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Journal Club
Fortgeschrittenes, vorbehandeltes Nierenzellkarzinom
Cabozantinib verlängert das PFS um fast 4 Monate
Neben dem Immuntherapeutikum Nivolumab hat sich auch der Multikinasehemmer Cabozantinib gegenüber der Standardtherapie mit Everolimus bei vorbehandeltem Nierenzellkarzinom (RCC) als wirksam erwiesen: Die kürzlich publizierte Phase-IIIStudie METEOR (Cabozantinib vs. Everolimus) zeigte ein medianes PFS von 7,4 (vs. 3,8) Monaten und ein verlängertes Gesamtüberleben in der Interimsanalyse.
New England Journal of Medicine
Die Therapiepalette nach Erstlinientherapie (meist mit einem VEGFR-Inhibitor) erweitert sich erneut: Neben dem Checkpoint-Inhibitor Nivolumab (Opdivo®) hat nun auch Cabozantinib* (Cometriq®), Hemmer der Tyrosinkinasen (TKI) unter anderem von VEGFR, MET und AXL, Überlebensvorteile gegenüber der Standardtherapie gezeigt. Die TKI spielen in der Pathogenese des metastasierten RCC sowie in der Resistenzentwicklung antiangiogenetischer Substanzen eine wichtige Rolle. Die vor einigen Jahren zugelassenen Substanzen Sunitinib und Pazopanib brachten ein medianes PFS von 8 bis 11 Monaten in der Erstlinientherapie bei RCC und mit Soratinib oder Axitinib nach Progression weitere 3 bis 5 Monate. Im Zweitliniensetting zeigte der mTOR-Hemmer Everolimus erneut ein um 4,9 Monate (vs. 1,9) verlängertes PFS, allerdings ohne dass ein verbessertes Gesamtüberleben erreicht wurde.
PFS verlängert, Progressionsrate 42% niedriger
Die offene Phase-III-Studie METEOR (1) randomisierte 658 Patienten mit metastasiertem RCC, welche nach VEGFRTKI-Hemmer-Gabe progredierten, für die Therapie mit Cabozantinib respekti-
* Cabozantinib ist in der EU bei medullärem Schilddrüsenkarzinom bei erwachsenen Patienten mit progredienter, nicht resektabler, lokal fortgeschrittener oder metastasierter Erkrankung aktuell zugelassen und wird bei einer Reihe weiterer Malignome untersucht.
ve Everolimus. Primärer Endpunkt war das PFS; sekundäre Endpunkte waren Gesamtüberleben sowie die objektive Ansprechrate. Die Auswertung zeigte ein medianes PFS von 7,4 Monaten unter Cabozantinib und ein medianes PFS von 3,8 Monaten unter Everolimus. Die Rate für Krankheitsprogression oder Tod war damit unter dem Studienmedikament um 42% niedriger (Hazard Ratio 0,58; 95%-KI: 0,45–0,75). Die objektiven Ansprechraten betrugen 21 versus 5%. Die geplante Zwischenanalyse zeigte ein längeres Gesamtüberleben unter dem Multikinasehemmer, kreuzte aber nicht die Signifikanzgrenze. Nebenwirkungen konnten durch Dosisreduktionen (65 vs. 25%) beherrscht werden; zu Therapieabbrüchen wegen Begleitwirkungen kam es in 9% (bzw. 10%) der Fälle.
Kommentar: Nivolumab erhält derzeit den Vorzug
Die METEOR-Studie mit Cabozantinib wurde in Zusammenhang mit der CheckMate-025-Studie mit Nivolumab in der gleichen NEJM-Ausgabe kommentiert (2): Hier wurde hervorgehoben, dass es unter beiden Wirkstoffen zu ungleichen Benefits kam: Unter Nivolumab kam es (verglichen mit Everolimus) zu: L einer klinisch signifikanten Verringe-
rung des Todesrisikos (27%) L einem erhöhten Tumoransprechen
(25 vs. 5%)
L verringerten Nebenwirkungen in den
Graden 3 und 4 (19 vs. 37%)
L einem ähnlichen PFS (4,6 vs. 4,4 Mo-
nate)
L einem verlängerten OS (19,6 vs. 25,0
Monate).
Unter Cabozantinib kam es (verglichen
mit Everolimus) zu:
L einer Verringerung des Risikos für
Tod respektive Progression um 42%
L einer höheren Ansprechrate (21 vs.
5%)
L einer ähnlichen Inzidenz von Neben-
wirkungen (68% vs. 58%), aber unter
Dosisreduktion
L einem verlängerten PFS (7,4 vs. 3,8
Monate)
L einem verlängerten OS (aber nicht
signifikant; Endpunkt nicht erreicht;
HR: 0,67).
Diese Resultate – insbesondere das
höhere Gesamtüberleben unter Nivolu-
mab – bedeuten neue Optionen in der
Therapie des vorbehandelten metasta-
sierten RCC.
Allerdings bleiben wichtige Fragen zum
Therapieeffekt, so die Kommentatoren,
denn komplette Remissionen blieben
aus (unter Cabozantinib 0%; unter Nivo-
lumab 1%).
Für die klinische Praxis gesamthaft zeich-
net sich Nivolumab durch sein günstiges
Verträglichkeitsprofil und seine markan-
te Verlängerung des Gesamtüberlebens
aus. Daher sei das Immuntherapeutikum
dem TKI Cabozantinib vorzuziehen, wel-
ches seinerseits eine zusätzliche Option
in der Palette der VEGFR-Hemmer ab
der Drittlinie darstelle, so die Bewer-
tung.
L
Bärbel Hirrle
Quellen: 1. Choueiri TK et al.: Cabozantinib verus Everolimus in
advanced renal-cell cancer. NEJM 2015; 373 1814–1823. 2. Quinn DI et al.: Renal-cell cancer – Targeting an immune checkpoint or multiple kinases. NEJM 2015; 373; 1872–1874.
SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 2/2016
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