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EDITORIAL
Demenz: Zentral sind klare Rahmenbedingungen in der Behandlung und Betreuung
A ktuell sind 148 000 Menschen an Demenz erkrankt. Geschätzt wird, dass 9 Prozent der 65-Jährigen und mehr als 40 Prozent der 90-Jährigen von der Alzheimer-Krankheit oder einer anderen Demenzform betroffen sind.
Kostenrelevant ist derzeit insbesondere die Betreuung von Menschen mit einer Demenz. Denn ursächlich wirksame Medikamente fehlen in der Behandlung dieser Erkrankung. Während im frühen Stadium die Patienten mit professioneller Hilfe oft noch ein eigenständiges Leben führen können und eine Betreuung im mittleren Stadium oft zu Hause möglich ist, sind die Betroffenen im fortgeschrittenen Stadium mehrheitlich auf eine umfassende Betreuung, häufig in einem Heim, angewiesen. Doch von einer optimalen Versorgungsstruktur ist die Schweiz noch weit entfernt (Interview Seite 4 und der Beitrag von Stefanie Becker S. 25).
Aber auch wenn derzeit noch keine kurative Therapie zur Verfügung steht, gibt es bereits heute Behandlungsmöglichkeiten, mit denen die Lebensqualität der Patienten und der Angehörigen noch über einen längeren Zeitraum erhalten werden kann.
In den Beiträgen dieser Schwerpunktausgabe zum Thema Demenz beleuchten Experten diese grundlegenden Aspekte. Insbesondere die behavioralen und psychischen Symptome der Demenz (BPSD), die für den Patienten und vor allem das betreuende Umfeld sehr belastend sind, lassen sich durch nicht medikamentöse (Beitrag von Egemen Savaskan, Seite 18) und medikamentöse (Beitrag von Thomas Leyhe, Seite 12) Therapien gut behandeln. Um jedoch die derzeitigen Behandlungsmöglichkeiten optimal einsetzen zu können, ist eine Verbesserung der Früherkennung mit der Möglichkeit einer dann schnell
installierten Behandlung notwendig (s. Text von Stefanie Becker). Nicht alle Demenzen zeigen jedoch das gleiche Erscheinungsbild. Die Kenntnis, welche Form der Demenz dem demenziellen Syndrom zugrunde liegt, und der Ausschluss von anderen Erkrankungen, wie zum Beispiel einem Delir oder einer Depression, sind Grundvoraussetzungen für den optimalen Einsatz einer – auf der Basis der heutigen Möglichkeiten – spezifischen Therapie (Beitrag von Bernd Ibach, Seite 7). Der Artikel von Sébastian Dietemann und Valentina Garibotto zeigt die heutigen Möglichkeiten der bildgebenden Verfahren, insbesondere die Möglichkeit der In-vivo-Darstellung von pathologischen Proteinablagerungen im Gehirn (Seite 21). Die Methode ist somit für die Früherkennung, die Differenzialdiagnostik und vor allem für die Überprüfung neuer, sich gerade in der präklinischen und klinischen Testphase befindender Medikamente für die Behandlung von M. Alzheimer von immenser Bedeutung.
Aufgrund der demografischen Entwicklung wird die Anzahl von Menschen mit einer Demenz weiter steigen. Umso besser, können Experten und informierte Laien helfen, dass Menschen mit einer Demenz sich nicht ausgegrenzt und isoliert fühlen, sondern spüren, dass sie wertvolle Mitglieder unserer Gesellschaft sind. Dies soll auch dazu führen, dass offener über diese Krankheit gesprochen wird und eine Früherkennung dadurch auch tatsächlich früh möglich ist.
Ich danke den Autoren dieser Ausgabe herzlich für
ihre Mitarbeit und wünsche Ihnen eine spannende
Lektüre!
G
PD Dr. med. Dr. phil. Ulrich Michael Hemmeter Kantonale Psychiatrie St. Gallen Nord E-Mail: Ulrich.Hemmeter@psgn.ch
3/2018
PSYCHIATRIE + NEUROLOGIE
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