Schweizer Zeitschrift für Psychiatrie & Neurologie 02/2025
Aktuelle Entwicklungen in der Depressionsforschung
Die Vielfalt der klinischen Ausprägung einer Depression macht die Suche nach ihren Ursachen besonders herausfordernd. Eine präzisere Charakterisierung klinischer Endophänotypen könnte neue Erkenntnisse liefern und die Ursachensuche erleichtern. Gleichzeitig wächst das Angebot an nicht-medikamentösen Behandlungsoptionen. Dieser Artikel gibt einen Überblick jüngster Forschungsergebnisse zur Entstehung und Behandlung der Erkrankung.
von Jessica Peter
Demenz-Kompetenz und Monitoring (DeKoMo)
Vernetzt für kompetente Demenzversorgung- Ein Modellprojekt
Demenz stellt eine der grössten gesundheitlichen Herausforderungen unserer alternden Gesellschaft dar, insbesondere, wenn ein komplizierter Verlauf vorliegt. Ein solcher Verlauf ist gekennzeichnet durch somatische Krankheiten (1), aber auch Verhaltens- und psychische Symptome der Demenz (BPSD) wie z.B. akute Verwirrtheitszustände, plötzliche Aggressivität oder Agitation (2). Genau hier setzt das Pilotprojekt Demenz-Kompetenz & Monitoring (DeKoMo, www.dekomo.ch) an, das seit Januar 2025 unter der Leitung der Universitätsklinik für Alterspsychiatrie und Psychotherapie Bern (UPD) und in Kooperation mit Alzheimer Schweiz, der Berner Fachhochschule und den Gesundheitszentren fürs Alter Zürich angelaufen ist.
von Giuliana Crippa1 und Stefan Klöppel1
Frontotemporale Demenzen: ein klinischer Review
Frontotemporale Demenzen repräsentieren eine Gruppe neurodegenerativer Erkrankungen mit prototypischen klinischen Syndromen, die durch progrediente Veränderungen des Verhaltens, der Persönlichkeit und der Sprache charakterisiert sind. Sie repräsentieren die klinische Seite einer Reihe von heterogenen Erkrankungen des Zentralnervensystems, die ihren Ursprung in lokalisiert frontotemporal auftretenden Proteinopathien mit einem hohen genetischen Anteil haben. Eine akkurate und möglichst frühe Diagnostik frontotemporaler Demenzen ermöglicht die gezielte Beratung der Betroffenen Personen, den Familien, den involvierten Versorgungssystemen und eine individuelle symptomatische Behandlung. Die psychiatrische Differenzialdiagnostik ist eine interdisziplinäre Aufgabe.
Altersinsomnie: Diagnostik und Therapie
Schlafstörungen sind oftmals Ausdruck eines zugrundeliegenden Problems. Mit zunehmendem Alter sind dies meist andere (somatische und/oder psychische Erkrankungen sowie altersspezifische Stressoren (Einsamkeit, Autonomieverlust u.a.). Es ist daher eine breite und exakte Diagnostik notwendig, um eine möglichst spezifische und individuelle Therapie einzuleiten, die die Besonderheiten der älteren Menschen berücksichtigt.
Editorial: Neurologische Alterserkrankungen
Mit dem demografischen Wandel rücken neurologische Alterserkrankungen immer stärker in den Fokus
Die Fahreignung im Alter aus neurologischer Sicht
Die Selbständigkeit im Alltag und im Beruf ist oftmals zu einem nicht unerheblichen Mass von der Fähigkeit, ein Fahrzeug führen zu können, abhängig. Auch wenn das Führen eines Fahrzeuges kein Menschenrecht darstellt, so wird das Infragestellen der Fahreignung oder gar der direkte Entzug derselben vom Betroffenen nicht selten als ein Angriff auf die persönlichen Rechte angesehen. Gerade in diesem Umfeld ist eine sachliche und faktenbasierte Diskussion umso wichtiger, um hinter einer emotional geführten Debatte versteckten Verlustängsten und Sorgen begegnen zu können. Hierbei obliegt es der Ärzteschaft, Betroffene über bestehende Richtlinien und Empfehlungen in für Laien verständlicher Sprache zu informieren und auf ihre Pflichten und Rechte hinzuweisen.
Schwindel und Gleichgewichtsstörungen im Alter: Mehr als «nur Altersschwindel»
Die Vereinten Nationen haben das aktuelle Jahrzehnt zur «UN Decade of Healthy Aging» erklärt (1). Schwindel, Gleichgewichtsstörungen und Stürze gehören zu den häufigsten gesundheitlichen Beschwerden, die einem gesunden Altern entgegenstehen (2). Während sich die Möglichkeiten der Diagnostik und Therapie von Schwindelsyndromen in den letzten Jahren deutlich verbessert haben, erhalten immer noch viele Senioren die Diagnose «Altersschwindel» verbunden mit der fatalistischen Einschätzung «Damit müssen Sie leben». Das muss nicht sein! Der vorliegende Artikel widmet sich diesem Thema insbesondere von neurootologischer Seite. Neben Epidemiologie und Besonderheiten von Schwindel im Alter gehen wir auf die altersassoziierte multisensorische Degeneration und exemplarische neuro(oto-)logische Krankheitsbilder ein. Den Abschluss bildet ein Überblick über Anamnese und klinisch-neurootologische Untersuchung sowie therapeutische Grundprinzipien und Sturzprophylaxe – inklusive nützlicher Links zu Online-Ressourcen für Patienten und medizinisches Fachpersonal.
Update Diagnose Demenz: Neue Entwicklungen in der Biomarker-Diagnostik
Die Diagnostik der Demenzerkrankungen, besonders der Alzheimer-Krankheit, hat in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht. Liquor-Biomarker, nuklearmedizinische Untersuchungen sowie bald verfügbare blutbasierte Marker ermöglichen zunehmend eine frühe und genauere Diagnosestellung. Basierend auf kürzlich publizierten Empfehlungen der Swiss Memory Clinics (1) einerseits und den neuesten Entwicklungen in der klinischen Forschung andererseits, fasst dieser Beitrag den aktuellen Stand zusammen und zeigt die Perspektiven in der Diagnostik kognitiver Störungen im Alter.
Therapien für die Alzheimer-Krankheit: Von etablierten Behandlungen zu neuen Optionen
Die derzeitige Behandlung der Alzheimer-Krankheit stützt sich in erster Linie auf etablierte symptomatische Therapien wie Cholinesterasehemmer und Memantin sowie auf nicht pharmakologische Massnahmen wie kognitive Stimulation und Änderungen der Lebensgewohnheiten. Mit der in der Schweiz erwarteten Zulassung von monoklonalen Antikörpern gegen Amyloid wie Lecanemab und Donanemab entwickelt sich die Therapielandschaft rasch weiter und vollzieht einen bedeutenden Wandel hin zu potenziell krankheitsmodifizierenden Behandlungen, die nicht nur die Symptome, sondern auch die zugrunde liegende Pathologie beeinflussen.
Migräne, Demenz & Albträume: Highlights vom Kongress der European Academy of Neurology
Der 11. Kongress der European Academy of Neurology (EAN) fand zwischen 21. und 24. Juni 2025 in Helsinki statt. Zentrales Thema des Kongresses war die Interaktion von Neurologie und Gesellschaft («Neurology within society»). An der Veranstaltung nahmen mehr als 6200 Delegierte aus mehr als 120 Ländern teil. Zusätzlich verfolgten 1800 Personen den Kongress online.
ProMental-Pilotprogramm zur Minimierung von Demenz-Risikofaktoren
Die Psychiatrische Universitätsklinik Zürich (PUK) hat Ende April 2025 ein wissenschaftlich fundiertes Pilotprojekt zur Demenzprävention lanciert. Ziel ist es, bei Menschen mit leichten kognitiven Störungen persönliche Risikofaktoren für eine Demenzerkrankung frühzeitig zu erkennen und die Risiken mit gezielten Massnahmen zu reduzieren.
Cannabidiol reduziert Anfälle und nicht anfallsbedingte Symptome bei Kindern
Bei Kindern mit therapieresistenter Epilepsie scheint Cannabidiol eine gute anfallssuppressive Wirkung zu entfalten. Dies zeigte eine kleine Studie, die an einem Satellitensymposium von JAZZ Pharmaceuticals anlässlich des EPNS-Kongresses in München, präsentiert wurde. An der prospektiven Studie, nahmen 42 Patienten mit therapieresistenter Epilepsie teil, insbesondere mit Lennox-Gastaut-Syndrom (LGS), Dravet-Syndrom (DS) oder der Tuberösen Sklerose (TSC).
Klinische Verbesserungen bei generalisierter Myasthenia gravis
In der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie PREVAIL erreichte der dual-bindende Nanoantikörper C5-Komplementinhibitor Gefurulimab alle primären und sekundären Endpunkte und zeigte bei Erwachsenen mit Acetylcholin-Rezeptor-Antikörper-positiver generalisierter Myasthenia gravis nach 26 Wochen eine statistisch signifikante und klinisch bedeutsame Verbesserung des MG-ADL (Myasthenia Gravis Activities of Daily Living)-Gesamtscore im Vergleich zu Plazebo. Gefurulimab wurde gut vertragen, es traten keine neuen Sicherheitssignale auf.
Neuer Präsident der SGAD
Die Schweizerische Gesellschaft für Angst und Depression (SGAD) hat eine neue Führung: Mitte März übernahm Prof. em. Dr. Martin Hatzinger, medizinische Fakultät der Universität Basel, das Amt des Präsidenten und folgt damit auf Prof. Dr. Erich Seifritz, Psychiatrische Universitätsklinik Zürich.
Neue Migräne-Guidelines zur pharmakologischen Therapie
STAR-Studie- Atogepant zur Migräneprophylaxe im Praxistest
Ziel der multizentrischen, prospektiven, Kohortenstudie war es, die Wirksamkeit von Atogepant 60 mg zur Migräneprophylaxe nach 12-wöchiger Behandlung im klinischen Alltag zu untersuchen. Zur Bewertung wurden monatlich Migränetage, Kopfschmerztage und der Gebrauch von Akutmedikation erfasst.
Akute Migräne: Patienten ziehen Rimegepant Triptanen vor
Rimegepant erwies sich in einer multizentrischen, offenen Phase-II/III-Studie zur Akutbehandlung der Migräne als sicher und gut verträglich, wenn es über 12 Wochen hinweg jeden zweiten Tag und bei Bedarf oder über 52 Wochen ausschliesslich bei Bedarf in einer Dosis von 75 mg verabreicht wurde.
Eine Post-hoc-Analyse untersuchte die Subgruppe der Patienten mit zusätzlich aktuellem und früherem Triptangebrauch.
In diesem Heft
Fortbildung Psychiatrie: Gerontopsychiatrie
- Aktuelle Entwicklungen in der Depressionsforschung
- Demenz-Kompetenz und Monitoring (DeKoMo)
- Frontotemporale Demenzen: ein klinischer Review
- Altersinsomnie: Diagnostik und Therapie
Fortbildung Neurologie: Neurologische Alterserkrankungen
- Editorial: Neurologische Alterserkrankungen
- Die Fahreignung im Alter aus neurologischer Sicht
- Schwindel und Gleichgewichtsstörungen im Alter: Mehr als «nur Altersschwindel»
- Update Diagnose Demenz: Neue Entwicklungen in der Biomarker-Diagnostik
- Therapien für die Alzheimer-Krankheit: Von etablierten Behandlungen zu neuen Optionen
Kongress
Kurz & Bündig
- ProMental-Pilotprogramm zur Minimierung von Demenz-Risikofaktoren
- Cannabidiol reduziert Anfälle und nicht anfallsbedingte Symptome bei Kindern
- Klinische Verbesserungen bei generalisierter Myasthenia gravis
- Neuer Präsident der SGAD
- Neue Migräne-Guidelines zur pharmakologischen Therapie
- STAR-Studie- Atogepant zur Migräneprophylaxe im Praxistest
- Akute Migräne: Patienten ziehen Rimegepant Triptanen vor