen Kortisonstoss über Jahre unter Kontrolle bringen kann. Bei Patienten, die eine intensivere Therapie mit Immunhemmern oder Biologika benötigen, sollte man andererseits nicht zu lange damit warten, weil es insbesondere bei Crohn zu Darmschädigung, Engstellen- und Fistelbildung kommt, die Operationen nach sich ziehen. Die ideale Vorgehensweise wäre demnach ein beschleunigtes stufenweises Fortschreiten mit stärkeren

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INTERVIEW

Medikamenten, wenn sie denn benötigt werden, und eine abwartende Haltung, wenn die Erkrankungen gut verlaufen.
ARS MEDICI: Welche Therapieerfolge darf der Patient erwarten? Rogler: 90 Prozent der Colitis- und 80 Prozent der CrohnPatienten fahren gut mit der konventionellen Therapie, für die anderen existieren vielversprechende neue Behandlungsansätze. Bei M. Crohn sind jedoch häufig immer noch Operationen erforderlich, zum Teil, weil diese Patienten oft nicht rechtzeitig behandelt werden. Ein weiteres Projekt in der Kohorte ist es daher, die Verzögerung bei der Diagnostik zu reduzieren. Wir arbeiten hier mit dem Institut für Hausarztmedizin um Prof. Rosemann zusammen, um den Calprotectin-Screening-Test in den Praxen vermehrt zum Einsatz zu bringen.
ARS MEDICI: Welche vielversprechenden experimentellen Therapieansätze gibt es? Rogler: Da wären vor allem zwei Prinzipien zu nennen: zum einen die Hemmung der durch den Botenstoff Interleukin 6 vermittelten Signalweiterleitung und zum anderen Medikamente, die die Auswanderung von Entzündungszellen in den entzündeten Darm blockieren. Hier steht das Vedolizumab vor der Zulassung zumindest in den USA, und andere Medikamente werden derzeit erprobt. Ihr Vorteil ist, dass sie die Immunfunktion nicht im ganzen Körper, sondern selektiv im Darm hemmen.
ARS MEDICI: Wie steht es mit pflanzlichen Substanzen? Rogler: Bei den pflanzlichen Medikamenten gäbe es noch ein grosses Entwicklungspotenzial. Wir selbst haben uns bei der Colitis mit Anthocyanen aus Heidelbeeren beschäftigt und konnten bei 10 von 13 Patienten, die bereits Immunsuppressiva erhalten hatten, messbare Erfolge erzielen. Das Problem mit den pflanzlichen Wirkstoffen ist jedoch, dass für ihre

Entwicklung die gleichen kostenintensiven Standards wie bei industriegesponserten Studien erfüllt werden müssen. Die Gewinnspannen für die Pharmafirmen sind allerdings wesentlich kleiner, denn pflanzliche Wirkstoffe lassen sich nicht patentieren. Hier bräuchte es wie etwa in England oder Deutschland öffentliche Programme wie die Kohortenprogramme, die selektiv Medikamentenentwicklungen in Bereichen fördern, die ausserhalb des eigentlichen Interesses von Pharmafirmen liegen.

ARS MEDICI: Wie steht es mit dem Einfluss des Rauchens auf

CED?

Rogler: Beim M. Crohn ist das Rauchen sehr schädlich, und ein

Rauchstopp ist hier so effektiv wie eine Biologika- oder eine

Immunhemmertherapie. Bei der Colitis schützt es dagegen

vor Schüben und vor dem Krankheitsausbruch. Ein Colitis-

Patient sollte nun dennoch nicht weiterrauchen, aber wenn

er das Rauchen aufgeben möchte, sollte man dies sehr eng

überwachen und unter Umständen die Medikamentendosis

steigern. Es ist übrigens nicht das Nikotin, das hier die

schützende Wirkung hat, sondern durch den Rauchverzicht

verändert sich die Darmflora zugunsten von Bakterien, die

eher entzündungsförderlich sind. Wir sehen viele Colitis-

Patientinnen, bei denen die Erkrankung ausbricht, wenn sie

im Zuge einer Schwangerschaft mit dem Rauchen aufhören.

Oft bekommen diese Frauen dann auch noch Eisenpräparate

verschrieben, die ebenfalls die Entzündungsreaktion steigern.

Wir versuchen hier, ebenfalls über die Kohorte zu erreichen,

dass die niedergelassenen Kollegen uns in solchen Fällen

vorher kurz kontaktieren würden. Das gilt übrigens auch für

Orthopäden oder Zahnärzte bei der Verschreibung von

Schmerzmitteln wie Diclofenac, Ibuprofen und Naproxen,

welche ebenfalls Schübe auslösen können.

O

Das Interview führte Ralf Behrens.

184

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