Transkript
Editorial
Ein unerwartet deutliches NEIN zur Ergänzung in der Verfassung, von der wir befürchteten, sie könne als Einladung an die Krankenkassen verstanden werden, den Kontrahierungszwang auszuhebeln und sich ihre Ärzte auf Basis rein wirtschaftlicher Kriterien auszusuchen. Mag sein, die Befürchtungen waren übertrieben. Schliesslich wars «nur» ein Verfassungszusatz und wir hätten auch zu einem späteren Zeitpunkt, wenn das darauf basierende Gesetz vorgestellt worden wäre, intervenieren können. Aber «sicher ist sicher» war bestimmt die adäquate Losung. Man kennt die Kassenlobby in den Räten; ihre Vertreter waren bei den Voten in der vorberatenden Kommission
Anstrengungen unternehmen, um die Qualität ihrer Arbeit zu verbessern. Drittens: Die Zusammenarbeit mit anderen Dienstleistern soll intensiviert werden, wobei der Pflege eine zentrale Rolle zukommt.
NEIN: nichts verloren — noch nichts gewonnen!
weitgehend ehrlich: wichtigstes Ziel war, den Weg für die Aufhebung des Kontrahierungszwangs zu bereiten. Unser Präsident JdH soll nach erfolgreichem Abstimmungskampf gesagt haben, mit dem Abstimmungs-NEIN sei die Aufhebung des Kontrahierungszwangs für die nächsten 15 Jahre vom Tisch. Sein Wort in Gottes Ohr. Denn leider ist genau das mit Sicherheit nicht anzunehmen. Schon gar nicht, wenn man meint, jene, die den Abstimmungskampf auf unserer Seite geführt haben, stünden in dieser Frage voll hinter uns. Am Abstimmungssonntag hat sich Ständerätin Simonetta Sommaruga zwar rhetorisch auf die Seite der Hausärzte geschlagen, im selben Satz hat die SP-Politikerin aber auch deutlich gemacht, was ihr vorschwebt. Erstens: Die Hausärzte sollen in Netzwerke gezwungen werden. Zweitens: Sie sollen grössere, definierte und kontrollierte(!)
Klingt gut, alles. Heisst aber übersetzt aus dem Politjargon in den konkreten Alltag: Erstens: Aufhebung des Kontrahierungszwangs auf Basis von Kooperationswillen und -fähigkeit in Netzwerken. Zweitens: noch mehr administrativer Aufwand für Qualitätskontrollen und Qualitätssicherungsmassnahmen, mit der Möglichkeit, auch auf diesem Weg den Kontrahierungszwang zu knacken. Und drittens: Ersatz der (teuren) Ärzte durch (kostengünstigeres) geschultes Hilfspersonal, wo das möglich ist. Das NEIN hatte und hat offensichtlich nicht für alle die gleiche Bedeutung. Die Ärzte tun deshalb gut daran, sich rasch nach neuen Verbündeten umzusehen. Und das im Wissen darum, dass es verlässliche Partner in der Politik nicht gibt.
Richard Altorfer
ARS MEDICI 12 ■ 2008 497