Transkript
Editorial
D ie Familie war und ist wohl für viele Menschen in unserer Gesellschaft etwas vom Wichtigsten im Leben, wenn nicht gar das Wichtigste. Wie die Familie von heute strukturiert ist und welche Anforderungen an ein Familienleben gestellt werden – all das hat sich im Laufe der Zeit gewandelt. In den letzten Jahrzehnten ist das Alter bei der ersten Heirat gestiegen, und Erstgebärende sind mit durchschnittlich 30 Jahren etwa 7 Jahre älter als es die Erstgebärenden Anfang der 1970erJahre waren. Ein-Eltern-Familien und Patchworkfamilien gab es schon immer. Früher war jedoch häufiger der Tod eines Elternteils der Grund dafür, heute entstehen diese meist durch Trennungen und Scheidungen.
wirksam bewältigen können. Fütterstörungen und Sondenentwöhnung sind das Thema des Artikels von Margarete Bolten. Sie erklärt uns, was diesen Pathologien zugrunde liegt und welche Behandlungsstrategien sinnvoll sind. Ein fast unerträgliches Thema, die häusliche Gewalt, wird von Daniel Beutler, achtsam diskutiert. Er macht uns unter anderem darauf aufmerksam, dass dieses Thema bei Gesundheitsfachpersonen noch ungenügend verankert ist und geeignete Screeningmethoden entwickelt werden müssen. Um Kommunikation geht es in dem Beitrag von Agnes von Wyl, Katrin Braune-Krickau, Larissa Schneebeli und Jessica Pehlke-Milde. Sie gehen der Frage nach, ob und wie Smartphones die frühe
PD Dr. med. Raoul I. Furlano Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB) raoul.furlano@ukbb.ch
Familienleben – was heisst hier normal?
In diesem Heft haben wir uns und den Autorinnen und Autoren die Frage gestellt, was ein normales Familienleben beinhaltet und was es stören kann – im Wissen, dass es keine einzig gültige Antwort gibt, sondern dass sich ein grosses Spektrum an Antworten eröffnet. So erläutert Guy Bodenmann die zurzeit bekannten Einflüsse verschiedener Familienformen auf das Wohl der Kinder. Katrin Marfurt-Russenberger, Ellen Bonvin-Huber, Christian Henkel, Jürg C. Streuli und Oswald Hasselmann schildern anhand einer Patientengeschichte eine familienorientierte Betreuung am Ostschweizer Kinderspital: Vom Konzept über die Umsetzung im klinischen Alltag bis zur Weiterentwicklung in die Zukunft beschreiben sie, wie Familien mit schwer erkrankten Kindern Sicherheit vermittelt werden kann, damit sie die vielfältigen damit verbundenen Probleme selbst-
Eltern-Kind-Interaktion stören. Auch der Beitrag von Claudia Dürmüller befasst sich mit Kommunikation: Liegt eine Sprachstörung vor, wenn ein Kind erst spät mit dem Sprechen beginnt, oder ist es einfach nur ein «Spätzünder»? Die Autorin beantwortet diese Frage aus der Sicht der Logopädin, und sie gibt Tipps für die Elterberatung im Familienalltag. Und last, but not least klärt uns Rabia Liamlahi über mögliche diagnostische und therapeutische Strategien bei Schlafproblemen auf. Bleibt noch die Frage: Hatte Martin Luther recht, als er sagte «Die Familie ist die Quelle des Segens und Unsegens der Völker»? Die Antwort überlassen wir Ihnen.
Raoul Furlano
3/21 Pädiatrie
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