Schweizer Zeitschrift für Psychiatrie & Neurologie 03/2025
Editorial: Zwischen Evidenz, Erfahrung und Ethik – Psychedelika in der psychiatrischen Therapie
Psychedelika bei Traumafolgestörungen
Evidenz und Hypothesen zu einem therapeutischen Prozess («Helioskop-Effekt»)
Psychedelisch unterstützte Psychotherapie zeigt bei Traumafolgestörungen vielversprechende und teils anhaltende Wirkungen. Vermutlich wirken dabei eine erhöhte Neuroplastizität, Veränderungen in angstrelevanten Netzwerken und ein erleichterter Zugang zu autobiografischen Erinnerungen zusammen. Zur Erklärung dieser Effekte stellen wir das Prozessmodell des «Helioskop-Effekts» vor: Unter geeigneten Bedingungen – etwa durch sorgfältiges Screening, Vorbereitung, ein stimmiges Set und Setting sowie therapeutische Begleitung – können belastende Erinnerungen erneut erlebt werden, ohne zu überfluten («ermöglichte Exposition»), während zugleich Sicherheit erfahren wird («gewährter Schutz»).
Wirksamkeit von Psychedelika bei psychiatrischen Störungen
Aktueller Stand der klinischen Evidenz
Psychedelika eröffnen neue Möglichkeiten in der Behandlung von schwer behandelbaren psychiatrischen Störungen. Gleichzeitig machen methodische Grenzen und das weiter zu prüfendes Sicherheitsprofil eine sorgfältige Indikationsstellung sowie gezielte Nachsorge- und Integrationsangebote erforderlich. Für eine sichere und wirksame Anwendung braucht es zudem strukturierte Weiterbildungen und klare Behandlungsstandards.
Erfahrungen mit der beschränkten medizinischen Anwendung von Psychedelika in der Schweiz
Seit 2014 erteilt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf Antrag Ausnahmebewilligungen an Ärztinnen und Ärzte für die beschränkte medizinische Anwendung von LSD, MDMA und Psilocybin bei einzelnen Patientinnen und Patienten. Damit verfügt die Schweiz über eines der weltweit wenigen regulierten Programme ausserhalb klinischer Studien.
Editorial: Neurorehabilitation – Ein unverzichtbarer Pfeiler der Versorgung
Entwicklungen in der Neurorehabilitation
Die nicht übertragbaren Erkrankungen (NCD) stellen weltweit eine der führenden Ursachen für Behinderung und Pflegebedürftigkeit dar. Die NCD sind eine zentrale zukünftige Herausforderung für die Gesundheitssysteme speziell für die Neurorehabilitation. Körperliche Aktivität (KA) stellt einen zentralen therapeutischen Pfeiler innerhalb der Neurorehabilitation dar, da sie nicht nur die motorischen Funktionen verbessert, sondern auch die kognitiven, emotionalen und metabolischen Sekundärfolgen der Betroffenen positiv beeinflusst. Dieser Artikel beleuchtet die aktuellen, neueren Entwicklungen im Bereich der bewegungs basierten Neurorehabilitation, technologische Innovationen und multimodale Therapieansätze mit besonderem Fokus auf NCDs im schweizerischen und internationalen Kontext.
Rehabilitation bei Parkinson und Bewegungsstörungen
Fortschritte im Krankheitsverständnis von Parkinson lassen auf Mechanismen-spezifische Therapien hoffen. Bis zu deren Verfügbarkeit bietet sich neben der Optimierung der Pharmakotherapie primär die Neurorehabilitation an. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist für den Therapieerfolg entscheidend und wird hier von den einzelnen Fachdisziplinen der Reha Rheinfelden präsentiert. Komplementär und ebenso wichtig ist die regelmässige sportliche Betätigung, die auch von der Wissenschaft unterstützt wird.
Kognitive Rehabilitation: Die Behandlung unsichtbarer Symptome
Im Supermarkt erfolgreich die gewünschten Produkte finden, beim Kochen mehrere Aufgaben gleichzeitig erledigen oder Termine vereinbaren und einhalten – all diese Tätigkeiten haben eines gemeinsam: Wir müssen uns auf unsere kognitiven Funktionen verlassen können. Einbussen in diesem Bereich können zu Einschränkungen im Alltag führen, weshalb die Aufrechterhaltung kognitiver Funktionen von zentraler Bedeutung ist. In diesem Artikel werden Forschungsergebnisse und Herausforderungen bei der Behandlung kognitiver Symptome mithilfe der kognitiven Rehabilitation diskutiert.
Mortalitätsrisiko bei Demenzpatienten unter Antipsychotika nicht erhöht
Die Alzheimer-Krankheit und andere Demenzerkrankungen gehen mit Depressionen, Agitiertheit und anderen verhaltensbezogenen und neuropsychiatrischen Symptomen einher. Zur Behandlung von Agitiertheit ist das Antipsychotikum Brexpiprazol (Rexulti®) zugelassen. Wie alle atypischen Antipsychotika enthält es jedoch einen Warnhinweis über ein erhöhtes Mortalitätsrisiko bei Menschen mit Demenz. Eine Real-World-Studie untersuchte nun das Mortalitätsrisiko bei einer Medicare-Stichprobe von erstmaligen Anwendern der atypischen Antipsychotika Brexpiprazol oder Aripiprazol mit Demenz.
Ultraschall durchs Augenlid erkennt erhöhten Hirndruck
Immer wieder starke Kopfschmerzen, Sehstörungen oder Übelkeit: Hinter solchen Symptomen kann sich ein gefährlich erhöhter Hirndruck verbergen. Eine kurze Optikusnervenscheiden-Sonografie (ONSD) ermöglicht es, diesen Hirndruck schnell, schonend und ohne Strahlenbelastung zu erkennen.
Lennox-Gastaut-Syndrom: Sturzanfälle senken
In klinischen Studien zu LGS gilt eine Reduktion der Sturzanfälle um ≥ 50% als wichtiger Endpunkt. Allerdings könnten auch kleinere Verbesserungen (< 50%) im realen Alltag von Bedeutung sein. Deshalb untersuchte eine explorative Post-hoc-Analyse, ab welcher Schwelle eine Reduktion von Sturzanfällen aufgrund eines plötzlichen Tonusverlusts als klinisch bedeutsam angesehen werden kann, basierend auf der Einschätzung mittels Caregiver Global Impression of Change (CGIC) bei mit Cannabidiol (CBD) behandelten LGS-Patienten.
Akute Migräne: schmerzfrei nach zwei Stunden
Ein systematischer Review mit Metaanalyse verglich alle zugelassenen oralen Therapien zur Behandlung von akuten Migräneanfällen bei Erwachsenen. Als primärer Endpunkt war dabei die Schmerzfreiheit nach zwei Stunden definiert sowie der Anteil Patienten mit anhaltender Schmerzfreiheit zwischen zwei und 24 Stunden. Für die Analyse wurden 137 randomisierte kontrollierte Studien mit insgesamt 89 445 erwachsenen Teilnehmern herangezogen, die eine von 17 Therapien oder Plazebo erhalten hatten.
Parkinson Kombination verbessert motorische Symptomschwere
Catechol-O-Methyltransferase-(COMT)-Inhibitoren werden routinemässig zur Behandlung motorischer Fluktuationen bei Patienten mit Morbus Parkinson eingesetzt. Welche Wirkung der COMT-Hemmer Opicapon auf die Schwere motorischer Symptome bei mit Levodopa behandelten Patienten ohne motorische Komplikationen hat, wurde in einer randomisierten, doppelblinden und plazebokontrollierten Studie untersucht.
NEURO-TTRansform: Progression gebremst
Die NEURO-TTRansform-Studie zeigte, dass Eplontersen nach 66 Wochen Behandlung die neuropathische Beeinträchtigung signifikant verringerte und die Lebensqualität bei Patienten mit hereditärer TransthyretinAmyloidose mit Polyneuropathie (ATTRv-PN) verbesserte. In einer sekundären Analyse wurde nun die autonome Beeinträchtigung sowie der Einfluss von Eplontersen auf deren Fortschreiten über 85 Wochen hinweg untersucht.
Starker Alkoholkonsum fördert schwere Hirnschläge
Ab drei alkoholischen Drinks pro Tag steigt das Risiko für hämorrhagische Hirnschläge und zerebrale Kleingefässerkrankungen, wie eine Studie nahelegt. Die Studie umfasste 1600 Erwachsene mit einem Durchschnittsalter von 75 Jahren, die wegen einer intrazerebralen Blutung hospitalisiert wurden. Von den Teilnehmern erfüllten 104 Personen (7%) die Kriterien für starken Alkoholkonsum (≥ 3-mal täglich 3,5 dl Bier, 1,5 dl Wein oder 0,5 dl Spirituosen).
Impressum
In diesem Heft
Fortbildung Psychiatrie: Psychedelika
- Editorial: Zwischen Evidenz, Erfahrung und Ethik - Psychedelika in der psychiatrischen Therapie
- Psychedelika bei Traumafolgestörungen
- Wirksamkeit von Psychedelika bei psychiatrischen Störungen
- Erfahrungen mit der beschränkten medizinischen Anwendung von Psychedelika in der Schweiz
Fortbildung Neurologie: Neurorehabilitation
- Editorial: Neurorehabilitation - Ein unverzichtbarer Pfeiler der Versorgung
- Entwicklungen in der Neurorehabilitation
- Rehabilitation bei Parkinson und Bewegungsstörungen
- Kognitive Rehabilitation: Die Behandlung unsichtbarer Symptome
Kurz & Bündig
- Mortalitätsrisiko bei Demenzpatienten unter Antipsychotika nicht erhöht
- Ultraschall durchs Augenlid erkennt erhöhten Hirndruck
- Lennox-Gastaut-Syndrom: Sturzanfälle senken
- Akute Migräne: schmerzfrei nach zwei Stunden
- Parkinson Kombination verbessert motorische Symptomschwere
- NEURO-TTRansform: Progression gebremst
- Starker Alkoholkonsum fördert schwere Hirnschläge