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Interview mit Prof. Peter Schmid-Grendelmeier

COVID-19-Impfung: Gefährdung für Allergiker muss relativiert werden

Auch in der Schweiz beginnen die Impfungen gegen COVID-19. Nachrichten aus Grossbritannien und den USA über allergische Reaktionen führen zur Verunsicherung bei Allergikern. Aber welche Patienten sollten tatsächlich besser an den Facharzt überwiesen werden und ggf. auf eine Impfung verzichten?

Wir fragten Prof. Dr. Peter Schmid-Grendelmeier, Leiter der Allergiestation am Universitätsspital Zürich.

Herr Prof. Schmid-Grendelmeier, im Zusammenhang mit der Impfung gegen COVID-19 wurde über allergische Reaktionen berichtet und sogar davor gewarnt, Patienten mit Allergien mit dem neuen Impfstoff von Biontech/Pfizer zu impfen. Was meinen Sie dazu?

Auch wir haben gestern viele telefonische Anfragen von Patienten erhalten, die wissen wollten, ob sie sich nun impfen lassen dürfen oder besser nicht. Hier muss man unbedingt aufklären. Für die meisten Menschen mit Allergien ist der Impfstoff von Biontech/Pfizer nicht gefährlich, ein Heuschnupfen oder ein allergisches Asthma stellen keine Kontraindikation für eine Impfung dar. Patienten mit bekannten Allergien auf Nahrungsmittel, Pollen Hausstaubmilben, Insektengift, Latex oder Medikamente sollten gemäss Empfehlung der U.S. Centers for Disease Control and Prevention nach der Impfung mindestens 15 Minuten beobachtet werden, wer auf einen anderen Impfstoff oder ein injiziertes Medikament schon einmal schwer reagiert hat, mindestens für 30 Minuten.

Wie gross ist das Risiko für eine allergische Reaktion auf die Impfung generell?

Die generelle Wahrscheinlichkeit für eine allergische Reaktion liegt gemäss der FDA im Rahmen von Zulassungsstudien im Promillebereich (0,6 Prozent vs. 0,5 Prozent unter Plazebo). Jedoch waren, wie in solchen Studien üblich, Personen mit bekannten schweren Reaktionen auf Impfstoffe ausgeschlossen.

Was raten Sie den Allergikern in Bezug auf die neue Impfung?

Patienten, die schon mal eine allergische Impfreaktion gezeigt haben, schwere Medikamentenallergien oder eine Mastozytose haben, sollten sich nur in Rücksprache mit ihrem Arzt respektive ihrem Allergologen impfen lassen. Wir gehen davon aus, dass die allergischen Reaktionen am ehesten durch Polyethylenglykol (PEG) ausgelöst werden, das als Stabilisator im Impfstoff von Biontech/Pfizer verwendet wird. Ein Pricktest im Vorfeld der Impfung kann gegebenfalls darüber Aufschluss geben, ob jemand besser mit einem PEG-freien Impfstoff, wie es der der Firma Astra Zeneca sein wird, geimpft wird. 

Aus epidemiologischer Sicht wäre ich dankbar für eine möglichst breite Durchimpfung.

Das Interview führte Christine Mücke.

Weiterführende Links:

Zur Stellungnahme der deutschen Allergologen (AeDA, DGAKI, GPA)

Zur Originalpublikation im New England Journal of Medicine 

Zur Stellungnahme bei aha!-Allergiezentrum Schweiz