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SAKK Awards 2025
Ausgezeichnete klinische Krebsforschung in der Schweiz
Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für klinische Krebsforschung (SAKK) hat an ihrer Halbjahresversammlung in Interlaken sieben Preise im Gesamtwert von CHF 210 000 vergeben. Die Auszeichnungen würdigen wegweisende Studien in der Onkologie und Hämatologie sowie das Engagement von Forschungsnachwuchs. Unterstützt wurden die Preise von Partnern aus der Pharmaindustrie.
Als Beitrag zu einer unabhängigen klinischen Krebsforschung bietet die SAKK Wissenschaftlern in Zusammenarbeit mit Industrie- und Forschungspartnern finanzielle, konzeptuelle und fachliche Unterstützung für ihre Studienprojekte. Folgende Projekte aus verschiedenen Forschungsfeldern der Krebsbehandlung wurden in diesem Jahr ausgezeichnet:
Atlas für bessere Biomarker beim Prostatakarzinom Der «SAKK/AbbVie Digital Innovation Award» geht an Dr. Giuseppe Salfi und Prof. Jean-Philippe Theurillat vom Institute of
Von links: Miklos Pless, Giuseppe Salfi, Thomas Birchler
Oncology Research (IOR), Bellinzona, die
LINKTIPP
Der «Prostate Cancer Gene Expression Atlas» sammelt RNASequenzierungsdaten von Betroffenen mit Prostatakarzinom. Diese erlauben genaue Aussagen über die Expression von Zielmolekülen oder die Aktivierung bestimmter Signalwege.
gemeinsam klinische Daten in den «Prostate Cancer Gene Expression Atlas» (siehe Linktipp) integrieren sowie ein benutzerfreundliches Webtool generieren möchten. Damit sollen neue Biomarker für die Krankheitsprogression oder das Ansprechen auf moderne Therapien identifiziert und validiert werden und so die Forschung weltweit unterstützen.
Gerinnungsfaktor als Target beim Prostatakarzinom Im Zusammenhang mit Krebserkrankungen kann es zu einer erhöhten Gerinnungsneigung des Blutes kommen. Bislang war unklar, ob die involvierten Faktoren auch das Tumorwachstum beeinflussen. Der «SAKK/ Astellas GU-Oncology Award» geht an Dr. Bianca Calì (IOR) und ihr Team, die die Umgebung eines kastrationsresistenten Prostatakarzinoms (CRPC) im Mausmodell mithilfe von Single-Cell-RNA-Sequenzierung untersucht haben. Dabei zeigte sich, dass bestimmte immunsuppressive Zellen eine wichtige Quelle von Gerinnungsfaktor X (FX) sind. Dessen Aktivierung fördert das Androgen-unabhängige Tumorwachstum durch Aktivierung verschiedener Signalwege. Eine genetische und pharmakologische Hemmung von FX hingegen reduzierte das Tumorwachs-
Von Links: Maria Böhm, Bianca Calì, Thomas Zilli
tum und zeigte synergistische Effekte mit einer Enzalutamid-Behandlung. Ausserdem gelang der Nachweis, dass erhöhte Werte von FX oder Molekülen aus den durch FX aktivierten Signalwegen mit einem schlechteren Outcome bei CRPC-Patienten verbunden sind. Die Studienergebnisse skizzieren mögliche Strategien für potenzielle zusätzliche Therapieansätze in der Behandlung von Patienten mit einem Prostatakarzinom.
Risikoevaluation vor CAR-T-ZellTherapie Eine CAR-T-Zell-Therapie ist die Standardbehandlung bei B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphomen, kann aber in seltenen Fällen zu zweiten primären T-Zell-Lymphomen oder zweiten primären myeloiden Neoplasmen (SPMN) führen. Die Inzidenz von SPMN nach CAR-TZell-Therapie lag in retrospektiven Studien bei 3–5%, die Charakteristika dieser Erkrankung sind jedoch noch nicht untersucht.
Von links: Miklos Pless (vertritt Gabriela Baerlocher), Guido Ghilardi, Erich Weber
Dr. Guido Ghilardi vom Instituto Oncologico della Svizzera Italiana, Bellinzona, erhält den «SAKK/BMS HEM Pioneer Grant» für die Forschung dazu, ob SPMN aus bereits vorhandenen Zellklonen entstehen. Bestätigt sich das, könnten Patienten mit einem
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höheren Risiko für die Entwicklung eines SPMN bereits vor der Therapie identifiziert werden.
Können mehr Brustkrebspatientinnen von Verzicht auf eine ALND profitieren? Aus Studien ist bekannt, dass man bei klinisch knotennegativen, Sentinel-Lymphknoten-Biopsie-positiven Patientinnen mit Brustkrebs auf eine axilläre Lymphknotendissektion (ALND) verzichten kann. Im Rahmen einer Forschungskollaboration sollen weitere Patientenpopulationen identifiziert werden, die von einer Deeskalation der chirurgischen axillären Behandlung profitieren könnten. Der «SAKK/Gilead Expanding Horizons in Oncology Award» fördert dazu einen internationalen Fortbildungsaufenthalt von Dr. Nadia Maggi, Universitätsspital Basel, am Karolinska Institut in Stockholm. In dessen Rahmen sollen Studiendaten mit einem Fokus auf Patientinnen mit extrakapsulärer Ausdehnung oder nicht tastbaren verdächtigen Lymphknoten analysiert werden. Praxisverändernde Resultate könnten die mit ALND verbundene Arm-Morbidität für mehr Brustkrebspatientinnen reduzieren, ohne deren Prognose zu verschlechtern.
Von links: Miklos Pless, Nadia Maggi, Ramon Thali
Antimykotikum bei rezidiviertem Prostatakarzinom Bis zur Hälfte der Patienten mit lokalisiertem Prostatakarzinom erleidet innerhalb von 10 Jahren ein Rezidiv. Viele möchten den Einsatz belastender Standardtherapien hinauszögern – und trotzdem nicht untätig bleiben. Der «SAKK/Incyte HERo in Science Award» geht an Dr. Stefanie Fischer, HOCH Health Ostschweiz, die in der Phase-IIStudie TerbinaPro den Einsatz von Terbinafin bei fortgeschrittenem oder rezidiviertem Prostatakarzinom untersucht. Das Antimykotikum hemmt einen Faktor in der Choles-
terol-Synthese (Squalenepoxidase, SQLE), der beim fortgeschrittenen Prostatakarzinom wie auch bei verschiedenen anderen Krebszelltypen überexprimiert und für das Wachstum erforderlich ist. Es gibt Hinweise auf einen Nutzen der SQLE-Hemmung in diesem Setting. Die Teilnehmer der multizentrischen SAKK-Studie erhalten 12 Monate lang Terbinafin (250 oder 500 mg). Als primärer Endpunkt gilt eine Reduktion des PSA-Werts um mindestens 50% nach 12 Wochen, als sekundäre Endpunkte das progressionsfreie Überleben, unerwünschte Wirkungen sowie Androgendeprivationstherapie-freies Überleben. Terbinafin könnte bei positivem Ausgang eine verträgliche Behandlungsoption für Prostatakarzinompatienten mit biochemischem Rezidiv darstellen und deren Lebensqualität verbessern. Auch Patienten mit metastasiertem, hormonsensitivem oder kastrationsresistentem Prostatakarzinom könnten profitieren.
Von links: Martin Früh, Viviane Hess, Stefanie Fischer (Screen), Nicola Stephens
Bessere Lebensqualität bei Plattenepithelkarzinomen von Kopf und Hals Im Rahmen einer longitudinalen Studie wurde 2023 am Universitätsspital Genf (HUG) ein multidisziplinäres Monitoring für Patienten mit Plattenepithelkarzinomen von Kopf und Hals eingeführt, in dem Betroffene alle involvierten Fachkräfte am selben Ort und Tag antreffen. Zudem werden verschiedene klinische Messwerte zum Startpunkt, nach 3 und nach 12 Monaten erhoben. Dr. Nicolas Dulguerov (HUG) erhält den «SAKK/Novartis Together for Patients Award» für eine weiterführende Auswertung der bislang 116 involvierten Patienten, in der analysiert wird, wie sich Kopf-Hals-Tumoren auf die Lebensqualität auswirken und welche funktionellen Folgen die Erkrankung mit sich bringt. So soll der Einfluss der Behandlung auf die Le-
bensqualität der Betroffenen unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren wie Tumorlokalisation und Anamnese quantifiziert werden. Ausserdem sollen Informationsbroschüren erstellt werden, die Betroffene und deren Familien im Zuge der Behandlung unterstützen.
Von links: Miklos Pless, Nicolas Dulguerov, Milica Zecevic
Diagnose-Tool für Pilzinfektionen
Pilzinfektionen erhöhen bei Patienten mit
eingeschränktem Immunsystem die Mortali-
tät. Oft muss prophylaktisch oder empirisch
behandelt werden, weil eine frühe Diagnose
bislang schwierig ist. Da infektiöse Pilze vola-
tile Stoffe ausscheiden, könnte eine Gas-
Chromatografie-Spektrometrie eine gute Op-
tion darstellen – eine Methode mit breiter
Abdeckung und kurzer Analysezeit, die zudem
noch Aufschluss über pathophysiologische
Mechanismen geben könnte. Der «SAKK/
Roche Young Investigator Award» geht an
Dr. Kevin Hofer vom Universitätsspital Zürich,
der auf der Suche nach einem zuverlässigen
Tool in der REDEFINE-Studie damit den Atem
von Patienten mit akuter myeloischer Leukä-
mie untersucht.
Mü
Kevin Hofer hat seinen Preis einen Tag später abgeholt.
Quelle: Medienmitteilung der SAKK vom 23.05.2025 Fotos: https://steffenkruse.ch/
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