Transkript
P O L I T- FO RU M
UNDHEIT IN BÄRN
MOTION
Todesfälle und Millionenkosten aufgrund von Medikationsfehlern
Simonetta Sommaruga Ständerätin SP Kanton Bern
Motion vom 10.12.2009
Der Bundesrat wird beauftragt, unter anderem mit den folgenden Massnahmen die eindeutige Identifizierung von Arzneimitteln nach Wirkstoff und Dosierung zu fördern und damit der akuten Verwechslungsgefahr — gerade in den Spitälern — entgegenzutreten: 1. Der Bundesrat verlangt von den Herstel-
lern, dass sie bei Originalpräparaten die Wirkstoffe direkt unter dem Markennamen in einem adäquaten Schriftgrössenverhältnis (1:2) aufführen. Diese Regel soll nicht nur für die Packung, sondern auch für die (Fach)-Werbung gelten. 2. Der Bundesrat verpflichtet die Generikahersteller, den Wirkstoffnamen an erster Stelle aufzuführen und erst dahinter allenfalls den Markennamen des Generikums («Brand») zu nennen. 3. Der Bundesrat erteilt Swissmedic den Auftrag, nicht nur die Produktequalität, sondern auch die Sicherheit der Anwendung dieser Produkte im Anwendungsumfeld, insbesondere die Namensgebung und die Verpackung, zu beurteilen. 4. Spitäler sind zu verpflichten, beim Austritt der Patientinnen und Patienten auf die Verordnung von «Marken» zu verzichten. Spi-
täler verschreiben beim Austritt ausschliesslich die Wirkstoffe inkl. Dosierung, die galenische Form (inkl. allfälliger Retardierung) sowie die Packungsgrösse.
Begründung Rund 5 Prozent aller Patienten erleiden bei ihrem Spitalaufenthalt eine medikamentenbedingte Komplikation. Fast die Hälfte dieser Komplikationen ist schwerwiegend. Die genannten Massnahmen sollen einen Beitrag leisten, um Komplikationen, die aufgrund von Fehlern entstehen, zu vermeiden. So sollen Namensgebung und Verpackungen von Arzneimitteln in erster Linie der eindeutigen Identifizierung des Arzneimittels nach Wirkstoff und Dosierung dienen. Phantasienamen, Firmenbezeichnungen und Gestaltungselemente dürfen nicht von den wichtigen Informationen auf der Arzneimittelverpackung ablenken. Die heutige Beschriftung von Arzneimitteln genügt diesen Anforderungen in vielen Fällen nicht. ■ Ad 1. Nur so kann erreicht werden, dass der
Name des Wirkstoffes im Vordergrund steht. Der Bundesrat muss dafür sorgen, dass Swissmedic diese Regelungen durchsetzt. Diese Regelungen entsprechen jenen der FDA.
■ Ad 2. Sogenannte «Branded Generics» (Generika mit eigenen Markennamen) sind besonders problematisch. Beispiele: Fursol (Wirkstoff Furosemid); Furodrix (Wirkstoff Furosemid); Fluocim (Wirkstoff Fluoxetin) und Flucazol (Wirkstoff Fluconazol).
■ Ad. 3. Namensgebung und Verpackung sind von zentraler Bedeutung für die Sicherheit der Anwendung von Arzneimitteln. Für die Beurteilung der Sicherheit auch im Arbeitsumfeld ist Swissmedic zuständig; dies verlangt auch die FDA.
■ Ad 4. Spitäler haben für die Auswahl von Arzneimitteln eigene Kriterien, die nicht zwingend mit jenen in der ambulanten Medizin übereinstimmen. Mit der erwähnten Methode können Verwechslungen und unwirtschaftliche Verschreibungen verhindert werden. Verschiedene Spitäler wenden diese Praxis schon heute konsequent an. Sie machen damit gute Erfahrungen. Der Bundesrat kann Ausnahmen bestimmen (z.B. Insulin), bei welchen die Verschreibung einer bestimmten Marke sinnvoll oder notwendig ist.
Stand der Beratung: im Plenum noch nicht behandelt
INTERPELLATION
Antibiotika-Resistenzlage, Forschung und Massnahmen
Bea Heim Nationalrätin SP Kanton Solothurn
Interpellation vom 10.12.2009
In der Antwort auf mein Postulat vom 20. März 2008 hält der Bundesrat fest, ein Antibiotikaresistenz-Monitoring sei aufgrund der Erkenntnisse von NFP 49 ab 2006 sowohl im Human- als auch im Veterinärbereich realisiert worden, und die Koordination zwischen den beiden Bereichen stelle das Nationale Referenzzentrum an der Uni Bern
sicher. 2006 waren rund 4000 Patienten Träger multiresistenter Erreger. Krankheitsmehrkosten: 30 Millionen Franken. 80 Patienten starben. Experten befürchten eine Verzehnfachung an Fällen und Kosten. Angesichts der Tragweite des Problems der Antibiotikaresistenzen und der immer klarer zutage tretenden Zusammenhänge zwi-
schen der Gesundheit der Menschen und der Gesundheit der Tiere ersuche ich den Bundesrat um eine Antwort auf die folgenden Fragen:
1. Zu welchen Erkenntnissen führte das Antibiotikaresistenz-Monitoring in den vergangenen Jahren im Humanbereich?
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Antibiotika-Resistenzlage, Forschung und Massnahmen
2. Welche konkreten Massnahmen wurden aus diesen Erkenntnissen abgeleitet?
3. Zu welchen Erkenntnissen führte das Antibiotikaresistenz-Monitoring in den vergangenen Jahren im Veterinärbereich?
4. Welche konkreten Massnahmen wurden aus diesen Erkenntnissen abgeleitet?
5. Mit welchen Mitteln (finanziell und organisatorisch) stellt das Nationale Referenzzentrum an der Universität Bern beim AntibiotikaresistenzMonitoring die Koordination zwischen Humanund Veterinärbereich sicher?
6. Welche Erkenntnisse konnten aufgrund dieser Koordination gewonnen werden?
7. Welche konkreten Massnahmen wurden aus diesen Erkenntnissen abgeleitet?
8. Welche Rechtsgrundlagen im Rahmen der Revision des Epidemiegesetzes führen zur Verbesserung der bestehenden Situation?
9. Stimmt es, dass in der Periode 2005 bis 2008 der Vertrieb von Antibiotika in der Veterinärmedizin eine Zunahme zu verzeichnen hat und in welchem Ausmass?
10. Stehen, wie in anderen europäischen Ländern, analoge Zahlen aus der Humanmedizin, vor allem auch der ambulanten Medizin, zur Verfügung?
11. Bestehen, wie in anderen Ländern, verbindliche Richtlinien, die den Einsatz von Antibiotika der
human- und tiermedizinischen Praxis regeln (Prudent Use Guideline)? 12. Wie ist die Schweiz in die entsprechenden europäischen Überwachungs- und Monitoringsysteme eingebunden? 13. Die «European Surveillance of Antimicrobial Consumption» publiziert Zahlen zum Antibiotikaverbrauch in der Humanmedizin aus verschiedenen europäischen Ländern. Leider fehlen Zahlen aus der Schweiz. Warum?
Stand der Beratung: im Plenum noch nicht behandelt
INTERPELLATION
Rigide Ernährungsvorschriften zur Erziehung der Bürger?
Sylvia Flückiger-Bäni Nationalrätin SVP Kanton Aargau
Interpellation vom 12.12.2009
Kaum ein Tag vergeht, ohne dass das BAG auf unseren ungesunden Lebenswandel aufmerksam macht und konkrete Instruktionen präsentiert, wie man seinen Alltag gesünder bestreiten könnte. Im Rahmen des nationalen Programms Ernährung und Bewegung entfaltet das Bundesamt für Gesundheit denn auch verschiedenste Aktivitäten. Unter dem Titel «actionsanté» lädt der Bund nun Unternehmungen dazu ein, gesundheitsfördernde Produkte zu lancieren. So sollen — in Zusammenarbeit mit Grossverteilern — ein gesunder Lebensstil propagiert und Bewegungsmangel wie auch unausgewogene Ernährung bekämpft werden. Blickt man ausserdem auf die verschiedenen Vorstösse zur Einführung eines «Ampelsystems» für Esswaren liegt der Verdacht nahe, dass betreffend
Ernährung bald die totale Bevormundung der Bürger Realität wird. Vor diesem Hintergrund bitte ich den Bundsrat um Beantwortung folgender Fragen: 1. Wie viel Geld wurde in die Kampagne «action-
santé» investiert, wie viele Arbeitsstellen wurden dafür beim BAG geschaffen, beziehungsweise wie viele Mitarbeiter sind mit diesem Projekt beschäftigt? 2. Ist es die Aufgabe des Bundes, Labels für Lebensmittel zu schaffen? Wäre dies nicht ein Tätigkeitsbereich, welcher naturgemäss viel besser von den betroffenen Branchen selber an die Hand genommen werden könnte? 3. Ist er sich bewusst, dass Massnahmen wie zum Beispiel die «Salzstrategie», welche mit den
Grossverteilern durchgeführt wird, kleinere Geschäfte (oder ganze Branchen wie z.B. Bäcker oder Metzger) unter Zugzwang oder gar in wirtschaftliche Engpässe bringt? 4. Haben die zuständigen Personen des BAG den Kontakt mit den betroffenen Gewerbezweigen gesucht und die möglichen Friktionen thematisiert, und täuscht der Eindruck, dass die Verwaltung von Beginn an eher den Kontakt mit den Grossverteilern und der Industrie gesucht hat und nicht mit den KMU-Vertretern? 5. Ist er sich bewusst, dass das BAG mit der Schaffung derartiger Labels indirekt den Grossverteilern bei ihrer Imagepflege hilft, während damit kleine Unternehmen benachteiligt werden? 6. Teilt er die Auffassung, dass derartige Eingriffe in den freien Wettbewerb problematisch sind?
Stand der Beratung: im Plenum noch nicht behandelt
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