Transkript
POLIT-FORUM
Vertrauensärztliche Untersuchungen für die IV im Ausland
Christine Goll, Nationalrätin SP, ZH, fragte am 21.12.2007
Hat der Bundesrat Kenntnis davon, dass IV-Stellen Versicherte zur Anfertigung von medizinischen Fachgutachten ins Ausland schicken? Wie beurteilt der Bundesrat diese Praxis? In wie vielen Fällen werden vertrauensärztliche Untersuchungen durch die IV im Ausland angeordnet, und welche Gründe rechtfertigen diese Praxis?
Aus der Antwort des Bundesrates vom 27.02.2008
Für versicherte Personen mit Wohnsitz in der Schweiz sowie für Grenzgänger und Grenzgängerinnen werden ärztliche Gutachten immer in der Schweiz erstellt. Das Bundesamt für Sozialversicherungen ermächtigte den regionalen ärztlichen Dienst (RAD) der Ostschweiz ausnahmsweise ein einziges Mal, in bestimmten Fällen einen
im Ausland ansässigen und den zuständigen Stellen bekannten Facharzt beizuziehen. So wurde dieser Facharzt 2007 mit der Behandlung von 22 Fällen beauftragt. Diese Ausnahme wurde zugelassen, weil es schwierig ist, Fachärzte in den Bereichen Neurologie und Psychiatrie zu finden, die überdies eine Ausbildung in Versicherungs-
medizin absolviert haben. Ausserdem hat der betreffende Arzt Berufserfahrung in einem RAD gesammelt. Und schliesslich ermöglicht diese Lösung, bei der medizinischen Abklärung wertvolle Zeit zu gewinnen, damit die Chancen der versicherten Person auf Wiedereingliederung möglichst intakt bleiben. Im Übrigen werden für versicherte Personen mit Wohnsitz im Ausland die ärztlichen Gutachten gemäss den entsprechenden internationalen Abkommen grundsätzlich im Wohnsitzland erstellt. Diese Abkommen sehen ausdrücklich vor, dass die Sozialversicherungsorgane im Wohnsitzland der versicherten Personen alle medizinischen Unterlagen, die sie zur Abwicklung des entsprechenden Verfahrens erstellt haben, automatisch an die schweizerische IV-Stelle für Versicherte im Ausland weiterleiten. Wenn der Gesundheitszustand beziehungsweise die entsprechenden Unterlagen unklar sind, wird ein ärztliches Gutachten in der Schweiz angeordnet.
Maya Graf, Nationalrätin Grüne, BL, fragte am 10.3.2008 den Bundesrat
Ein Wissenschaftler der Universität Bern wird innerhalb des NFP 59 über Nutzen und Risiken von gentechnisch veränderten Pflanzen in grösseren Schweizer Städten an Ständen Brot mit GV-Mais zum Verkauf anbieten. Dieser Praxistest soll aufzeigen, ob die Kon-
Öffentliche Forschungsgelder für den Verkauf von Gentechbrot?
sumentinnen und Konsumenten über den Preis für einen Kauf von Gentechlebensmitteln gewonnen werden können. Ist der Bundesrat nicht auch der Meinung, dass diese Marketing-Studie nicht dem Zweck des NFP 59 entspricht, wonach hauptsächlich landwirtschaftliche Fragen zur Koexistenz und Risikoforschung angegangen werden müssen?
Wie stellt er sich dazu, dass allein für diese Marketing-Studie 325 000 Franken der öffentlichen Forschungsgelder ausgegeben werden, aber kein einziger Franken in ein Forschungsprojekt fliesst, das mögliche gesundheitliche Auswirkungen von Gentechlebensmitteln erforscht?
Und so antwortete Bundesrat Pascal Couchepin
Le Conseil fédéral a chargé le Fonds national suisse de la recherche scientifique, le 2 décembre 2005, de la réalisation du programme national de recherche 59 «Utilité et risques de la dissémination des plantes génétiquement modifiées». Conformément au plan d'exécution, ce programme comporte 29 projets de recherche qui s'articulent en 3 modules de recherche: premièrement, technologie végétale et environnement; deuxièmement, aspects sociaux, économiques et politiques; troisièmement, évaluation du risque, gestion du risque et procédure de prise de décision. Le projet de recherche sur lequel porte la question Graf Maya, intitulé «Aliments génétiquement modifiés: à quel point les consommateurs sont-ils réellement sceptiques?», s'inscrit dans le deuxième module. Il a pour but d'étudier de manière expérimentale la cohérence ou la divergence entre l'avis général exprimé par les consommateurs à propos des aliments transgéniques et le choix effectif du consommateur au moment de l'achat d'un produit. L'expérience devra montrer dans quelle mesure le choix du consommateur peut être influencé par le vendeur ou par le prix du produit. Les enquêtes menées à ce jour dans notre pays font apparaître une opinion défavorable à l'égard des aliments transgéniques. Ce projet de recherche sert à étudier la question de manière empirique.
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HPV-Impfungen für Mädchen und junge Frauen. Strategie des Bundes
Chantal Galladé, Nationalrätin SP, ZH, reichte am 21.12.2007 folgende Frage ein:
Im KVG ist die freie Arztwahl im Rahmen der versicherten Grundleistungen garantiert (ausser im Falle einer nationalen Bedrohung). Der Bund schreibt für die HPV-lmpfung kantonale Programme vor und führt aus, dass der Einkauf der Impfstoffe zentral zu erfolgen habe und die Bevölkerung zu orientieren sei. Ein Grossteil der Kantone ist mit dem Auftrag des Bundes überfordert, weil die Infrastruktur (z.B. Kühlschränke) nicht vorhanden ist.
Im Zusammenhang mit dieser Impfung junger Frauen ist auch eine gute und altersgemässe Beratung von grosser Bedeutung. In diesem Zusammenhang wird der Bundesrat ersucht, folgende Fragen zu beantworten: 1. Vielen Kantonen wird es aus organisato-
rischen Gründen nicht möglich sein, die HPV-lmpfung wie vom Bund vorgesehen ab 1. Januar 2008 anzubieten. Wie kann den jungen Frauen die Impfung rechtzeitig verabreicht werden? 2. Aus epidemiologischen Gründen sollte eine Impfung bei jeder sich bietenden Gelegenheit appliziert werden können. Werden die Ärzte und Ärztinnen mit dem besten Kontakt zur Zielgruppe von den sogenannten kantonalen Programmen ausgeschlossen, so widerspricht dies dem Ziel des Impfprogramms. Ist sich der Bund
bewusst, dass er damit den Impferfolg gefährdet? 3. Die Information der Bevölkerung wird nach den Richtlinien der Kantone erfolgen. Wie will der Bund die rechtzeitige und korrekte Information der Zielgruppen in der ganzen Schweiz sicherstellen? 4. Die von einigen Kantonen geplanten Massenimpfkampagnen unter Ausschluss der privaten Praxen widersprechen dem im KVG festgehaltenen Recht auf freie Arztwahl. Wie lässt sich dieser Eingriff in die Wahlfreiheit der Versicherten rechtfertigen? 5. Reihenimpfungen sparen per Definition am Personal, dies auf Kosten von Beratung und Betreuung der Zielgruppe beziehungsweise der Geimpften. Welche Qualitätsanforderungen stellt der Bund an Reihenimpfungen?
Aus der Antwort des Bundesrates vom 7.3.2008
1. Grundsätzlich liegt die Verantwortung für die Organisation der Programme bei den Kantonen. Es ist zu erwarten, dass etliche Kantone die Impfung gegen humane Papillomaviren (HPV) für die Mädchen im Schulalter im Rahmen der bestehenden Hepatitis-B-Impfprogramme anbieten werden, die ihrerseits auf die schulärztlichen Untersuchungen abgestimmt sind. Für das Ziel einer möglichst hohen Durchimpfung der Mädchen im Schulalter ist der Zeitpunkt der Impfung, d.h., ob die Impfung zu Beginn oder gegen Ende des Kalenderjahres erfolgt, unerheblich. Was die Impfung der 15- bis 19-jährigen Frauen betrifft, ist zu erwarten, dass die Kantone mit gut ausgebauten Strukturen des öffentlichen Gesundheitswesens die Impfung rascher anbieten werden als die übrigen Kantone. Solche kantonalen Unterschiede sind Folge der föderalistischen Struktur des Gesundheitswesens und finden sich auch in anderen Bereichen (z.B. Mammografie-Screening).
2. Was insbesondere die jungen Frauen zwischen 15 und 19 Jahren betrifft, ist bekannt, dass viele von diesen nicht mehr die Kinder- oder Hausarztpraxis ihrer Kindheit und Schulzeit aufsuchen. Der Bundesrat geht davon aus, dass die Kantone die Impfprogramme für diese Altersgruppe, je nach vorhandenen Strukturen der Adoleszentenmedizin, unter Einbezug von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, zum Beispiel auch Frauenärztinnen und -ärzten, gestalten. Es ist in der Verantwortung der Kantone, im Rahmen der Programme die Ärztinnen und Ärzte mit dem besten Kontakt zur Zielgruppe mit der Durchführung der Impfungen zu betrauen. Der Bundesrat hat keine Anzeichen dafür, dass die Kantone die praktizierenden Ärztinnen und Ärzte ausschliessen.
3. Die rechtzeitige und korrekte Information der Zielgruppe ist ein wesentlicher Teil der kantonalen Impfprogramme. Das BAG hat bereits im letzten Jahr direkt die Ärzteschaft, wichtigster Ansprechpartner für die Bevölkerung bezüglich Impfungen, und über die Medien die breite Öffentlichkeit über die HPV-Impfung informiert. In seiner Antwort auf das Postulat Ory 07.3421, «Impfung gegen HPV», erachtete der Bundesrat die geplanten Informationsmassnahmen als genügend und sah keine Notwendigkeit für eine besondere Impfkampagne. Bestrebungen sind im Gange, zusätzliche Informationsmittel, welche insbesondere auf die Durchführung der Impfungen im Rahmen der schulärztlichen Dienste ausgerichtet sind und in allen Kantonen verwendet werden könnten, zu entwickeln.
4. Die freie Wahl des Leistungserbringers gemäss Artikel 41 des Krankenversicherungsgesetzes wird dadurch eingeschränkt, dass Bedingungen an die Kostenübernahme gestellt werden können, um die Einhaltung der Kriterien Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit sowie die Qualität und den zweckmässigen Einsatz von Leistungen zu sichern. HPV-Impfungen ausserhalb von Programmen sind wegen der hohen Preise für Einzelimpfstoffe unwirtschaftlich. Zudem wird davon ausgegangen, dass bei der Durchführung der Impfungen in Programmen die Impfbeteiligung höher ausfallen wird als bei Impfungen ausserhalb von Programmen, was die Zweckmässigkeit und Qualität der Leistungen verbessert. Aus diesen Gründen erfüllen nur Impfungen im Rahmen von Impfprogrammen die genannte Kriterien nach den Artikeln 32 und 58 Absatz 3 KVG. Die entsprechende Einschränkung der Kostenübernahmepflicht der Versicherer ist somit gerechtfertigt und zulässig.
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