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Die Solarienbranche freut’s:
Verhütet eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung durch Sonnenlicht Kolorektalkarzinome?
Im Rahmen der grossen EPIC-Studie (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition), die mehr als 520 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 10 westeuropäischen Ländern umfasst, war es auch möglich, die Beziehung zwischen prädiagnostischen Konzentrationen von im Blut zirkulierendem Vitamin D und dem Risiko für kolorektale Karzinome prospektiv zu untersuchen. Eine nun auch im «British Medical Journal» publizierte Fallkontrollstudie stellt die Daten von 1248 neu aufgetretenen Fällen von Darmkrebs denjenigen gesunder Kontrollen gegenüber. Die 25Hydroxy-Vitamin-D-Konzentration zeigte eine ausgeprägte inverse, lineare Dosis-Wirkungs-Beziehung mit dem Kolorektalkarzinomrisiko (P für Trend < 0,001). So hatte die höchste Quintile der 25(OH)-VitaminD-Konzentrationen im Vergleich zur niedrigsten Quintile ein um 40 Prozent tieferes Darmkrebsrisiko (p<0,001). Subgruppen- analysen ergaben, dass diese ausgeprägte Korrelation nur für Kolon-, nicht aber für Rektumkarzinome gilt. Eine höhere Kalziumzufuhr mit der Ernährung korrelierte ebenfalls mit dem Darmkrebsrisiko, nicht jedoch die perorale Vitamin-D-Zufuhr. Diesen letzten Punkt hebt eine Mitteilung der Schweizer Solarienbranche ganz besonders hervor und zitiert dabei Professor Elio Riboli vom Imperial College in London, den Leiter der Studie, mit den Worten: «Das Sonnenlicht ist offensichtlich sehr viel bedeutender für die Vitamin-D-Versorgung als die Ernährung.» Photomed, der Solarium-Verband der Schweiz, bezeichnet es als kleine Ironie am Rande, dass dieselbe International Agency for Cancer Research (IARC), welche sowohl die Sonne als auch Solarien als krebserzeugend brandmarkte, nun mit der Veröffentlichung der spektakulären Be- deutung des «Sonnenschein-Vitamins» die wichtige günstige Rolle der Sonne beim Darmkrebs betone. ■ H.B. Quelle: BMJ 2010; 340: b5500. Untersuchung zur Bedeutung sozialer Netze aus der Framingham-Studie: Warum trinken die einen viel und die anderen wenig Alkohol? Die bemerkenswerte Datensammlung der Framingham-Studie mit ihren rund 12 000 Teilnehmenden aus mehr als drei Jahrzehnten erlaubte die Untersuchung des Einflusses sozialer Netze (Freunde, Arbeitskollegen, Geschwister, Ehepartner und Nachbarn) auf die selbstdeklarierten Gewohnheiten beim Alkohokonsum. Zu jedem Zeitpunkt während der 32-jährigen Beobachtungsperiode waren Massierungen (Cluster) von Alkoholtrinkenden und von Abstinenten zu eruieren. Diese Cluster können nicht nur der selektiven Auswahl sozialer Beziehungen von Trinker zu Trinker zugeschrieben werden, sondern beruhen auch auf dem Einfluss von Person zu Person. Stellten sich im sozialen Netzwerk einer Person Veränderungen des Alkoholkonsums ein, hatte dies in der Folge einen statistisch signifikanten Effekt auf den Alkoholkonsum dieser Person. Eine signifikante Assoziation war zu den Trinkgewohnheiten direkter Nachbarn und Arbeitskollegen nicht nachzuweisen, wohl aber zum Trinkverhalten von Verwandten und Freunden. Bemerkenswert ist ferner, dass weibliche Kontakte im Vergleich zu männlichen signifikant eher die Ausbreitung von Trinkgewohnheiten mit hohem Alkoholkonsum förderten. Wie die Autoren anmerken, wurde in ihrer Untersuchung mit der Selbstdeklaration kein klinischer Messwert erhoben. Ausserdem müsse of- fenbleiben, ob Langzeitauswirkungen auf die Gesundheit positiv oder negativ ausfal- len werden, da für Alkohol negative und positive Effekte nachgewiesen worden sind. Netzwerkphänomene scheinen das Alkoholkonsumverhalten zu beeinflussen, für medizinische und volksgesundheitliche Interventionen dürfte dies von Bedeutung sein, und es spricht auch für Interventionen auf Gruppenebene beim problematischen Alkoholkonsum. ■ H.B. Quelle: Ann Intern Med 2010; 152: 426—433. 340 ARS MEDICI 9 ■ 2010