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Fischkonsum, Omega-3-Index, Vitamin-D- und Parodontalstatus bei Patienten mit rheumatoider Arthritis
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-
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Studien geben Hinweise auf einen pathophysiologischen Zusammenhang zwischen der Zahnerkrankung Parodontitis und der rheumatoiden Arthritis (RA). Der Nachweis von bakterieller DNA aus entzündetem Zahnfleisch in der Synovialflüssigkeit der Gelenke scheint auf eine mögliche Mitbeteiligen der Parodontitis an der Ätiologie der RA hinzudeuten. Bei beiden Erkrankungen können Vitamin D und aus fettreichen Kaltwasserfischen und Meeresfrüchten stammende Omega-3-Fettsäuren die chronische Inflammation beeinflussen.
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Fischkonsum, Omega-3-Index, Vitamin-D- und Parodontalstatus bei Patienten mit rheumatoider Arthritis

Studien geben Hinweise auf einen pathophysiologischen Zusammenhang

Dr. med. Ralph Hausmann

gnostiziert, bei 18 Prozent war diese schwer ausgeprägt. Per Fragebogen wurden die Ernäh-

zwischen der Zahnerkrankung Parodontitis und der rheumatoiden Arthritis

freier Mitarbeiter D-60439 Frankfurt/M

rungsgewohnheiten der Patienten registriert. Der durchschnittliche Fischverzehr lag bei

(RA). Der Nachweis von bakterieller

1,9 Mahlzeiten pro Woche. Ein weiterer, zusätz-

DNA aus entzündetem Zahnfleisch in der Synovial-

licher Fischverzehr als Belag auf Sandwiches, in Salaten und

flüssigkeit der Gelenke scheint auf eine mögliche

in prozessierter Form – beispielsweise aus Konservendo-

Mitbeteiligung der Parodontitis an der Ätiologie der

sen – wurde mit durchschnittlich 1,4-mal pro Woche angege-

RA hinzudeuten. Bei beiden Erkrankungen können

ben. 55 Prozent der Patienten nahmen zusätzlich Fischölkap-

Vitamin D und aus fettreichen Kaltwasserfischen

seln ein.

und Meeresfrüchten stammende Omega-3-Fettsäuren die chronische Inflammation beeinflussen. In einer kleinen norwegischen Querschnittstudie

Deutlich mehr Parodontitis bei RA-Patienten

wurde nun untersucht, ob eine Bezie-

Den Ergebnissen der Untersuchung zu-

hung zwischen dem Fischverzehr, dem

folge war ein Nachweis des Rheumafak-

Rheuma- und Parodontitis-Status

tors (RF) und des Antikörpers gegen

sowie den Fettsäure- und Vitamin-

citrullinierte Proteine/Peptide (ACPA) im

D-Spiegeln bei RA-Patienten ermit-

Blut signifikant mit einer höheren Paro-

telt werden kann (1).

dontitisprävalenz assoziiert. Auch andere Studien

weisen auf den Zusammenhang zwischen RA und der bei Er-

78 Patienten mit einem Durchschnittsalter

wachsenen häufigen Zahnerkrankung hin. So zeigte

von 57 Jahren und einer RA-Dauer von 15

eine Metaanalyse, dass RA-Patienten eine höhere

± 11 Jahren wurden in die Studie einbezo-

Parodontitisprävalenz und schwerere Ausprägungen

gen. Bei 58 Prozent von ihnen bestand eine

aufweisen als Kontrollpersonen ohne Rheuma. Zudem

aktive RA mit mässiger bis geringer Krank-

hatten Patienten mit Parodontitis eine höhere RA-Präva-

heitsaktivität. Eine Parodontitis wurde den-

lenz als Personen ohne diese Zahnerkrankung. Andere

noch bei 82 Prozent der Studienteilnehmer dia-

Illustration: © adhevaar – fotolia.com

Untersuchungen kommen zu ähnlichen Resultaten. Auch in dieser aktuellen Studie von Beyer et al. (1) lag die Parodon-

titisprävalenz im Vergleich mit einer epidemiologischen Stu-

TAKE HOME MESSAGE

die zur Zahngesundheit von Bewohnern der schwedischen Stadt Jönköping bei den RA-Patienten 2,6-mal höher. Zudem

◗ Patienten mit rheumatoider Arthritis und Seropositivität auf den Rheumafaktor beziehungsweise den anticitrullinierten Protein/Peptid-Antikörper hatten in der Studie eine höhere Prävalenz an Parodontitis als seronegative Studienteilnehmer.

wiesen doppelt so viele Patienten eine schwere Parodontitis auf, wobei hier vor allem männliche Raucher betroffen waren.

◗ Ein hoher Omega-3-Index (≥ 8%) war mit einer besseren Einschätzung des eigenen Gesundheitszustandes und einer weniger ausgeprägten Parodontitis verbunden.
◗ Eine Supplementierung mit Omega-3-Fettsäuren trug zu einer Verbesserung des Omega-3-Index bei.
◗ Ein wöchentlicher Fischkonsum in empfohlener Höhe war mit einem besseren RA-Status verknüpft.

Geringere Krankheitsaktivität bei hohem Omega-3-Index Bei der Erfassung der Ernährungsgewohnheiten der RAPatienten wurde in der vorliegenden Studie ein hoher Fischkonsum ermittelt. Dies kann daran liegen, dass in Norwegen traditionell viel Fisch verzehrt wird, was mit den norwegi-

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Thema

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schen Empfehlungen für eine ausgewogene Ernährung in Einklang steht. Demnach sollte Fisch in einer Menge von 300 bis 450 g pro Woche verzehrt werden, davon mindestens 200 g fettreicher Fisch. Dabei korrespondiert der gesamte empfohlene wöchentliche Fischverzehr mit einer Menge von 54 g rohem Fisch und 35 g fettreichem Fisch pro Tag. Wie die Studie weiter zeigte, bewerteten Frauen mit einem Fischkonsum in der empfohlenen Menge und Häufigkeit ihren Gesundheitszustand im MHAQ (modified health assessment questionnaire) sowie auf der visuellen Analogskala (VAS) besser als Frauen mit geringerem Fischverzehr. In diesem Zusammenhang zitieren die Autoren eine diesen Ergebnissen entsprechende aktuelle Untersuchung, die zeigen konnte, dass die Krankheitsaktivität im DAS28 (disease activity score) bei RA-Patienten mit einem mindestens zweimal wöchentlichen Fischkonsum signifikant niedriger war als bei Patienten, die niemals oder weniger als einmal pro Monat Fisch verzehrten. Der Omega-3-Index (s. Kasten), der bei allen Studienteilnehmern bestimmt wurde, lag bei den meisten zwischen 4 und ≤ 8, wobei Werte ≥ 8 als gesundheitlich günstig gewertet werden. 14 Prozent der Patienten, die trotz ihres hohen, den Empfehlungen entsprechenden Fischkonsums zusätzlich Fischölkapseln einnahmen, wiesen einen Omega-3-Index ≥ 8 auf. Neben ihrem optimalen Omega-3-Index zeigten sie auch bessere AssessmentScores im VAS sowie einen besseren Parodontitisstatus im Vergleich zu Patienten mit einem Index ≤ 8.
Optimale Vitamin-D-Versorgung Der Vitamin-D-Status war ein anderer in der Studie analysierter Parameter. Dazu wurden die Werte der Studienteilnehmer über die Messung des 25-Hydroxyvitamin-D-(s25[OH]D-Spiegel im Serum ermittelt. Erkenntnisse aus früheren Untersuchungen deuten darauf hin, dass Vitamin D
Omega-3-Index
Zur Bestimmung der Fettsäuren wird der Omega-3-Index im Blut berechnet. Der Index erfasst den Gehalt an den mehrfach ungesättigten Fettsäuren (PUFA) Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) in den Erythrozyten als prozentualen Anteil an den im Blut dominierenden Fettsäuren. Der Index bewertet damit den individuellen Versorgungsstatus an EPA und DHA. Hohe EPA- und DHA-Spiegel gelten als vorteilhaft bei der Prävention von Herzerkrankungen. Der kardioprotektive Zielwert liegt bei über 8 Prozent. Werte unter 4 Prozent werden mit einem erhöhten Risiko für einen plötzlichen Herztod in Verbindung gebracht. Der Omega-3-Index kann durch den Konsum von Kaltwasserfischen und Fischölkapseln erhöht werden.
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sowohl den Verlauf der RA als auch die Parodontitis über immunmodulatorische Effekte beeinflussen könnte. Dort hat sich gezeigt, dass der aktive Metabolit 1,25-Dihydroxyvitamin D3 in der Lage ist, die proinflammatorischen Mediatoren wie TNF-alpha (TNF-a) und RANKL in den aus peripheren Monozyten stammenden Makrophagen von RA-Patienten herunterzuregeln. Zudem zeigte Vitamin D bei Personen ohne RA eine umgekehrte Assoziation mit der Schwere der Parodontitis. Des Weiteren ist bekannt, dass die Serumwerte von s25(OH)D bei RA-Patienten erniedrigt und mit einer inversen Beziehung zur Krankheitsaktivität, zu den Interleukin 17- und 23-Werten und mit grösserem Knochenverlust verbunden sind. In der hier referierten Studie lag der Vitamin-D-Status bei 88 Prozent der Patienten innerhalb des empfohlenen Bereichs; etwa die Hälfte von ihnen wies einen s-25(OH)D-Spiegel ≥ 75 nmol/l auf. Diese hohen Vitamin-D-Werte, die sich mit dem in Norwegen häufigen Konsum von Seefischen und Dorschleberöl erklären lassen, erwiesen sich für die Studie jedoch insofern als nachteilig, als sich so kein Bezug
zwischen dem Vitamin-D-Status und den Unterschieden in der RA-Krankheitsaktivität beziehungsweise dem Parodontitisstatus der Studienteilnehmer herstellen liess.

Fazit

Die Autoren betonen abschliessend, dass

in ihrer Studie erstmals die gleichzeitige

Bewertung von Krankheitsparametern der

RA und der Parodontitis sowie das Erfas-

sen des Fischverzehrs, des Omega-3-Sta-

tus und der Vitamin-D-Spiegel bei derselben

Patientengruppe erfolgte, und regen die

Durchführung weiterer vergleichbarer Studien

an. Zu den Schwächen der Studie gehörten jedoch

die geringe Patientenzahl sowie der hohe Anteil an Studien-

teilnehmern mit mässiger Krankheitsaktivität beziehungs-

weise RA-Remission. Dennoch konnte gezeigt werden, dass

RA-Patienten häufig unter – teils sogar schwerer – Parodon-

titis leiden, wobei die Krankheit bei seropositiven Patienten

eine höhere Prävalenz aufwies. Weiter zeigte sich, dass die

Einnahme von Omega-3-Supplementen zusätzlich zu einem

hohen Fischverzehr einen optimalen Omega-3-Index (≥ 8) be-

wirkt, der sich günstig auf die Krankheitsaktivität auswirken

kann.

x

Literatur:
1. Beyer K et al.: Marine ω-3, vitamin D levels, disease outcome and periodontal status in rheumatoid arthritis outpatients. Nutrition 2018; 55-56: 116–124.